Protokoll der Sitzung vom 31.01.2002

(Abg. Drexler SPD: Und keinerlei Schuld!)

Zu den Fragen der Funktionalität dieser Abteilung sind die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet. Sie verwechseln mit Ihrer Kritik an dem 30-Seiten-Bericht Birnen mit Äpfeln.

(Abg. Drexler SPD: Überhaupt nicht!)

Es ist alles getan worden, was überhaupt getan werden konnte, um Licht in diese Maßnahmen hineinzubringen.

Ich kann Ihnen abschließend nur sagen: Es wäre schlimm, wenn die schärfste Waffe des Parlaments, nämlich ein Untersuchungsausschuss, mit dieser Trickserei von Ihnen in ihrem Wesensgehalt

(Abg. Drexler SPD: Beschädigt wird!)

schwer geschädigt würde,

(Abg. Drexler SPD: Richtig!)

und wenn Sie unser Angebot, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD,

(Lachen bei der SPD)

annehmen würden, könnten Sie sich vor der Öffentlichkeit entsprechend exkulpieren und könnten all das Lügen strafen.

(Abg. Drexler SPD: Ja, dankbar sind wir!)

Machen Sie das. Dann sind Sie auf der richtigen Seite. Ansonsten sind Sie für uns in einer außerordentlich bedenklichen Situation, wenn Sie diesen Untersuchungsausschuss in dieser üblen Art und Weise pervertieren.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/DVP Abg. Bebber SPD: Außer Fleischer hätte es keiner so hingekriegt!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD beantragt die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses exakt zu dem Zeitpunkt, zu dem gerade alle anderen davon ausgehen, dass der Fall geregelt ist, zu einem Zeitpunkt, zu dem selbst der Bundesumweltminister nichts dagegen hat, dass das Kernkraftwerk Philippsburg wieder in Betrieb geht. Und ganz erstaunlich: Erst heute merkt die SPD und merkt Herr Drexler, dass schon 1996 ein anderer Untersuchungsausschuss dem Ministerium den Auftrag erteilt hat um es in meinen Worten zu sagen , eine neue Putzfrau einzustellen. Herr Drexler, warum ist Ihnen eigentlich in den ganzen Jahren dazwischen nicht eingefallen, diese Beauftragung anderer Gutachter anzumahnen? Bei uns haben in dieser Zeit der zuständige Abgeordnete und der Berater gewechselt; deswegen ist uns das raus, das gebe ich ehrlich zu. Aber Sie haben gerade sogar gesagt, dass Sie es selber mit unter

schrieben haben. Warum haben Sie das dann, bitte, verschlafen? Das wäre wirklich wichtig gewesen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU Abg. Pfister FDP/DVP: Ja, warum denn? Drexler, Frage beantworten!)

Ihr Untersuchungsauftrag stülpt diesem Ausschuss nun Ärmelschoner über und verlangt, dass er in die Schreibstuben steigt und erneut all die Fliegenbeinchen zählt, die eigentlich in den Gremien dieses Hauses bereits reichlich begutachtet und genau protokolliert worden sind.

(Abg. Drexler SPD: Es geht um Kernenergie und nicht um Biologie!)

Klar, beim genaueren Hinsehen und entsprechend kleinem Karo werden sich weitere Einzelheiten finden lassen. Die Frage ist allerdings: Was lernen wir dann daraus, wenn wir die Vergangenheit noch genauer erörtern? Mit großer Wahrscheinlichkeit nichts, was einen derartigen Aufwand rechtfertigt.

Das haben auch die Grünen klar erkannt, und es ehrt sie, dass sie bei diesem Spiel nicht mitspielen. Dafür will die kleinere Oppositionsfraktion nun bei eben diesem von der SPD so beargwöhnten Ministerium die alleinige Aufsicht und Genehmigungszuständigkeit konzentrieren. Das ist eigentlich ein Widerspruch in sich. Vielleicht ist es ja sogar sinnvoll; aber genau das ist die Aufgabe und soll durch die inzwischen vom Ministerium beauftragte Unternehmensberatung geklärt werden. Diese Fachleute sollen sich exakt um die Fragen kümmern, die die SPD unter Teil C des Untersuchungsauftrags auch dem Landtagsausschuss mitgibt. Ich meine, diese Verwaltungsspezialisten aus der Wirtschaft sind dafür wesentlich besser befähigt als ein Ausschuss des Landtags.

(Abg. Drexler SPD: Sie haben eine Kontrollauf- gabe!)

Natürlich, ich bringe ja sogar die berufliche und fachliche Befähigung mit; aber ich weiß nicht, wie es in der Gesamtzusammensetzung des Ausschusses ist. Man hat es ja aus den Reaktionen der SPD auf den Vorschlag von Herrn Fleischer gemerkt und aus der Tatsache, dass Herr Drexler in seiner Rede extra darauf hingewiesen hat, dass in diesem Ausschuss ja die CDU den Vorsitz habe das wurde für mich ganz deutlich , dass dieser Ausschuss eine strategische Aufgabe hat, nämlich den nächsten Ausschuss vorzubereiten, bei dem dann die SPD turnusgemäß den Vorsitz hat.

Ich habe deshalb zum Schluss eine Bitte: Wir werden uns nach gutem parlamentarischen Brauch bei der Abstimmung über Ihren Antrag der Stimme enthalten, und wir werden selbstverständlich im Ausschuss konstruktiv mitwirken. Aber wirken Sie von der SPD bitte dabei mit, dass wir auch den Sparbemühungen nachkommen, die wir gerade bei den Haushaltsplanberatungen so kräftig verfolgen, und machen Sie es bitte so kurz wie möglich!

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Witzel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Wenn wir Grünen in einer Atomdebatte vom Abgeordneten Gundolf Fleischer gelobt werden,

(Abg. Teßmer SPD: Das ist verdächtig!)

dann muss man schon einmal einen Blick auf die Fakten werfen, damit man hier nicht in den falschen Stiefel gestellt wird.

(Zuruf von den Grünen: Alarm! Alarm!)

Schauen wir uns an, was in Philippsburg geschehen ist: Da wird ein AKW hochgefahren, obwohl der Borgehalt in den Flutbehältern nicht stimmt. Es war nicht genügend Kühlmittel in diesen Flutbehältern, und das Ganze nicht nur einmal, sondern über 16 Jahre hinweg. Das alles passiert, obwohl angeblich unabhängige Gutachter des TÜV jeweils zugegen sind, die eigentlich das Einhalten der Vorschriften gewährleisten sollen. Berichte über solche Vorgänge an die zuständige Aufsichtsbehörde werden dort einfach als nicht meldepflichtige Ereignisse abgeheftet. Und die Krönung des Ganzen ist, dass der zuständige Minister über Tage und Wochen hinweg von seinen eigenen Beamten über das wahre Ausmaß im Unklaren gelassen wird.

Meine Damen und Herren, das sind die Fakten. Das sind nicht irgendwelche Horrorszenarien aus dem Umfeld maroder Atomkraftwerke in Osteuropa, nein, seit Herbst letzten Jahres wissen wir, dass dies bittere Realität hier in unserem Lande ist, von dem die Regierungsfraktionen immer behaupten, wir hätten weltweit die strengsten Sicherheitsvorschriften und die sichersten Reaktoren. So weit zu Ihnen, Herr Fleischer.

Diese Vorgänge müssen wir klar und deutlich kritisieren, und wir haben das getan. Ich darf selbstbewusst feststellen: Wir Grünen haben über Monate hinweg unseren Beitrag geleistet, Licht in diese unglaublichen Zustände zu bringen. Wir haben etwa zehn Landtagsinitiativen eingebracht, und es war das müssen wir auch ganz klar festhalten letztendlich der grüne Umweltminister in Berlin, der durch sein Eingreifen die Kehrtwende des hiesigen Umweltministers und die Abschaltung des AKW bewirkt hat.

(Beifall bei den Grünen Abg. Hauk CDU: Das war auch die ruhige Hand! Nach Wochen!)

Das müssen wir Ihnen erst einmal sagen, Herr Hauk.

Und jetzt zum Thema Untersuchungsausschuss: Das wollen wir jetzt nicht polemisch machen, sondern wir gehen genau an die Fakten heran. Es ist eine abenteuerliche Behauptung, wir bekämen Druck von der grünen Basis, man möge doch den Untersuchungsausschuss unterstützen.

(Abg. Drexler SPD: Wer hat das gesagt?)

Es gibt Zeitungsberichte. Dazu möchte ich klar und deutlich feststellen: Bei uns ist kein derartiger Druck gelandet, denn die Basis weiß genau, wer hier gerackert hat und wer nur gegackert hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen)

Ich möchte in dieser Debatte feststellen: Wir haben Ende Oktober auch einmal überlegt, ob nicht ein Untersuchungsausschuss das geeignete Mittel wäre, Herr Drexler. Wir haben prompt Ihre Reaktion gehört ich zitiere eine dpaMeldung vom 26. Oktober :

Der SPD-Politiker fügte hinzu, es gehe darum, jetzt aus den hinlänglich bekannten Fakten die Konsequenzen zu ziehen.

(Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Wir können uns sicher schnell darauf einigen, was die notwendigen Konsequenzen sind. Diese Konsequenzen hat mein Kollege Dr. Salomon in einem Schreiben an den Umweltminister Ende Oktober klar und deutlich formuliert. Ich zitiere aus einem Brief an Herrn Müller:

Indem Sie den jetzigen für die Atomaufsicht im Lande zuständigen Abteilungsleiter Dr. Keil umgehend von seinen bisherigen Aufgaben entbinden, können Sie als Amtschef erheblich mit dazu beitragen, dass der dringend notwendige Neuaufbau der Fachabteilung in Ihrem Haus unverzüglich in Angriff genommen wird. Letztlich sollte aber auch Ihnen aus Kenntnis der tatsächlichen Sachlage heraus klar sein, dass für einen solchen Neuanfang auch der Rücktritt des politisch für die oben beschriebenen Zustände verantwortlichen Ministers unabdingbar ist.

Herr Drexler, das Problem ist doch: Die Konsequenzen, die gezogen werden müssten, sind klar; aber die politische Mehrheit in diesem Haus sperrt sich dagegen, diese Konsequenzen einzufordern. Das ist Punkt 1.

Das Problem in dieser Sache sind ja nicht die einzelnen Fakten, sondern das Problem ist die fehlende Distanz zwischen den Betreibern und den Kontrolleuren. Da gibt es persönliche Verflechtungen.

(Abg. Drexler SPD: Aber nicht der Aufsichtsab- teilung!)

Ist der Untersuchungsausschuss denn ein geeignetes Mittel, um solche personellen Verquickungen darzulegen? Seien Sie doch bitte nicht so naiv, zu glauben

(Abg. Drexler SPD: Atomaufsicht! Was ist denn da für eine persönliche Verwicklung der Betreiber vorhanden gewesen?)

Herr Drexler, wenn es eine zu große Nähe zwischen der Atomaufsicht und den Betreibern gibt, meinen Sie, das würde dann immer in den Akten niedergelegt? Meinen Sie, dass solche Leute, wenn wir sie als Zeugen laden, freimütig erklären werden: „Ja, wir sind zu eng mit denen verschwistert“?