Aber es kann doch keiner von Ihnen so tun, als sei jetzt schon klar, wie sich in den nächsten fünf bis sieben Jahren die finanziellen Möglichkeiten entwickeln. Ich erlebe überhaupt keinen Frust, wenn ich in den Schulen vor Ort sage:
Wir wollen mehr Ganztagsschulen, wir wollen, dass eure pädagogischen Bemühungen gewürdigt werden. Wir wollen so, wie wir es an den bisherigen Standorten gemacht haben, zusätzliche Lehrerstunden zur Verfügung stellen. Aber ich
kann euch noch nicht sagen, wie viele es sein werden, weil jeder Haushalt, den wir verabschieden, auch unter dem Stichwort „Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit“ verabschiedet wird.
Ich bin für Prioritätensetzung nicht nur für die Bildungspolitik im Allgemeinen, sondern vor allem auch – dafür werde ich mich einsetzen – für die Unterstützung unserer Schulen bei ihrer Weiterentwicklung hin zu ganztägigen Angeboten. Das soll nach meiner festen Überzeugung ein Schwerpunkt sein. Aber jetzt tun Sie doch nicht so, als könnten wir heute, im März 2005, mal so ganz schnell sagen, wie viel Hundert Stellen
(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Das können Sie ausrechnen, wie viele es sind! Ich habe es ausge- rechnet!)
Es ist für eine Opposition leicht, solche Behauptungen aufzustellen. Das gehört zu ihrer Rolle. Aber ich bleibe dabei: Wir werden – –
(Abg. Zeller SPD: Sie machen es sich einfach! – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Sie machen es sich einfach!)
Man muss ja nur einmal auf Ihre Homepage schauen, Herr Zeller. Da hat man das Gefühl, Sie leben in einer anderen Welt.
Da steht jeden dritten Tag eine neue Überschrift, wo die Frau Schavan blockiert. Wenn ich meinen Rechenschaftsbericht der letzten Legislaturperiode mache, dann nehme ich am besten die Überschriften aus Ihrer Homepage. Das ist Kabarett. Die Leute lachen sich kaputt, wenn sie das hören.
Sie werden mir jetzt erwidern, warum Sie davon überzeugt sind, Recht zu haben, und dass ich als lahme Ente bei diesem Thema nicht vorankäme. Ich werde mir das geduldig anhören und setze auf die Klugheit der Bürger unseres Landes.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es ausgezeichnet, dass Sie, Frau Schavan, jeden Tag meine Homepage lesen. Ich kann das vielen empfehlen, sie ist sehr lesenswert.
Meine Damen und Herren, in der Tat stimme ich Ihnen voll und ganz zu: Baden-württembergische Bildungspolitik kennt keinen Rückwärtsgang. Aber in Sachen Ganztagsschule stehen Sie auf der Bremse. Das ist der entscheidende Punkt.
Ich will Ihnen jetzt einen Brief aus Ihrem Hause vorlesen. Darin geht es darum, dass eine Grundschule in Ravensburg, die eine soziale Brennpunktschule ist, einen Antrag auf Einrichtung einer Ganztagsschule gestellt hat. In diesem Brief heißt es:
Es ist bildungspolitisch ein vordringliches Anliegen des Landes, Hauptschulen, die unter besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung arbeiten, als Ganztagsschulen einzurichten. An diesen Brennpunkthauptschulen engagiert sich das Land mit zusätzlichen Lehrerwochenstunden für die Ganztagsangebote.
Um dies zu erreichen, wurde die Liste von Brennpunkthauptschulen erstellt. Im Rahmen des Gesamtkontingents der von den Oberschulämtern in Abstimmung mit den zuständigen staatlichen Schulämtern benannten 171 Hauptschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung ist die Grundschule Weststadt
Meine Damen und Herren, genau das ist Ihr Problem: Sie reduzieren Ganztagsschulen nach wie vor auf Brennpunkthauptschulen.
Es geht darum, dass Sie tatsächlich bereit sind, alle Ganztagsschulen, wie Kollegin Rastätter zu Recht ausgeführt hat, mit zusätzlichem pädagogischem Personal auszustatten. Sie müssen eben zuhören: Wir haben nicht von Stellen gesprochen, sondern wir haben von zusätzlichem Personal, von Mitteln gesprochen. Den Schulen sollen rund 20 Millionen € zur Verfügung gestellt werden. Sprechen Sie doch
einmal mit den Schulleitern, sprechen Sie einmal mit den Bürgermeistern. Die nehmen unser Angebot mit Handkuss wahr. Sie hingegen blockieren genau diese sinnvolle Entwicklung.
Wir haben bei den Haushaltsberatungen sehr seriös dargelegt, wie wir Ganztagsschulen finanzieren können. Sie haben andere Schwerpunkte. Sie wollen eben mehr in Ihre Imagekampagne anstatt in die Bildung stecken. Das ist Ihr Problem. Darum geht es eben auch.
Meine Damen und Herren, es geht auch nicht darum, sozusagen Ehrenamtlichkeit gegen pädagogisches Personal auszuspielen. Das ist gar nicht der Punkt. Vielmehr geht es darum, beides sinnvoll miteinander zu vereinbaren. Genau dies verhindern Sie.
Es geht zum Zweiten um eine Entbürokratisierung. Nach wie vor muss jede Schule, die Ganztagsschule werden möchte, nach § 22 des Schulgesetzes einen Antrag auf Durchführung eines Schulversuchs stellen. Wie viele Schulversuche brauchen Sie denn noch, um endlich zu kapieren, dass die Ganztagsschule eine ganz normale Schulform sein muss?
Deswegen appelliere ich auch an Sie: Überlegen Sie einmal, wie lange Sie bei der Werkrealschule gebraucht haben. Die Werkrealschule war 17 Jahre lang Schulversuch. Wir haben schließlich in der großen Koalition, Herr Kleinmann, dafür gesorgt, dass dieser Schulversuch aufgegeben und die Werkrealschule im Schulgesetz verankert wurde.