Protokoll der Sitzung vom 26.03.2003

mit uns zusammen in Berlin konstruktiv für weitere Verbesserungen für Baden-Württemberg zu sorgen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Gestatten Sie noch eine Nachfrage des Herrn Abg. Schebesta?

(Unruhe)

Entschuldigung, ich wollte noch eine Nachfrage beantworten.

Herr Abg. Göschel, Sie haben von den Erfolgen des Einsatzes der SPD gegenüber dem Bundesverkehrsministerium gesprochen.

(Abg. Knapp SPD: Jawohl!)

Ich denke da an einzelne Straßenbauprojekte, für die Sie sich auch laut Zeitungsinterviews eingesetzt haben, zum Beispiel die A 5. Sind Sie bereit, die Prioritätenliste der SPD, mit der Sie nach Berlin gefahren sind, zu veröffentlichen, damit wir Ihren Erfolg auch auf dem Papier nachvollziehen können?

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Birzele SPD: Der steht im Bundesverkehrswegeplan! – Heiter- keit – Abg. Ursula Haußmann SPD: Da schicken sie den Schebesta vor!)

Unser Erfolg ergibt sich aus dem Bundesverkehrswegeplan. Der ist öffentlich. Den können Sie nachlesen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Das Wort erhält Frau Abg. Berroth.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Unsere Fraktion hatte darum gebeten, zu diesem Tagesordnungspunkt auch unseren Antrag Drucksache 13/1607 zu behandeln, in dem es um Auf- und Abstufungen von Bundesstraßen geht. Die Grünen haben dies abgelehnt mit den Worten, das hätte überhaupt nichts miteinander zu tun. Ich will Ihnen kurz sagen, warum ich das gewollt habe. Schon im ersten Satz der Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr zu unserem Antrag steht nämlich, dass bisher im Bedarfsplan aufgeführte Maßnahmen an so genannten autobahnparallelen Bundesstraßen nach den Vorstellungen des Bundesverkehrsministeriums im neuen Bedarfsplan nicht mehr enthalten sein sollen. Für vier Vorschläge, die wir nach Berlin gemeldet haben, ist dies tatsächlich der Fall. Also hätte der Antrag tatsächlich zu diesem Punkt gehört. Sie wollten das nicht.

Brisant wird dieses Thema natürlich, wenn nach Einführung der Maut auf Bundesautobahnen Schleichwege über autobahnparallele Strecken benutzt werden. Da ist es natürlich hochinteressant, dass man mit Ihrer völlig neuen Bewertungsmethode, die Sie vorhin so gelobt haben, von Bundesseite inzwischen darangeht – das steht auf Seite 6 der Drucksache 13/1607 –, dass bei Straßen, die unstreitig Bundesstraßen sind und bleiben sollen, Verkehrsanteile bei der Feststellung der täglichen Verkehrsmenge herausgerechnet werden, weil dieser Verkehr kein Fernverkehr sei. Was ist denn das jetzt wieder für eine Milchmännerrechnung? Da meint man, man könne das künstlich auseinander rechnen. Was machen Sie denn dann, wenn zu viele Autos, auf der Straße sind und diese Stau produzieren? Wie soll man denn damit umgehen?

(Abg. Fischer SPD: Jetzt kriegen Sie mehr und sind trotzdem nicht zufrieden!)

Das ist ein Trojanisches Pferd, mit dem Sie erreichen wollen, dass künftig gesagt wird: Das muss nicht in den Bedarfsplan aufgenommen werden; da ist gar kein Stau, weil wir ihn nicht errechnet haben.

Deswegen begrüßt unsere Fraktion, dass das Land auch Projekte auf seine Anmeldeliste gesetzt hat, die in diesem 14-Maßnahmen-Paket des Bundes enthalten sind, in dem der Bund aufgelistet hat, was er streichen will.

Nun aber zu Palmers Märchen- und Traumstunde, in der Sie wieder einmal so getan haben, als ob die Grünen wirklich die Einzigen wären, die an die Umwelt denken.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ja!)

Das ist nicht so. Aber wir verwechseln nicht die Thematik. Sie können doch nicht sagen: Da, wo es der Umwelt nicht passt und Ihnen nicht in die Umwelt passt, da ist auch kein Bedarf.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Doch! Das kann man sagen!)

Sie können unser Land doch nicht von der Stunde null an neu aufbauen. Nur dann wäre dieser Aspekt sinnvoll. Aber wir haben Gewerbeansiedlungen, wir haben Wohnbebauung, und wir haben Menschen, die dort leben und arbeiten. Das produziert Verkehr. Den kann man nicht einfach wegrechnen, auch wenn das noch so gut in die grüne Ideologie hineinpassen würde.

Zu Ihrem Antrag: Es müsste ja auch den Grünen bekannt sein, dass der Bedarfsplan allein vom Bund aufgestellt und verabschiedet wird und dass deswegen die Anforderungen, die Sie in Ihrem Antrag nun an die Landesregierung stellen, leicht überdreht sind. Denn auch die Kriterien für die Einstufung der Vorhaben werden vom Bund definiert. Wer sich genau damit befasst, der weiß, dass diese neuen Kriterien für normal Denkende teilweise sehr schwer nachvollziehbar sind, weil sie viel zu oft mit unerträglicher Ideologie befrachtet sind.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Kretschmann GRÜNE: Was für einer Ideologie?)

Deshalb hat das Land da gar keine Gestaltungsmöglichkeit, insbesondere nicht, was die Grundlage für die Berechnung des Nutzen-Kosten-Faktors betrifft, der ja überhaupt die größte Wichtigkeit hat.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Was für eine Ideolo- gie?)

Die hat Herr Palmer vorhin deutlich dargestellt.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Was ist daran Ideolo- gie?)

Unterhalten Sie sich einmal mit ihm. Ich erkläre es Ihnen nachher einmal draußen in der Lobby. Mir ist meine Redezeit zu schade, um es jetzt zu erklären.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Aber erläutern Sie doch mal, was daran nicht sachlich, sondern ideo- logisch ist!)

Ich sage es Ihnen nachher draußen.

Zurück zum Antrag: Es ist so, dass das, was 1992 schon zum Vordringlichen Bedarf gehörte, nach wie vor prioritär, inzwischen sogar hochprioritär ist. Wenn da Maßnahmen wie zum Beispiel die B 28 bei Horb herausfallen, weil man die Mittel dafür für einen – wie ich heute neu gelernt habe – „Umweltschutztunnel“ in Freiburg braucht, muss ich sagen: Der Umweltschutz in der Stadt Horb ist offensichtlich nichts wert, weil da kein wichtiger grüner Protagonist sitzt, aber teure Tunnel in Freiburg und Tübingen braucht man. Das ist mir viel zu durchsichtig. Darauf muss ich hinweisen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir sind doch für die Hochbrücke über den Neckar! Was soll das?)

Die ist aber nicht im Bundesverkehrswegeplan drin. Beide Umfahrungen sind herausgestrichen. Aber auch wenn Sie dafür sind: Sie haben sich jedenfalls nicht erfolgreich dafür eingesetzt.

Ganz besonders enttäuscht bin ich davon – das muss ich sagen –, dass die Bundeswasserstraße Neckar im Bundesver

kehrswegeplan nur als Schwerpunkt bei der Reparatur vorkommt. Aber auf Seite 66, auf der aufgezählt wird, wo die Schwerpunkte liegen, taucht der Neckar überhaupt nicht auf. Das könnte höchstens unter dem Punkt 19 – kleine Vorhaben – versteckt sein. Die Bundeswasserstraße Neckar hat eine enorme Bedeutung für die Entlastung unserer Autobahnen und für die Stabilisierung unserer Wirtschaft. Deswegen ist es dringend notwendig, dass nicht nur ein paar marode Schleusentore des Neckars repariert werden, sondern dass eine Verlängerung der Schleusen durchgeführt wird, damit die Bundeswasserstraße Neckar zukunftsfähig bleibt.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP und Friedlinde Gurr-Hirsch CDU – Abg. Kretschmann GRÜNE: Woher nehmen, wenn nicht stehlen?)

Im Übrigen werden wir den Beschlussteil des Antrags ablehnen.

Ich weise nochmals darauf hin: Wichtig ist nicht das, was als „vorrangig“ im Bundesverkehrswegeplan steht, sondern das, was tatsächlich finanzierbar ist und dann auch umgesetzt wird. Über diesen Punkt werden wir sicher noch ein paar Mal reden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Herr Minister Müller.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Aber kurz und kna- ckig!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Vordergrund des ganzen Themas „Bundesverkehrswegeplan und Arbeit der Landespolitik“ steht die Frage: Wer vertritt die Interessen des Landes?

(Zuruf von der SPD: Die SPD!)

Das ist für mich die Schlüsselfrage. Diese Frage stellt sich natürlich ganz besonders den Parteien, die in Berlin regieren.

Ich will mich bei meinen Ausführungen im Prinzip auf den Straßenbau konzentrieren. Aber zur Schiene möchte ich doch vorab ein paar Dinge sagen: Ganz so toll, wie es sich im Moment abzeichnet, schaut es dort dann auch wieder nicht aus. Ich will Ihnen das an ein paar Beispielen deutlich machen.

Es ist anzuerkennen, dass zwei bzw. sogar drei Großprojekte im Bundesverkehrswegeplan enthalten sind: das dritte und vierte Gleis auf der Rheintalstrecke, die Strecke Stuttgart – Ulm und im Prinzip auch die Strecke Frankfurt – Mannheim. Einverstanden. Das sind wirklich teure Projekte. Es ist keine Sensation, dass diese Projekte drinstehen. Sie standen bisher auch schon drin. Dass sie nicht gestrichen wurden, ist Ihre Leistung, okay, einverstanden. Dass Sie auch weitermachen, einverstanden. Aber ich sage dazu: Bei der Strecke Frankfurt – Mannheim gibt es keine Vorentscheidung für die richtige Trassenführung. Sie werden sich erinnern, dass in den letzten Monaten, gerade so um

die Bundestagswahl herum, gesagt worden ist: Wir werden über den Bundesverkehrswegeplan für die richtige Trasse sorgen. Davon ist nichts zu merken.

Zweitens: Bei der Strecke Stuttgart – Ulm haben wir festzustellen, dass ein viel zu geringer Betrag im Bundesverkehrswegeplan angesetzt ist, ganz konkret 1,26 Milliarden € bzw. 2,5 Milliarden DM. Wenn Sie den Bundesanteil für Stuttgart 21 und die Mittel für die Neubaustrecke zusammenzählen, kommen Sie objektiv auf einen sehr viel höheren Betrag. Wir werden sehr darauf zu achten haben, dass dieser Betrag korrigiert ist, sodass die ganze Maßnahme tatsächlich finanziert ist. Es hängt nicht, wie die Grünen das einmal behauptet haben, damit zusammen, dass Stuttgart 21 selbst – hier im Talkessel von Stuttgart – nicht finanziert würde. Das will ich überhaupt nicht unterstellen. Das hat uns das Bundesverkehrsministerium noch einmal bestätigt. Einverstanden. Nichtsdestoweniger: Der Betrag ist zu niedrig.

Wir haben zum Beispiel nicht den Rastatter Tunnel beim dritten und vierten Gleis auf der Rheintalstrecke etatisiert. Ich stelle Ihnen ein weiteres Beispiel dar, das nicht mit den ganz großen Strecken zu tun hat. Da haben wir einige Sorgen, beispielsweise bei der Murrtalbahn oder der Südbahn, sprich Ulm – Friedrichshafen – Lindau. Sie ist zwar unter dem Stichwort „Internationale Projekte“ aufgenommen, aber wenn Sie sich den ganzen Bundesverkehrswegeplan anschauen – bundesweit betrachtet –, dann sehen Sie, dass bei den internationalen Projekten Projekte im Wert von 5 Milliarden € aufgenommen worden sind – da ist auch die Südbahn enthalten –, aber tatsächlich stehen für internationale Projekte nach Aussage des Bundesverkehrsministeriums jedoch bundesweit nur 400 Millionen € zur Verfügung. Das ist weniger als 10 % des Wertes der angegebenen Projekte.

Insofern trifft das zu, was von verschiedenen Rednern schon gesagt worden ist, nämlich: Papier ist geduldig. Es ist ja nett, dass das da drinsteht. Aber ob die Südbahn – um das an dem konkreten Beispiel zu belegen – wirklich zu den Projekten gehört, die aus den 400 Millionen € bezahlt werden, ist wenig wahrscheinlich, wenn für 5 Milliarden € Projekte angemeldet worden sind. Entschuldigung, Sie haben gelegentlich davon gesprochen, der Bundesverkehrswegeplan sei ein Märchenbuch. Aber bei einer Chance auf Verwirklichung von 1 : 11 oder 1 : 12 muss ich schon sagen: Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass das, was da versprochen worden ist, auch realisiert wird.