Das Mindeste jedoch, was man, glaube ich, in einer solchen Situation erwarten kann, ist, dass Sie nicht auch noch vollendete Tatsachen schaffen, indem Sie jetzt die Bagger anfahren lassen und den Mutterboden abtragen.
Ich glaube, es ist das Mindesterfordernis an Fairness in einem Rechtsstaat, dass das nicht gemacht wird, bevor das Bundesverfassungsgericht über den Eilantrag entschieden hat.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Kretschmann, zunächst einmal weise ich mit allem Nachdruck zurück, dass seitens des Landes Triumphgeschrei betrieben werde oder eine Erpressungsstrategie stattfinde.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir hier ein Landesmessegesetz auf den Weg gebracht haben und dabei sauber abgewogen haben,
Wir haben ein Planungsverfahren auf den Weg gebracht und einen Planfeststellungsbeschluss und einen Baubeschluss bekommen, der bislang auch rechtskräftig ist. Es gibt zehn Prozesse, die seitens des Landes alle gewonnen wurden.
Aufgrund dieses sauberen rechtsstaatlichen Verfahrens besteht überhaupt kein Grund für Triumphgeschrei, sondern wir haben uns an Recht und Gesetz gehalten – und die nachgeordneten Behörden auch.
Zweiter Punkt: Der Stadt Leinfelden-Echterdingen und auch den beteiligten Landwirten gegenüber hat das Land mehrfach den Versuch unternommen, erstens die entsprechende Belegenheitsgemeinde in die Planung einzubeziehen und zweitens auch entsprechende Ausgleiche herzustellen. Ich erinnere daran: Allein für die Stadt Leinfelden-Echterdingen lag ein Angebot von immerhin 35 Millionen € auf dem Tisch, das die Stadt ausgeschlagen hat,
was heute vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung völlig unverständlich ist. Ich glaube, die Stadt Leinfelden-Echterdingen hat eine Riesenchance vertan
und kann deshalb jetzt natürlich auch nicht mehr mit Nachforderungen kommen. Umso mehr appellieren wir an die Stadt Leinfelden-Echterdingen, das weitere Rechtsverfahren einzustellen und sich kooperativ zu zeigen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Reinhart CDU: Das wäre vernünftig! – Abg. Hofer FDP/DVP: Das wäre sehr vernünftig, ja!)
Ein weiterer Punkt: Wir bekommen jetzt auch eine gewisse Entlastung, was die Flächen angeht. Dadurch, dass es gelungen ist, einen betroffenen Landwirt zum Verkauf seines Hofes zu bewegen, stehen immerhin 60 Hektar Pachtfläche zur Verfügung, die als Ausgleichsfläche genutzt werden können. Ich betone, dass es auch unserer Fraktion sehr wichtig ist, dass die Landwirtschaft oben auf den Fildern weiterhin eine Existenzgrundlage hat. Wir wollen die Land
wirtschaft nicht von dort oben vertreiben, aber wir wollen sehr wohl, dass Messe u n d Landwirtschaft auf den Fildern möglich sind. Mit diesen Pachtflächen, die wir jetzt als Ersatzflächen anbieten können, besteht für die verbleibenden Landwirte auch die Möglichkeit, dort weiterhin ihre Existenz zu sichern. Ich glaube, auch dies muss gewürdigt werden. Sie werden es nie in der Hand haben, ob ein Landwirt trotz Gegnerschaft zur Messe bereit ist, zu verkaufen. Für umso bedeutender halten wir diesen Schritt. Wir begrüßen ihn nachdrücklich und bitten das Land, das Wirtschaftsministerium und das zuständige Regierungspräsidium, sich weiterhin auch gegenüber den Landwirten auf den Fildern einzubringen, damit ein Flächenausgleich stattfinden kann.
Genauso appellieren wir an die Landwirtschaft, damit von weiteren Enteignungsverfahren Abstand genommen werden kann. Ich glaube, das Land hat für die Böden, die zur Realisierung der Landesmesse benötigt werden, ein gutes Angebot gemacht. Es ist an den Landwirten, dieses Angebot anzunehmen.
Lassen Sie mich jetzt zum eigentlichen Punkt der heutigen Debatte kommen, nämlich zur Frage der Abtragung des Mutterbodens. Wir wissen, dass dies ein sensibles Thema ist, weil es sich natürlich auch um sehr fruchtbare Böden handelt. Wir wollen, wenn dieses Projekt auf den Weg kommen soll, berücksichtigt sehen, dass diese Böden, wenn sie abgetragen werden, anschließend einer weiteren Nutzung zugeführt werden. Es ist geplant, dass sie zur Landschaftsmodellierung und zur Gestaltung der Außenanlagen eingesetzt werden können.
Zum anderen wollen wir natürlich ebenfalls, dass diese Böden wieder eingebracht werden. Wir wollen, dass es ein sinnvolles Bodenverwertungskonzept gibt, und dabei müssen selbstverständlich auch die naturschutzfachlichen Belange berücksichtigt werden.
Ich glaube, seitens des Ministeriums und auch seitens des Regierungspräsidiums war es richtig, zunächst die Ernte dieses Jahres abzuwarten. Es wäre sicherlich überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn man jetzt mit Bulldozern kommen und die erntereife Frucht zerstören würde. Deshalb unser Appell, sich auch in diesem Punkt kompromissbereit und verhandlungsbereit zu zeigen und einen gangbaren Weg zu gehen. Aber es kann auf der anderen Seite natürlich nicht angehen, dass Landwirte einen zügigen Baubeginn verhindern, indem sie die Felder nicht abernten. Auch dies sage ich in aller Deutlichkeit.
Die Bodenabtragung ist deshalb erforderlich, weil Rückstände aus dem Zweiten Weltkrieg vermutet werden und diese Vermutung auf ihre Richtigkeit untersucht werden muss. Kampfmittelrückstände kann man schneller und leichter identifizieren, wenn man eine Bodenabtragung vornimmt. Die Experten sagen uns, dadurch werde immerhin ein Zeitraum von mindestens zwei Monaten gewonnen. Da das Zeitfenster für die Realisierung der Landesmesse ohnehin schon recht knapp ist – denn wir benötigen bis zum Frühjahr 2007 zumindest eine Teileröffnung –, können wir keinen zeitlichen Aufschub mehr dulden, sondern müssen das Projekt jetzt möglichst rasch auf den Weg bringen. Das
heißt, es muss mit dem Bau begonnen werden. Die Untersuchung auf Kampfmittelrückstände muss möglichst rasch erfolgen und zu einem Ende geführt werden. Deshalb begrüßen wir, dass diese Bodenabtragung stattfindet.
Im Übrigen muss ich Ihnen sagen, Herr Kollege Kretschmann: Sie haben behauptet, dass man diese Landesmesse nicht benötige. Wir haben heute Morgen eine intensive Debatte über den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg geführt. Ich bin schon verwundert über Ihre Aussage, denn wir wissen, dass wir diese neue Landesmesse dringend benötigen.
Wir benötigen sie aus mehreren Gründen: Erstens ist jeder dritte Arbeitsplatz in Baden-Württemberg vom Export abhängig.
Zweitens: Die baden-württembergische Wirtschaft benötigt ein Schaufenster, um eben in der Exportwirtschaft im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein. Und drittens denke ich auch, dass wir jetzt eine Messe haben werden, die mit der Bündelung sämtlicher Verkehrsträger am richtigen Standort und einem modernen Messekonzept sehr wohl auch in einem sich verstärkenden Wettbewerb um Messen ihren Platz finden wird.
Wir haben ja schon jetzt die Situation, dass einige Messen verloren gegangen sind, und wir werden die Situation haben, dass dann, wenn die neue Messe nicht zum Jahr 2007 eröffnet werden kann, weitere Messen vom Stuttgarter Killesberg abwandern. Dies können wir uns nicht leisten, und deshalb richte ich noch einmal meine eindringliche Bitte an Sie: Wenn Sie etwas für die Wirtschaft im Land BadenWürttemberg übrig haben, dann achten Sie mit darauf – wir machen das –, dass die Wirtschaft in geeigneter Form beteiligt wird. Das gilt auch in der Frage des Betreiberkonzepts. Immerhin sind dort die IHK und der Baden-Württembergische Handwerkstag mit eingestiegen. Achten Sie zweitens bitte darauf, dass wir diese Messe möglichst schnell bekommen und dass die Messe drittens unsere Kernbranchen im Land verstärkt, damit in Baden-Württemberg auch weiterhin eine möglichst hohe Wertschöpfung erzielt wird und damit Baden-Württemberg auch weiterhin über viele Arbeitsplätze verfügt.
Deshalb mein herzlicher Appell an Sie von der Fraktion der Grünen, endlich diese komplette Blockadehaltung aufzugeben und mit dafür zu sorgen...
... – Frau Präsidentin, ich komme zum Ende; das ist mein Schlusssatz –, dass dieses Projekt jetzt möglichst schnell auf den Weg gebracht wird.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kretschmann, politisch ist die Schlacht um die Messe schon lange geschlagen.
(Abg. Oelmayer GRÜNE: Aber juristisch nicht! – Gegenruf des Abg. Dr. Reinhart CDU: Juristisch auch!)
Deshalb möchte ich nur etwas zu der Behauptung sagen, für Messen gebe es kein Geschäft. Die Messe München, vor wenigen Jahren neu gebaut, war schon zum Zeitpunkt ihrer Errichtung zu klein.
Sie wurde um eine weitere Halle mit einer Fläche von 30 000 Quadratmetern ergänzt und ist voll ausgelastet.