Mein Vorschlag ist: Wenn wir in Zukunft darüber reden, ob wir einen neuen Plenarsaal brauchen oder eine neue Ausstattung, um den Anforderungen, die die Mediengesellschaft an ein Parlament stellt, gerecht werden zu können, werden wir diesen Fragen selbstverständlich offen gegenüberstehen. Dies gilt aber nur dann, wenn das Parlament auch bereit ist, sich einmal grundlegend zu reformieren und sich zu fragen, wie es kommt, dass sein Ansehen in der Bevölkerung gesunken ist.
Ich glaube, wir haben neben der Geschäftsordnungskommission, die eigentlich zu Beginn einer Legislaturperiode immer eingerichtet wird die Aufgabe, uns erstens mit dem Föderalismus und der Stärkung der Länder zu befassen, aber zweitens auch das ist mein Vorschlag die Kommission weiterarbeiten zu lassen, damit sie sich wirklich mit einer grundlegenden Änderung unserer Arbeit befasst. Dann können wir, glaube ich, auch mit gutem Gewis
sen vor die Leute treten und die Forderung nach neuen Einrichtungen verantworten, die wir brauchen, die aber viel Geld kosten werden und ja aus Steuergeldern, die unsere Bevölkerung aufbringt, bezahlt werden müssen.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen damit in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Einzelplan 01 Landtag. Abstimmungsgrundlage ist dabei die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, Drucksache 13/651.
Wer dem Kapitel zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Dann ist dem Kapitel 0101 und damit auch dem Einzelplan 01 einstimmig zugestimmt.
Das Präsidium hat für die Beratung des Einzelplans 07 Wirtschaftsministerium eine Gesamtredezeit von 15 Minuten je Fraktion festgelegt, wobei auch hier gestaffelte Redezeiten gelten.
Ich frage zunächst die Frau Berichterstatterin Abg. Netzhammer, ob sie das Wort wünscht. Das ist nicht der Fall. Herr Berichterstatter Abg. Schmiedel wünscht ebenfalls das Wort nicht.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es gleich vorwegzunehmen und allen Schwanengesängen der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen: Selbstverständlich hätten wir uns auch einen größeren finanziellen Spielraum für die Wirtschaftspolitik unseres Landes gewünscht, auch für die Umsetzung der Empfehlungen der Enquetekommission, aber leider waren die Fakten nicht so. Wachstumsschwäche, Steuereinbrüche, erhöhte Zahlungen in den Länderfinanzausgleich fordern natürlich auch vom Wirtschaftsministerium einen Konsolidierungsbeitrag. Licht am Ende des Tunnels ist nicht abzusehen.
Herr Kollege Kretschmann, auch wenn Sie etwas gegen Zeitungsleser haben, habe ich heute Morgen doch Zeitung gelesen und die Stellungnahme des Präsidenten des BDI:
Deutschland watschelt wie eine Ente hinter allen her. Dies hören Sie natürlich nicht gerne. Deswegen polemisieren Sie jetzt auch ab sofort gegen alle, die Zeitungszitate bringen,
auch wenn diese aus seriösen überregionalen Zeitungen stammen. Dass die Bundesregierung jetzt auch noch als Tüpfelchen auf dem i die Bestätigung für ihre miserable Finanz- und Wirtschaftspolitik in Form eines blauen Briefs aus Brüssel bekommt Sie sind ja Lehrer, Herr Kretschmann, insofern wissen Sie, was ein blauer Brief bedeutet , ist natürlich die letzte Bestätigung dafür, dass die Bundesregierung ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat. Die Bundesregierung hat zu lange auf den 11. September vertraut, und die Auswirkungen des 11. September werden natürlich bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr da sein.
Wir in Baden-Württemberg wissen, wem wir die gute Beschäftigungspolitik zu verdanken haben. Wir wissen, dass Mittelstand und Handwerk ganz maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass wir in Baden-Württemberg Spitzenreiter sind. 480 000 Unternehmen stellen 75 % der Arbeitsplätze, 80 % der Ausbildungsplätze und 50 % des Bruttosozialprodukts. Diesen mittelständischen Unternehmern bläst der Wind im Moment mehr als kräftig ins Gesicht. Mittelstandsfeindliche Steuerreform, zusätzliche Belastungen aus der Ökosteuer, Lkw-Maut etc., mehr Regulierung und Bürokratie im Arbeitsrecht haben die Rahmenbedingungen für den Mittelstand effektiv verschlechtert. Die Mittelständler merken dies, und deshalb sind sie auch so nervös, und die Nervosität steigt zunehmend.
Im Gegensatz zur Bundesregierung machen wir eine Politik für Mittelstand und Handwerk. Deswegen haben wir sowohl im Doppelhaushalt als auch in der Zukunftsoffensive III Zug um Zug die Empfehlungen der Mittelstandsenquetekommission umgesetzt. Wir, die Regierungsfraktionen von CDU und FDP/DVP, haben auch im Rahmen der Haushaltsplanberatungen das C1-Programm und die überbetriebliche Lehrgangsförderung nachträglich in der alten Höhe in den Haushalt eingestellt. Wir haben es aber nicht nur bei Forderungen bewenden lassen, sondern wir haben auch die Finanzierung bereitgestellt. Ich möchte mich hier auch beim Koalitionspartner FDP/DVP herzlich dafür bedanken.
Das C1-Programm ist das einzige einzelbetriebliche Förderprogramm, das gezielt Entwicklungsvorhaben von kleinen und mittleren Unternehmen fördert, und die Zusage der Förderung ermöglicht eben oft auch die Gesamtfinanzierung über die Banken. Deswegen war uns dieses Programm wichtig.
Kooperationen sind eine der wichtigsten Antworten für kleine und mittlere Unternehmen, um im Wettbewerb bestehen zu können. Leider ist die Kooperationsbereitschaft
bei diesen Unternehmern oft begrenzt. Deswegen erfolgt hier eine Verstärkung der Kooperationsförderung in Höhe von 1 Million . Kooperationen sind aber für Existenzgründer und junge Handwerker auch bei Messeauftritten wichtig, ebenso bei inländischen Messen, damit sich diese Unternehmer auch einen Markt erarbeiten und Kunden akquirieren können. Deswegen fördern wir für diesen Kundenkreis Gemeinschaftsstände an inländischen Messen.
Eine vordringliche Aufgabe in den nächsten Jahren sehen wir in der Sicherung der Unternehmensübergaben. 55 000 Unternehmensübergaben in den nächsten fünf Jahren sind uns ein zentrales Anliegen. 500 000 Arbeitsplätze stehen dabei auf dem Spiel. Hier haben wir ein spezielles Unternehmensnachfolgeprogramm, das junge Übernehmer bei der Finanzierung und Beratung unterstützen soll und auch durch eine gezielte Informationskampagne die potenziellen Übergeber zu einer frühzeitigen Nachfolgeplanung motiviert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Eigenfinanzierung des deutschen Mittelstandes ist im internationalen Vergleich mehr als unterdurchschnittlich. Das wurde gestern schon erwähnt. Deswegen werden in diesem Doppelhaushalt die Möglichkeiten der Eigenfinanzierung durch die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft weiter verbessert. Aber im Moment lasten die neuen Eigenkapitalrichtlinien von Basel II wie Blei auf der Seele des Mittelstandes. Es gibt keine Veranstaltung mit Mittelständlern, bei der dieses Thema nicht auf den Tisch kommt. Dank der Initiative der Landesregierung ist die Bundesregierung gerade noch rechtzeitig aufgewacht und hat die Brisanz dieses Themas erkannt. Das externe Rating ist vom Tisch, aber weitere Punkte wie Risikogewichtung von langfristigen Krediten und die Anerkennung von üblichen Sicherheiten wie Sicherungsübereignung und Bausparguthaben sind in einem dritten Forderungspapier, dem dritten Konsultationspapier, enthalten. Herr Capezzuto, hören Sie gut zu!
(Abg. Capezzuto SPD: Ich leihe Ihnen beide Oh- ren! Abg. Seimetz CDU: Das nützt nichts, der versteht es trotzdem nicht!)
Über dieses Papier wird im Februar entschieden, und da ist Ihre Bundesregierung wirklich gefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit dieses Papier akzeptiert wird. Andernfalls werden wir eine Insolvenzwelle kleiner mittelständischer Unternehmen in unserem Lande und in Deutschland erleben, und das wollen wir nicht.
Also herzliche Grüße nach Berlin, hier entsprechend aktiv zu werden, und zwar nicht mit stiller Hand, sondern mit bewegter Hand.
Die Förderung von Existenzgründungen ist für uns eine Daueraufgabe, deswegen auch im Doppelhaushalt 4 Millionen , in der Zukunftsoffensive III noch einmal 12,5 Milli
onen . Zur Sicherung der Informationsstelle für Existenzgründer wird das ifex haushaltsrechtlich abgesichert; die fünf Stellen sind im Haushaltsplan originär enthalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz 4,2 Millionen Arbeitslosen jetzt im Januar sind qualifizierte und motivierte Mitarbeiter Mangelware. Jeder Unternehmer kann ein Lied davon singen. Wir hätten keine internationale Studie gebraucht, um der Bundesregierung sagen zu können, dass sie mit ihrer Arbeitsmarktpolitik auf dem Holzweg ist. Kein anderes Land in Europa investiert so viel Geld in Arbeitsmarktpolitik und erreicht so wenig. Aber leider ist diese Studie in einer Schublade im Kanzleramt verschwunden. Konsequenzen werden nicht gezogen, obwohl eine Kurskorrektur dringend erforderlich ist.
Gerade qualifizierte Mitarbeiter entscheiden aber oft über Wachstumsmöglichkeiten eines Unternehmens oder überhaupt über die Sicherung bestehender Arbeitsplätze. Lebenslanges Lernen heißt hier die Devise. Deswegen investieren wir in die Modernisierung überbetrieblicher Ausbildungsstätten 15 Millionen aus ZOFF III und für das Meister-BAföG, das ja auf Initiative der Landesregierung verbessert wurde,
zusätzlich 3,5 Millionen . Die Lehrgänge in überbetrieblichen Ausbildungsstätten werden wie bisher mit dem alten Ansatz unterstützt. Weitere 15 Millionen für Qualifizierungsmaßnahmen aus dem ESF, Innovationen in der beruflichen Weiterbildung sowie der Einsatz neuer Medien werden aus ZOFF III mit knapp 15 Millionen gefördert. Sie sehen, berufliche Aus- und Weiterbildung hat in diesem Haushalt klare Priorität.
Die Weiterentwicklung aller zwölf Regionen im Lande ist uns ein zentrales Anliegen. Deswegen fördern wir nicht nur eine Landesmesse, sondern auch Regionalmessen. Deshalb fördern wir auch in Zukunft Innovations- und Technologiezentren. Deshalb fördern wir in bestimmten Fällen Gewerbegebietserschließungen. Wir unterstützen die Erarbeitung von regionalen Clusterkonzepten und den Aufbau von regionalen Netzwerken.
Hier war immer vom strukturellen Sparen die Rede. Deswegen noch eine kurze Anmerkung zu der Stellensituation. Wir sehen einen wesentlichen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts in der Umsetzung des Stelleneinsparprogramms. Auch hier ist das Wirtschaftsministerium im Limit. 428 Stellen wurden bereits abgebaut. 132 sind noch einzusparen. Diese werden dann im nächsten Nachtragshaushalt ausgewiesen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Einzelplan 07 stellt aus unserer Sicht einen ausgewogenen Haushalt dar, der das Notwendige sicherstellt, aber in wichtigen Bereichen neue Impulse setzt und insbesondere
Mittelstand und Handwerk unterstützt. Wir in Baden-Württemberg wollen die rote Laterne wieder loswerden, die uns dank der verfehlten Politik der Bundesregierung innerhalb Europas verpasst wurde. Dazu leisten wir mit unserer Wirtschaftspolitik einen wichtigen Beitrag. Den Rest besorgen die Wähler am 22. September.