Protokoll der Sitzung vom 17.03.2005

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Junginger?

Das ist aber wirklich die letzte. Die Antwort ist ja immer die gleiche.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Fischer: Nein, bisher waren alle Fragen unterschiedlich! – Zuruf des Abg. Theurer FDP/DVP)

Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie in Eppelheim Schilder mit Hinweisen auf Wohnhäuser für junge Familien und auf Wärmeenergiekosteneinsparung wahrgenommen haben wollen? Nach meiner Information war dies alles in Schriesheim.

(Anhaltende Heiterkeit bei der SPD und den Grü- nen)

Ist das schon eine Frage der richtigen Orientierung?

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Lächerlicher geht es ja wirklich nicht mehr!)

Wenn ich recht darüber nachdenke, war das von dem, was von dieser Seite gesagt wurde, bisher das Einzige, was gestimmt hat.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Carla Bregenzer SPD: Was ist denn richtig von dem, was Sie sagen?)

Meine Damen und Herren, wir wollen nicht auf Kontrolle und Umerziehung setzen. Wir halten es lieber mit dem bisherigen Modell des Grundgesetzes und der sozialen Marktwirtschaft.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen, unter denen sich die Menschen entfalten können. Wir wollen die Vertragsfreiheit und den Markt. Wir wollen nicht ein besserwisserisches Reglement. Wir wollen nicht Kontrolle und Bewachung durch Antidiskriminierungsvereine, durch neue Abmahnvereine. Wer so etwas auf den Tisch legt, meine Damen und Herren, hat von Wirtschaft und von einer freien Gesellschaft keine Ahnung, und die freie Gesellschaft ist immer noch das Beste, was wir haben.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Carla Bregenzer SPD: Wer eine solche Rede hält, beschämt sich selbst! – Abg. Schmid SPD: Freiheit oder Sozialismus!)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Bei dem Antrag Drucksache 13/3982 handelt es sich um einen Berichtsantrag, sodass er mit der heutigen Aussprache erledigt ist. – Es ist so beschlossen.

Punkt 1 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Unterrichtsversorgung an den beruflichen Schulen des Landes im Schuljahr 2004/05 – Drucksachen 13/3802, 13/ 4090

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Abg. Wintruff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich beginne mit einem Zitat:

Deutschlands Unternehmen brauchen viele gut qualifizierte Fach- und Führungskräfte. Nur mit kompetenten, leistungsfähigen Mitarbeitern können Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln und im Wettbewerb bestehen.

(Abg. Zeller SPD: Sehr richtig! – Abg. Dr. Caroli SPD: Sehr gut!)

Diese klare Zielvorgabe stammt von Arbeitgeberpräsident Dr. Dieter Hundt anlässlich der Eröffnung der Bildungsmesse „didacta“ vor wenigen Wochen.

Unüberhörbar war anschließend jedoch auch seine Kritik an einer Schule, die viel zu viele in eine Berufsausbildung entlässt, die nicht ausbildungsreif sind. Nun mag man mit dieser Kritik ja umgehen, wie man will, aber sie wird letzten Endes auch durch die Ergebnisse der PISA-Studie belegt. Danach haben auch in Baden-Württemberg 20 % der 15Jährigen nur die Lesekompetenz eines Grundschülers. Damit sind sie nicht für eine Berufsausbildung geeignet. Der Arbeitgeberpräsident sagt dazu, jeder Fünfte könne nicht richtig lesen, schreiben oder rechnen. Das läuft im Prinzip auf das Gleiche hinaus.

Für diese Schattenseite unserer Bildungspolitik tragen natürlich Sie, meine Damen und Herren von der CDU, die Verantwortung, weil Sie hier seit Jahrzehnten den Kultusminister stellen

(Abg. Behringer CDU: Gott sei Dank!)

und diese Politik vertreten.

(Zuruf des Abg. Röhm CDU)

Dieses Problem, von dem ich gesprochen habe, gilt natürlich insbesondere für die Berufsausbildung. Denn gerade dort sollen ja die 15-Jährigen, die nur mit dem Hauptschulabschluss in eine duale Ausbildung aufgenommen werden, noch eine Chance für ihre Zukunft bekommen. Eine gute Ausbildung verlangt eben beides: Theorie und Praxis.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Sie verlangt an einer Schule die Rahmenbedingungen, die für die Ausbildung dieser Schüler vonnöten sind.

Der Lernort berufliche Schule ist etwas, wofür das Land die alleinige Verantwortung hat. Wir wissen, wie komplex diese Schule ist, wie heterogen die Schülerschaft dort ist und welche hohen Anforderungen an die Lehrer gestellt werden. Dort sind 44,4 % der Schülerinnen und Schüler inzwischen Vollzeitschüler. Ein Drittel der Abiturienten in BadenWürttemberg kommen aus den beruflichen Gymnasien. Die TOSCA-Studie hat letztendlich bewiesen, welche hohe Qualität in diesen Schulen abgeliefert wird. Das hat auch Professor Baumert vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung festgestellt. Er sieht darin einen bedeutenden Beitrag zur Durchlässigkeit des baden-württembergischen Schulsystems.

Meine Damen und Herren, dieses Licht, das in dieser Hinsicht auf die Berufsschulen fällt, will ich doch als Allerletzter abmindern.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE sowie des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Doch jetzt komme ich einmal zu den Mängeln und Problemen, die es in dieser Schule auch gibt, vor denen Sie vielleicht die Augen schließen. Wenn Sie sie nicht aufmachen, muss ich sie Ihnen öffnen. Das geht nicht anders.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Lachen bei der CDU)

Ich sage Ihnen einmal, welche Probleme es gibt. Ich weiß schließlich, wovon ich spreche. In diesen Schulen gibt es Problemgruppen. Da gibt es Jugendliche, die es vom Lernen her immer am schwersten hatten. Sie kommen aus sozialen Umfeldern, die ihnen im Leben nicht viel geholfen haben.

(Abg. Behringer CDU: Sollen wir für die Jugendli- chen noch lernen, oder wie ist das?)

Das sind aber leider eben auch die Jugendlichen, denen Sie bisher am wenigsten geholfen haben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Hören Sie jetzt gut zu: 17 000 Jugendliche besuchen das BVJ. Wozu soll das da sein? Es soll ihnen den Einstieg in die Berufsausbildung eröffnen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wer hat es denn eingeführt? – Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Die Zahlen, die es gibt, liebe Frau Gurr-Hirsch, sehen in der Realität eben so aus,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ich kenne mich da aus!)

dass 80 % der Jugendlichen in diesem BVJ keinen Anschluss an diese Ausbildung finden.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ohne BVJ wä- ren die auch noch verlassen!)

Die lassen Sie im Stich. Ihnen reicht das mit den 20 %.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Nein! Da müs- sen wir eine fachliche Auseinandersetzung führen!)

Das nehme ich zur Kenntnis.