Herr Umweltminister, ist Ihnen bekannt, dass das 100 000-Dächer-Programm Ende Juni dieses Jahres keineswegs ersatzlos ausläuft, sondern dass es eine klare Aussage aus dem Bundesumweltministerium gibt, dass das EEG entsprechend angepasst wird, um das Auslaufen des 100 000-Dächer-Programms zu kompensieren?
(Abg. Dr. Caroli SPD: Das ist eine sachgerechte Darstellung! – Abg. Walter GRÜNE: Natürlich ist es so!)
Das EEG gibt es auch bislang schon, insofern ist das keine Ersatzmaßnahme. Dass es beim EEG Novellierungsbedarf gibt, zeigt auch meine Kritik am EEG, und auch die Bundesregierung hat das mittlerweile erkannt. Ich stelle schlicht fest: Ein Programm fällt weg, und man führt – sozusagen als Ersatz – etwas an, das man bisher ohnehin schon hatte. Eine Kompensation ist das also nicht. Ich würde das schon in gewisser Weise als einen Etikettenschwindel bezeichnen.
Aber ich will die Klimaschutzpolitik des Bundes, wie gesagt, nicht nur kritisieren. Es gibt durchaus positive Elemente. Wenn Sie mich fragen – ich habe das vorhin auch gesagt –: Mir wäre es lieber, wir hätten in unserem Programm „Klimaschutz-Plus“ nicht nur 10 Millionen € – oder 9 Millionen €, um es exakt zu sagen –, sondern wir hätten noch mehr. Einverstanden.
Aber ich sage Ihnen bloß einmal als Beispiel: Unter den vielen Sparauflagen, die ich jetzt habe, sind Bewirtschaftungsmaßnahmen und globale Minderausgaben. Aber dieses Programm halten wir zu 100 % ohne jede Kürzung durch. Wir sind sozusagen überholt worden durch die Wirksamkeit und Akzeptanz dieses Programms. Es ist stark in Anspruch genommen worden, und das ist der Grund, weshalb uns so
schnell „die Kasse geräubert“ worden ist. Es ist ein intelligentes Programm. Es ist ein effizientes und ein pragmatisches Programm. Wir fördern nicht irgendwelche Modetechnologien – der eine wendet sich dem zu, der andere jenem –, sondern wir haben stattdessen einfach gesagt: Wir fördern die eingesparte Tonne CO2 unabhängig davon, wo sie eingespart wird.
Das Interessante ist: Wir haben damit die effizientesten Maßnahmen gefördert – übrigens in einem Bereich, mit dem wir gar nicht gerechnet haben –, weil wir auf den intelligenten Suchprozess des Marktes gesetzt haben. Und siehe da: Es kam etwas heraus, mit dem wir nicht rechneten. Der größte Teil der Fördermittel ging in den Bau kleiner Blockheizkraftwerke bei Gewerbebetrieben. Wenn das die effektivste Maßnahme ist
sofort –, dann haben wir, à la bonne heure, mit wenig Geld relativ viel erreicht. Es wäre mir recht, wenn dieser Pragmatismus in der Klimaschutzpolitik allseits Platz greifen würde.
Herr Minister, teilen Sie meine Auffassung, dass das 100 000-Dächer-Programm ein ökonomisches Programm zur Markteinführung einer neuen Technologie ist und deswegen nicht mit dem Programm „Klimaschutz-Plus“ verglichen werden kann?
Ist Ihnen weiterhin bekannt, dass das Forschungszentrum Jülich in einer Studie herausgefunden hat, dass das CO2Minderungsprogramm das weltweit beste ist, das bisher in diesem Bereich vorgelegt wurde? Wie kommen Sie dann zu der Aussage, Ihre Maßnahmen in Baden-Württemberg seien vergleichbar?
Wenn es ein ökonomisches Programm, ein Programm zur Wirtschaftsförderung sein soll, dann gilt der Vorwurf der relativen Ineffizienz natürlich erst recht.
Mit dieser Milliarde Euro hätte man mehr machen können. Das sage ich ganz simpel. Aber Sie stellen es ja nicht umsonst ein; ich verstehe das ja. Ich will das überhaupt nicht kritisieren. Ich bin sehr dafür, dass man eine Milliarde für CO2-Minderung ausgibt. Aber ich hätte sie intelligenter eingesetzt, als das der Fall war. Wenn es in einer Studie heißt, dies sei das tollste Programm, dann sage ich: Okay, Studien sind geduldig. Ich weiß es nicht. Ich glaube, dass unsere Politik sich nicht am Weltmaßstab messen lassen muss. Das ist auch gar nicht nötig, und das ist auch nicht Gegenstand der Landespolitik. Aber ich glaube, dass das, was wir tun, nicht ganz doof ist, um es einmal so zu sagen. Es ist effektiv, es ist pragmatisch.
Jetzt will ich Ihnen nur noch einmal die anderen Baustellen, an denen wir tätig sind, ergänzend dazu nennen. Denn ich möchte nicht denselben Fehler begehen, den man in der Debatte generell gerne macht, indem man nämlich sagt: „Wie viele Millionen gebt ihr aus? Wenn ihr viele Millionen ausgebt, ist es gut; wenn ihr wenige Millionen ausgebt, ist es schlecht.“ Die Spielregeln sind das Entscheidende. Deswegen sage ich Ihnen: Wir sind dabei, bis zum Ende dieses Jahres ein neues Klimaschutzkonzept zu entwickeln. Wir haben vom Nachhaltigkeitsbeirat unseres Ministeriums einen Vorschlag zum Klimaschutz bekommen. Wissen Sie, worauf der sich bezieht? Er bezieht sich nur auf die internationale Klimaschutzpolitik. Denn das sind die großen Baustellen, auf die wir uns konzentrieren müssen, bei denen wir innerhalb der Bundesrepublik Verständnis entwickeln müssen und bei denen wir Instrumente schaffen müssen. Ich sage Ihnen, dass wir beispielsweise beim Thema Emissionshandel – das ist ein etwas kompliziertes Thema, und deswegen wird das in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen – zu den führenden Bundesländern gehören und dass wir mit unseren Planspielen Einfluss auf das genommen haben, was auf Bundesebene geschieht. Ich meine, dass wir uns damit sehen lassen können.
Herr Minister Müller, Sie haben soeben ausgeführt, dass die effizienteste Form der Förderung bei kleinen Blockheizkraftwerken in Industriebetrieben liegt. Können Sie mir erklären, wie diese Erkenntnis zu der Tatsache passt, dass es nach sieben Jahren noch immer nicht möglich ist, ein in Landeseigentum befindliches Heizwerk an der Universität Tübingen mit einer Turbine auszurüsten, um dort Strom zu erzeugen, was eine Einsparung von 10 000 Tonnen CO2 pro Jahr bewirken würde und was nach Berechnungen der Stadtwerke Tübingen keiner Zuschüsse bedarf? Können Sie mir erklären, warum das Finanzministerium hier keine Maßnahmen ergreift?
Ich habe ja vorhin gesagt, dass wir bei den landeseigenen Gebäuden in Baden-Württemberg im Prinzip folgende Situation haben: Wir haben eine relativ gute Ausstattung, was Kraft-WärmeKopplung anbelangt. Wir haben keine so gute Ausstattung, was die Gebäudesanierung anbelangt. Ich habe sozusagen Licht und Schatten nebeneinander gestellt, weil man übli
cherweise energetische Sanierung immer in Verbindung mit einer allgemeinen Gebäudesanierung macht; andernfalls wäre sie ineffektiv.
Was Sie hier am Beispiel der Universität Tübingen beschreiben, ist die Ausnahme von der Regel. Es ist eine bedauerliche Ausnahme. Mir wäre es auch lieber, es würde gemacht werden. Aber insgesamt sehen wir bei den landeseigenen Gebäuden relativ gut aus.
Sie können immer davon ausgehen: Wenn ich etwas begrüße, dann begrüße ich es nicht nur Ihnen gegenüber, sondern jedermann gegenüber.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Danke schön! – Zuruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP)
Jetzt will ich nur drei kleine Bemerkungen zu dem Thema Verkehrspolitik machen, drei kleine Hinweise geben, weil der Verkehr immerhin ein Drittel aller CO2-Emissionen produziert.
Erstens: Es gibt kaum ein Bundesland – ich habe es jetzt nicht statistisch genau im Kopf, aber ich bin mir nahezu sicher –, dessen Steigerungsraten im öffentlichen Verkehr so groß waren wie bei uns in Baden-Württemberg. Wir haben da viel Geld hineingesteckt. Das ist zum Teil Geld des Bundes.
Das geschieht auf der Basis der Bahnreform, die wir seinerzeit noch gemacht haben; das nur einmal nebenbei. Mittlerweile sind die Bundesmittel gekürzt worden; das auch nur nebenbei.
Aber wir haben die Mittel sehr effektiv eingesetzt mit der Folge, dass wir heute ein Schienenverkehrsangebot haben, das in der Größenordnung um 35 % über dem von 1995 liegt.
Ich habe am letzten Sonntag bei der Bodensee-Oberschwaben-Bahn gesprochen, die zehn Jahre alt geworden ist. Sie ist übrigens schon vor der Bahnreform installiert worden.
Ich habe dort gesagt, dass wir allein aus dem Landeshaushalt jede einzelne Fahrt auf diesem Bähnle mit 4 € subventionieren. 8 DM geben wir für jede Fahrt aus. Das ist eigentlich gar nichts Atypisches, sondern ich habe das nur einmal an diesem praktischen Beispiel verdeutlicht. Wir geben für die Förderung des öffentlichen Verkehrs ungemein viel Geld aus.