Protokoll der Sitzung vom 11.10.2007

Das Schlimmste, was passieren kann – gesetzt den Fall, der Bund käme rasch in die Puschen –, wäre, dass Frau Ministerin Tanja Gönner in die Geschichte dieses Landes eingeht als diejenige, die den Gesetzentwurf mit der kürzesten Laufzeit auf den Weg gebracht hat. Auch so kann man sich vielleicht ein Denkmal in der Landespolitik setzen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist uns die Sa- che wert, Herr Untersteller!)

Aber grundsätzlich halte ich das Festhalten an der Landesregelung zunächst einmal für richtig.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ihr seid doch immer für kurze Laufzeiten! – Heiterkeit)

Das trifft in diesem Fall zu.

Nun zu den einzelnen Regelungen in diesem Gesetzentwurf. Ich habe mich darüber gefreut, dass Sie die Kritik, die ich schon im Sommer formuliert habe, was die sogenannte Ersatzregelung in dem Gesetzentwurf betrifft, aufgenommen haben. Ich hatte kritisiert, dass das Wärme-Gesetz in der im Sommer vorgelegten Fassung ins Leere gelaufen wäre, wenn man keine entsprechende Änderung herbeigeführt hätte. Denn wenn der Bund die Einsparverordnung novelliert und die Grenzwerte um 30 % verschärft, dann haben Sie keine Ersatzregelung, sondern dann ist das für alle gültig, dann wären sozusagen die Anforderungen des hiesigen Wärme-Gesetzes im Neubaubereich für niemanden mehr gültig. Im Grunde genommen wäre der heute vorliegende Gesetzentwurf dadurch ins Leere gelaufen. Mit dem jetzt eingebrachten Gesetzentwurf ist dieser Punkt korrigiert worden. Darüber habe ich mich gefreut. Das zeigt, dass solche Vorschläge aus der Opposition auch aufgenommen werden.

Nichtsdestotrotz möchte ich noch zwei, drei Punkte ansprechen, von denen ich glaube, dass sie Sinn machen. Herr Kollege Scheuermann, wenn wir weiterhin einen gemeinsamen Weg gehen wollen – ich will das –, dann sollten wir darüber nachdenken, an diesen Punkten noch nachzubessern.

Da ist einmal die Frage zu nennen: Sollte die Vorgabe nur für Wohngebäude oder auch für andere Gebäude gelten? Da geht es auch um die Frage: Wie mache ich Müllers und Meiers klar, dass sie das, was im Gesetz steht, verpflichtend machen müssen, während Gönner, Pfister und alle anderen Minister das für ihre Häuser nicht machen müssen?

(Abg. Thomas Knapp SPD: Ja! – Beifall des Abg. Thomas Knapp SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: In ihrem Häuschen müssen sie es machen!)

Das Gleiche gilt auch für die Wirtschaft. Man muss doch einfach einmal sehen: Allein das Land hat 8 900 Gebäude mit einer Fläche von insgesamt 7,5 Millionen m2. Wir müssen im Winter nicht mit warmen Socken im Abgeordnetenhaus sitzen und uns einen abfrieren, sondern bei uns wird geheizt, so wie in anderen Gebäuden der öffentlichen Hand auch. Da bin

ich der Meinung: Wir sollten darüber nachdenken, ob wir eine Regelung finden, die in solchen Fällen greift, etwa dort, wo ein bestimmter Wärmebedarf da ist – ich nenne etwa 80 oder 90 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr. Wir sollten schauen, ob wir hierfür eine Regelung finden, und dies auch in das vorliegende Gesetz integrieren.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen, und zwar die Frage, wie wir mit dem Thema „Altbauten und erneuerbare Wärmeenergie“ umgehen. Sie sagen jetzt: 10 % im Altbaubereich, und das Ganze tritt dann in Kraft, wenn die Heizung ausgetauscht wird. Das ist ja irgendwie nachvollziehbar. Aber ich sage Ihnen einmal Folgendes: Wenn Sie keine Frist setzen, dann wird der Bürger und die Bürgerin Normalverbraucher draußen sagen: „Na ja, die alte Öl- oder Gasheizung wird schon noch ein paar Jahre halten.“

(Abg. Thomas Knapp SPD: Die größten Dreckschleu- dern!)

Alle erforderlichen Investitionen werden weiterhin hinausgezögert, die größten Dreckschleudern werden weiterhin am Netz bleiben. Ich sage Ihnen: Damit ist dem Klimaschutz nicht geholfen. Ich glaube, es ist notwendig, hier einen Endpunkt festzulegen und ihn in diesem Gesetz zu verankern.

Noch einen weiteren Punkt möchte ich nennen, nämlich die Frage, wie wir mit den Themen Bioöl und Biogas umgehen. Sie sagen ja: „Jemand, der beispielsweise im Altbau einen Anteil von 10 % Bioöl einsetzt, der kann bei seiner bisher genutzten Ölheizung bleiben.“ Ich habe Ihren Gesetzentwurf aber immer so verstanden, dass Sie auch einen Technologiewechsel wollen und die Menschen zu den regenerativen Ener gien hinführen wollen. Dies wird jedoch nicht erreicht, wenn sie ihre alte Ölheizung behalten dürfen, sofern sie ein Gemisch mit einem Anteil von 10 % Bioöl einfüllen – immer vorausgesetzt, dies ist den ökologischen Anforderungen entsprechend erzeugt.

So gibt es also einige Punkte in diesem Gesetzentwurf, bei denen ich einfach darum bitten würde, diese im Zuge des weiteren Gesetzgebungsverfahrens, Herr Scheuermann, noch einmal zu diskutieren und uns zu bemühen, Lösungen hierfür zu finden. Dann steht einer einvernehmlichen Verabschiedung aus meiner Sicht nichts im Wege.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das war eine ganz gu- te Rede! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das lässt sich ja gut an!)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP/DVP-Fraktion unterstützt die Ziele des vorliegenden Gesetzentwurfs. Wir halten es für richtig, den Anteil der regenerativen Energien beim Gesamtwärmeverbrauch von Wohngebäuden zu erhöhen. BadenWürttemberg ist im Bundesvergleich in vielen Bereichen führend; vor allem nehmen wir Spitzenpositionen in Wirtschaft, Bildung und Tourismus ein. Diese Spitzenposition wollen wir auch im Umweltbereich einnehmen.

Bekanntlich hat die Bundesregierung bereits vor einigen Monaten einen entsprechenden Gesetzentwurf angekündigt; Konkretes ist bisher jedoch noch nicht entstanden. Es hatte ja schon mehrfach in der Debatte zur Diskussion gestanden, und auch am heutigen Tag gab es eine entsprechende dpa-Meldung. Herr Knapp hat diese Meldung ja zitiert. Aber was er nicht zitiert hat – und hier darf ich präzisieren –, war die Aussage von Herrn Friedrich, verhindert werden müssten u. a. die abenteuerlichen Bußgeldvorschriften, mit denen Wohnungseigentümer und Hausbesitzer durch das Wärme-Gesetz bedroht werden. Ich muss sagen: Das sehen wir auch so. Solch drakonische Bußgeldvorschriften sollten in einem Gesetz nun wirklich nicht auftauchen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Herr Scheuermann, wenn Sie sagen, es müsse wehtun, dann meinen wir dies mit Sicherheit nicht.

Wenn ich mir diesen Streit in Berlin anschaue, dann meine ich, dass wir gut beraten sind, dieses Gesetz möglichst rasch in Kraft zu setzen; denn offensichtlich können sich CDU/CSU und SPD in Berlin nicht einigen. Insofern ist es gut, wenn wir dieses Gesetz möglichst rasch machen und dabei auf Landesebene einen wesentlichen Schritt vorankommen. Das ist dann nicht nur ein Zwischenschritt oder ein Zwischenspurt, Herr Knapp, sondern damit kann man durchaus auch eine Bergwertung gewinnen. Ich persönlich kann mir, ehrlich gesagt, nur sehr schwer vorstellen, dass Herr Gabriel bei dieser Bergwertung mitkommt.

(Beifall und Heiterkeit bei der FDP/DVP – Abg. Tho- mas Knapp SPD: Der hat einen erneuerbaren Antrieb dabei!)

Den braucht er auch.

Bloße Absichtserklärungen sind uns zu wenig. Die Bundesregierung ist sich noch nicht einmal über die Grundsätze eines Gesetzentwurfs einig, und wir zeigen, was wir unter einer handlungsfähigen Regierungskoalition verstehen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir haben auch keine Sorge, dass unser Gesetzentwurf letztlich zu einer Konkurrenz des Bundesgesetzes wird. Denn damit tritt unsere Absicht zutage, einen zukunftweisenden Beitrag auch für die Meinungsbildung auf Bundesebene zu leis ten.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf macht nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Sinn. Die bisherigen Programme auf Bundes- und Landesebene haben vor allem dort gegriffen, wo es um bessere Wärmedämmung oder bessere Brennwerttechnik ging. Auch die Wirtschaft hat die Ener gieeinsparung als wesentlichen Kostenfaktor begriffen und in diesem Bereich in den letzten Jahren Vorbildliches geleistet. Da braucht es dann gar nicht wehzutun, Herr Scheuermann.

Wir konnten allerdings nur eine geringfügige Steigerung des Einsatzes regenerativer Energien im Wohnungsbau verzeichnen. Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass die Preise für Brennstoffe in den letzten Jahren drastisch erhöht wurden. Ein Ende dieser Entwicklung ist leider nicht absehbar.

Wir müssen auch unsere Abhängigkeit von Importen verringern. Vor diesem Hintergrund ist es ebenfalls notwendig, Ener gie einzusparen.

Jeder ökonomisch und ökologisch denkende Hausbesitzer kann sich also mit den Inhalten dieses Gesetzes sehr gut identifizieren. Die Vorgaben des Gesetzentwurfs sind so, dass wir ohne zusätzliche staatliche Förderprogramme oder Zuschüsse auskommen können. Wir produzieren ausdrücklich kein teures Gesetz, das Verbraucher und Wirtschaft neu belastet. Wir wollen gleichzeitig dem Bürger keinen unerträglich hohen bürokratischen Aufwand zumuten. Ich denke, dass das mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gelungen ist. Dies beweist auch – die Frau Ministerin hat es angesprochen – das überwiegend positive Ergebnis der Anhörung der Landesregierung.

Vier Punkte sind allerdings für die FDP/DVP-Landtagsfraktion von entscheidender Bedeutung.

Erstens: Bürger und Kommunen und auch Kirchen müssen gleichbehandelt werden. Die Nachweispflichten, die ursprüng lich nur für Bürger vorgesehen waren, müssen natürlich auch für Wohneigentum im Eigentum von Kirchen, Kommunen und des Landes gelten. Was der Staat vom Bürger verlangt, kann auch der Bürger vom Staat verlangen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Zweitens: Keine Zustimmung konnte die FDP/DVP-Landtagsfraktion der ursprünglichen Absicht der Regierung erteilen, den Baurechtsbehörden das Recht zu geben, zu Kontrollzwecken Privatwohnungen zu betreten.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist für uns ein hohes Gut. Bei der Einschränkung von Grundrechten muss der Gesetzgeber höchst zurückhaltend sein. Der Schutz des Klimas und die Freiheit des Einzelnen dürfen nicht zu Gegensätzen werden.

Drittens: Das Wärme-Gesetz soll die Bürger so wenig wie möglich belasten, vor allem nicht bürokratisch belasten. Es soll keine wirtschaftlich unerträglichen Auflagen im Sinne des Klimaschutzes vorschreiben.

Als letzter, aber wichtiger Punkt ist die Forderung unserer Umweltpolitiker zu nennen, für die die gesamte FDP/DVPFraktion einsteht: Wenn wir überzeugt sind, dass der Einsatz von regenerativen Energien vom Bürger verlangt werden kann, ist die logische Konsequenz, dass sich auch das Land im Bereich seiner Immobilien anschließt, und zwar aller Immobilien.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD – Abg. Thomas Knapp SPD: Da müssen wir klat- schen!)

Deshalb fordert die FDP/DVP-Landtagsfraktion die Landesregierung auf, neben Wohngebäuden auch Dienstgebäude im Landeseigentum zügig in den Geltungsbereich des vorliegenden Wärme-Gesetzes einzubeziehen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Franz Unter- steller GRÜNE – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wa- rum nicht gleich?)

Es mag sein, dass dieses Vorhaben – das ist der Grund, Herr Schmiedel – am Anfang den Landeshaushalt belastet. Auch darüber muss man reden. Die finanzielle Nachhaltigkeit ist ein zentrales landespolitisches Anliegen, über das man nicht einfach hinweggehen kann. Wir wollen aber nicht nur die finanzielle Nachhaltigkeit, sondern wir wollen auch ökologisch nachhaltig handeln.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Umweltausschuss zu überweisen. – Keine Gegenstimmen. Dann ist es so beschlossen.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 6, den wir noch vor der Mittagspause absolvieren:

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ohne Aus- sprache!)

Vereidigung eines Mitglieds des Staatsgerichtshofs