Protokoll der Sitzung vom 30.01.2004

(Beifall bei den Grünen)

Ich nenne weitere Bereiche, in denen nicht gespart wird. Beim Klimaschutzprogramm – Herr Scheuermann, hierfür ausdrücklich meine Anerkennung – sparen Sie entgegen den ursprünglichen Absichten des Entwurfs nicht. Wir haben für kurze Zeit darüber gerätselt, ob es möglicherweise ein Erfolg der Opposition sein könnte, dass Sie diesen Kürzungsantrag zurückgezogen haben.

(Abg. Scheuermann CDU: Das haben wir allein ge- macht!)

Selbstverständlich hatten wir beantragt, diese Kürzung nicht zu vollziehen. Die SPD ist sogar noch weiter gegangen. Es ist aber schnell klar geworden, dass dies kein Erfolg der Opposition ist, sondern dass Ihnen aufgegangen ist, dass ein Minister, der den Klimaschutz auf seine Fahne schreibt, ziemlich mit abgeschnittenen Hosen

(Abg. Dr. Caroli SPD: Mit abgesägten!)

dasteht, wenn er nachher im Haushalt keine Gelder mehr dafür hat. Aber sei es drum. Wenn die Sorge um das Image des Ministers dazu dient, dass Sie eine etwas bessere Klimaschutzpolitik machen, soll uns das recht sein. Wenn Sie an dieser Stelle das EEG erwähnen, das Sie jetzt loben, soll uns das ja freuen – das ist uns recht –, aber wenn Sie dadurch in der Umweltdebatte gut dastehen wollen, indem Sie ein Instrument, das Sie lange Jahre bekämpft haben, endlich akzeptieren – –

(Abg. Hauk CDU: Das ist ja gar nicht wahr! – Ge- genruf des Abg. Dr. Caroli SPD: Natürlich haben Sie das bekämpft!)

Entschuldigung, Herr Kollege Hauk. Herr Minister Müller hat immer gesagt,

(Abg. Hauk CDU: Das Instrument haben wir nicht bekämpft, sondern nur die Inhalte!)

das EEG tauge nichts, und kam mit seinen Quotenmodellen. Jetzt sagen Sie: Wir stimmen dem zu. Damit akzeptieren Sie doch das Instrument.

(Abg. Hauk CDU: Mangels einer Alternative! – La- chen des Abg. Dr. Caroli SPD)

Immerhin haben Sie sich bewegt. Früher haben Sie es abgelehnt, jetzt stimmen Sie zu. Das begrüße ich. Aber es geht nicht, hier ein Prestigeobjekt der Ökologie, eine Bewegung in der Umweltpolitik zu loben und am nächsten Tag in der Parlamentsdebatte oder draußen im Land darüber herzuziehen, dass der Verbraucher höhere Umlagen beim Strom bezahlen muss. Sie können nicht beides haben: den Beifall der

Stromverbraucher und den Beifall der Umweltschützer. Das geht nicht.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Entweder – oder! – Abg. Hauk CDU: Sehr wohl!)

Weil die SPD mehrfach darauf hingewiesen hat, dass ihre Anträge in diesem Bereich weiter gehen als unsere – Herr Kollege Caroli, Sie haben die Zahlen genannt –, möchte ich doch noch erwähnen, dass die Schwierigkeit der Fraktion GRÜNE darin besteht, dass wir weder Banken noch Brauereien zu verkaufen haben und deswegen auch nicht genügend Spielgeld haben, um schöne Anträge zu finanzieren. Sie mögen uns das bitte nachsehen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Caroli SPD: Diese Begründung bleibt aber unzureichend! Wer etwas will, muss das Geld dafür bereitstellen!)

Ich komme zu einem weiteren Punkt, bei dem nicht gespart wird, meine Damen und Herren: zur Länderkommission Kerntechnik. Die Länderkommission Kerntechnik hat im Rahmen des Skandals um Philippsburg, der den Minister beinahe zum Rücktritt gebracht hätte, hinreichend bewiesen, dass sie vollkommen unfähig und überflüssig ist; denn zu keinem Zeitpunkt hat sie irgendetwas unternommen, um diesen Skandal aufzuklären oder Abhilfe zu schaffen. Sie ist ausschließlich ein parteipolitisches Instrument. Sie wurde gegründet, um gegen die Reaktorsicherheitskommission des Bundes zu polemisieren und eigenständige Experten einzusetzen, die offenbar nichts zu tun haben. Meine Damen und Herren, der Landeshaushalt ist so eng gestrickt, dass wir uns derartigen parteipolitisch motivierten Blödsinn – Doppelstrukturen, wie Sie es im Sozialbereich gerne nennen – nicht mehr leisten können, und die 500 000 €, die Ihnen dieser Quatsch wert ist, hätten wir gern wieder im Landeshaushalt zurück.

(Beifall bei den Grünen)

Wir haben deswegen auch hierzu einem Antrag gestellt: Diese Kommission muss abgeschafft werden.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Volle Zustimmung bei die- sem Punkt!)

Fassen wir das finanzielle Ergebnis dieser Haushaltsberatungen zusammen: Im Einzelplan des Umwelt- und Verkehrsministeriums werden erstaunliche 140 Millionen € „eingespart“, 80 Millionen € davon ausschließlich bei den Kommunen – GVFG und Kommunaler Umweltschutzfonds – und 60 Millionen € in Form von Luftbuchungen, nämlich mit globalen Minderausgaben und einer Tilgungsstreckung bei kreditfinanzierten Sonderprogrammen. Meine Damen und Herren, wenn ich immer lese, dass Sie 1 Milliarde € in diesem Haushalt einsparen, und mir genauer anschaue, wie Sie das beim Haushalt des Umwelt- und Verkehrsministeriums machen, dann ist das wirklich eine Lachnummer. Nicht ein Euro dieser Einsparungen ist in irgendeiner Weise seriös oder im eigenen Bereich im Landeshaushalt erbracht.

(Zuruf von der CDU: He, Palmer!)

Die Wahrheit tut so weh, dass Sie still sind.

Wir haben selbstverständlich versucht, innerhalb des gegebenen Finanzrahmens mit Gegenvorschlägen, die durch Anträge hinterlegt sind, bessere Ergebnisse zu erzielen. Wir haben dazu – das ist sicherlich nicht populär, auf gar keinen Fall populistisch – einen Vorschlag von Minister Müller aus dem Jahr 2002 aufgegriffen. Herr Minister Müller hat damals wegen der Finanznot vorgeschlagen – er konnte sich aber damit im Kabinett nicht durchsetzen –, den Wasserpfennig zu erhöhen. Herr Minister Müller, nochmals Respekt für diese Initiative, die Sie damals im Zusammenhang mit dem Integrierten Rheinprogramm gestartet haben!

Die finanzielle Situation ist seither noch schlimmer geworden. Deswegen glauben wir, dass die Finanzierung des Integrierten Rheinprogramms, dass die Finanzierung des Grundwasserschutzes vollständig aus Mitteln des Wasserpfennigs erbracht werden kann. Das hätte den Vorteil, dass man den Verbrauchern wieder sagen könnte, wozu der Wasserpfennig dient – denn die Zweckentfremdung dieser Mittel in der jüngeren Vergangenheit ist ein Ärgernis –, und es hätte den Vorteil, dass wir dadurch originäre Landesmittel wieder für Aufgaben frei hätten, die wir derzeit nicht vernünftig erfüllen können.

(Beifall bei den Grünen)

Wir möchten, dass die Aufgaben im Umweltbereich wieder erfüllt werden können. Wir möchten die Billigflieger vom Himmel holen,

(Zurufe von der CDU: Vom Himmel holen? – Luft- abwehr? – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Abschie- ßen!)

ihnen jedenfalls nicht noch Landesgeld hinterherschicken. Wir möchten die Schattenhaushalte ans Tageslicht bringen, und wir wollen Kürzungen im Umweltbereich in Höhe von 60 Millionen € vermeiden und haben dafür Gegenfinanzierungen – und zwar nicht den Verkauf von Brauereien und Bankanteilen – vorgesehen.

Zusammenfassend und zum Schluss möchte ich nochmals betonen, meine Damen und Herren: Der Sparzwang in diesem Landeshaushalt ist völlig unbestritten. Wir haben hier jetzt gerade eine Debatte geführt, die sich von Debatten über andere Einzelpläne insbesondere dadurch unterscheidet, dass nicht die Frage war, ob man die Einsparungen insgesamt mitträgt oder nicht. Die Summe der notwendigen Einsparungen ist akzeptiert und unbestritten. Unsere Anträge sehen ausschließlich Umschichtungen innerhalb des Einzelplans 10 vor und gewährleisten dadurch eine vollständige Gegenfinanzierung. Das heißt, der Unterschied zwischen der Art des Sparens, die Sie vornehmen, und der Art des Sparens, die wir vornehmen, ist ganz simpel: Sie sparen am Verstand, wir sparen mit Verstand.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen – Abg. Hei- derose Berroth FDP/DVP: Einbildung ist auch Bil- dung!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Scheuermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe nicht mehr viel Redezeit. Deswegen im Telegrammstil:

Erstens: Die SPD macht sich offensichtlich viele Sorgen um die Karrieren in meiner Fraktion. Ich kann daraus nur schließen: An eine eigene Karriere glauben Sie schon lange nicht mehr.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Zweitens: Der Kollege Palmer hat ständig erzählt, wir sparten auf Kosten der Umwelt, wir sparten auf Kosten der Kommunen, wir sparten auf Kosten des Verkehrs. Mit durch Ihre Politik in Berlin, Herr Palmer, sind wir zu solchen Sparmaßnahmen gezwungen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Endlich kommt’s! – Abg. Stickelberger SPD: Tata, tata! – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Wir sparen nicht nur im Haushalt des Ministeriums für Umwelt und Verkehr, sondern wir sparen in allen anderen Haushalten ebenso.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Vorhin war es besser!)

Drittens und als Vorletztes: Flughafen Söllingen. Wenn wir das machen würden, was Sie beantragt haben, dann wären die letzten Dinge schlimmer als alle bisherigen. Wir hätten eine „glänzende“ Investitionsruine dastehen. Das können Sie mit allen machen, nur nicht mit uns.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Die haben Sie nach- her auch, nur viel teurer!)

Als Letztes, Herr Palmer: Wenn Ihnen nichts mehr einfällt – mit „Ihnen“ meine ich Sie persönlich, aber auch Ihre Partei –,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Gibt’s gar nicht!)

dann flüchten Sie sich in Erhöhungen von Steuern und Abgaben. Das ist das Letzte, was wir in der gegenwärtigen Zeit brauchen. Deswegen machen wir auch das nicht mit.

(Beifall bei der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Die Idee ist von Herrn Müller!)

Das Wort erteile ich dem Minister für Umwelt und Verkehr Ulrich Müller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Wir haben uns bei einigen kurzen Beiträgen mit dem Beifall von der falschen Seite beschäftigt. Ich will Ihnen ein Beispiel geben, wie es einem so gehen kann, wenn man sich auf diesem Feld bewegt. Der Herr Bundesaußenminister ist neulich im Zusammenhang mit der Ehrung von Kofi Annan in Baden-Baden auf dem Flughafen in Söllingen gelandet. Er hat diesen Flughafen gelobt.

(Heiterkeit des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Was lernen wir daraus?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Keine Ahnung!)

Seine Karriere ist am Ende. Allerdings gibt es einen Unterschied: Er ist nicht mit einem Billigflieger gelandet, sondern mit der Challenger der Bundesregierung. Die gehört nicht zu den Billigfliegern.