Herr Kollege Scheffold, ist Ihnen bekannt, dass Herr Innenminister Schäuble, damals Justizminister, in der großen gemeinsamen Verfassungskommission in der Zeit von 1992 bis 1994 wie die anderen CDULändervertreter ausdrücklich abgelehnt hat, das Konnexitätsprinzip im Grundgesetz zu verankern?
Herr Kollege Birzele, ich habe nicht davon gesprochen, dass das Konnexitätsprinzip im Grundgesetz verankert werden sollte,
sondern ich habe davon gesprochen, dass es in der Beziehung zwischen Bund und Kommunen sowie zwischen Bund und Ländern Beachtung finden muss.
(Beifall bei der CDU – Unruhe bei der SPD – Abg. Birzele SPD: Die Länder fühlen sich als Verant- wortliche dafür! Der hat ja keine Ahnung!)
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist wohl ein besonders wichtiges Thema, wenn wir es in schneller Folge nun schon zum
Es ist gut, dass die besondere Dringlichkeit einer qualifizierten Gemeindefinanzreform nicht nur die Bundesregierung, alle Kommunalverbände und uns, sondern nunmehr auch die FDP/DVP-Fraktion umtreibt. Schon dreimal – bisher allerdings leider erfolglos – habe ich CDU und FDP/ DVP aufgefordert, im Interesse der Kommunen ihre Blockadepolitik aufzugeben. Diese Aufforderung erneuere ich einleitend heute noch einmal. Wenn denn die heutige Debatte zu besserer Einsicht und zum Verzicht auf Betonkopfmentalität führt,
(Beifall bei der SPD – Abg. Pfister FDP/DVP: Herr Kollege, es geht nur um das bessere Konzept, um nichts anderes!)
Die statistische Fleißarbeit im ersten Teil der Antwort auf die Große Anfrage würde eine vertiefte Behandlung verdienen. Leider ist das aufgrund der begrenzten Zeit nicht möglich. Es wäre aber angezeigt, Entwicklungsbrüche und die entsprechenden Zahlen im Finanzausschuss oder gar im Rahmen einer Anhörung miteinander zu diskutieren.
Der zweite Teil der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage beweist allerdings, dass es den Fragestellern nicht etwa um ein gemeinsames Bemühen um die beste Lösung für die Finanzprobleme unserer Kommunen geht, sondern um eine schlechte Inszenierung folgender Art: Eine kleine Regierungsfraktion lässt sich von der Regierung schriftlich bestätigen, dass die Regierung die abgefragte Auffassung teilt. Was für eine Überraschung, wenn man weiß, dass diese Auffassung lange vor der Anfrage für beide Regierungsfraktionen festgelegt worden ist! Kommentar überflüssig.
Zur Sache selbst: Die eigentliche politische Auseinandersetzung über die Zukunft der kommunalen Finanzen findet unter dem Stichwort Gewerbesteuer statt. Das Ergebnis bisheriger Diskussionen kann wie folgt festgehalten werden: Auf der einen Seite steht eine kleine, durch Uneinsichtigkeit und Starrsinn geprägte Streitmacht, bestehend aus unserer Landesregierung, der FDP bundesweit und den Wirtschaftsverbänden; sie wollen ohne Rücksicht auf Verluste die Gewerbesteuer abschaffen. Auf der anderen Seite stehen die kommunalen Spitzenverbände in Bund und Land, die gesamte SPD, Grüne und, man höre und staune, große Teile von CDU/CSU; sie alle sind für die Beibehaltung und Revitalisierung der Gewerbesteuer. Zwei Namen von vielen, nicht verdächtig, der rot-grünen Bundesregierung nach dem Mund zu reden: Edmund Stoiber und Petra Roth. Das sollte zu denken geben.
(Zuruf von der SPD: Aha! – Beifall des Abg. Fi- scher SPD – Abg. Pfister FDP/DVP: Die Bayern können auch mal irren!)
Die notwendige Reform der kommunalen Finanzen taugt nur dann etwas, wenn die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden dauerhaft verbessert wird. Das erreichen wir dann, wenn eine Reform der Gewerbesteuer das Steueraufkommen verbessert und verstetigt. Daneben wollen wir – das ist das Thema, das Sie völlig außen vor lassen – Städte und Gemeinden auf der Ausgabenseite durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe deutlich entlasten.
Um eine Verbesserung und Verstetigung der kommunalen Finanzsituation zu erreichen, wollen wir in Übereinstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden bei dieser erneuerten Gewerbesteuer den Kreis der Steuerpflichtigen erweitern und die Bemessungsgrundlage verbreitern. Letzteres ist noch nicht in allen Details geklärt. Dennoch sind wir sicher, dass alle noch ausstehenden Feinabstimmungen so rechtzeitig vorgenommen werden können, dass die Gemeindefinanzreform zum 1. Januar 2004 in Kraft tritt. Jede darüber hinausgehende Verzögerung schadet schwerwiegend den kommunalen Interessen.
Es ist deshalb unverantwortlich, wenn CDU, CSU und FDP diese zügige Neuregelung allein um der Blockade willen blockieren wollen.
(Abg. Theurer FDP/DVP: Bei Steuererhöhungen sind Sie immer schneller! Wir wollen keine Steuer- erhöhungen! Das ist das Entscheidende!)
Die Union setzt wieder einmal auf Blockade, weil sie auch in dieser wichtigen Frage nicht zu einer einheitlichen Meinungsbildung fähig ist.
FDP und baden-württembergische Landesregierung deshalb, weil sie ein aus vielen Gründen untaugliches Modell, das so genannte BDI-Modell, bevorzugen. Das ist schon deshalb völlig ungeeignet, weil es vor 2006 überhaupt nicht umgesetzt werden kann. Arme Städte und Gemeinden, die auf 2006 vertröstet werden sollen!
Nach diesem untauglichen Modell soll die Gewerbesteuer abgeschafft und durch ein kommunales Hebesatzrecht auf die Einkommen- und die Körperschaftsteuer ersetzt werden. Dieses Modell ist auch deshalb völlig untauglich, weil es eine steuerliche Entlastung der Unternehmen durch zusätzliche Belastung der Bürgerinnen und Bürger ersetzen will. Das ist unsozial. Das ist niemandem zu vermitteln.
Wenn Sie denn mir nicht folgen wollten, was ich befürchte, so vielleicht dem Deutschen Städtetag. Der spricht wie folgt: Wenn der Vorschlag der Wirtschaft zur Reform der Gemeindefinanzen realisiert würde, müssten die Unternehmen weniger als bisher zur Finanzierung kommunaler Auf
gaben beitragen, die Bürgerinnen und Bürger dagegen deutlich mehr. Nach einer Berechnung des Bundesfinanzministeriums würde dieses Teufel-Döring-Modell eine Absenkung des Beitrags der Wirtschaft zu den Gemeindefinanzen von jetzt gut 52 % auf ca. 36 % mit sich bringen, während der Anteil der Lohn- und Einkommensteuer von jetzt knapp 48 % auf etwa 64 % ansteigen würde.
Wir lehnen eine derartige Umverteilung der steuerlichen Belastung ohne jedes Wenn und Aber als unverantwortlich und unsozial ab.
Herr Kollege Junginger, ist Ihnen bewusst, dass die gerade von Ihnen vorgetragenen Äußerungen unbewiesene Behauptungen sind? Denn bei der Abschaffung der Gewerbesteuer wird dies zu Mehreinnahmen bei der Einkommensteuer führen, und bei einer erhöhten Körperschaftsteuer mit Hebesatzrecht wird dies ebenfalls zu Mehreinnahmen führen, jedenfalls führen können.
Herr Kollege Theurer, das, was Sie vorgetragen haben, möchte ich vornehm als „heiße Luft“ bezeichnen. Wer meint, dass anschließend über Jahre hinweg wieder Einnahmen eintreten, der verkennt völlig, dass etwas, was 2006 erstmals Auswirkungen haben kann, in weiteren Jahren erst dazu führt, dass wieder entsprechende Einnahmen zur Verfügung stehen. So jedenfalls geht es nicht. Die Zahlen können Sie nicht in Abrede stellen.
Ich darf noch einen weiteren Gedanken vortragen. Auch Herr Kälberer, Landesvorsitzender der Freien Wähler, der ebenfalls nicht im Verdacht steht, etwa die Oppositionsrolle in besonderer Weise wahrzunehmen, hat darauf hingewiesen, dass die Vorschläge, die von Ihrer Seite gemacht werden, dazu führen, dass dem Land wesentliche Einnahmen entgehen, dass der Bund zusätzliche Einnahmen bekommt und dass den Gemeinden bei Ihrem Modell objektiv überhaupt keine namhaften Einnahmen zufließen werden. Wenn jemand zulasten des Landes Vorschläge unterbreitet, die zu einem Ausfall von 1,7 Milliarden € für dieses Land führen, dann frage ich: Wer hat seinen Eid geleistet, wer nimmt die Belange unseres Landes wahr?
weil den Gemeinden nur dann geholfen ist, wenn Sie genauso wie die Bundesregierung die Gemeinden finanziell entlasten. Ich erinnere an die 120 bis 130 Millionen €, die noch in diesem Sommer aus dem Flutopferfonds den Gemeinden unseres Landes wieder zufließen werden.