Protokoll der Sitzung vom 17.02.2005

Dass dies natürlich auch eine Mentalitätsveränderung nach sich ziehen muss und dass diese länger dauert als eine Gesetzgebung, auch das ist klar. Wir haben für die weitere Entwicklung einen Beraterkreis eingerichtet, der uns Rat geben soll, um in diesem internationalen Benchmarking mithalten zu können.

Wir haben die Haushalte der Hochschulen weitgehend auf Globalhaushalte umgestellt. Wer, wie ich aus meiner Zeit als Rektor, die Verhältnisse und die Entwicklung von einem regulierten Haushalt zu einem Globalhaushalt kennt, der weiß, dass man nur so verantwortlich mit den Ressourcen umgehen kann und innerhalb einer Institution selbst eigentlich am besten weiß, wo die Mittel am ehesten gebraucht werden und wo sie zur Leistungsverbesserung für Studierende oder für Forschung und Entwicklung am besten einzusetzen sind.

Wenn wir von der Art und Weise, wie wir Hochschulen finanzieren, sprechen, Frau Bauer, dann sind die Hochschulverträge eine wichtige Grundlage, weil die bisherige Hochschulfinanzierung – auch die Basisfinanzierung – im Grunde genommen ein historisches Erbe ist. Wir müssen auch die Grundfinanzierung der Hochschulen objektivieren und vertraglich sichern. Darauf bauen die leistungsbezogene Mittelzuweisung und dann die Zielvereinbarungen auf. Dass die Summe aus a, b und c über alle Hochschulen dann eine Gesamtsumme ergibt, die auch einer Garantie bedarf, ist eigentlich in sich logisch; denn wenn ich für 25 Einzelteile garantiere, muss ich auch für die Summe garantieren.

(Minister Dr. Frankenberg)

Das ist für mich eine Bauernregel, die auch der schwarze Peter kennt.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU – Abg. Pfisterer CDU: Sehr gut! – Zuruf der Abg. Ursula Hauß- mann SPD)

Wir werden allerdings hier auch weitergehen müssen. Wir haben nach § 26 der Landeshaushaltsordnung für die Universität Heidelberg die Einführung der kaufmännischen Buchführung ermöglicht. Die Universität Stuttgart wird folgen. Es wird auf Dauer so sein, dass, um mit diesen Globalhaushalten wirklich in kaufmännischer und in unternehmerischer Art umgehen zu können, alle Hochschulen im Sinne von Landesbetrieben auf eine solche Buchführung umgestellt werden müssen.

Die Verantwortung der Hochschulen ist gewachsen. Sie sind zuständig für die Studien- und Prüfungsordnungen, für die Berufung der Professoren und für die Professorenbesoldung.

Ich habe, Frau Bauer, mit Interesse zur Kenntnis genommen, ich sei einmal ein Freund der Professorenbesoldungsreform von Frau Bulmahn gewesen. Das stimmt nicht.

(Abg. Döpper CDU: Gott sei Dank!)

Die „Süddeutsche Zeitung“ hat geschrieben, ich hätte dreimal gegen Frau Bulmahn gewonnen. Ich hätte gerne viermal gewonnen, nämlich auch bei der Verhinderung dieser Professorenbesoldungsreform, und zwar deshalb, weil von Anfang an abzusehen war, dass ein Gesetz mit einer Deckelung der Ausgaben, das der Bund einbringt, für eine leistungsbezogene Besoldung nicht vernünftig ist.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Die Ausgabendecke- lung haben die Länderfinanzminister durchgesetzt! Eigenartig, oder? – Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Die Möglichkeit, den Vergaberahmen zu erhöhen, ist gegeben. Aber man muss natürlich den Vergaberahmen dann in Relation zum Landeshaushalt und zu den Steuereinnahmen sehen. Wenn ich ein Gesetz habe, nach dem eine Erhöhung des Vergaberahmens möglich ist, und die Steuereinnahmen sinken, dann nützt mir der Vergaberahmen nichts. Logisch wäre gewesen, dass ich, wenn ich ein Gesetz mache, das eine leistungsbezogene Professorenbesoldung ermöglicht, den Hochschulen zugleich die Möglichkeit gebe, aufgrund ihrer Leistungen zusätzliche Mittel einzunehmen. Ein solches Gesetz und gleichzeitig ein Studiengebührenverbot, dass ist geradezu in sich völlig widersprüchlich. Man hat im Grunde genommen den Hochschulen gesagt: „Ihr dürft mehr Geld ausgeben, aber ihr dürft nicht mehr Geld einnehmen.“ Das ist ziemlich unsinnig. Kein Unternehmen käme auf die Idee, eine leistungsbezogene Bezahlung bei Limitierung der eigenen Gewinne einzuführen. Aber genau das ist hier geschehen. Die Idee ist gut, die sinnvolle Umsetzung in diesen Zeiten eigentlich nicht möglich.

Hier komme ich zu der Frage: Wie können wir die notwendige bessere Finanzierung der Hochschulen erreichen? Ich glaube, es ist allen klar: Wir können das nicht aus staatli

chen Mitteln. Niemand kann höheren Steuern das Wort reden, und niemand kann einer höheren Verschuldung das Wort reden. Dennoch brauchen die Hochschulen mehr Mittel, um die Lehre zu verbessern, die Abbrecherzahlen zu senken, die Betreuungsrelationen zu verbessern. Wenn wir uns in der Welt umschauen, dann finden wir keine Spitzenhochschule, in der nicht ein wesentlich höherer privater Finanzierungsanteil als bei den deutschen Hochschulen vorhanden wäre. Zur Verbesserung der Hochschulen brauchen wir den Weg – er ist unumgänglich –, dass die, die letztlich von dieser Hochschulausbildung profitieren, auch einen Eigenanteil zur Finanzierung der Hochschulen beitragen. Er liegt, wenn dafür 500 € erhoben werden, bei 10 % der unmittelbaren Kosten, die ein Studium verursacht.

Wir geben in Deutschland etwa 1 % unseres Bruttosozialprodukts für die tertiäre Bildung aus. Andere Länder geben das Doppelte aus, aber nicht durch höhere staatliche Mittel, sondern durch einen höheren Anteil an privaten Mitteln. Wenn wir nicht in diese Richtung gehen, mehr private Mittel zu akquirieren, werden wir keine angemessene Finanzierung der Hochschulen im internationalen Benchmarking erreichen.

Es ist übrigens in den USA und auch woanders so, dass die Studierenden dort, wo Studiengebühren gezahlt werden, nach ihrem Studium auch noch hohe Spenden an ihre Hochschulen zahlen, bei denen sie Gebühren entrichtet haben. Dort gilt also das Prinzip „Ich habe vorher gezahlt, und ich spende nachher“, und bei uns gilt das Prinzip „Ich zahle vorher nichts und spende nachher nichts.“ Das ist eine Tatsache, mit der man sich bei der Betrachtung der Wirklichkeit abfinden muss.

Das heißt, wir brauchen die Studiengebühren. Die Voraussetzung ist: Die Studiengebühren müssen als zusätzliches Finanzierungsinstrument an die Hochschulen kommen. Wir haben einen Kabinettsbeschluss, gemäß dem es dann keine Haushaltsabsenkungen gibt, sondern diese Mittel wirklich zusätzlich den Hochschulen zur Verfügung stehen. Wir sagen auch, dass diese Mittel den Hochschulen zur Verbesserung der Lehre zur Verfügung stehen sollen. Es gibt übrigens parteiübergreifend die Meinung, dass dies unumgänglich ist, aber es gibt in keiner anderen Partei als bei CDU, CSU und FDP die dezidierte Meinung, dass man das auch tun soll.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Palmer?

Aber gerne.

Bitte schön, Herr Palmer.

Herr Minister, bedeutet der von Ihnen soeben zitierte Kabinettsbeschluss auch, dass die Einnahmen aus den schon bisher erhobenen Verwaltungsgebühren, die unmittelbar an den Landeshaushalt fließen, in Zukunft dort nicht mehr ankommen, wenn die Verwaltungsgebühren durch Studiengebühren ersetzt werden?

Über die Verwaltungsgebühren, Herr Palmer, haben wir noch nicht befunden. Die Verwaltungsgebühren haben mit den Studiengebühren zunächst einmal nichts zu tun. Wir haben auch nicht von einem Ersatz gesprochen. Sie müssen abwarten, bis wir unsere endgültigen Beschlüsse gefasst haben. Ich sage auch nichts, von dem ich jetzt nicht dezidiert sagen kann, ob wir es so oder so machen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Also könnte da doch etwas abgezweigt werden! – Zurufe der Abg. Carla Bregenzer SPD und Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wir werden von den Studiengebühren nichts abzweigen außer den Verwaltungskosten für die Studiengebühren selber. Das ist klar.

(Abg. Birzele SPD: Sie kürzen vorher, und dann ist das der gleiche Effekt!)

Wir werden auch nicht vorher kürzen, wie die Österreicher es zum Teil getan haben,

(Abg. Birzele SPD: Sie haben es ja schon!)

sondern wir werden unseren Haushalt einhalten, und die Studiengebühren werden dazukommen. Sie werden auch von den Hochschulen eingenommen werden müssen – auch das ist wichtig –, damit sie direkt an der richtigen Stelle landen.

Wir haben Bedingungen an die Studiengebühren geknüpft, und zwar unter anderem die, dass die Erhebung niemanden psychologisch vom Studium abhalten soll. Deshalb muss es ein zinsgünstiges Kreditsystem für Studiengebühren geben. Die Kredite müssen einkommensabhängig von denen zurückgezahlt werden, die den Vorteil von dem Studium gehabt haben. Dass es, Frau Bregenzer, Einkommensunterschiede der Eltern gibt, das war schon immer der Fall, und es hat kein System in der Welt gegeben, das dies in vernünftiger Weise hätte ausgleichen können. Die Systeme, die das versucht haben – denen Sie offenbar noch ein bisschen nachhängen –, sind in der Weltgeschichte kläglich gescheitert.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Heiterkeit des Abg. Döpper CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rust?

Ja, bitte.

Bitte schön, Herr Rust.

Herr Minister, ist Ihnen bewusst, dass Sie mit dem, was Sie bisher als Eckpunkte zu nachlaufenden Studiengebühren vorgelegt haben, junge Menschen genau in der Lebensphase belasten, in der sie eigentlich mehr Geld brauchen, weil sie eine Familie gründen und vielleicht an Kinder denken? Wir wünschen uns ja eigentlich in allen Debatten, dass junge Familien und darunter auch junge

Akademikerinnen und Akademiker mehr Kinder bekommen. Doch genau in dieser Lebensphase belasten Sie mit Ihrem bisherigen Modell junge Familien.

Wir sind ja nicht die Erfinder eines solchen Modells, sondern das Modell ist in Australien erprobt

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ja, und wie! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Aber das funktioniert dort nicht!)

und funktioniert.

(Abg. Teßmer SPD: Aber nicht familienfreundlich! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Lesen Sie die ent- sprechenden Studien! – Weitere Zurufe)

Schauen Sie sich doch die Verhältnisse in Australien vor und nach Einführung der Studiengebühren sowie die Auswirkungen an!

(Abg. Herrmann CDU: Und wie ist das mit den Handwerkern, die den Meister machen wollen? – Abg. Rust SPD: Ist Ihnen das mit der Familien- feindlichkeit bewusst? – Weitere Zurufe von der SPD)

Erstens hat Australien pro Frau mehr Kinder als die Bundesrepublik Deutschland. Das hat sich auch durch die Einführung der Studiengebühren nicht verändert.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD – Unruhe)

Wenn Sie fragen, sollten Sie auch die Antwort entgegennehmen wollen. –

Zweitens ist in Australien die Zahl der Studierenden nach Einführung der Studiengebühren angestiegen,

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Bei gleichzeitigem Ausbau der Hochschullandschaft!)

weil man zusätzliche Mittel hatte, um die Studienbedingungen zu verbessern.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Der Staat hat zusätz- lich Geld gegeben!)