Meine Damen und Herren, es ist schlicht und ergreifend so, dass wir uns die berüchtigte Lafontaine’sche Blockadepolitik nirgendwo mehr leisten können. In dieser Verfassung ist unser Staat inzwischen. Das muss man einmal mit allem Ernst und mit allem Nachdruck feststellen.
Jetzt komme ich – Sie können das ja nachher noch einmal entkräften – auf zwei, drei Argumente zu sprechen, die Sie im Vorfeld schon benutzt haben, und sage wiederum ganz klipp und klar – nehmen Sie mir dieses Wort bitte nicht übel –: Sie argumentieren zum Teil heuchlerisch,
wenn Sie etwa sagen, wir würden diese Reform durchpeitschen. Das ist doch Unsinn! Der Zeitplan der Reform wurde im Sommer letzten Jahres verkündet.
Es war von Anfang an klar und auch diesem hohen Haus bekannt, nach welchem Zeitplan die Reform vonstatten gehen soll.
(Zurufe der Abg. Drexler SPD und Dr. Reinhart CDU – Abg. Drexler SPD meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke des Präsidenten)
Herr Kollege Schäuble, wir haben vor zwei Monaten im Präsidium über die Frage diskutiert, ob man einem Parlament überhaupt zumuten kann, innerhalb von acht bis zehn Tagen in den Ausschüssen – mehr Zeit ist nämlich nicht – eine solche Reform zu beraten. Das war das Erste. Da hatten wir eine Auseinandersetzung, weil die Begründung der Regierung, man müsse mit denjenigen, die Spitzenpositionen innehaben, im Juli reden und das sei ganz wichtig, für uns nicht nachvollziehbar war.
Und das Zweite: Es ist völlig unüblich, dass im Parlament der Wunsch einer Oppositionsfraktion nach Anhörungen – und zwar nicht nach schriftlichen, sondern nach Anhörungen von Fachleuten, die sich bisher zu diesem Gesetz nicht geäußert haben – abgelehnt wird. Unisono hat Ihre Partei dies abgelehnt. Zu diesem angeblichen großen Reformwerk wird keine einzige öffentliche Anhörung gemacht.
Deswegen sage ich Ihnen: Das ist eben nicht vor einem Jahr so festgelegt worden, sondern wir hatten diese Debatte vor zwei Monaten im Präsidium.
Herr Kollege Drexler, ich will auf Folgendes hinweisen: In den nächsten Wochen findet in allen Ausschüssen, deren Zuständigkeitsbereich von der Reform betroffen ist, eine ausführliche Beratung statt, und es gibt zusätzlich eine Sondersitzung des Innenausschusses. Im Übrigen ist es doch einfach die Wahrheit, dass Ihnen durch die lange Diskussion im Plenum – ich erinnere an die stundenlange Plenardebatte, die wir schon im März zur Verwaltungsreform geführt haben – und durch die anderweitigen Diskussionen alle Argumente sehr gut bekannt sind. Es ist doch nicht so, dass hier irgendwo ein Überraschungseffekt entstehen könnte.
Weil Sie auf das Thema Anhörung zu sprechen kamen, sage ich: Ich habe vorhin in aller Ausführlichkeit dargelegt, in welchem Umfang wir bei diesem Gesetzeswerk eine Anhörung durchgeführt haben. Das ist schlicht und ergreifend nicht mehr zu steigern.
Abgesehen davon haben sowieso nach unserer Verfassung die kommunalen Landesverbände – das sind ja die Hauptbetroffenen – überall Zutritt und ein Anhörungsrecht in den Ausschüssen.
Jetzt komme ich in diesem Zusammenhang zu einem weiteren Punkt, und deshalb habe ich vorhin das Wort „heuchlerisch“ benutzt. Ich bitte, mir das nicht zu verübeln.
Ich sage Ihnen, Herr Kollege Stickelberger: Auch wenn wir noch ein Jahr lang über die Reform diskutieren würden, Sie wären trotzdem dagegen. Das ist doch die Wahrheit.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Das wollen wir nicht! – Glocke des Präsidenten)
Herr Kollege Palmer, es war anders. Wir haben 439 Organisationen angeschrieben, und 205 haben eine Stellungnahme abgegeben.
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wie viele waren ge- gen die Reform? – Abg. Zeller SPD: Wie viele wa- ren dafür?)
Ich habe sie nicht gezählt; das ist auch nicht meine Aufgabe. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei den Betroffenen Reformen meistens keine besondere Begeisterung hervorrufen. Man kommt aber trotzdem nicht umhin, sie durchzuführen.
Ich würde auch unter einem anderen Gesichtspunkt bitten, Ihr grundsätzliches, harsches Nein noch einmal zu überlegen. Seien Sie übrigens froh, dass wir für die Reform nicht Ihre Stimmen für die Mehrheit brauchen, denn dann wären Sie in einer ganz anderen Verantwortung. Das ist ja auch immer das Problem auf Bundesebene.
Ich will Ihnen zum Schluss ein anderes Argument mit auf den Weg geben, und zwar bezüglich Ihrer inhaltlichen Bedenken. Ich habe mir das in Vorbereitung auf die heutige Sitzung überlegt, weil ich mich mit diesem Gedanken auseinander setze. Wenn man Ihrem Modell des zweistufigen Verwaltungsaufbaus folgen würde, dann müssten Sie erst recht die Sonderbehörden oder Fachbehörden in die Regionalkreise eingliedern. Sie würden unter sozialen Gesichtspunkten mit Ihrem Modell wesentlich größere Betroffenheiten erreichen.
Wenn Sie den Eindruck erwecken wollen, das ginge bei Ihnen alles so glimpflich ab, dann ist das völlig falsch. Denn Sie können nicht bei den allgemeinen Verwaltungsbehörden einen zweistufigen Aufbau fordern und dann bei den Sonderbehörden den dreistufigen Aufbau beibehalten. Damit würden Sie sich selber ins Knie schießen, Herr Kollege Drexler.
(Abg. Drexler SPD: Das ist klar! Das haben wir auch nie gesagt! Sie stellen Thesen auf, die wir nie gesagt haben! – Abg. Alfred Haas CDU: Der schießt sich doch ständig ins Knie!)
Meine These, Herr Kollege Drexler, ist deshalb ganz einfach: Uns unterscheidet im Wesentlichen nur, dass Sie sich aus irgendwelchen Gründen, die ich nicht ganz nachvollziehen kann, an diesem zweistufigen Verwaltungsaufbau festgebissen haben und nicht bereit sind, so wie es andere ja auch getan haben, zu erkennen, dass der dreistufige Verwaltungsaufbau für ein Flächenland von der Größe BadenWürttembergs einfach unabdingbar ist. Sie werden am Schluss die Einzigen sein, die noch an dieser veralteten Auffassung festhalten.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Das ist die Zukunftsaufgabe! Ihr müsst da schon wieder Zweckverbände machen!)