Protokoll der Sitzung vom 01.07.2004

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme noch einmal auf den Antrag der SPD-Fraktion, den Sie ja vor einem halben Jahr gestellt haben, zurück. Sie forderten damals, dafür zu sorgen, dass im nächsten Jahr – Ihr Antrag datiert vom Dezember 2003 –

(Abg. Wintruff SPD: Der ist doch längst erledigt! Schauen Sie auf das Datum!)

bis zu 100 Jugendliche in der Landesverwaltung bzw. den Unternehmen und Betrieben des Landes

(Abg. Wintruff SPD: Gucken Sie einmal auf das Datum! – Abg. Zeller SPD: Sie sollten sich einmal mit dem neuen Antrag auseinander setzen!)

eingestellt werden. Jetzt schauen Sie sich doch die aktuellen Zahlen an, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir haben im Jahr 2003 830 solcher Plätze geschaffen. Wir hatten im Jahr 2002 700 solcher Plätze. Das bedeutet eine Steigerung um mehr als 100 Plätze, und es bedeutet eine prozentuale Steigerung um über 15 %. Wenn Sie sich jetzt einmal anschauen, was die Landesregierung gestern mit der Wirtschaft vereinbart hat, dann sehen Sie, dass weitere neue Stellen für das Jahr 2005 vereinbart worden sind.

(Zuruf: Vorgestern!)

Vorgestern. – Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Ausbildungsplätze in der Landesverwaltung im Jahr 2005 um über 20 % zu erhöhen bedeutet 114 Neueinstellungen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir setzen uns ehrgeizige Ziele, aber wir erreichen diese Ziele auch. Das ist gut für unsere Jugendlichen und gut für unser Land.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der SPD: „Gut für unser Land“!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kleinmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land hat in den Jahren 2001 und 2002, meine Damen und Herrn Kolleginnen und Kollegen von der SPD, in den staatlich anerkannten Ausbildungsberufen jeweils knapp über 700 Auszubildende eingestellt. Im Jahr 2003 wurden sogar 830 eingestellt. Das sollte man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Derzeit werden beim Land über 2 200 Auszubildende – Herr Capezzuto, haben Sie das verstanden?; sonst ließe ja PISA grüßen! – in staatlich anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet.

Das Land bildet natürlich wesentlich mehr aus, und zwar im Kernbereich seiner Aufgaben. Der Schwerpunkt der Ausbildung – das sollte man bei der SPD einmal zur Kenntnis nehmen – liegt im Bereich des öffentlichen Dienstes bei den Beamtenanwärtern des mittleren und des gehobenen Verwaltungsdienstes. Im Jahr 2004 sind im Entwurf des Staatshaushaltsplans insgesamt, meine Damen und Herren, 18 218 Stellen für Beamtenanwärter enthalten.

(Abg. Capezzuto SPD: Ha no!)

Ha no, gell? Lorch hat es kapiert. Gut, wunderbar.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Das ist doch nichts Neues! Herr Kleinmann, was soll denn das? – Abg. Wintruff SPD: Das ist doch nichts Besonderes! – Abg. Schmiedel SPD: Lesen Sie doch mal den An- trag!)

Entschuldigung, Sie behaupten doch hier, im öffentlichen Dienst, insbesondere beim Land, würden nicht genügend Ausbildungsplätze bereitgestellt.

(Abg. Wintruff SPD: Natürlich! – Abg. Ruth We- ckenmann SPD: Wir sprechen von den dualen Aus- bildungsplätzen!)

Was heißt hier „duale Ausbildungsplätze“?

(Abg. Wintruff SPD: Es geht um anerkannte Aus- bildungsberufe! Die zählen doch hier gar nicht! – Abg. Fischer SPD: Was machen Sie mit der Poli- zeiausbildung? Da gehen Sie von 400 auf 150 zu- rück!)

Es geht doch darum, dass wir im Land als Staat natürlich auch Beamtinnen und Beamte ausbilden. Die muss man doch mit hineinnehmen.

(Abg. Wintruff SPD: Es geht um anerkannte Aus- bildungsberufe!)

Die gehen doch nach der mittleren Reife direkt in die Ausbildungsverhältnisse als zukünftige Beamtinnen und Beamte, Herr Fischer.

Die berufliche Ausbildung ist nicht nur eine gesellschaftspolitische Aufgabe, sondern es geht auch um die Sicherstellung des künftigen Fachkräftebedarfs der Wirtschaft. Wenn

die Wirtschaft aber keinen entsprechenden Bedarf hat – das muss man auch einmal feststellen, und für die Konjunktur ist ja nicht das Land Baden-Württemberg zuständig, sondern der Bund –, fragt man sich, warum der Staat über den bestehenden Bedarf hinaus ausbilden soll. Was ist nach Beendigung der Ausbildung? Sie belügen die jungen Leute, wenn Sie ihnen Ausbildungsplätze ohne tatsächliche Berufschancen zur Verfügung stellen. Es fehlt nach der alten SPD-Programmatik eigentlich nur noch ein Beschäftigungsprogramm, mit dem die 500 Auszubildenden nach Abschluss der Ausbildung staatlich beschäftigt werden, damit sie nicht der Arbeitslosigkeit anheim fallen.

Ein Hauptgrund für die nachlassende Ausbildungsbereitschaft der Betriebe – jetzt bin ich bei den Betrieben – resultiert aus der immer noch schwachen konjunkturellen Entwicklung.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Genau!)

Die derzeit geringen Wachstumsimpulse der Wirtschaft reichen für einen spürbaren Beschäftigungs- und damit auch Ausbildungseffekt nicht aus. Dafür sind nicht wir zuständig. Gleichzeitig führt die aktuelle Diskussion um die Ausbildungsplatzabgabe ebenfalls dazu, dass die Betriebe bei der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen derzeit zurückhaltend sind. Mit solchen Vorschlägen werden wir die Probleme auf dem Lehrstellenmarkt nicht lösen. Dies gelingt nur mit der Wirtschaft und nicht gegen sie.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es! – Beifall bei Ab- geordneten der FDP/DVP und der CDU)

Ich möchte im Übrigen noch eines hinzufügen. Überlegen Sie einmal: Die meisten Ausbildungsplätze stellt nicht die Industrie zur Verfügung, sondern der Mittelstand.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Richtig! Die Freiberuf- ler!)

Dann geht man her und überlegt noch, ob man eine Ausbildungsplatzabgabe einführt. Das heißt, man maßt sich an, zu sagen, ob ein Betrieb in der Lage ist, statt zwei jungen Leuten drei auszubilden oder statt keinem einen oder zwei. Wer von Ihnen kennt denn die tatsächlichen betrieblichen Verhältnisse?

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Ich!)

Niemand. Und da gehen Sie her und sagen: Aber wir legen das zum Beispiel aufgrund der Einkommensteuerveranlagung von vor zwei Jahren fest. Was war denn vor zwei Jahren, und was ist heute der Fall?

(Abg. Fischer SPD: Herr Kollege Kleinmann, Sie kennen die Verhältnisse zweimal nicht!)

Eine Ausbildungsplatzabgabe zu fordern ist das Dümmste, was es überhaupt gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Es ist eine absolute Ignoranz des dualen Systems. Es ist eine Ignoranz über die Bereitschaft des Mittelstands, junge Menschen auszubilden.

(Abg. Capezzuto SPD: Die Forderungen haben doch Früchte getragen, Herr Kollege! – Abg. Ruth Weckenmann SPD: Herr Kleinmann, mit Beten geht es auch nicht!)

Dass Sie nicht beten, weiß ich schon.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Kleinmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Wintruff?

Aber immer.

Bitte schön, Herr Wintruff.

Herr Kleinmann,

(Abg. Capezzuto SPD: Beruhigen Sie ihn ein biss- chen!)

ich möchte Sie gern fragen: Wie bewerten Sie denn dann, dass die Bauwirtschaft in Baden-Württemberg seit 20 Jahren eine Umlage erhebt und in ihrem neuesten Jahreswirtschaftsbericht davon spricht, dass sie sehr erfolgreich darin war, mit dieser Umlage die Zahl der Ausbildungsplätze zu erhalten?

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wer es freiwillig ma- chen will, soll es machen!)

Auch das baden-württembergische Handwerk erhebt über seine Innungen eine Umlage.