Protokoll der Sitzung vom 07.03.2002

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: je fünf Minuten für die Begründung der Anträge, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Beschäftigung mit der Thematik „Förderung von Schienengüterverkehr und Binnenschifffahrt“ ist ebenso wichtig wie dringlich, weil die Engpässe im Gütertransport auf der Straße heute schon so gravierend

geworden sind, dass dadurch der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg gefährdet ist. Es steht fest: Zur Umsetzung des im Generalverkehrsplan für Baden-Württemberg dargestellten Güterverkehrskonzepts, das als Hauptziel eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene und die Bundeswasserstraße vorsieht, bedarf es erheblicher Anstrengungen, zusätzlich zu dem, was bereits stattfindet. Aber der größere Teil kann leider nicht von uns geleistet werden.

Diese Anstrengungen braucht man vor allem deshalb, weil die DB AG mit ihrem neuen Konzept MORA C den Schienengüterverkehr künftig ganz eindeutig auf den noch aufkommensstarken und lukrativen Langstreckenverkehr konzentrieren will und wird. Ich bin sicher, dass sie das tut, solange Herr Mehdorn den Bundeskanzler hinter sich weiß, weil der Bundesverkehrsminister in dieser Frage ja keine Rolle spielt. Die DB AG sucht sich die Rosinen heraus und merkt gar nicht, dass sie sich damit langfristig selber schadet.

Dies bedeutet die Fortsetzung des schon eingeleiteten massiven Rückzugs der Bahn aus der Fläche und, nur als Beispiel, die Schließung von bald 80 Güterverkehrsstellen. Hinzu kommt die um sich greifende Kündigung von Gleisanschlüssen bei Unternehmen. Allein in Oberkirch bedeutet die Schließung eines solchen Gleisanschlusses 4 500 Lastkraftwagen mehr.

Die Bahn AG agiert restriktiv anstatt expansiv. Sogar die Eisenbahnergewerkschaft kritisiert dies inzwischen heftig.

(Zuruf des Abg. Döpper CDU)

Das Land muss darauf im Rahmen seiner Möglichkeiten reagieren, es hat aber rechtlich gar keine großen Möglichkeiten des Einflusses auf die Strategie und die Entscheidungen der DB AG, weil die eben im Bundesbesitz ist.

Wir sehen darin allerdings auch eine Chance. Wir müssen dazu beitragen, dass andere, private Schienenverkehrsunternehmen Gütertransporte durchführen und damit auch Güterverkehrsstellen und Gleisanschlüsse übernehmen und reaktivieren. Es gilt allerdings, dringend darauf zu achten, dass diese Anschlüsse auch wirklich bestehen bleiben. Die Bahn hat dies zwar zugesagt, aber es gibt durchaus Meldungen, dass sie sich nicht unbedingt daran halten wird.

Dringend notwendig ist ferner die Trennung von Netz und Betrieb bei der Bahn.

Weiteren Handlungsbedarf sehen wir auch bei der Erhöhung des Aufkommens an Gütertransporten auf dem Neckar. Trotz der Engpässe durch sanierungsbedürftige Schleusen sind dort noch Kapazitäten frei, die wir nutzen müssen.

Die Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag zeigt, dass es gute Fortschritte bei der Umsetzung des Konzepts zur Errichtung von Zentren für überregionale Verkehre gibt. Das Landesförderprogramm zur Verlagerung von Güterverkehr von der Straße auf die Schiene und die Binnenwasserstraße Neckar war und ist effektiv, bleibt aber ohne entsprechende Aktivitäten des Bundes Stückwerk.

Defizite und Probleme gibt es in zwei Bereichen. Regionale logistische Zentren können deshalb nicht entstehen oder werden viel zu wenig genutzt, weil es sich für die verladende Wirtschaft und die Speditionen nicht rechnet, dort Güter umzuschlagen. Auch die DB AG propagiert und nutzt inzwischen den Lkw und wird damit ihrer eigentlichen Aufgabe überhaupt nicht mehr gerecht. Außerdem unternimmt sie keine adäquaten Maßnahmen in Richtung ihrer eigentlichen Aufgabenstellung. Die DB Cargo macht für kleinere Transportmengen schon gar keine Angebote mehr.

Die Bahn behindert weiterhin wegen zögerlicher Haltung des Bundesgesetzgebers als Netzmonopolist immer noch erfolgreich einen breiten und gesicherten Zugang Privater zur Schiene. Ausnahmen gibt es nur, wenn diese einen Kooperationsvertrag schließen, wie dies zum Beispiel die Hohenzollerische Landesbahn oder die AVG Albtalverkehrsgesellschaft gemacht haben, aber auch dann ist immer noch der dicke Daumen der Deutschen Bahn AG drauf.

Der Bund gibt viel zu wenig Mittel für die Sanierung und die Modernisierung der 60 Jahre alten Schleusen im Neckar aus. In den letzten Jahren war es nur ein Drittel des erforderlichen Finanzvolumens, obwohl es sich hierbei um das unbestritten umweltfreundlichste Transportmittel handelt.

Beim grenzüberschreitenden Güterverkehr ist der Bund kaum aktiv. Die vertraglichen Voraussetzungen der Herstellung der Interoperabilität des Schienenverkehrs, die dringend notwendig wären, sind bisher nicht geschaffen worden. Insofern gibt es viel zu tun. Das wollen wir mit unserem Antrag anregen.

Der Rest folgt dann in der zweiten Runde.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Palmer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Stellungnahmen der Landesregierung sind in der Tat immer wieder Spitze. Ich lese etwa in der Stellungnahme zu unserem Antrag, dass der Bund die Verantwortung dafür trägt, dass der Straßenverkehr zunimmt, indem nämlich wörtlich seit Jahren nicht das Geld zur Verfügung gestellt wird, das die Bahn zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt. Ich bin immer wieder fasziniert.

Sie wissen ja wirklich, wer der Bahn über Jahre hinweg nicht das Geld zur Verfügung gestellt hat, damit sie ihre Aufgaben erfüllen kann.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Der Bund!)

Das waren Sie, als Sie die Bundesregierung gestellt haben.

(Beifall bei den Grünen Abg. Theurer FDP/DVP: Aber es war der Bund!)

Die von CDU/CSU und FDP getragene Bundesregierung hat die Investitionen in die Schiene zurückgefahren.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Das war doch der Bund!)

Wir haben sie um 1,5 Milliarden € erhöht. Jetzt aber erheben Sie Vorwürfe gegenüber der amtierenden Bundesregierung. Es war der Bund, aber der Bund unter der alten Regierung. Die neue Regierung stellt das Geld jetzt zur Verfügung. Davon, dass dies früher gewesen sei, steht hier aber nichts. Das ist schon erstaunlich; das muss ich sagen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Immer wieder die gleiche Masche!)

Der Güterverkehr auf der Schiene ist chancenlos, wenn wir nicht die Rahmenbedingungen verändern. Wir sprechen nachher noch über die Lkw-Maut. Herrn Mehdorn zu zitieren ist im Moment vielleicht politisch nicht ganz korrekt.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Mannheim!)

Die Milchkannenbeispiele lehnen wir alle als „Milchbubenrechnungen“ ab; davon ist nichts zu halten. Aber ein Beispiel, das Herr Mehdorn immer wieder zitiert, ist doch richtig: Während ein Lkw für die Kosten einer Jahresvignette 120 000 Kilometer fahren kann, kann die Bahn für dieselben Kosten gerade einmal von Mannheim nach Hannover fahren. Bei diesen Wettbewerbsbedingungen können wir im Land anstellen, was wir wollen; wir werden nie zum Ziel kommen. Passen Sie also auf, was Sie sagen, wenn wir nachher über die Lkw-Maut sprechen. Es kann gegen Sie verwendet werden, wenn wir erneut über den Güterverkehr sprechen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zur Entwicklung der letzten Jahre bei DB Cargo: Wir sind uns einig: MORA C ist ein kritisches Konzept; niemand hier im Landtag wird die Bahn dafür loben. Allerdings ist die Stellungnahme auch hier höchst unvollständig. Die Rahmensetzung der Bundesregierung wir haben die Rahmenbedingungen für die Schiene durch die Investitionsmittel bereits verbessert hat dazu geführt, dass wir im Jahr 2000 einen Zuwachs im Bereich des Schienengüterverkehrs von 13 % hatten. In Ihrer Stellungnahme werden irgendwelche Negativzahlen und Verluste in Teilsektoren herausgegriffen; über alles gesehen gab es jedoch einen Zuwachs von 13 %. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass diese Regierung die Verlagerung von der Straße auf die Schiene erfolgreich vorantreibt!

(Beifall bei den Grünen)

Das eigentliche Problem ist nicht einmal das Gesamtvolumen des Transports, sondern die Sicherung der Infrastruktur im ländlichen Raum. MORA C ist ein Angriff auf die Infrastruktur des ländlichen Raums. 70 Güterbahnhöfe in Baden-Württemberg hat die DB bereits abgegeben. In der Stellungnahme zu unserem Antrag werden 30 weitere Bahnhöfe genannt, die bedroht sind.

Die Landesaufgabe, die wir sehen und die wir mit unserem Antrag verfolgen, ist nun gerade die Sicherung der Infrastruktur. Sie können sich dabei nicht darauf hinausreden, dass das ausschließlich eine Bundesaufgabe sei. Wie sonst

erklären Sie sich, dass in Ihrem Haushalt bereits 4 Millionen € für den Güterverkehr vorgesehen sind? Da wird es erlaubt sein zu fragen, mit welchem Ziel dieses Geld eingesetzt wird, und es wird erlaubt sein zu fragen: Ist der Strukturauftrag erfüllt? Erreichen Sie damit tatsächlich die Sicherung der Infrastruktur?

Nebenbei bemerkt ist die Förderung, die Sie leisten ich möchte das nicht näher ausführen , nicht in jeder Hinsicht wettbewerbsrechtlich unbedenklich, weil sie einzelne Unternehmen bevorzugt. Auch wenn die Förderung in der Sache gut ist, müssen Sie sehr genau aufpassen, was Sie da anstellen.

Das eigentliche Problem ist unserer Ansicht nach in der Feinverteilung der Trassenpreise zu suchen. Wenn Sie einen einzelnen Güterwaggon transportieren wollen, zahlen Sie 2,5 € Wegekosten je Kilometer. Zum Vergleich: Der Lkw zahlt etwa einen Cent für einen Kilometer. Selbst wenn wir mit unserem anspruchsvollen Antrag zur LkwMaut im Bundesrat erfolgreich sind, sind es nur etwa 15 Cent je Kilometer. Die Bahn ist so einfach nicht konkurrenzfähig.

Deswegen haben wir beantragt, dass das Land hier einen Modellversuch startet und für die Feinverteilung gerade im ländlichen Raum die Trassenkosten übernimmt. Das wäre im Landeshaushalt darstellbar, und es wäre ein Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs im ländlichen Raum.

(Beifall bei den Grünen)

Zu den Rahmenbedingungen sage ich auch noch etwas ganz deutlich. Wenn Sie hier Klage führen über die Handlungen der Bundesregierung, dann seien Sie ehrlich. Wenn Sie noch ernsthaft für den Schienengüterverkehr eintreten wollen, können Sie nicht die Lkw-Maut ablehnen. Dann können Sie auch nicht dagegen polemisieren, dass Einnahmen aus der Lkw-Maut für den Schienenverkehr verwendet werden sollen. Sie wollen, dass das ganze Geld in den Straßenverkehr fließt, und gleichzeitig beklagen Sie sich darüber, dass der Schienengüterverkehr nicht ausreichend gefördert werde. Das ist ein Widerspruch in sich, das ist nicht korrekt.

Sie können auch nicht die Ökosteuer weiter bekämpfen und gleichzeitig verlangen, dass der Schienengüterverkehr gestärkt wird.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Sie können auch nicht weiterhin über schlechte Vorgaben im Landesentwicklungsplan daran mitwirken, dass Gewerbegebiete in großem Stil ohne jeden Gleisanschluss ausgewiesen werden. Solange Sie in diesem Bereich nicht aktiv werden, sind alle Klagen über den Rückgang des Schienengüterverkehrs reine Krokodilstränen, und ich kann Ihnen leider nicht die Arbeit abnehmen, sie abzuwischen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schebesta.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Land Baden-Württemberg hat mit dem Generalverkehrsplan von 1995 eine Konzeption für den Güterverkehr. Die CDU-Landtagsfraktion unterstützt diese Konzeption. Auch deshalb haben wir dem Landeshaushalt zugestimmt, in dem Ansätze zur Förderung des Ausbaus der Infrastruktur bei Schiene und Binnenschifffahrt insbesondere für logistische Zentren im Jahr 2002 mit 1,3 Millionen € und im Jahr 2003 mit 2,6 Millionen € eingestellt sind. Wir reden nicht nur davon, Güter von der Straße auf Schiene und Wasserstraßen zu bekommen, sondern wir handeln auch entsprechend.

(Beifall bei der CDU)