Protokoll der Sitzung vom 07.03.2002

Diese Förderungen sind aber nicht die einzigen Baustellen. Dem Frachtaufkommen im Straßengüterverkehr kommt zugute, dass innerhalb des Straßengüterverkehrs ein Preiskampf zu niedrigen Preisen geführt hat. Mich hat ein Gespräch mit einem Transport- und Logistikunternehmer nachdenklich gemacht. Wir alle wissen, dass der grenzüberschreitende Eisenbahngüterverkehr Zuwächse erfahren hat. Er hat gesagt, er könnte auf der Relation von seinem Standort in Baden-Württemberg nach Hamburg im ShuttleVerkehr täglich 260 Lkw-Fahrten von den Bundesautobahnen herunter bekommen. Daran werde er aber nicht nur durch die Wettbewerbssituation und den Preis gehindert, sondern zum Beispiel auch durch die Leistungsfähigkeit der Netze der Zeitfaktor spielt hier eine entscheidende Rolle und die Überlastung der Netze.

In dieser Situation ist MORA C nicht nur ein kritisches Konzept, Herr Kollege Palmer, sondern auch ein falsches Signal. Frau Kollegin Berroth hat in ihrer Rede auch schon darauf hingewiesen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Es ist nicht nur ein falsches Signal für die Verkehrspolitik, sondern gerade auch ein falsches Signal in der Strukturpolitik.

(Abg. Theurer FDP/DVP: So ist es!)

So wird jedenfalls das Ziel, mehr Fracht auf die Schiene zu bekommen, nicht erreicht werden.

Damit zum Beschlussteil des Antrags der Fraktion GRÜNE.

In Ziffer 1 des Beschlussteils formulieren Sie, es solle ein Netz von „dauerhaft zu sichernden Güterverkehrsbahnhöfen“ eingerichtet werden. Glauben Sie, dass eine starre planwirtschaftliche Vorgabe die richtige Antwort auf die Änderungen zum Guten wie zum Schlechten im Frachtgewerbe ist?

In Ihrem Beschlussteil verlangen Sie weiter, die Landesregierung zu ersuchen, zu erreichen „zu erreichen“, wohlgemerkt , dass keine Güterverkehrsstellen geschlossen werden, bis andere Betreiber diese übernehmen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Ja, wollen Sie das, oder wollen Sie das nicht?)

Wenn die Welt so einfach wäre, dass wir hier im Landtag einen Beschluss fassen, und dann ist alles in Ordnung! Sie beschränken sich nicht darauf, nur Bemühungen zu fordern, sondern Sie verlangen gleich, dass das auch erreicht wird

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist aber doch lo- gisch!)

und wir einen entsprechenden Beschluss fassen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Soll ich verlangen, dass wir das nicht erreichen?)

Dort, wo Bahn und Bund eine falsche Politik machen, wollen Sie auf diesem Weg die Landesregierung für schuldig erklären.

Mir ist klar, dass es Sie schmerzt, dass eine rot-grüne Regierung der Verantwortung des Bundes für den Güterverkehr, aber auch für den Schienenverkehr insgesamt Milchkannen sind ja inzwischen Personenverkehr nicht gerecht wird. Wir reichen Ihnen jedenfalls zur Schmerzlinderung nicht die Hand für Ihre Ablenkungsmanöver.

Wir im Land haben die Hausaufgaben gemacht. Wir unterstützen alle Bemühungen, anderen bei der Erledigung ihrer Hausaufgaben zu helfen. Diese Hausaufgaben erledigen müssen aber diejenigen, denen sie aufgegeben sind. Deshalb lehnen wir den Beschlussteil Ihres Antrags ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Theurer FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Schmidt-Kühner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Diskussion hat heute doch einige Dinge ergeben, die wir gemeinsam haben. Wir sollten anfangen, uns an den Gemeinsamkeiten zu orientieren und zu versuchen, diese Kuh „Güterverkehr auf die Schiene“ ein Stück weit vom Eis zu kriegen und dazu gemeinsame Initiativen zu entwickeln. Ich denke, es ist unsere Aufgabe als Landtag von Baden-Württemberg, dieses Ziel für unser Land zu erreichen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ich denke, es besteht Einigkeit das haben alle Vorredner gesagt in dem Wunsch, dass insbesondere bei dem prognostizierten Zuwachs für den Güterverkehr bis zum Jahr 2015 von 64 % ein möglichst hoher Anteil auf die Schiene und auf die Wasserstraßen verlagert werden soll. Bei der Deklaration dieses Ziels besteht doch Einigkeit.

Im Flächenland Baden-Württemberg ist die Anbindung des ländlichen Raumes mit den vielen kleinen Mittelzentren möglich, damit auch die Wegekette im Güterverkehr möglichst früh auf die Schiene wechseln kann bzw. beim Zielverkehr möglichst spät von der Schiene heruntergeht. Das muss doch genau das Ziel sein. Das bedeutet auch, dass wir die Verteilstellen in der Fläche weiterhin brauchen.

Weiter müssen wir erreichen, dass im grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr in die Schweiz und nach Frankreich die Wachstumspotenziale ausgenutzt werden und die Abwicklung beispielsweise an den Grenzen deutlich beschleunigt wird. Das sind doch Dinge, bei denen wir uns absolut einig sind.

Die Frage ist jetzt: Wie können wir gemeinsam etwas erreichen, um da weiterzukommen? Ich denke, die Anmeldungen der Deutschen Bahn AG zur Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans mit 2 Milliarden € zum Ausbau des Streckennetzes für den Güterverkehr inklusive neuer Umschlagbahnhöfe sind da sicherlich ein erster Schritt in die richtige Richtung und sind zu begrüßen. Der Rekordansatz von 76 Millionen €, den die Deutsche Bahn AG für den kombinierten Verkehr im Bundeshaushalt hat, ist auch ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sollten anerkennen, dass es in dieser Richtung zumindest besser geworden ist und weitergegangen ist.

(Beifall bei der SPD Abg. Teßmer SPD: Ja- wohl!)

Andererseits wissen wir aber auch, dass 50 % des Umsatzes der DB Cargo im Einzelwagenverkehr anfällt und dass dort besondere Anstrengungen erforderlich sind und dazu noch mehr Fragen als Antworten für die Fläche existieren.

Wenn wir uns einmal den Schienengüterverkehr in der Fläche anschauen das ist ja die Aufgabe, die wir als Landtag haben , dann stellen wir fest das hat die Stellungnahme zum Antrag der FDP/DVP auch gezeigt , dass bei den regionalen logistischen Zentren, die im Generalverkehrsplan vorgesehen sind, immer noch viel Überzeugungsarbeit notwendig ist. Es ist also Überzeugungsarbeit bei denjenigen zu leisten, die im Schienengüterverkehr die Kunden sind.

Es ist unstreitig, dass das einer finanziellen Förderung bedarf. Das haben wir im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen auch noch einmal zusätzlich signalisiert. Aber wir wissen auch, dass die Wirtschaft erreicht werden muss, um überhaupt deren Bereitschaft zu wecken, ihre Güter auf die Bahn zu geben. Das bedeutet, dass wir in der Fläche gute und kostengünstige Angebote brauchen, damit dies erreicht werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Dazu brauchen wir neue Anstrengungen, zusätzliche Anstrengungen.

Es nützt uns wenig, dass regionale logistische Zentren in der Fläche vorgesehen sind beispielsweise Ravensburg oder Biberach , wenn andererseits die Bahn genau diese Bahnbereiche im Blickwinkel hat, was das Aufkommen betrifft. Wenn dort nicht tatsächlich von der wirtschaftlichen Seite deutlich mehr Kraft für die Bahn entwickelt wird, dann sind diese Regionen in Gefahr. Das wissen wir auch. Das können wir auch gemeinsam konstatieren.

Also: Es kann nicht nur um Infrastrukturmaßnahmen gehen, sondern es muss in der Politik hier im Land auch darum gehen, wie wir mehr Kunden für den Schienengüterverkehr gewinnen können. Das ist letztendlich auch eine Sache der Wirtschaftspolitik in diesem Land.

Ich wollte noch einige Worte zu MORA C sagen, lasse diese aber weg, weil sie schon gesagt worden sind: von Herrn Palmer, auch von anderen hier. Wir können positiv festhalten, dass wir dort gute Regionalisierungsansätze im Schienengüterverkehr haben, wo die Hohenzollerische Landesbahn oder auch die AVG den Güterverkehr übernimmt. Es wäre anzuregen, zu überprüfen, ob das bei weiteren Nebenbahnen passieren könnte. Interessant wäre aus meiner Sicht auch eine Antwort auf die Frage, wie es zwischen SWEG und Deutscher Bahn AG aussieht und wie wir an dieser Stelle den Güterverkehr in der Fläche verbessern können.

Vielen Dank erst einmal.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Meine Damen und Herren! Die Debatte hat gezeigt, dass es verkehrspolitisch und volkswirtschaftlich zwingend notwendig ist, mehr Gütertransporte von der Straße auf die Schiene und auf Wasserstraßen zu bringen. Der für Deutschland prognostizierte Aufkommenszuwachs bis 2010 um etwa 60 %, auch durch stark wachsenden Transit bedingt, kann vom Fernstraßennetz nicht aufgenommen werden. Auch durch Telematik und modernes Flottenmanagement der Speditionsfirmen sind keine aufkommensadäquaten Effizienzsteigerungen zu erwarten. Nur durch Kapazitätserweiterungen bei der Schiene und eine größere Nutzung der Binnenwasserstraßen kann das sicher entstehende und stark wachsende Verkehrsaufkommen bewältigt werden.

Da die DB AG nicht in der Lage und auch nicht willens ist, ihre Kapazität zu erhöhen, gibt es eine Lösung nur mit neuen privaten Anbietern, deren Marktzutritt, ökonomische Bereitschaft und Fähigkeit auch vom Land durch Förderung unterstützt werden müssen. Der Bund muss endlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen diskriminierungsfreien Zugang für neue private Güterverkehrsunternehmen schaffen. Zur Erhöhung der Gütertransportmenge auf dem Neckar muss gleichfalls der Bund zum Beispiel den gewerblichen Schiffsunternehmen bei der Festsetzung der Höhe der Schifffahrtsabgaben einen Ausnahmetarif einräumen, damit sie neue Kunden gewinnen und ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern können. Er muss ferner im neuen Bundesverkehrswegeplan Investitionen zur Verlängerung der Schleusenkammern für das überlange Großmotorgüterschiff vorsehen und die Mittel dazu auch bereitstellen.

(Zuruf von der SPD: Wie viel ist das?)

EU-weit sind Wettbewerbsbedingungen in der Binnenschifffahrt zu harmonisieren; denn heute werden die Binnenschiffer zum Beispiel bei den Fiskallasten stark benachteiligt.

Bund und Bahn müssen bei der Herstellung der Interoperabilität der Bahnsysteme, damit Züge einfach über die Grenze fahren können innerhalb Europas, insbesondere aber auch von und nach Frankreich , viel aktiver werden als bisher geschehen.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Das Land Baden-Württemberg das ist unsere Bitte an die Landesregierung sollte seinerseits gegenüber regionalen und örtlichen Planungsträgern moderierend darauf hinwirken, dass der Kontakt von Verladern und Spediteuren aufgenommen wird, damit die im Verkehrsplan vorgesehenen regionalen logistischen Zentren eingerichtet werden können. Das Land sollte dafür sorgen, dass eine kontinuierliche Fortsetzung der Förderung von Umschlaganlagen und Investitionen der nicht bundeseigenen Bahnen gesichert wird, damit diese in der Lage sind, Güterverkehre neu und verstärkt durchzuführen.

Das nachlassende Engagement der DB AG beim Schienengüterverkehr ist deshalb von besonderer Brisanz, weil wir auf der Straße an einem Endpunkt angekommen sind und weil unser Wirtschaftsstandort wirklich in Gefahr ist. Dadurch, dass sich die Bahn auf vordergründige Ertragsrosinen konzentriert und gleichzeitig verhindert, dass aufgegebene Strecken durch Wettbewerber übernommen werden, sägt sich die Bahn eigentlich selbst die Gleise ab, auf denen sie künftig mittelfristig Geld verdienen könnte. Denn klar ist doch: Wenn von den kleinen Strecken kein Zufluss mehr kommt, werden auch jetzt profitable Strecken auf lange Sicht unrentabel.

Die Grünen jammern herum und fordern vom Land einen enormen Geldeinsatz

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Keiner jammert! Wir jammern nicht!)

für Dinge, für die Baden-Württemberg in keiner Weise zuständig ist. Sie sagen noch nicht einmal, woher das Geld kommen soll. Die einzige Antwort, die ich mir von Ihnen vorstellen kann, haben wir ja bei den Haushaltsberatungen gehört, nämlich beim Straßenbau zu streichen. Sagen Sie einmal, wie ein sowieso schon überlastetes und dringend modernisierungsbedürftiges Netz dann auch noch diese Minderung tragen soll. Nein, liebe Grüne, hauen Sie einmal in Berlin und vor allem im Aufsichtsrat der DB AG kräftig auf den Tisch und bewirken Sie dort Taten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)