Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

steigt ebenso wie der weltweite Verbrauch von landwirtschaftlichen Produkten auf der Grundlage von gentechni

scher Forschung. Biotechnologie ist eine Querschnittstechnologie – nicht nur in der Medizin, wo sie selbstverständlich ist und als segensreich erachtet wird –,

(Abg. Dr. Caroli SPD: Darum geht es jetzt nicht! Da sind wir uns ja einig!)

und sie bietet auch eine Chance für die Umwelttechnologie. All dies wird in der öffentlichen Diskussion kaum kommuniziert. Stattdessen benutzen insbesondere die Grünen die Gentechnik als ideologischen Kampfplatz

(Abg. Walter GRÜNE: Oh! Mensch, Richie! – Zu- ruf des Abg. Kretschmann GRÜNE)

und schüren die Ängste der Verbraucher.

Meine Damen und Herren, nehmen Sie endlich zur Kenntnis:

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Können Sie einmal etwas anderes machen, als nur Phrasen zu produ- zieren? Nur gestanztes Zeug!)

Biotechnologie ist international, auch in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelindustrie, zur Selbstverständlichkeit geworden. Herr Kretschmann, die Grünen im Europaparlament haben zugestimmt.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Sagen Sie doch ein- mal, wie Sie die baden-württembergische Landwirt- schaft voranbringen wollen!)

Meine Damen und Herren, natürlich nehmen wir Einwände ernst.

(Abg. Walter GRÜNE: Aber nicht so richtig!)

Wir wollen aber, dass internationale Standards in Forschung und Technik im Bereich der Gentechnik auch in Deutschland ihre Gültigkeit haben.

(Beifall des Abg. Kurz CDU)

Die EU hat die Regierungen der Mitgliedsländer beauftragt, durch nationale Gesetzgebung dafür Sorge zu tragen, dass traditionelle Landwirtschaft und Gentechnik nebeneinander möglich sind,

(Abg. Walter GRÜNE: Aber wie denn? Erklären Sie es doch einmal!)

und zwar – ich sage es nochmals – mit den Stimmen unserer Bundesregierung, die von Rot und Grün getragen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wir werden den Vollzug entsprechend den EU-Vorgaben gestalten. Wir sind aber keinesfalls bereit, darüber hinaus – so, wie in den Anträgen der Grünen formuliert – einen Wust von Verwaltung aufzubauen und mit Überbürokratisierung und unangemessen hohen Verwaltungsgebühren zu versuchen, den Anbau von GVO-Produkten zu verhindern.

(Abg. Heinz CDU: Sehr richtig! – Abg. Walter GRÜNE: Jetzt, was?)

Die logische Konsequenz wäre eine erneute Abwanderung von Innovation und Technik in andere Länder.

Wir sehen eine Möglichkeit der Koexistenz von Gentechnologie und konventioneller Landwirtschaft. Wir setzen auf die Entscheidungsfähigkeit der Verbraucher und deren Wahlmöglichkeit. Wenn wir Arbeitsplätze und Wachstumspotenzial langfristig sichern wollen, muss Deutschland sich stärker als bisher in den Zukunftstechnologien engagieren. Wenn wir den wirtschaftlichen Wohlstand, soziale Gerechtigkeit und unsere Umweltstandards, mit denen wir weltweit führend sind, auf dem gewohnten Niveau erhalten wollen,

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Alles Allgemeinplät- ze! Das sind doch nur Allgemeinplätze! – Abg. Dr. Caroli SPD: Nur Phrasen!)

brauchen wir, Herr Kretschmann, nicht nur die Fähigkeit zur Innovation, sondern auch den Mut, neue Wege zu gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Landwirtschaftsminister Hauk.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 4. Februar ist der erste Teil des neuen Gentechnikgesetzes in Kraft getreten. Damit wird leider nicht, wie ursprünglich von der Regierung in Berlin beabsichtigt war, die vollständige Umsetzung der Freisetzungsrichtlinie erreicht. Deutschland – das muss man auch einmal feststellen – ist damit – und zwar, weil es der Bundesregierung offenbar nicht gelingt, einen Konsens herzustellen; das wäre ihre nationale Aufgabe – gegenüber der zwingenden Vorgabe der Europäischen Union bereits zweieinhalb Jahre in Verzug. Dieses Nichtgelingen führt jetzt eben auch dazu, dass der Bundeskanzler resigniert und Neuwahlen ausruft.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Zum Streit gehören zwei!)

Das ist ein weiterer Baustein in dieser Kette, meine Damen und Herren.

Der Verabschiedung der EU-Freisetzungsrichtlinie gingen mehrjährige intensive Verhandlungen voraus, an denen sich Deutschland – jedenfalls nach Aussage von Frau Künast – immer maßgeblich beteiligt hat. Da muss man sich schon wundern, wenn Herr Kollege Walter jetzt von einer „Lebenslüge“ im Bereich der Koexistenz etc. spricht. Künast und die deutsche Bundesregierung waren an der Erarbeitung dieser Freisetzungsrichtlinie bereits bei der Beratung in Brüssel unmittelbar beteiligt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Da kann man dann nicht ständig herkommen und sich beklagen, dass alles so schlimm und so problematisch sei.

(Abg. Drautz FDP/DVP: So ist es nicht! – Abg. Kretschmann GRÜNE: Ihr polemisiert doch gegen das Haftungsrecht!)

Herr Kollege Kretschmann, das ist ein Teil der Wahrheit.

(Abg. Walter GRÜNE: Aber ein ganz kleiner Teil! Jetzt wollen wir auch den Rest der Wahrheit hören! Den verschweigt ihr!)

Das muss man, glaube ich, von der Historie her sagen dürfen.

Es ist doch erstaunlich, dass die Bundesregierung im eigenen Land keine sachgerechte Umsetzung hinbekommt; denn der Bundeskanzler fordert wiederum in regelmäßigen Abständen eine neue Biotechnologieoffensive für Deutschland.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Aber nicht auf dem Acker!)

Er schließt übrigens die grüne Gentechnik dort ausdrücklich mit ein. Deshalb muss ich sagen, Herr Kollege Kretschmann: Das ist schon verwunderlich. Warum Gerhard Schröder das tut, scheint mir auch offensichtlich zu sein: Er sieht nämlich, dass Deutschland in diesem Fall langsam die Felle davonschwimmen. Das ist traurig, aber es ist wahr.

(Abg. Walter GRÜNE: Oh Jesses!)

Meine Damen und Herren, Frau Künast hat in der Vergangenheit einen bekannten Trick angewendet. Sie hat die nicht zustimmungspflichtigen Teile – in Anführungszeichen – bereits mit Mehrheit im Bundestag verabschieden lassen, und der zustimmungspflichtige Teil sollte jetzt beraten werden. Ich sage dazu ganz offen: Mit uns wird das nicht funktionieren, wenn wir nicht auch im ersten Teil einige Änderungen erreichen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Jetzt fangen Sie an zu blockieren!)

Dazu will ich einfach noch ein paar Dinge sagen.

Uns geht es beim Gentechnikgesetz um Folgendes – das ist ein Grundprinzip christlich-demokratischer Politik –: Die Verbraucher und die Landwirte sollen selbst entscheiden können, ob sie gentechnisch veränderte Lebensmittel kaufen bzw. anbauen wollen. Meine Damen und Herren, es geht um mehr Freiheit für die Produzenten und um mehr Freiheit für die Verbraucher. Das ist das Entscheidende.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Birgit Kip- fer SPD – Abg. Walter GRÜNE: Aber die Freiheit hat ja nur noch ein Teil!)

Dazu brauchen wir ordentliche Handlungsrahmen. Die Europäische Union bietet jetzt sukzessive – ab 2013 dann komplett – ein möglichst freies Unternehmertum und freie Entscheidungsmöglichkeiten für die Landwirtschaft an. Aber bei allem, was vonseiten der Europäischen Union kommt, haben Sie vor, den Handlungsrahmen stetig enger zu ziehen. Meine Damen und Herren, wir müssen die Verbraucher schützen, aber wir müssen ihnen auch die Freiheit lassen,

(Abg. Walter GRÜNE: Wie denn?)

zu entscheiden, was sie essen, und den Produzenten die Freiheit lassen, zu entscheiden, was sie produzieren. Der Markt wird das in diesem Fall mit Sicherheit richten.

(Minister Hauk)

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, zur Freiheit gehört, dass man die entsprechenden Kennzeichnungen hat. Alles, was gentechnisch verändert ist, muss – da bin ich völlig einer Meinung mit Ihnen – gekennzeichnet werden. Wir haben deshalb im Land bereits frühzeitig, nämlich 1995, ein Labor in Freiburg zur Untersuchung von Lebensmitteln auf gentechnische Veränderungen eingerichtet. Seitdem werden auch regelmäßig in enger Abstimmung mit den Einrichtungen des Bundes einheimische Produkte ebenso wie Importwaren untersucht.