Es greift aber zu kurz, Entwicklungszusammenarbeit als ein Anhängsel außenwirtschaftlicher Interessen zu formulieren, wie Sie das auf Seite 6 der Stellungnahme zum Antrag Drucksache 13/370 tun. Sie sagen: Wir wollen unsere Politik konzentrieren auf Länder, in denen für baden-württembergische Firmen auch ein außenwirtschaftliches Interesse besteht. Das ist aber klassische Außenwirtschaftsförderung. Das heißt, wir wollen mit Ihnen gern diskutieren und hätten von Ihnen gern auch ein strategisches Papier, aus dem hervorgeht, wie Sie Public Private Partnership als Entwicklungsansatz verstehen und unter welchen Voraussetzungen Sie privatwirtschaftliches Engagement durch Mittel der Entwicklungszusammenarbeit fördernd begleiten. Dann macht Ihre Neuorganisation im Ministerium auch Sinn, wenn wir sagen: Die Arbeit im Ministerium, soweit sie die Entwicklungszusammenarbeit betrifft, wollen wir auch auf diesen Ansatz konzentrieren.
Jetzt kommt Punkt 2: Da hat Herr Witzel natürlich Recht. Wir können ja nicht warten, bis die Wirtschaft überall angekommen ist, und der Not, die es in weiten Regionen gibt, einfach tatenlos zuschauen. Also brauchen wir natürlich auch Unterstützung für Nichtregierungsorganisationen, die sich diesen Aufgaben stellen und Projekte durchführen.
Da halten wir es für eine sehr verkürzte Darstellung, wenn Sie schreiben: Wir wollten ja, aber wir haben keine brauchbaren Projekte gefunden. Denn Tatsache ist, dass Sie erst die Mittel für neue Projekte auf null gefahren haben, dass sich schließlich gegen Ende des Haushaltsjahres herausgestellt hat, dass da doch noch Geld übrig ist, und Sie dann gesagt haben: Stellt schnell Anträge! Und dann haben Sie festgestellt, dass es an der Qualität mangelt.
Daraus ergibt sich als zweiter neuer strategischer Ansatz: Wir brauchen für die Unterstützung der Nichtregierungsorganisationen Kontinuität. Das heißt, sie müssen sich darauf verlassen können, dass es, wenn sie neue Projekte konzipieren, was ja auch Geld kostet, Aussicht auf Bewilligung gibt und dass man da nicht auf Sand baut.
Deshalb sehen wir – weil auch wir Ihre Haushaltsnöte und die künftigen Einsparoperationen sehen – in diesem Zusammenhang in der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit einen neuen strategischen Ansatz, der losgelöst von den Haushaltsrestriktionen speziell auch für NGOs, für Nichtregierungsorganisationen, kontinuierliche Unterstützung liefern sollte. Das bedeutet aber: Wir sollten auch hier eine neue strategische Ausrichtung vornehmen, das weiter begleiten, damit die Stiftung „fetter“ wird. Auch wir sehen, dass da mehr Gelder zur Verfügung stehen werden. So könnten wir zu einer durchaus vernünftigen Arbeitsteilung kommen.
Der dritte Punkt: An vielen Stellen weisen Sie darauf hin, dass es in der Bildungsarbeit starke Defizite bezüglich der Entwicklungspolitik gebe. Da sehen wir eigentlich nur eine vernünftige Chance: Wir müssen die Basis verbreitern. Wir dürfen nicht nur in den bisherigen Strukturen weiterarbeiten, sondern wir brauchen hier eine echte Kommunalisierung. Das heißt, wir wünschen uns einen strategischen Ansatz – als dritten Pfeiler –, das, was sich auf kommunaler Ebene tut, fördernd zu begleiten, nämlich selber eigene strategische Ansätze zu finden, beispielsweise Jugendaustausch in die Dritte Welt zu unterstützen und zu begleiten,
beispielsweise kommunale Projekte zu unterstützen und zu fördern. Wir haben das damals noch so genannt: 50 Pfennig für die Dritte Welt soll die Kommune geben, 50 Pfennig gibt das Land in einem bestimmten Umfang. Also, die Städte und Gemeinden in unserem Land sollen zu stärkeren Partnern in der Entwicklungszusammenarbeit gemacht werden.
Wenn wir uns über diese drei Richtungen einig wären, sollte es uns auch gelingen, in den nächsten Jahren noch schlagkräftiger zu werden, Public Private Partnership als wichtiges Standbein der Entwicklungszusammenarbeit in Baden-Württemberg auszubauen, die NGOs kontinuierlich tatkräftig zu unterstützen und unsere Städte und Gemeinden als wichtige Verbündete bei dieser Arbeit zu finden.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage aus tiefster Überzeugung: Die Entwicklungszusammenarbeit ist eines der wichtigsten Themen unserer Zeit und zugleich das Thema, das am meisten vernachlässigt wird. Wenn wir heute nicht in Entwicklungszusammenarbeit investieren, wird uns das in der Zukunft noch teuer zu stehen kommen. Ich weiß natürlich auch, dass das kein Thema ist, das sich dazu eignet, von einer Wahl zur anderen punkten zu können.
Es ist richtig – das wurde heute schon einige Male erwähnt; und auch ich bedauere dies –: Die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit in Baden-Württemberg wurden reduziert. Aber, meine Damen und Herren, Sie kennen die Haushaltslage, Sie kennen unseren festen Willen zum Sparen. Meine Damen und Herren von der Opposition, lesen Sie einmal die Protokolle über die Erste Beratung der jeweiligen Haushalte nach. In diesen Beratungen haben Sie uns vorgeworfen, wir würden viel zu wenig sparen. Sparen, ohne Mittel zu reduzieren, ist aber einfach nicht möglich.
Ich bedauere aber noch mehr, dass der Bund seinen Verpflichtungen keineswegs nachgekommen ist. Während es sich beim Land um Freiwilligkeitsaufgaben handelt, ist der Bund zu diesen Aufgaben verpflichtet. Er ist weit hinter dem zurückgeblieben, was er sich vorgenommen hat.
Herr Witzel, hier ist die originäre Zuständigkeit des Bundes gegeben. Das haben Sie zu erwähnen vergessen. Ich
denke, hier darf der Bund nicht einfach außen vor gelassen werden. Wenn hier jemand „abwickelt“, wie Sie in der schriftlichen Begründung Ihres Antrags schreiben, dann ist das in erster Linie der Bund und erst viel später das Land.
Meine Damen und Herren, Public Private Partnership wurde heute schon mehrfach erwähnt. Auch wir in Baden-Württemberg haben Gott sei Dank einige sehr, sehr gute Ansätze.
Ich weiß natürlich, dass diese Projekte speziell den Schwellenländern und nicht den Ärmsten der Armen zugute kommen. Aber ich denke, es ist dennoch sehr wichtig, in den Schwellenländern zu investieren. Wenn das die Industrie tut, fließt bedeutend mehr Geld, entstehen Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze. Herr Schmiedel, es ist sicher richtig, was Sie sagten: Die Teilnahme an der Globalisierung wird so gefördert.
Meine Damen und Herren, gerade in den Schwellenländern ist ein ganz besonders gefährlicher sozialer Sprengsatz vorhanden: einerseits Menschen, die an der Entwicklung teilnehmen und zunehmend auch einen gewissen Wohlstand erwerben, andererseits Menschen, die ärmer sind als zuvor. Wenn durch Public Private Partnership hier Hilfe geschaffen werden kann – das ist offensichtlich der Fall –, dann ist das gut. Ich weiß – und ich möchte das noch einmal betonen –: Die allerärmsten Länder können daran nicht teilhaben. Denn die Industrie wird nicht in diesen Ländern investieren, wenn nicht ein Minimum an Struktur vorhanden ist.
In Ihrem Antrag haben Sie unter anderem nach der Konzentration der Aufgaben gefragt. Wenn Sie die Berichte der letzten Jahre aufmerksam gelesen haben, wissen Sie, dass hierbei bereits eine Konzentration eingetreten ist. Man hat sich von einer Fülle von Bagatellaufgaben gelöst. Allerdings hat man die entsprechenden Projekte im Sinne einer Kalkulationssicherheit für die Empfängerländer so, wie das primär vertraglich festgelegt wurde, zu Ende geführt.
Ein ähnliches Problem, über das immer wieder diskutiert wird, ist die angestrebte Bündelung der Aufgaben in nur einem Ministerium. Gegenwärtig sind dafür sieben oder acht Ministerien zuständig. Wir haben einen Antrag eingereicht, über den wir wertfrei, emotionslos prüfen lassen wollen, ob es wirklich etwas bringen würde, wenn die Aufgaben federführend bei einem einzigen Ministerium ressortieren würden.
Meine Damen und Herren, ich begrüße ausdrücklich die Umorganisation im Wirtschaftsministerium, nach der es nicht mehr ein separates Referat für Entwicklungszusammenarbeit gibt. Vielmehr hat man Regionen zusammengefasst: Wirtschaft, Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit. Ich denke, das ist eine sinnvolle Organisationsmaßnahme, die für die betreffenden Länder hilfreich ist.
Nun zu dem Koordinationsausschuss, den Sie angesprochen haben. Herr Witzel, ich halte überhaupt nichts von einem zentralen Dirigismus. Ich wünsche mir eine Vielfalt der NGOs, große NGOs, die große Aufgaben übernehmen können, kleine NGOs, die sich eher mit lokalen Aufgaben beschäftigen, was die großen NGOs wiederum nicht so gut könnten. Ich wünsche mir weiter dieses breite Spektrum von NGOs sowohl inhaltlich als auch ganz besonders regional. Damit habe ich auch bereits ein anderes Thema angeschnitten. Ich wünsche mir nicht eine Konzentration der Entwicklungsarbeit auf eines oder ganz wenige Länder.
Ich denke, die NGOs funktionieren sehr gut nach dem Prinzip der Eigeninitiative, und zwar besser als über ein zentrales Reglement. Wenn wir so etwas installieren würden – Sie mögen mir verzeihen, wenn ich etwas despektierlich von einem zentralen Debattierklub spreche –, hielte ich dies nicht für hilfreich. Ich möchte die Kreativität der einzelnen NGOs erhalten.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Vonseiten der Kollegen Witzel und Schmiedel ist einiges kritisiert worden. Zugleich sind aber auch konstruktive Vorschläge unterbreitet worden. Herr Dr. Lasotta hat, wie ich meine, zentrale Punkte angesprochen. Herr Kollege Dr. Glück schließlich hat auch Wege aufgezeigt, wie man in der Zukunft hinsichtlich der Entwicklungszusammenarbeit hier im Land vorgehen soll.
Lassen Sie mich aber zunächst auf Ihre kritischen Worte eingehen. Herr Schmiedel und Herr Witzel, Sie haben beide kritisiert, dass wir die Förderung der Nichtregierungsorganisationen nicht nur reduziert, sondern aufgrund von Haushaltszwängen auf null gestellt haben. Ich möchte aber schon in Erinnerung rufen, dass dies im Finanzausschuss in aller Deutlichkeit dargestellt wurde. Das wurde dort außer von den Grünen, die einen Antrag auf Erhöhung der Förderung gestellt haben, der von allen anderen Fraktionen abgelehnt worden ist – auch von der SPD –, von keiner Seite kritisiert, sondern aufgrund der Haushaltssituation akzeptiert.
Sie haben einen Antrag auf Erhöhung gestellt, der von den drei anderen Fraktionen abgelehnt worden ist. Ich sage das auch, um deutlich zu machen: Das kam nicht von einem Tag auf den anderen.
(Abg. Schmiedel SPD: Wir hatten einen Antrag, in dem wir das Doppelte gefordert haben wie die Grü- nen!)
Im Finanzausschuss ist in aller Klarheit mitgeteilt worden, dass dies aufgrund der Haushaltssituation geschehen muss.
Es kommt ein weiterer Punkt hinzu. Herr Witzel, Sie haben auch eine Reihe ganz sinnvoller Vorschläge unterbreitet. Aber an einer Stelle sind Sie auch eine ganze Reihe von Antworten schuldig geblieben. Sie haben dreimal hintereinander, bevor Sie sich gesetzt haben, in aller Klarheit gesagt: Wir fordern mehr Geld, wir fordern, wir fordern. Wie Sie das in der gegenwärtigen Haushaltssituation zusammenbringen wollen, haben Sie nicht gesagt. So einfach darf man es sich nicht machen, nur zu sagen: „Wir brauchen mehr Geld, und wir fordern...“, ohne einen Weg aufzuzeigen, wie das geschehen soll, noch dazu, da Sie wissen, dass wir im Jahr 2003 noch eine gewaltige Einsparrunde vornehmen müssen. Pardon, da kann ich Ihnen den Vorwurf der Unseriosität nicht ersparen.
Ich finde es auch nicht in Ordnung – ich will gar nicht von fair oder von unfair sprechen –, wenn man hier eine Reihe von Anträgen stellt und darin sagt: „Wir brauchen mehr Geld, wir wollen...“ und womöglich eine Liste aufführt, ohne in irgendeiner Weise deutlich zu machen, wie dies finanziert werden soll.
(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Aber Sie müssen zugeste- hen: Bei den letzten Haushaltsberatungen haben wir Deckungsvorschläge vorgelegt!)
Lassen Sie mich die nächsten Punkte ansprechen. Von Ihrer Seite wird ausgeführt, wir seien den Kirchen gegenüber grob oder wie auch immer verfahren. Auch da muss man daran erinnern: Wir haben die Kirchen ganz selbstverständlich, nachdem sie sich auch zu Wort gemeldet haben, zu einem Gespräch am 23. Juli 2002 eingeladen. Wir haben ihnen ein Angebot unterbreitet. Wir haben ja für Inlandsmaßnahmen die Mittel aufgestockt – auch im Jahr 2001; das bitte ich einmal zur Kenntnis zu nehmen –, und zwar von 120 000 € – keine Riesensumme – auf den vierfachen Betrag von 480 000 €. Man kann also auch nicht sagen, es geschehe nichts. Zeigen Sie mir einmal andere Bereiche, in denen wie in diesem Bereich viermal so viel Mittel zur Verfügung gestellt worden sind.
Wir haben bis zum heutigen Tag keine Reaktion, keinen konkreten Antrag, was damit passieren soll. Das Angebot an die Kirchen steht nach wie vor, überhaupt keine Frage.
Aber ich lasse mir nicht vorwerfen, wir würden nichts tun. Wenn wir Mittel aufstocken und Angebote machen und