Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

Herr Abg. Teßmer, wir sind in der Abstimmung.

(Abg. Teßmer SPD: Darf ich vorschlagen, über die Ziffern 1 und 2 dieses Antrags getrennt abzustim- men?)

Gerne.

Ich rufe zunächst Ziffer 1 dieses Antrags zur Abstimmung auf. Wer der Ziffer 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Enthaltungen? Die Ziffer 1 ist einstimmig angenommen.

Ich rufe Ziffer 2 dieses Antrags auf. Wer dieser Ziffer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Enthaltungen? Die Ziffer 2 ist mehrheitlich angenommen.

Meine Damen und Herren, damit ist der Antrag Drucksache 13/159 erledigt.

Damit haben wir Punkt 4 der Tagesordnung insgesamt erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung Gesetz zur Änderung des Landesverwaltungszustellungsgesetzes Drucksache 13/968

Meine Damen und Herren, hier ist keine Aussprache vorgesehen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen. Sie sind damit einverstanden.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion GRÜNE Zustimmung der Landesregierung zur Revision des Regionalisierungsgesetzes im Bundesrat Drucksache 13/981

dringlich gemäß § 57 Abs. 3 GeschO

Im Zusammenhang damit rufe ich den Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP Verbesserung statt Stillstand , Drucksache 13/994, auf.

Wem darf ich das Wort erteilen? Herr Abg. Boris Palmer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mir ist schon zu Ohren gekommen, dass einige Kollegen dieses Themas herzlich überdrüssig sind und nicht mehr über Regionalisierungsmittel debattieren möchten. Dafür gibt es eine einfache Lösung: Am 31. Mai 2002 findet im Bundesrat eine Abstimmung statt. Sorgen Sie dort dafür, dass der Gesetzentwurf zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes endlich positiv erledigt wird. Dann müssen wir im Landtag nie mehr darüber diskutieren.

(Unruhe bei der CDU)

Es ist völlig unstrittig, dass diese Debatte notwendig ist. Der Landtag hat vor einem halben Jahr einen Beschluss gefasst in einer Situation, die einer Tarifauseinandersetzung ähnelte. Als nämlich der Finanzminister harte Kürzungen durchsetzen wollte, haben wir im Landtag uns mit einer hohen Forderung gemeinsam an die Bundesregierung gewandt, um am Ende zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Jetzt liegt ein Ergebnis vor. Wie bei Tarifverhandlungen hat man sich in der Mitte getroffen, übrigens exakt an dem Punkt, den die grüne Bundestagsfraktion vorgeschlagen hat: 6,75 Milliarden € für alle Bundesländer gemeinsam.

Unstrittig ist auch, dass wir ein neues Gesetz benötigen, denn beim Regionalisierungsgesetz wurde eine Revision nach fünf Jahren vorgesehen. Diese sind mittlerweise verstrichen. Die Revision hat noch nicht stattgefunden; wir sind also ohnehin im Verzug und unter Zeitdruck. Es ist inhaltlich notwendig, ein neues Gesetz zu schaffen, denn die Kopplung an die Umsatzsteuer hat sich, meine Damen und Herren, als schwieriges Element der alten Regelung erwiesen. Mal geht es stark auf-, mal aber wieder abwärts. Es ist noch gar nicht klar, was im Falle einer Abwärtsentwicklung eigentlich geschehen soll. Wir brauchen hierfür eine Klärung.

Die Frage kann also nicht lauten: Ist diese Debatte oder das Gesetz notwendig? Die Frage ist nur: Ist der vorliegende Gesetzentwurf gut? Bringt er den öffentlichen Personennahverkehr voran?

Ich bin der Meinung, dass der vorliegende Gesetzentwurf die Erfolgsgeschichte des öffentlichen Personennahverkehrs der letzten Jahre, seit 1996 fortsetzen wird. Das goldene Zeitalter liegt mit diesem Entwurf überhaupt erst vor uns, Herr Minister Müller.

Was umfasst der Gesetzentwurf? Er umfasst zunächst einmal das war Vorschlag der grünen Bundestagsfraktion 100 Millionen € pro Jahr zusätzlich für alle Bundesländer für die Übernahme des Interregioverkehrs. Dieser Vorschlag ist zielgenau auf das Problem gerichtet, dass sich die Bahn aus der Fläche zurückziehen will und die Länder eigentlich nicht zuständig sind. Nun erhalten die Länder die Zuständigkeit und die notwendigen Mittel. Damit kann der Interregio wieder aufs Gleis; er kann sogar besser werden als in der Vergangenheit.

Zweitens liegt der jetzt vorliegende Kompromiss 200 Millionen € über dem ursprünglich von Hans Eichel avisierten Wert. Mit 200 Millionen € Aufschlag lässt sich einiges anfangen. Der Kompromiss von 6,75 Milliarden € liegt ebenfalls 200 Millionen € über dem Wert, der den Ländern nach der geltenden Berechnungsformel, nämlich in Koppelung an die Umsatzsteuer, zusteht. Überdies liegt dieser Wert 600 Millionen € über den 12 Milliarden DM, die 1998, zu Beginn der rot-grünen Regierungszeit, an die Länder ausgezahlt wurden. Im Gegensatz zum Vorhaben von Hans Eichel, der die Beträge für die nächsten fünf Jahre festschreiben, nicht dynamisieren wollte, ist jedes Jahr eine 1,5-prozentige Erhöhung der Regionalisierungsmittel vorgesehen.

Sie sehen also: Dieses Gesetz ist gut für den öffentlichen Verkehr insgesamt; dieses Gesetz ist auch gut für das Land Baden-Württemberg. Baden-Württemberg erhält im Jahr 2002 nach dem Gesetzentwurf 706 Millionen € für den öffentlichen Personennahverkehr. Dieser Betrag steigt bis zum Jahr 2007 auf 760 Millionen €. Das sind für das laufende Jahr 2002, meine Damen und Herren, 55 Millionen € mehr, als Sie im vergangen Jahr ausgeben konnten 55 Millionen € freie Mittel für mehr Verkehr, zum Beispiel für den Interregio von Karlsruhe nach Konstanz, oder für die Verbesserung des Interregioverkehrs zwischen Karlsruhe und Stuttgart, der ebenfalls bedroht ist, oder für die Einrichtung eines schnellen Verkehrs im Stundentakt von Pforzheim nach Stuttgart und Karlsruhe. Bisher gibt es diese schnellen Verbindungen nur alle zwei Stunden.

Überdies ist der Kompromiss gut für das Land, weil für das Jahr 2001 eine Rückzahlungsforderung des Bundesfinanzministers in Höhe von 40 Millionen € nicht geltend gemacht wird. Die Rückzahlung ist über die Abschlagszahlungen bereits erfolgt. Es werden also 40 Millionen €, auf die es keinen rechtlichen Anspruch gibt, zusätzlich an das Land Baden-Württemberg überwiesen.

Schließlich und endlich bekommen wir Planungssicherheit. Auf vier oder fünf Anträge der Fraktion der Grünen haben wir in den letzten sechs Monaten nämlich immer dieselbe Antwort erhalten, wenn es um Verbesserungen für den öffentlichen Personennahverkehr ging: „Hierzu ist im Moment keine Aussage möglich, weil das Land keine Sicherheit über die zur Verfügung stehenden Mittel hat.“ Wir erhalten diese Planungssicherheit und können die Projekte in Angriff nehmen.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf ist grüne Handschrift pur. Er ist die exakte Umsetzung unserer Idee zur Rettung des Interregioverkehrs. Es ist eine Punktlandung bei der finanziellen Ausstattung: 706 Millionen € für Baden-Württemberg sind auf die Kommastelle

genau der Betrag, den wir in den Verhandlungen mit dem Bundesfinanzminister durchsetzen wollten. Herr Minister Müller, auch wenn Ihr Stellvertreter heute redet: Sie hatten uns eigentlich Lob zugesagt, wenn wir dieses große Ziel erreichen. Wir haben es erreicht. Ich verzichte auf das Lob, aber ich erwarte endlich Zustimmung im Bundesrat, damit es mit dem öffentlichen Personennahverkehr vorangehen kann.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Scheuermann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns in diesem hohen Haus schon öfter über die Frage unterhalten, wie es mit den Regionalisierungsmitteln weitergehen soll. Bis jetzt stand am Ende der Debatten immer eine einmütige Entscheidung quer durch dieses hohe Haus.

Ich habe nichts dagegen, dass wir uns heute erneut über das Schicksal der Regionalisierungsmittel unterhalten, weil es jetzt, wenn ich das einmal so ausdrücken darf, um die Wurst geht. Herr Kollege Palmer, was Sie an Zahlen vorgetragen haben, ist alles in Ordnung. Sie haben nur verschwiegen, dass noch lange nicht ausgestanden ist, ob wir nicht noch mehr bekommen könnten, als Sie in Ihrer Rede eben dargestellt haben.

(Oh-Rufe von der SPD)

Worum geht es?

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Geld!)

Herr Kollege Palmer hat über den Gesetzentwurf gesprochen, wie er auf Antrag des Landes Schleswig-Holstein aus dem Bundesrat kam und wohl in dieser Woche im Bundestag in zweiter und dritter Lesung mit der Mehrheit der regierungstragenden Fraktionen verabschiedet wird. Danach sollen die Länder ab diesem Jahr insgesamt 6,745 Milliarden € an Regionalisierungsmitteln bekommen.

Im Gegensatz dazu gibt es den Antrag des Landes Bayern, dem Baden-Württemberg beigetreten ist. Dieser Antrag von Bayern und Baden-Württemberg enthält genau das, was die Verkehrsministerkonferenz im Herbst des vergangenen Jahres einstimmig vorgeschlagen hat. Danach betrügen die Regionalisierungsmittel nicht 6,745 Milliarden €, sondern 7,06 Milliarden €.

Bekanntlich bekommt Baden-Württemberg von den Regionalisierungsmitteln etwa 11 %, sodass wir uns für das Jahr 2002 darüber unterhalten, ob Baden-Württemberg 34,5 Millionen € mehr oder weniger bekommt. Diese 34,5 Millionen € unterlägen wie der Gesamtbetrag in den kommenden Jahren natürlich auch der Dynamisierung.

Ich stelle ganz einfach fest, Herr Palmer: Sie wollen mit Ihrem Antrag von uns die Zustimmung, freiwillig auf jährlich 34,5 Millionen € in Baden-Württemberg zu verzichten.

(Widerspruch bei den Grünen Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Diese Zustimmung, Herr Kollege Palmer, bekommen Sie von den Regierungsfraktionen nicht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Ich bedauere ausdrücklich, dass Sie dann, wenn es um die Wurst geht, die Gemeinsamkeit in diesem hohen Hause aufkündigen.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Das ist nicht wahr! Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen fünf Gründe dafür nennen,

(Abg. Capezzuto SPD: So wenig!)

warum wir von den regierungstragenden Fraktionen nach wie vor an dem Vorschlag der B-Länder festhalten. Nun werden Sie mir nachher natürlich Folgendes entgegenhalten:

(Abg. Dr. Caroli SPD: Vorwerfen!)

Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach. Aber vielleicht haben Sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht.