Protokoll der Sitzung vom 11.11.2004

Ich sage Ihnen einmal, was nach meiner Meinung in der Bevölkerung ein relativ klarer Tatbestand ist: Für viele Familien – das sind nicht die Ärmsten der Armen; darauf komme ich noch – ist die Eigenheimzulage die einzige Möglichkeit, selbst wenn man sich krumm legt, für die Zukunft Wohneigentum zu bilden.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP und Mack CDU)

Für viele Familien bedeutet das, dass sie, wenn man die Eigenheimzulage wegnimmt, das nicht mehr machen können.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das ist doch alles Quatsch!)

Weil Sie sagen „Alles Quatsch!“, darf ich Ihnen einfach sagen – –

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wieso wird nirgend- wo so teuer gebaut wie in Deutschland? Können Sie das mal erklären?)

Darf ich das als Frage nehmen, Herr Präsident? – Gut, dann wird es nicht auf meine Redezeit angerechnet.

Herr Kretschmann, Sie fragen: Wieso wird nirgendwo so teuer gebaut wie in Deutschland? Diese Frage schließt im

plizit die Feststellung ein, das läge an der Eigenheimzulage. Darf ich Sie einmal darauf aufmerksam machen, dass seit einiger Zeit die Immobilienpreise überhaupt nicht mehr gestiegen sind, sondern dümpeln, ja sogar zurückgehen, und zwar trotz Eigenheimzulage? Daran sehen Sie doch, dass das damit so gut wie nichts zu tun hat.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Weil jetzt allmählich der Markt übersättigt ist!)

Ach, jetzt ist der Markt übersättigt. – Übrigens zu Ihrer Zersiedlungstheorie: Sie sagen, den Städten laufen die Leute wegen der Eigenheimzulage weg. Ich hoffe, dass Ihnen die Wähler weglaufen, aber ich glaube nicht, dass die aus der Stadt weglaufen. Übrigens sind viele, die im Grünen wohnen, tatsächlich auch Grüne. Ich sehe das immer an den Wahlergebnissen in den Gemeindebezirken. Die dürfen alle noch wohnen bleiben; nur andere dürfen nichts mehr machen.

(Abg. Scheuermann CDU: So ist es! – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Das hat mit der Sache nichts zu tun! – Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Was hat das mit dem Thema zu tun? – Abg. Heike Dederer GRÜ- NE: Thema!)

Ich darf Ihnen mal sagen, wohin die wandern. Die wandern insbesondere auf die Dörfer, in denen die Grundstückspreise überhaupt noch erschwinglich sind. Genau die Steuerung, die Sie nicht haben wollen, findet da statt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wenn Sie es nicht glauben, dass es eine zielgenaue Förderung gibt und ihr Wegfall eine Belastung darstellen würde,

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

dann darf ich Ihnen sagen: Der ver.di-Vorstand und der DGB-Vorstand – die zitiere ich nicht so gerne; aber ich sage das in Ihre Richtung, weil Sie denen ja mehr glauben – haben gesagt, dass bei jeder weiteren Kürzung die Zukunftspläne vieler Arbeitnehmerhaushalte verheerend zunichte gemacht werden. Glauben Sie doch wenigstens denen!

Jetzt will ich Ihnen an dieser Stelle einfach noch einmal sagen, was unsere Argumentation ist.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wenn FDP und ver.di an einem Strang ziehen, dann stimmt sicher etwas nicht!)

Warum müssen wir denn den Mietwohnungsbau immer gegen die Eigentumsbildung ausspielen? Natürlich wollen wir Gelder auch für den Mietwohnungsbau. Auch der ist wichtig. Übrigens: Über das neue Programm werden 1 600 zusätzliche Mietwohnungen gebaut, was allerdings unter dem Vorbehalt steht, dass die Eigenheimzulagenförderung bestehen bleibt. Da sehen Sie den Gesamtzusammenhang.

Ich möchte Ihnen zum Abschluss sagen, damit wir uns ein bisschen hineindenken können – was wir ja wohl alle können – in einen ganz normalen Familienhaushalt: Der sieht, was am Schluss an verfügbaren Mitteln nach Abzug aller

Belastungen übrig ist, und für den stellt es, wenn man ihm die Eigenheimzulage wegnimmt und die eingesparten Mittel nicht für eine Steuerentlastung verwendet, sondern für wichtige Bildungsaufgaben, für die Bundeswehr oder zum Stopfen welches Haushaltslochs auch immer, schlicht und einfach eine Steuererhöhung dar.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: So ist es!)

Eine Steuererhöhung!

(Beifall bei der FDP/DVP)

So empfindet er das. Sie würden es in Ihrem eigenen Familienportemonnaie genauso empfinden. Sie verlangen immer, dass sich Politiker ein bisschen in die Leute hineindenken sollen. Dann tun Sie es an dieser Stelle doch einmal! Dieser Verschiebebahnhof – einfach Geld wegzunehmen und zu sagen, wir können das gut zum Stopfen von Steuerlöchern woanders brauchen – darf nicht sein.

Wenn wir zu einer gesamtsteuerlichen Entlastung kämen – und so ist es auch von der CDU zu verstehen; das müsse damit einhergehen, wurde vorhin zitiert –, dann gäbe es einen völlig neuen Plafond. Aber das Geld einfach zu entziehen bedeutet eine Steuererhöhung, und zwar für Familien mit Schwelleneinkommen.

(Glocke des Präsidenten)

Das können Sie nicht wollen; und das wollen auch wir nicht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Herr Abg. Hofer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Gaßmann?

Bitte schön, Herr Gaßmann.

Herr Abg. Hofer, habe ich Sie jetzt richtig verstanden: Sind Sie für eine Abschaffung der Eigenheimzulage im Rahmen einer Steuerreform?

Wir haben immer klar gesagt – übrigens auch unsere Bundestagsfraktion –, dass das Thema Eigenheimzulage nur im Zusammenhang mit einer gesamtsteuerlichen Entlastung behandelt werden kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Rückert CDU: So ist es! – Abg. Drexler SPD: Die kommt doch gar nicht! Das können wir im Landes- haushalt gar nicht darstellen!)

Aber was Sie machen, das merkt doch jeder: Sie nehmen das Geld heraus und geben es für etwas anderes aus.

(Zuruf von der CDU: So ist es! – Abg. Gaßmann SPD: Sie geben es den Spitzenverdienern!)

Und dann kommt dieser dümmliche Ausdruck „Bildung statt Beton“. Den haben Sie erfunden.

(Abg. Dr. Birk CDU: Das gibt Betonköpfe!)

Ich werde einmal in meine Stadt gehen und werde den Familien, die jetzt nicht mehr ihre Mäuerchen für ihr Einfamilienhaus errichten können, sagen: Das könnt ihr jetzt nicht mehr, weil wir nun nach dem Motto „Bildung statt Beton“ verfahren. Etwas Dümmlicheres, etwas Platteres, etwas Entlarvenderes als diesen Satz habe ich ja noch nie gehört.

(Anhaltender Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zurufe von der CDU: Bravo!)

Das Wort hat Herr Abg. Dr. Witzel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Hofer, Sie wissen sicher, dass man in der Politik, um zu überzeugen, Aussagen zuspitzen muss. Ich meine, „Bildung statt Beton“ ist die richtige These.

(Lachen bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Scheuermann CDU – Abg. Dr. Reinhart CDU: Scheinalternativen! – Zuruf von der CDU: Das gibt Betonköpfe!)

Man muss diese These natürlich begründen, und die Argumente dafür will ich Ihnen gerne liefern. Ich will auf die Debatte wie folgt eingehen: Zunächst unterstellte uns Herr Rech, wir wollten das Wohneigentum abschaffen.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Quatsch!)

Herr Rech, es ist mitnichten so, dass wir Wohneigentum abschaffen wollten. Jeder soll weiterhin Wohneigentum bilden können. Ich bekenne hier, dass auch ich Wohneigentum besitze.

(Oh-Rufe von der CDU – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Mack CDU: Bravo! – Abg. Blen- ke CDU: Ein Grüner im Häuschen!)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage ist doch, ob es ein prioritäres Staatsziel sein soll, dies zu fördern.

(Lachen und Zurufe von der CDU – Unruhe)