Drei bis vier Verkehrsunfälle mit Todesfolge bei den Verkehrsunfällen, die mit Beteiligung dieser Bevölkerungsgruppe stattfinden, wobei über 60 % der Unfälle von diesen Fahranfängerinnen und Fahranfängern verursacht worden sind, zeigen uns, dass auch die Maßnahme „Führerschein auf Probe“ nicht die erhoffte Wirkung gebracht hat und dass wir deshalb nach anderen Wegen suchen müssen, um dieses Problem so weit abzumildern, wie wir es irgendwie können.
Nachdem wir nun wissen, dass es schon durchaus erfolgreiche Modellversuche mit dem begleiteten Fahren von 17jährigen Führerscheinneulingen gegeben hat, wollen wir jetzt in Deutschland eine sichere Rechtsgrundlage dafür bekommen, dass in allen Bundesländern gleichermaßen ein solcher Feldversuch unternommen werden kann, dass Baden-Württemberg dem entsprechenden Begehren des Landes Niedersachsen und des Landes Bremen – dieses Begehren wird von einigen Bundesländern unterstützt – beitritt und es im Bundesrat ebenfalls unterstützt.
Natürlich ist klar, dass ein solcher Modellversuch wissenschaftlich begleitet werden und evaluiert werden muss. Wir
erwarten von der Landesregierung, dass sich das Land Baden-Württemberg ebenfalls aktiv mit einem entsprechenden Modellversuch an diesem Vorhaben beteiligt. Denn BadenWürttemberg darf keine Ausnahme bilden.
Selbst diejenigen, die dem Versuch möglicherweise skeptisch gegenüberstehen, müssen doch anerkennen, dass wir angesichts des dramatischen Unfallgeschehens auf unseren Straßen nichts unversucht lassen dürfen, was möglicherweise einigermaßen in der Lage ist, das Problem zu bekämpfen. Da es sich um einen Versuch handelt, sollten auch diejenigen, die irgendwie Probleme mit der Akzeptanz befürchten, nicht so zurückhaltend sein, sondern offensiv bei diesem Versuch mitmachen. Immerhin wissen wir – das ist belegt –, dass schon nach neun Monaten das Unfallrisiko von Führerscheinneulingen um ca. 50 % sinkt. Das heißt, die ersten Monate sind die gefährlichsten und die gefährdendsten. Deswegen ist dringendes Handeln notwendig.
Der Verkehrsgerichtstag in Goslar hat den Vorschlag aus Niedersachsen fast einstimmig befürwortet. Jetzt geht es darum, den Verordnungsantrag von Niedersachsen und Bremen im Bundesrat zu beschließen. Da dies morgen, am Freitag, im Bundesrat ansteht, ist dieser Antrag natürlich dringend. Wir appellieren an die Landesregierung – und an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung darin zu bestärken –, bei diesem Modellversuch, bei diesem Modellvorhaben mitzumachen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Göschel, was die Ausgangsposition betrifft, stimme ich Ihnen zu. Das Unfallgeschehen in den Altersgruppen von 18 bis 24 Jahren ist erschreckend. Ich stimme Ihnen auch zu, dass wir dagegen etwas unternehmen müssen.
In der Fraktion haben wir uns gestern lange mit diesem Vorschlag beschäftigt, haben ihn sehr ausführlich debattiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass er mehr Fragen aufwirft, als er Probleme löst. Zunächst einmal möchte ich die sich stellenden Fragen kurz nennen: Wer kontrolliert und wie wird kontrolliert, ob die Begleitperson die Voraussetzungen erfüllt? In den Vorstellungen und entsprechenden Gesetzentwürfen stehen drei oder vier Bedingungen, die die Begleitperson erfüllen muss. Ich halte es für eine maßlose Überforderung der Polizei, die so ein Gefährt auf der Straße antrifft und dann feststellen soll, ob die Begleitperson berechtigt ist oder nicht.
Im Gegensatz zu einem Fahrschulauto fehlen unmittelbare Beeinflussungsmöglichkeiten der Begleitperson auf den Fahrer. Sie hat nur eine einzige Einwirkungsmöglichkeit, nämlich durch Argumente und Gespräche. Oder wollen Sie riskieren, dass die Begleitperson im Notfall dem Fahrer ins
Nächste Frage: Wer ist im Fall einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit Täter? Der Fahrer, die Begleitperson oder beide?
Die letzte Frage: Wer haftet denn im Fall eines Unfalls? Der Fahrer, die Begleitperson oder beide als Gesamtschuldner, wenn einer die Schuld auf den anderen schiebt? Wie Sie da so ohne weiteres sagen können, das sei das Ei des Kolumbus, leuchtet uns nicht ein.
(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Das hat doch keiner gesagt! – Zuruf von der SPD: Es geht um ei- nen Modellversuch!)
Nun fragen Sie mich natürlich – dem will ich mich überhaupt nicht entziehen –, was wir vorschlagen. Wir meinen, man sollte sich noch einmal den Probeführerschein hernehmen und sich überlegen, ob man nicht im Zusammenhang mit dem Probeführerschein etwas unternehmen kann. Beispiel: Demjenigen, der ein Sicherheitstraining absolviert, wird die Probezeit verkürzt.
Was sind denn eigentlich die Hintergründe dieser schweren Unfälle? Zum einen zu wenig Kenntnis von der Technik des Fahrzeugs oder Überschätzung der Technik des Fahrzeugs und zum Zweiten, dass ein Fahranfänger in einer schwierigen Situation meistens nicht so reagiert, wie es angebracht ist. Diesen beiden Problemen hilft ein Sicherheitstraining sicherlich eher ab als eine Begleitperson, die neben dem Fahrer sitzt und so gut wie keine Einwirkungsmöglichkeiten außer schönen Worten hat.
Ich persönlich frage mich immer wieder: Wieso überlassen wir es – mit Ausnahme einer vorgeschriebenen Mindestanzahl von Fahrstunden – dem Zusammenwirken von Fahrlehrer und Fahrschüler, zu entscheiden, wann der Fahrschüler so weit ist, dass er die Prüfung machen kann?
Wenn es stimmt, was wir über das Unfallverhalten der 18bis 24-Jährigen wissen – und ich habe daran keinen Zweifel –, dann muss man sich nach meinem Dafürhalten auch fragen, ob wir die Fahrerlaubnis in Deutschland nicht zu schnell erteilen und damit die jungen Fahrer zu früh auf die Menschheit loslassen.
Noch einmal: Das Ansetzen am Probeführerschein scheint mir ein wirksameres und auch ein leichter zu handhabendes Instrument zu sein als das, was hier vorgeschlagen wird. Wir sehen keine Veranlassung, der Landesregierung hier eine Richtlinie für ihre Entscheidung im Bundesrat mitzugeben. Für den Fall, dass es tatsächlich zu einer Rechts
grundlage für entsprechende Modellversuche kommen sollte, sind wir dafür, uns in Baden-Württemberg an einem solchen Modellversuch nicht zu beteiligen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte jetzt fast das Gleiche wie zum letzten Tagesordnungspunkt sagen. Die Drucksache wurde erst heute ausgegeben. Die SPD tut der Sache des begleiteten Fahrens mit diesem Vorgehen nun wirklich nichts Gutes. Sie wollen in der Sache auch nichts erreichen, sonst hätten sie es nicht so dringlich gemacht.
Natürlich. Aber dieser Antrag dient Ihnen doch nur dazu, wieder einmal die Koalitionspartner auseinander dividieren zu wollen. Geben Sie es doch ehrlich zu!
Schließlich habe ich hier am 26. Juni 2003 in der Debatte zur Verkehrssicherheit schon erklärt, dass ich ein Fan des begleiteten Fahrens bin. Auch der Wirtschaftsminister hat sich positiv geäußert, aber der Verkehrsminister hatte einen anderen Standpunkt. Es ist also ein reiner Demo-Antrag, den Sie hier stellen.
Nein, von Ihnen erwarte ich auch nicht, dass Sie sich von uns vorführen lassen. Dann sollten Sie es von uns auch nicht erwarten.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie führen sich ja selber vor! – Abg. Fischer SPD: Das war mal wie- der nichts!)
Trotzdem möchte ich jetzt die Gründe dafür wiederholen, weshalb ich es für vernünftig halte, ein System des begleiteten Fahrens einzuführen. Genau deshalb, weil unsere 18Jährigen schon nach relativ wenigen Fahrstunden den Führerschein machen, weil Fahrstunden nämlich sündhaft teuer
sind – da mache ich keiner Fahrschule einen Vorwurf, denn die Kosten sind eben so hoch; die können das nicht billiger machen –, müssen wir den Jugendlichen die Gelegenheit geben, genügend Fahrerfahrung zu erwerben. Das ist eben möglich, wenn man begleitetes Fahren zulässt.
Man braucht gar nicht weit zu gehen – auch das habe ich übrigens schon im Juni angesprochen –: Dieses System funktioniert in der Schweiz seit vielen Jahrzehnten hervorragend; allerdings findet das begleitete Fahren dort vor der endgültigen Fahrprüfung statt.
Ich bin dafür, dass wir uns noch einmal verschiedene Modelle ansehen und dann entscheiden. Wer jetzt sagt, man könne 17-Jährige nicht fahren lassen, der weiß wohl nicht so genau, was passiert. In unserem Land gibt es viele, viele 17-Jährige, die ganz legal schon einen Führerschein haben und alleine in der Gegend herumfahren dürfen. Zum Beispiel können diejenigen, die eine Ausbildungsstelle haben, die sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichen können, ab einem Alter von 17 Jahren einen Führerschein bekommen.