Protokoll der Sitzung vom 25.06.2008

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So ist es!)

und lassen Sie den Kaiser – in diesem Fall die Bundesregierung – dann auch tun, was seine Aufgabe ist.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig! So ist es!)

Übrigens wird der Bundessozialminister von der SPD gestellt. Bei ihm sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Ihre Energien einsetzen und Ihren Einfluss geltend machen, damit die Neuregelung zügig auf den Weg gebracht werden kann. Tun Sie also ruhig etwas – aber bitte an der richtigen Stelle.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig! Sehr gut!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Rastätter das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Krueger, ich will Ihnen gleich erklären, warum der vorliegende Antrag immer noch aktuell ist. Zunächst einmal möchte ich aber die aktuelle Situation hier in Baden-Württemberg schildern: Es gibt eine neue Auswertung des Statistischen Landesamts, die alarmierende Befunde zur Kinderarmut in Baden-Württemberg ergeben hat.

(Abg. Karl Klein CDU: Das muss man richtig le- sen!)

Es ist erschreckend, dass in unserem Bundesland, dem Bundesland mit der geringsten Arbeitslosigkeit – darüber wurde heute ja schon gesprochen –, mit einem Anteil von 17 % der Kinder bundesweit die höchste Kinderarmut besteht. Bei den Kindern von alleinerziehenden Müttern beträgt die Quote mittlerweile 45 %. Auch das ist die höchste Quote im bundesweiten Vergleich.

(Abg. Karl-Wolfgang Jägel CDU: Auf welcher Ba- sis?)

Dass es uns nicht ruhen lassen darf, wenn wir in einem reichen Bundesland die höchste Kinderarmut haben, dürfte doch wohl Konsens in diesem Hause sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Kinderarmut ist aber auch immer Bildungsarmut. Deshalb müssen die Kinder aus der Bildungsfalle herausgeholt werden.

Nun komme ich zu den erwähnten Anträgen. Es ist richtig, Frau Kollegin Krueger, dass am 23. Mai 2008 vom Bundesrat einstimmig ein Entschließungsantrag verabschiedet wurde, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Regelsätze nach Hartz IV für Kinder neu zu berechnen, entsprechend dem entwicklungsbedingten Bedarf von Kindern

(Abg. Andrea Krueger CDU: Eben!)

und nicht mehr abgeleitet vom Bedarf eines Erwachsenen. Aber es handelt sich hier lediglich um eine Aufforderung. Ich hätte mir gewünscht, dass Baden-Württemberg als das „Kinderland“ – so definieren Sie sich ja auch – eine Gesetzesinitiative vorgeschlagen hätte. Die hätte wenigstens Aussicht gehabt, in absehbarer Zeit im Bundestag behandelt zu werden. Nicht umsonst hat deshalb der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisiert, dass es sich lediglich um einen Entschließungsantrag handelt, der sehr schnell wieder in den Schubladen verschwinden kann. Hier steht das „Kinderland“ Baden-Würt temberg in einer besonderen Pflicht. Hier ist meiner Meinung nach nicht die Möglichkeit ausgeschöpft worden, die BadenWürttemberg als Bundesland gehabt hätte.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wer kriegt denn das Geld? Das kriegen die Eltern!)

Nun zu dem Antrag, die Beschaffung besonderer Schullernmittel finanziell zu unterstützen. Klar ist, dass wir, solange die se Hartz-IV-Sätze nicht entsprechend dem Bedarf erhöht werden – das scheint in absehbarer Zeit nicht zu passieren; bis jetzt hat sich auf Bundesebene noch nichts getan –, in BadenWürttemberg Sofortmaßnahmen brauchen. Ein Antrag hierzu wurde vor wenigen Monaten hier im Landtag behandelt. Das war der Antrag, mit dem wir – die Grünen, aber auch die SPD – gefordert haben, einen Sozialfonds zur Bezuschussung des Schulmittagessens für arme Kinder einzurichten. Und auch das haben Sie, die Sie sich ja als Vertreter des „Kinderlands“ Baden-Württemberg definieren, abgelehnt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sozialstaat!)

Wir fordern Sie deshalb auf: Solange auf Bundesebene nichts passiert, handeln Sie wenigstens hier in Baden-Württemberg, hier in diesem Landtag.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Bachmann?

Bitte schön.

Bitte schön, Herr Abg. Bachmann.

Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass die von Ihnen kritisierten Sätze noch aus der Zeit der grün-roten Bundesregierung stammen?

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Aha! – Zuruf der Abg. Ute Vogt SPD)

Herr Kollege Bachmann, ich kann die Gegenfrage stellen: Ist Ihnen bekannt, dass wir seither mehrfach die Anpassung der Regelsätze gefordert haben, was aber jeweils von Ihnen bzw. der CDU abgelehnt worden ist?

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Können Sie einmal konkrete Zahlen nennen? Nennen Sie einmal kon- krete Zahlen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gleiche, was bei den Sozialfonds für das Schulmittagessen passiert, dass nämlich

die Kommunen in Vorleistung gehen und die Kommunen überall einen Sozialfonds für Schulmittagessen einrichten, passiert inzwischen auch bei den Lernmitteln. So hat gerade der Gemeinderat der Stadt Karlsruhe mehrheitlich beschlossen, einen Fonds für die Bezuschussung von Lernmitteln für arme Kinder einzurichten. Auch hier sehe ich das Land Baden-Württemberg in der Pflicht, sich zumindest im Bundesrat nachhaltig und deutlich dafür einzusetzen, dass schneller gehandelt wird.

Der Gesetzentwurf des Landes Rheinland-Pfalz ist an die Ausschüsse verwiesen worden. Das heißt, Sie haben jetzt auf Bundesebene die Gelegenheit, in der CDU-Bundestagsfraktion und bei der Bundesregierung sowie im Bundesrat Druck zu machen, dass, wenn es schon nur ein Entschließungsantrag ist, unverzüglich gehandelt und der Versuch unternommen wird, eine Gesetzesinitiative zu ergreifen.

Wir können nicht mehr akzeptieren, dass in Deutschland, dass in Baden-Württemberg arme Kinder nicht am Schulmittagessen teilnehmen können,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Nennen Sie doch konkrete Zahlen, und reden Sie nicht um den heißen Brei herum!)

dass sie im Vergleich zu den Kindern in der Schule, die neben ihnen sitzen, nicht ausreichend mit Material ausgestattet sind und dass sie auch nicht über das sozial-kulturelle Existenzminimum verfügen, das sie für eine chancengerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben brauchen. Deshalb: Handeln Sie, und wiegeln Sie heute nicht ab!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Für die FDP/DVPFraktion erteile ich Frau Abg. Dr. Arnold das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich ganz kurz fassen. Inhaltlich sind wir uns alle einig. Wir brauchen eine Berücksichtigung des kinderspezifischen Bedarfs bei den Regelleistungen nach SGB II und SGB XII.

Frau Kollegin Krueger hat eben in einer ausgezeichneten Rede den Sachstand ausführlich dargelegt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen bis auf den nochmaligen Hinweis, dass die Abstimmung einstimmig erfolgt ist, dass also das Land BadenWürttemberg hinter diesem Entschließungsantrag steht und – davon gehe ich aus – auch weitere Schritte unternehmen wird, dass er auf Bundesebene umgesetzt wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatssekretär Hillebrand das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befassen uns heute mit einem Antrag der SPD

Fraktion vom Oktober letzten Jahres, der das Abstimmungsverhalten der Landesregierung zu der rheinland-pfälzischen Bundesratsinitiative zum Schulmittelbedarf zum Gegenstand hatte.

Dies war seinerzeit nicht spruchreif, denn der Antrag und weitere Länderinitiativen zum Thema „Regelleistungen und Finanzierung des Schulbedarfs“ waren vertagt worden. In den Bundesratsausschüssen bestand weiterer Beratungsbedarf.

Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, kurz auf den Inhalt der rheinland-pfälzischen Gesetzesinitiative eingehen. Diese sieht für die Beschaffung von besonderen Lernmitteln zweimal jährlich einmalige Leistungen in Höhe von 20 % der Regelleistungen nach SGB II und SGB XII vor.

Die Regelleistungen werden – ich denke, das hat sich schon herumgesprochen – zum 1. Juli 2008 um 1,1 % entsprechend der Steigerung der Renten erhöht. Die einmaligen Leistungen für die unter 14-jährigen Schüler würden daher nach der rheinland-pfälzischen Vorlage ab dem 1. Juli 2008 84 € im Jahr und für die 14-jährigen und älteren Schüler 112 € im Jahr betragen.

Wie Rheinland-Pfalz nun gerade auf zweimal 20 % der Regelleistungen für den Lernmittelbedarf kommt, erschließt sich uns und übrigens auch den politisch Verantwortlichen in den anderen Ländern überhaupt nicht.

Es ist jetzt gerade drei Wochen her, Frau Rastätter, dass wir uns mit einem anderen Aspekt des Themas, nämlich mit dem Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/1956, befasst haben. Die Landesregierung wird darin aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zur Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder einzubringen. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Kollegin Krueger hat bereits darauf hingewiesen: Die 84. Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat schon im November 2007 das Thema Kinderarmut aufgegriffen und einstimmig den Beschluss gefasst, dass die Regelleistungen für Kinder neu zu bemessen seien. Als Grundlage dafür soll eine spezielle Erfassung des Kinderbedarfs vorgesehen werden.

Auf dieser Grundlage hat der Bundesrat am 23. Mai dieses Jahres, also vor knapp einem Monat, einstimmig – mit der Stimme Baden-Württembergs, mit den Stimmen der A-Länder – einen Entschließungsantrag verabschiedet, den die Kollegin Krueger dankenswerterweise auch schon in vollem Umfang zitiert hat. Mit Blick auf das Anliegen des Kollegen Sakellariou, das Fußballspiel heute Abend anschauen zu können, möchte ich die vier Punkte, die dabei verabschiedet wurden, nicht noch einmal vorlesen.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Sehr gut!)

Der spezifische Punkt, die Beschaffung von besonderen Lernmitteln, ist in diesem Antrag enthalten, und die Bundesregierung wird damit einstimmig aufgefordert, bis Ende dieses Jahres einen entsprechenden Reformentwurf vorzulegen. Damit, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wird, denke ich, ein Weg aufgezeigt, wie in Zukunft der Bedarf an besonderen Lernmitteln für Schüler und Schülerinnen aus finanziell benachteilig ten Familien gedeckt werden könnte.