Deswegen muss es darum gehen, beides gemeinsam miteinander zu diskutieren. Es muss darum gehen, von anderen zu lernen.
Wenn wir erleben, dass alle anderen, die längere gemeinsame Lernzeiten haben, wesentlich erfolgreicher sind als wir, müssen wir doch feststellen: Dann stimmt bei uns auch an der Struktur irgendetwas nicht.
Ich will Ihnen nochmals deutlich machen: Das gilt auch für Baden-Württemberg. Die soziale Herkunft der Kinder entscheidet über die Schullaufbahn und damit auch über die Karriere der Kinder. Das gilt auch bei uns in Baden-Württemberg – Gott sei Dank in abgeschwächter Form.
Und zum Zweiten: Wir haben bei uns eine enorme Leistungsbreite, aber weniger in die Spitze hinein, sondern eher am unteren Ende, obwohl wir ein gegliedertes Schulwesen haben. Das gegliederte Schulwesen hat also nicht entsprechende Leistungen erbracht. Deswegen – so muss man sagen – müssen wir auch eine Strukturdebatte führen.
Es ist doch klar, dass Eltern zunächst einmal wollen, dass ihre Kinder möglichst aufs Gymnasium gehen – das ist doch nachvollziehbar, auch für Sie, Herr Seimetz, denke ich –, weil das Gymnasium die besten Karrierechancen und die besten Anschlussmöglichkeiten bietet. Herr Käppeler hat deutlich gemacht, welchen Leidensweg Kinder gehen – nicht weil die Lehrerinnen und Lehrer sich nicht für die Hauptschule engagierten, sondern weil es sozusagen in der Struktur so angelegt ist, dass man sie als Rest empfindet. Kinder sind da sehr empfindlich. Das kann ich Ihnen sagen.
Da haben wir im Übrigen auch die Unterstützung vonseiten der Wissenschaft. Es ist ja immer interessant, dass Sie nur diejenigen Wissenschaftler zitieren, deren Aussagen in Ihre Argumentation hineinpassen. Das ist ja das Interessante.
(Abg. Capezzuto SPD: Typisch! – Weitere Zurufe von der SPD – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das macht doch jeder!)
Andere der „PISA-Wissenschaftler“ – nicht nur Herr Schleicher, sondern auch Herr Tillmann und andere – haben da eine andere Auffassung. Das ist ja das Interessante.
Man muss Ihnen da schon deutlich Einseitigkeit vorwerfen. Aber selbst Herr Baumert hat, als wir in Berlin mit ihm diskutiert haben –
alle meine Kollegen des AK III waren in Berlin und können das bestätigen –, nicht ausgeschlossen, dass Strukturfragen wichtig sind, wenn man eine bessere Qualität von Schule erreichen will.
Aber wer hier sagt, das spiele keine Rolle, der liegt neben der Sache und sagt hier nicht die Wahrheit.
Des Weiteren müssen wir auch akzeptieren, dass die sechsjährige Grundschule von vielen Eltern gefordert wird. Sie wird nicht nur vom Baden-Württembergischen Handwerkstag gefordert, den Sie hier so niedermachen. Ich staune schon, wie Sie mit den Handwerkern umgehen. Das ist erstaunlich.
Sie wird auch von Lehrerverbänden gefordert. Sie wird von Wissenschaftlern, von Pädagogen und Erziehungswissenschaftlern gefordert. Liegen die denn alle daneben? Sind die denn alle, weil sie nicht auf der Linie der CDU liegen, sozusagen nicht ganz zurechnungsfähig? Das kann doch wohl nicht wahr sein.
Deswegen muss es darum gehen, möglichst lange gemeinsame Lernphasen zu haben. Unser Konzept bedeutet: Nach der sechsjährigen Grundschule wird es künftig keine Hauptschulen und Realschulen mehr geben, sondern es wird eine Regionalschule geben. Es wird eine Regionalschule in den Gemeinden geben. Dies bedeutet, dass Kinder hier bessere Lernchancen haben, indem sie in heterogenen Lerngruppen gemeinsame Erfahrungen sammeln. Ich sage Ihnen, dass nach unserem Konzept dann auch mehr Kinder und mehr Jugendliche den mittleren Bildungsabschluss erreichen. Das ist das, was wir wollen. Das ist das Entscheidende.
Ich sage Ihnen zum Schluss, Frau Schavan: Lassen Sie uns sehr intensiv darüber streiten, was für unsere Schulen und für unsere Kinder am besten ist. Wer hier von vornherein nur die Unterrichtsarbeit als Allheilmittel sieht und jede Strukturfrage ausklammert und ablehnt, der hat, muss ich sagen, offensichtlich Angst vor solchen Debatten.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Sozialministeriums – Heimaufsicht in Baden-Württemberg – Drucksache 13/560
Das Präsidium hat eine Redezeit von fünf Minuten für die Begründung des Antrags und von fünf Minuten je Fraktion, gestaffelt, für die Aussprache festgelegt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Baden-Württemberg leben rund 72 000 Menschen, überwiegend ältere, aktuell im Pflegeheim. Wer pflegebedürftig ist und in einem Pflegeheim lebt, befindet sich – ich glaube, da sind wir uns alle einig – in einem ganz besonderen Abhängigkeitsverhältnis. Im Interesse der pflegebedürftigen älteren Menschen ist es deshalb erforderlich, eine leistungsfähige und moderne Heimaufsicht zu haben.
(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Alfred Haas CDU: Sorgen Sie sich um eine leistungsfähige Pflege! Das wäre noch wichtiger! – Gegenrufe von der SPD: Oh Haas!)
Herr Haas, heute sprechen wir über die Heimaufsicht, und nächstens unterhalten wir uns dann wieder über die leistungsfähige Pflege, würde ich sagen.
In einer Gesellschaft, in der der Anteil älterer und sehr alter Menschen wächst, müssen wir sicherstellen, dass Seniorinnen und Senioren selbstbestimmt und würdevoll leben können. Um es gleich zu sagen, meine Damen und Herren: Die ganz überwiegende Zahl der Pflegeheime – damit ist wohl Ihre Frage beantwortet – leistet eine gute Arbeit.
(Lebhafter Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Wieser CDU – Abg. Wieser CDU: Das habe ich auch in meiner Rede stehen! Was soll ich dann noch sagen?)
Dennoch kommt es in Einzelfällen zu Missständen. Es gibt, wie überall sonst auch, vereinzelt schwarze Schafe. Um Missstände zu beseitigen und möglichst dafür zu sorgen, dass erst gar keine auftreten, brauchen wir eine leistungsstarke Heimaufsicht. Die SPD setzt sich deshalb im Land seit langem dafür ein, die baden-württembergische Heimaufsicht zu verbessern. In der Vergangenheit gab es zu viele Defizite, und die Schritte, die die Landesregierung auf unser Drängen hin eingeleitet hat, waren viel zu zögerlich. Deshalb begrüßen wir, dass der Bundesgesetzgeber durch die Heimgesetznovelle und das damit verbundene Pflegequalitätssicherungsgesetz für Verbesserungen gesorgt hat.
Ich möchte übrigens noch sagen, dass das von allen Fraktionen im Bundestag und auch im Bundesrat begrüßt wurde. Das Heimaufsichtsrecht wurde grundlegend reformiert, und die Rechte der Bewohnerinnen und Bewohner wurden nachhaltig verbessert. Dadurch kommen auf die Heimaufsicht neue Aufgaben zu. Statt wie bisher nur alle zwei Jahre prüft die Heimaufsicht zukünftig jedes Heim mindestens einmal jährlich. Größere Abstände sind dann möglich, wenn das Heim durch unabhängige Sachverständige nachweisen kann, dass es den Anforderungen gerecht wird. Prüfungen können zukünftig jederzeit angemeldet oder unangemeldet erfolgen. Regelungen über die Anforderungen an den Heimbetrieb, zum Beispiel was die Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner betrifft, wurden präzisiert und ergänzt. Der Träger muss zukünftig bei Betriebsaufnahme eine Leistungsbeschreibung und ein Heimkonzept vorlegen.