Die Antwort zu dem ersten Teil der Anfrage ergibt sich sehr schnell aus dem, was bisher geschehen ist. Sie haben gemerkt: Wir wollen die Bildungsoffensive aus Steuermehreinnahmen des Jahres 2008 finanzieren. Wir haben eine Steuerschätzung vom Juni/Juli zugrunde gelegt. Die abschließende Betrachtung erfolgt zum Ende dieses Jahres. Im Übrigen wird das Ganze als eine zweckgebundene Rücklage finanziert. Dieser finanzielle Aufwand ist also ein Paket, das feststehen muss und das in dieser Weise auch finanziell seinen Abschluss gefunden hat.
Etwas anderes ist jetzt eine Äußerung im „Focus“, die viele nicht gelesen haben, die aber noch sehr viel mehr Leute dann kommentiert haben.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Genau ge- lesen! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber sie haben es nicht verstanden! – Abg. Gus tav-Adolf Haas SPD: Aber sie stimmt!)
Das Entscheidende ist, dass wir hier in die Frage hineingestoßen werden: Was ist nachhaltige Finanzpolitik? Wir haben gemeinsam das Ziel, keine neuen Schulden mehr zu machen. Wir sehen Landeshaushalte in Deutschland, die nach wie vor strukturelle Defizite haben. Wir müssen – das ist Auftrag für die politische Gestaltung auch in der Zukunft – Prioritäten setzen, Vorrang bilden und uns demzufolge über Nachrang unterhalten.
In diesem Haus ist wirklich unbestritten, dass die Themen Bildung und Forschung für den Standort Baden-Württemberg im Hinblick auf die Herausforderungen der Globalisierung absoluten Vorrang haben müssen.
Nun könnte man sagen – ohne damit eine Finanzverantwortung zu verbinden –: Das muss geschehen, egal, was es kos tet. Das kann man nicht tun, wenn man verantwortlich handelt. Man muss dies also im Lichte der Haushaltssituation sehen, die im Übrigen durch viele andere Faktoren angespannt ist. Ich habe gerade gestern veröffentlichen können, dass wir den Pensionsfonds eingerichtet bzw. die Gelder dafür zurückgelegt haben. Damit ist immer wieder der Hinweis auf die vielen Unwägbarkeiten verbunden, die einer solchen Finanzpolitik zugrunde gelegt sind, insbesondere auch im Hinblick auf den Konjunkturverlauf. Das muss man sehen.
Ich bin der tiefen Überzeugung, dass wir eine Finanzpolitik mit diesen Eckdaten künftig nur bestreiten können, wenn wir das, was wir zusätzlich einnehmen – in diesem Jahr gab es Gott sei Dank mehr –, sinnvoll ausgeben. Ich bin aber ganz sicher, dass wir uns in der Zukunft noch mehr auch darüber unterhalten müssen, was vielleicht nachrangig werden soll oder was neu justiert werden muss, wenn es um Programme geht.
Meine Aussage war einfach noch einmal ein Appell, darüber nachzudenken, ob wir nach diesen vielen Jahren der bisher gewohnten Stationierung und Dorfentwicklung – Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum – die dort bisher genannten Ziele noch mehr mit dem Schwerpunkt „Bildung, Fortbildung und Forschungseinrichtungen“ unterlegen. Ich habe ausdrücklich angefügt: Damit soll den Gemeinden und Städten kein Geld weggenommen werden. Es ist letztlich eine Sache des Parlaments, eine Sache des Souveräns, der einen Haushalt verabschiedet, wo wir die Schwerpunkte setzen.
Dieser Gedanke trifft überhaupt nicht diejenigen, die nicht an Forschungs- oder Bildungseinrichtungen beteiligt sind. Aber es gibt sicherlich da und dort Städte, die vom Land viel Geld für den Forschungsbereich, aber auch für den außeruniversitären Forschungsbereich brauchen. Da haben wir konkrete Anforderungen. Da ist in der Tat die Frage, ob ein solcher Finanzrahmen, der u. a. auch Städte betrifft, die kaum noch Schulden haben, die finanziell vor Kraft nicht mehr laufen können, in der weiteren Zukunft nicht tatsächlich auch einmal mit gleichzeitig bestehenden berechtigten Forderungen auf Investitionen, z. B. Forschungsvorhaben im Schul- oder außer universitären Forschungsbereich, bestückt werden muss.
Darüber zu diskutieren ist legitim. Sie glauben gar nicht, wie viele reflexartige Warnungen und Empörungen per Brief gekommen sind. Viele haben aber auch gesagt: Es lohnt sich der Schweiß der Edlen, darüber nachzudenken. Glauben Sie mir:
Jemand, der lange Zeit Minister für den ländlichen Raum war, wird überhaupt nicht, nicht einmal im Ansatz,
dem ländlichen Raum etwas wegnehmen wollen, was dieser weiterhin für seine Strukturentwicklung braucht.
Wenn wir in der politischen Gestaltung nicht mehr die Kraft aufbringen, über das nachzudenken, was in festen Gleisen über Jahre hinweg erfolgreich geführt wurde, dann haben wir unsere Verantwortung im Blick auf das, was immer wieder neue Herausforderungen sind, nicht ganz erkannt.
In diese Richtung ging dieser Denkanstoß. Denkanstöße sind keine konkrete Politik. Denkanstöße sind im Grunde genommen interessante Hinweise auf Diskussionsbedarf.
Darf ich das so verstehen – sonst bekommen wir nämlich jetzt eine Menge Zwischenfragen, Herr Minister –, dass Ihre Antwort auf die Frage unter a Nein lautet und auf die Frage unter b ebenfalls Nein lautet?
Wenn ich dem Kollegen so einfach antworten würde, wäre er mit meiner Antwort sicher nicht zufrieden.
(Abg. Martin Rivoir SPD: Er ist der Einzige mit ei- ner weißen Weste! – Gegenruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Stimmt nicht! Ich habe auch ei- ne weiße Weste an! – Heiterkeit)
Herr Minister, Sie sind sicher mit mir der Auffassung, dass die Städtebauförderung in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren ein Erfolgsmodell war.
Können Sie verstehen, dass die Leute, die heute noch auf dem Weg sind, die Städtebauförderung in Baden-Württemberg – speziell im Bereich des Wohnungsbaus – effektiv umzusetzen, erschrocken sind, weil das nicht irgendjemand, sondern der Finanzminister gesagt hat? Können Sie verstehen, dass man, wenn der Finanzminister mit dem ganzen Gewicht seiner Person eine solche Botschaft verkündet,
(Heiterkeit – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wie viel Kilo wiegt er denn? – Zurufe der Abg. Helmut Walter Rüeck und Dr. Stefan Scheffold CDU)
Herr Minister, ich frage Sie jetzt: Was ist denn dran? Muss man davon ausgehen, dass bei den nächsten Haushaltsplänen im Bereich des Städtebaus, im Bereich der Städtebauförderung, im Bereich des Mietwohnungsbaus und im Bereich des Eigentumswohnungsbaus Abstriche gemacht werden, ja oder nein?
Lieber Kollege, erschrocken mögen sie sein, aber die Schreckhaftigkeit ist bei den Menschen sehr unterschiedlich ausgebildet. Diejenigen, die mir diese Briefe geschrieben haben, waren sicher nicht erschrocken, sondern es ging darum – –
Das ist ja noch schlimmer, wenn man in der Politik nicht einmal mehr Denken erlaubt und Denkanstöße gleich mit Schrecken und Entsetzen aufnimmt.
Das ist eine intellektuelle Starrheit, die Politik nicht mehr verträgt. Das muss ich auch einmal sagen.
Zunächst einmal sind der Haushaltsansatz und die abschließende Entscheidung darüber eine Sache des Parlaments. Der Souverän entscheidet über den Haushalt und weitgehend auch über die Inhalte. Wenn etwas etatisiert wird, sind das grundinhaltliche Vorgaben, die im Parlament gemacht werden. Aber die Inhalte zu überdenken, ohne den Betroffenen etwas wegzunehmen – damit ist sicher der Schrecken schon genommen –, ist ein löblicher Ansatz.
Im Übrigen warne ich allerdings davor, jetzt so zu tun, als ob alle unsere jetzt vorgegebenen Ansätze im Etat in alle Ewigkeit so gehalten werden könnten. Das gilt für alles, was da steht. Es steht eindeutig unter der Vorgabe: keine Verschuldung, und es steht unter der Vorgabe, auch in Zukunft handlungsfähig bleiben zu müssen.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE zu Abg. Alfred Wink- ler SPD: Weißt du eigentlich, dass heute der letzte Parlamentstag ist? – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Zusatzfrage wird nicht gestattet!)
frage ich Sie: Ist Ihr Denkanstoß so gedacht, dass das, was Sie angestoßen haben, in der Zukunft doch eintreten könnte, nämlich dass die konstanten Mehrausgaben in der Bildungspolitik dann doch irgendwann einmal aus dem von Ihnen vorgesehenen Bereich kommen könnten oder müssten, sodass Ihr Denkanstoß doch anstößig werden könnte?