Jetzt zu Ihnen: Ich habe ja vorhin gesagt, dass ich Konzepte vermisse, aber nach wie vor habe ich noch kein schlüssiges Konzept gehört. Sie wettern gegen alles und wollen alles abschaffen; aber Sie sagen nicht, was Sie wollen.
Wollen Sie einen Systemwechsel? Wollen Sie einen Anstieg bei den Grund- und Wahlleistungen? Kollege Noll, dann müssen Sie auch einmal sagen, was das bedeutet. Denn das bedeutet dann nicht mehr ein Solidarsystem,
sondern das heißt dann, dass sich die, die es sich leisten können, besser versorgen können als die Einkommensschwachen,
Seehofer ist heute, glaube ich, nach Sing der meistgenannte Name. Seehofer spricht sich in einem Interview – –
(Abg. Döpper CDU: Sie wären froh, wenn Sie je- manden so Standfesten hätten! – Abg. Hauk CDU: Wir sollten einmal über Schmidt und nicht nur über Seehofer reden! Fischer wäre auch noch inte- ressant!)
Ich zitiere Horst Seehofer gerne und spiele Ihnen jetzt einen Ball zu. Andrea Fischer ist auch sehr interessant; aber im Augenblick ist für mich Horst Seehofer interessanter, weil er sich in einem Interview für ein freiheitliches und sozial geordnetes Gesundheitssystem ausspricht, also nicht für „Freiheit oder Sozialismus“, sondern für ein freiheitliches und sozial geordnetes Gesundheitssystem.
Außerdem spricht er sich für eine Reform des Risikostrukturausgleichs und nicht für eine Abschaffung aus. Da sehe ich zum ersten Mal die Basis für konstruktive Gespräche. Ich sehe die Gesundheitspolitik nicht am Scheideweg und fordere Sie auf, an dem konstruktiven Gespräch teilzunehmen.
Wir stellen nicht nur die Einnahmeseite auf den Prüfstand, sondern wir sind auch bereit, über die Ausgabenpolitik zu reden.
Ich habe es vorhin schon gesagt: Wir sind gerne bereit, über Überflüssiges und Unwirtschaftliches im Gesundheitssystem zu reden, wenn dabei Qualität und Wirtschaftlichkeit stimmen.
Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsverbesserungen sind die zentralen Forderungen für die Reformen im Gesundheitswesen. Im Mittelpunkt aller Interessen stehen dabei die Versicherten und die Patientinnen und Patienten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß jetzt eigentlich gar nicht, ob ich hier reden darf, weil ich ja auch befangen bin. Dann scheint man ja nicht mehr reden zu dürfen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Sa- lomon GRÜNE: Machen wir eine Auszeit! Das be- sprechen wir jetzt einmal!)
Ich bin deshalb befangen. Ich bin zuständig für den Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg und in Sorge um die Steigerung der Beitragssätze – nicht nur im Gesundheitswesen. Das ist natürlich für jeden, auch für einen Arbeitsminister, ein ganz wichtiges Thema, wenn wir das auch unter konjunkturellen Gesichtspunkten sehen.
Ich bin ein Lobbyist – das sage ich in aller Offenheit – für die „Gesundheitsanbieter“, für die Arbeitgeber, für die Arbeitnehmer in Baden-Württemberg, aber auch für die Patienten. Man vergisst immer, wenn man im Gesundheitssystem über die Patienten spricht: Die Patienten sind die Betroffenen.
Wir wollen nun einmal ganz kurz eine Replik laufen lassen. Wir sind im Jahr 2001, Frau Haußmann, nicht im Jahr 1998.
Jetzt haben Sie den Mut, sich hier hinzustellen und zu sagen: „von 1990 bis 1998 um 1,6 % gestiegen“.
Aber innerhalb von zwei Jahren musste die AOK BadenWürttemberg und mussten andere Kassen von 13,0 auf 14,2, also um 1,2 Prozentpunkte, erhöhen. Das haben Sie innerhalb von zwei Jahren geschafft.
Seehofer hat mit seinem letzten Reformvorhaben ein Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem die Krankenkassen Überschüsse hatten und die Beiträge stabil waren.
Die Patienten haben danach die Leistungen bekommen, die sie bekommen mussten – bei niedrigem Beitragssatz.
Dann kamen Sie und haben im Prinzip nichts anderes getan, als Wahlversprechen einzulösen. Sie haben gesagt: „Wir machen ein neues Gesetz.“ Sie haben die moderaten Zuzahlungen teilweise zurückgefahren und dem System 1 Milliarde DM entzogen. Herr Eichel hat im Sparpaket durch die Absenkung bei der Arbeitslosenhilfe weitere 1,2 Milliarden DM entzogen. Sie haben neue Leistungen in das Gesetz hineingebracht – insgesamt 6 bis 7 Milliarden DM mehr. Und gleichzeitig wollen Sie niedrigere Beiträge!
Dann stellt sich Frau Fischer noch hin – so hat es damals geheißen – und sagt: „Die Qualität wird besser, die Beiträge sinken oder bleiben zumindest gleich.“ Sie hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das im Bundesrat, Frau Haußmann, 1999 mit 16 : 0 Stimmen gescheitert ist.
Also nicht nur CDU- und CSU-regierte Länder haben diesem Gesetz widersprochen, sondern auch die SPD-regierten Länder. 16 : 0! Dann wurde gerade noch zumindest ein Rumpfgesetz gerettet, weil Frau Fischer den Ostkassen im Prinzip über den Risikostrukturausgleich ein Bonbon gegeben hat. Deshalb hat der Bundesrat wenigstens einem Rumpfgesetz zustimmt.
Jetzt sind wir beim Risikostrukturausgleich. Wir in BadenWürttemberg haben immer gesagt, auch im Jahr 1998 – – Und Herr Kollege nicht Hoffmann, nein, mein früherer Kollege Vetter, mein Amtsvorgänger, hat 1998 deswegen noch nicht geklagt, weil klar war, dass Seehofer im Gesundheits-Reformgesetz gesagt hat – das stand auch im Gesetz –, man überprüfe jetzt, inwieweit man in manchen Dingen regionalisieren kann, um regionale Unterschiede und Wirtschaftlichkeit nicht zu bestrafen, sondern zu belohnen. Auch diese Überprüfung wurde dann von Ihnen gestrichen.