Protokoll der Sitzung vom 26.06.2003

(Beifall bei der FDP/DVP – Glocke des Präsiden- ten)

Herr Abg. Theurer, gestatten Sie eine Zwischenfrage bzw. eine Nachfrage des Herrn Abg. Junginger?

Bitte schön, Herr Junginger.

Herr Kollege Theurer, ist Ihnen bekannt, dass nach dem Grundsicherungsgesetz eine volle Kostenübernahme durch den Bund vorgesehen ist,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Aber nicht erfolgt! – Abg. Herrmann CDU: Aber nicht erfolgt! – Weitere Zu- rufe)

zunächst mit Pauschalen Vorauszahlungen geleistet werden und dann abgerechnet wird, allerdings im Zeitraum von zwei Jahren? Das hat die Konsequenz, dass von der neuen Grundrente kein Pfennig bei den Gemeinden bleibt. Wissen Sie das?

(Abg. Pfister FDP/DVP: Schön wärs! – Abg. Dr. Scheffold CDU: Aber das reicht hinten und vorne nicht!)

Das steht im Gesetz. Aber die Mittel sind nicht zur Verfügung gestellt worden. Schon jetzt zeichnet sich auch ab, dass die Mittel nicht ausreichen. Wir brauchen die Mittel nicht in fünf Jahren, sondern wir brauchen sie heute.

Man könnte mit dem Gedanken einmal fortfahren und sich anschauen, warum die Landeswohlfahrtsumlagen steigen. Das ist auch nur deshalb der Fall, weil die Anspruchsgrundlagen durch Bundesrecht immer weiter ausgedehnt werden,

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)

ohne dass eine Refinanzierung über die Gemeinden sichergestellt wird.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Junginger SPD: Kostenübernahme: ja oder nein?)

Das Wort erteile ich Herrn Finanzminister Stratthaus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wirklich sehr schwer, der Diskussion zu folgen. Von der Opposition ist so viel gesagt worden, dass nicht einmal das Gegenteil stimmt.

(Heiterkeit – Beifall der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU)

Ich muss da wirklich einige Dinge klarstellen.

(Abg. Junginger SPD: Das scheint etwas billig zu sein!)

Zum Beispiel ist laufend von Blockade die Rede. Bisher liegt doch überhaupt kein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor.

(Abg. Junginger SPD: In der Gemeindefinanzre- formkommission, Herr Minister! – Gegenruf des Abg. Dr. Scheffold CDU: Vorschläge, die Sie nicht aufgreifen! – Abg. Junginger SPD: Dem Städtetag folgen!)

Was kann da überhaupt blockiert werden? Bisher liegt überhaupt nichts vor.

Ich will aber nicht so weitermachen, wie die Diskussion bis jetzt gelaufen ist, sondern möchte einmal versuchen, unseren Standpunkt ganz sachlich darzustellen.

Es ist keine Frage, dass es allen Gebietskörperschaften und nicht nur den Gemeinden schlecht geht. Dem Bund und auch den Ländern geht es noch viel schlechter.

(Abg. Wieser CDU: Den Menschen!)

Woher kommt das? Es gibt zwei Gründe – das wissen wir alle –: Zum einen ist es die schlechte Konjunktur in den letzten Jahren, zum anderen aber noch mehr die miserable Steuerpolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

(Minister Stratthaus)

Sie müssen doch sehen, dass unsere Wirtschaft zwar kaum noch wächst, die Steuereinnahmen in den letzten Jahren aber gewaltig zurückgegangen sind.

(Abg. Junginger SPD: Woher kommen die Ausfäl- le? Aus der Kohl-Zeit!)

Warum sind sie zurückgegangen? Weil das Körperschaftsteueraufkommen total zusammengebrochen ist. Das muss einmal in aller Klarheit gesagt werden. – Jetzt höre ich wieder, die Ausfälle stammten aus der Kohl-Zeit. Das ist doch vollkommen falsch.

(Abg. Junginger SPD: Woraus resultieren die Rückzahlungen?)

Die Körperschaftsteuer hat im Jahr 2000 noch 42 Milliarden DM gebracht, und im Jahr darauf ein Minus von 400 Millionen DM.

(Zuruf des Abg. Kretschmann GRÜNE – Abg. Sei- metz CDU: Wer war da an der Regierung?)

Und das ist das Ergebnis der Steuerreform; das ist doch überhaupt keine Frage.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Nächste, was jemand von Ihnen falsch gesagt hat: Wir hätten der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zugestimmt. Das stimmt nicht.

(Abg. Junginger SPD: Den Vorschlag haben Sie gemacht! „Wir machen mit“, haben Sie gesagt!)

Nein, wir haben nicht zugestimmt. Um es ganz eindeutig zu sagen: Die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage war ein Teil der Steuerreform im Jahr 2000. Das war die Steuerreform vom 14. Juli 2000, als sich Eichel und Schröder umarmt haben.

(Abg. Seimetz CDU: Teuer war die Umarmung, teuer!)

Das Umarmen war sehr schnell vorbei, und wir hatten sehr schnell das Desaster, nämlich den Einbruch des Körperschaftsteueraufkommens. Wir haben der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage nicht zugestimmt, um das noch einmal mit aller Klarheit zu sagen.

(Abg. Junginger SPD: Sie wollten verzichten!)

Das Nächste: Wie geht es dem Land, und wie geht es den Kommunen?

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das wissen wir auch!)

Wir wissen es, aber Sie reden hier immer so, als ob Sie es nicht wüssten.

Eine Tatsache ist, dass es den Kommunen in Baden-Württemberg zwischen 1998 und 2000 sehr gut ging. Sie haben nicht nur keine Schulden gemacht, sondern konnten sogar Schulden abbauen.

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Richtig ist auch, dass es den Kommunen seit dem Jahr 2000 schlechter geht, aber auch nicht schlechter als dem Land.

Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass ein großer Teil der Kommunen keinen gesetzmäßigen Haushalt mehr vorlegen kann. Das liegt aber am Gemeindewirtschaftsrecht. Ich habe es einmal ausrechnen lassen, meine Damen und Herren:

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Wenn wir für das Land das Gemeindehaushaltsrecht angewendet hätten,

(Abg. Theurer FDP/DVP: Hätten wir keine so ho- hen Schulden!)