(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Caroli SPD: Das gilt dann für alle europäischen Staaten! – Abg. Hauk CDU: Da wäre normalerwei- se eine Spaltung wie bei Luther erforderlich! – Ge- genruf des Abg. Knapp SPD)
Wir reden hier über die großen Potenziale der Energiepolitik und der Klimaschutzpolitik. Wir reden hier über Zahlen in zweistelliger Millionenhöhe, was die Tonnen anbelangt. Aber alles, was wir im Lande erörtern, kann selbst bei größten Bemühungen nur Verschiebungen im einstelligen Bereich bringen. Das heißt, Fehler, die in Berlin gemacht werden, wirken sich verheerend auf die Klimaschutzpolitik aus.
Was kritisieren wir nun? Erstens: Die Bundesregierung hat die deutsche Wirtschaft bemerkenswerterweise aus ihrer eigenen Selbstverpflichtung entlassen.
Die Landesregierung tut das nicht. 45 Millionen Tonnen sollten nach der Zusage der deutschen Wirtschaft eingespart werden. Die Bundesregierung entlässt die deutsche Wirtschaft daraus – eine rot-grüne Bundesregierung. Man sollte es kaum glauben.
Herr Minister, bedeutet die von Ihnen gerade gemachte Aussage, dass Sie der Auffassung sind, dass das von Minister Trittin vorgegebene Ziel, 480 Millionen Tonnen statt 503 Millionen Tonnen als Obergrenze anzusetzen, richtig war?
Das ist eine interessante Frage, die Sie am Ende der Berliner Woche vielleicht besser nicht gestellt hätten. Jedenfalls aber sind wir in der Tat der Auffassung, dass bis zum Jahr 2012 eine Senkung auf 485 Millionen Tonnen richtig und möglich gewesen wäre, wenn nicht bestimmte Fehler gemacht worden wären. Wir landen jetzt bei Rot-Grün in der ersten Phase bei 503 Millionen Tonnen und in der zweiten Phase bei 495 Millionen Tonnen. Trittin hat das bisher verkauft. Wenn das bisher richtig war, ist das, was er jetzt unterschrieben hat, falsch, denn es ist etwas anderes herausgekommen.
Zweiter Kritikpunkt: Jetzt wird es ganz konkret auch auf Baden-Württemberg bezogen. Einer der schwersten Fehler, die gemacht worden sind, geschah bei dem Thema: Wie geht man mit den früheren CO2-Reduktionen um? Stichwort Early Action. Trittin wollte dafür sozusagen aus Gerechtigkeitsgründen – man will denen, die in der Vergangenheit etwas getan haben, etwas für die Zukunft gutschreiben – 30 Millionen Tonnen reservieren. Herausgekommen sind 80 Millionen Tonnen. Wir reden hier über riesige Tonnagenbeträge. Was heißt das? Das heißt, dass diese 80 Millionen Tonnen für die Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen.
Wenn ich mir jetzt überlege, wem das zugute kommt, kann ich sagen: Es ist eine Lex Ostdeutschland, eine Lex Vattenfall. Das ist ein großer Energieanbieter im Norden Deutschlands. Der profitiert. Wer nicht profitiert, sind jene Unternehmen, die in der Zukunft etwas tun wollen, und die Zukunft findet in Baden-Württemberg statt. Das heißt, es geht auf unsere Kosten und auch auf Kosten des Entwicklungsspielraums der deutschen Volkswirtschaft insgesamt und damit spezifisch auch auf unsere Kosten.
(Abg. Rückert CDU zu Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Stören Sie doch nicht den Unterricht! – Heiter- keit)
Herr Minister, trifft es zu, dass die von Ihnen genannte gigantische Höhe von 80 Millionen Tonnen eine Bemessungsgröße ist und dass der reale Wert für das Unternehmen Vattenfall bzw. für alle von diesen 80 Millionen Tonnen betroffenen Unternehmen 2 % von 80 Millionen, nämlich 1,6 Millionen Tonnen, sind und dass nur diese Zahl maßgeblich für die politische Beurteilung ist?
Ich kann deswegen auch nicht darauf antworten. Ich weiß nur, dass bisher von 30 Millionen Tonnen die Rede war, und es ist jetzt von 80 Millionen Tonnen die Rede. Das ist eine deutliche Ausweitung, fast eine Verdreifachung, der Abwicklung der Vergangenheit zulasten der Zukunft. Das ist nun einmal so.
warten Sie es einmal ab, Herr Schmiedel – nimmt jetzt an der großen Verteilung teil. Wir haben auf der einen Seite Verkehr, dann Haushalte, dann das Gewerbe und dann den eigentlichen Emissionshandelssektor, der aus Industrie und Energieerzeugung entsteht. Der Verkehrs- und Haushaltesektor ist das, was der Privatmann, der normale Bürger sozusagen zu tragen hat. Der Anteil der Emissionseinsparungen, der in diesem Bereich geleistet werden soll, muss nun, weil man ja die anderen Ziele entsprechend verändert hat, deutlich ausgeweitet werden, ohne dass zur gleichen Zeit gesagt wird, wie diese ehrgeizigen, mehr als unrealistischen Ziele überhaupt erfüllt werden sollen. Geschieht es mit einem gnadenlosen Tempolimit? Wird doch noch ein Benzinpreis von 5 DM oder 2,50 € pro Liter eingeführt? Wenn ich in diesen beiden Sektoren eine solch ehrgeizige Aufgabenzuweisung vornehme, muss ich auch ein Instrument in der Hand haben, mit dem ich sicherstellen kann, dass die Ziele erfüllt werden. Das ist nicht geschehen.
Herr Minister Müller, inwieweit ist die TA Siedlungsabfall im Jahr 2005 schon in die gesamte Berechnung eingegangen? Nach entsprechenden Informationen erzielen wir durch diese neue TA Siedlungsabfall eine Reduktion der CO2-Emissionen um 30 Millionen Tonnen.
Sie meinen jetzt praktisch die Verminderung des Deponiegases. Ich habe nichts darüber gelesen, was die Bundesregierung jetzt dazu gesagt hat. Ihre Frage kann ich also leider insofern nicht beantworten.
(Abg. Schmiedel SPD: Sie will doch wissen, was Sie davon halten, nicht was die Bundesregierung dazu sagt!)
Jetzt maulen Sie doch nicht herum, Herr Schmiedel. Ich bin nach einem Tatbestand gefragt worden. Ich habe gerade gesagt: Ich habe
Verkehr und Haushalte, das war das Thema. Jetzt sage ich Ihnen einmal, was die „Stuttgarter Zeitung“ heute zu diesem Thema geschrieben hat:
Die Wahrheit über die rot-grünen Absichten beim Klimaschutz steht auf Seite 22 des von Umweltminister Trittin erarbeiteten, von Wirtschaftsminister Clement veränderten und von der Bundesregierung beschlossenen Zuteilungsplans für den Emissionshandel. In der schmucken Tabelle auf Seite 22 gähnt nämlich ein Loch. Dort, wo in Jürgen Trittins Entwurf noch in Zahlen gegossen war, wie viel die Haushalte und der Verkehr bis zum Jahr 2012 zur Verbesserung des Weltklimas beitragen sollen, steht nichts mehr.
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das stimmt nicht! Ich habe es da, da steht eine Zahl! – Abg. Dr. Caroli SPD: 7 Millionen!)
Dass dort nichts festgehalten wurde, zeigt, dass die Bundesregierung ihre nationalen Klimaziele in Wahrheit aufgegeben hat.... Der Aufschrei wäre gewaltig. Das wissen die Regierenden. Deshalb dürfen die einst ambitionierten Klimaziele als begraben gelten.
Vierter Punkt: Privilegien für den Standort NordrheinWestfalen zulasten von Baden-Württemberg. Ein Beispiel: Wir haben in Nordrhein-Westfalen das RWE; wir haben in Baden-Württemberg die EnBW. Das RWE hat alte Braunkohlekraftwerke; die EnBW hat bekanntlich Kernkraftwer
ke. Ich unterstelle, beide Unternehmen würden jeweils ein Kraftwerk schließen, das eine ein altes Braunkohlekraftwerk und das andere ein Kernkraftwerk – das steht ja bevor –, und beide bauten ein gleichermaßen modernes Braunkohlekraftwerk mit denselben Emissionen. Der Umstand, dass es bei dem Ausstieg aus alten Kohlekraftwerken eine andere Regelung, nämlich eine Überausstattung mit Zertifikaten für vier Jahre und einen Erfüllungsfaktor von 1,0, das heißt „bedarfsgerecht“, für die nächsten 14 Jahre gibt, nicht aber bei der Kernkraft, bedeutet, dass das Braunkohlekraftwerk, das in NRW beim RWE entsteht, im Verhältnis zum selben Kraftwerk bei der EnBW mit einem Fördermehrbetrag von 220 Millionen € vom Staat gefördert wird.
Meine Damen und Herren, wie man dabei davon sprechen kann, die Interessen des Standorts Baden-Württemberg seien nicht tangiert,
(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Schmiedel SPD: Wer baut denn hier ein Braunkohlekraftwerk? – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Glocke der Präsidentin)