Protokoll der Sitzung vom 24.07.2008

Die Strategische Umweltprüfung kommt auch den Unternehmen zugute. Denn die frühzeitige Berücksichtigung von Umweltbelangen schafft mehr Planungssicherheit als Grundlage von entsprechenden Investitionsentscheidungen. Da bereits vor Aufstellung der Pläne durch die Besprechungen auf der Planungsebene viele Umweltaspekte vorab geklärt werden, sind diese dann später, wenn es um die Zulassung konkreter Projekte geht, abgearbeitet, das heißt in der Aufstellung der Pläne berücksichtigt und deswegen im Konkreten dann deutlich einfacher umzusetzen. Diese frühzeitige Abschichtung von Umweltbelangen führt zu einer Verfahrensbeschleunigung bei den konkreten Projekten.

Praktische Bedeutung hat der vorliegende Gesetzentwurf in Baden-Württemberg bei Nahverkehrsplänen und bei wasserwirtschaftlichen Maßnahmenprogrammen.

In den übrigen Bereichen ist die Umsetzung bereits bundesrechtlich sowie im Naturschutzgesetz des Landes BadenWürttemberg erfolgt. Für den Bereich der Raumordnung soll die Strategische Umweltprüfung im Landesplanungsgesetz geregelt werden, das gestern in erster Lesung behandelt wurde.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Deswegen dürfen Sie nichts dazu sagen!)

Auch die Umsetzung der Richtlinie zur Öffentlichkeitsbeteiligung möchte ich Ihnen kurz erläutern. Zur Umsetzung dieser Richtlinie sieht der Entwurf eine Ergänzung der vorhandenen UVP-Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung vor. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie wird ein Katalog der Informationen, die der Öffentlichkeit bereits bei der Bekanntmachung des Vorhabens, also zu Beginn des Beteiligungsverfahrens, zwingend mitgeteilt werden, eingeführt.

Außerdem werden die Bestimmungen über die grenzüberschreitende Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung um ei

ne Regelung zur Übermittlung der Zulassungsbescheide ergänzt. Also: frühzeitige Einbeziehung, frühzeitige Bekanntmachung dessen, was zu berücksichtigen ist – andererseits aber eben auch ganz bewusst grenzüberschreitend.

Im Vordergrund stand für mich, einen möglichst einfachen Gesetzesvollzug sicherzustellen. Der Gesetzentwurf hört sich jetzt nicht so einfach an. Aber nachher ist dann die Frage: Wie sieht es in der konkreten Praxis aus? Deshalb wird, wie auch zur Umsetzung der eingangs genannten Richtlinie zur Strategischen Umweltprüfung, auf die einschlägigen Vorschriften im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung des Bundes verwiesen, um hier nicht noch einmal weitere Regelungen zu treffen.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das ist mir alles zu kompliziert!)

Der Ombudsmann für Bürokratieabbau hat diese schlanke Regelung ausdrücklich begrüßt.

Mit dem Gesetzentwurf wird zugleich einer Beanstandung der Europäischen Kommission zur Umsetzung der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung Rechnung getragen. Die Änderungen sind geringfügig und betreffen einen wenig praxisrelevanten Schwellenwert bei kleineren Wasseraufstauungen und den Ablauf des Verwaltungsverfahrens bei der Umweltverträglichkeitsprüfung.

Neben der Richtlinienumsetzung dient der Gesetzentwurf der Anpassung des Landesgesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung an inzwischen geänderte wasser- und naturschutzrechtliche Regelungen. Der Entwurf sieht eine Anzeigepflicht bei Erdarbeiten und Bohrungen vor, um Schädigungen des Grundwassers zu verhindern.

Schließlich wird für die Gemeinden eine sichere Rechtsgrundlage zur Überwachung und Durchsetzung wasserrechtlicher Satzungen in den Bereichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung geschaffen. Diese Regelungen sollen rechtliche Unsicherheiten beseitigen, die infolge eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg entstanden waren. Die Zuständigkeit der Gemeinden dient einem schlanken kommunalen Verwaltungsvollzug.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man drei Richtlinien auf einmal bzw. zwei Richtlinien und eine entsprechende Anmerkung der Kommission in einem Gesetz umsetzt, dann ist das Ergebnis nun einmal sehr trocken – wie so häufig, wenn es um Verwaltungsverfahren geht. Nichtsdestotrotz ist es die Aufgabe auch dieses Hauses, sich damit zu beschäftigen. Uns ist es wichtig, dass wir hier die Richtlinien 1 : 1 umgesetzt haben, weil wir damit auch hoffen, dass die weitere Verbesserung des Systems der Umweltprüfungen eine spürbare qualitative Verbesserung auch der umweltrelevanten Entscheidungen nach sich zieht. Die ersten Erfahrungen aus der praktischen Anwendung der Richtlinien zeigen, dass die Qualität der Entscheidungsprozesse tatsächlich verbessert wird und dass man Umweltbelange stärker und auch bewusster einfließen lässt. Das muss letzten Endes auch unsere Zielsetzung sein.

In diesem Sinn herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Scheuermann das Wort.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Das ist gut! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Scheuermann, geh du voran!)

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Was soll ein Abgeordneter einer der Regierungsfraktionen zu diesem Tagesordnungspunkt noch sagen, wenn unsere zuständige Ministerin den Inhalt des Gesetzentwurfs bereits ausführlich dargestellt hat? Was soll ein Abgeordneter einer Regierungsfraktion in diesem Haus überhaupt dazu sagen,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Am besten gar nichts!)

wenn dieses Gesetz ein Zwang ist, weil wir einfach verpflichtet sind, die entsprechenden Richtlinien der Europäischen Union umzusetzen? Ich kann die Regierung immerhin loben, dass sie der Versuchung widerstanden hat, zusätzlich zur 1:1-Umsetzung noch eigene Vorstellungen verwirklichen zu wollen. Das ist nicht geschehen. Damit wird auch eine ausdrückliche Forderung der CDU-Fraktion erfüllt. Wir sagen nämlich immer wieder: Wenn es um die Umsetzung von EU-Richtlinien geht, dann legen wir Wert darauf, dass dies eine 1:1-Umsetzung ist.

Eine dritte Bemerkung: Das Einzige, was wir von uns aus in diesen Gesetzentwurf geschrieben haben, sind die wenigen eher förmlichen Vorschriften zur Umsetzung und Ausführung unseres Wassergesetzes. Auch die tragen wir mit, weil wir sie für vernünftig halten.

Damit Sie von mir hier aber nicht nur Lobhudeleien hören, sage ich, Frau Ministerin: Wenn man den Gesetzentwurf ohne Begründung zur Hand nimmt, bekommt man wirklich den Eindruck, dass es für das Verständnis nichts Komplizierteres gibt.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wer hat denn den geschrieben?)

Wenn ein normaler Bürger sagt: „Das habt ihr von der Europäischen Union!“, dann weiß ich gar nicht, was man ihm antworten soll. Die „Heiligkeit“ dieses Ortes verbietet mir, zu sagen, was ich hierzu denke.

Letzter Satz: Wir stimmen der Überweisung des Gesetzentwurfs zur weiteren Beratung an den Umweltausschuss natürlich zu,

(Abg. Johannes Stober SPD: Der wird sogar auch im Wirtschaftsausschuss beraten!)

und ich bin mir fast sicher, dass der Entwurf von dort so zurückkommt, wie er hineingegangen ist. Das liegt in der Natur der Sache.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dieter Ehret FDP/ DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Kaufmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es hier mit der Umsetzung von mehreren EU-Richtlinien zu tun; das wurde schon dargestellt. Ich darf für unsere Fraktion feststellen: Wir unterstützen die Zielsetzung dieser Richtlinie ausdrücklich. Es ist eine gute EU-Richtlinie, denn sie sorgt dafür, dass Programme und Pläne schon im Vorfeld auf ihre Umweltverträglichkeit hin geprüft werden, dass die Umweltbelange dargestellt werden, dass ein entsprechender Umweltbericht erstellt wird und dass die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erst im Stadium der Realisierung von Projekten beginnt. Mit der Zielsetzung gehen wir konform.

Auch die EU-Richtlinie zur Beteiligung der Öffentlichkeit ist vernünftig. Das kann ein Mosaikstein zu einem modernen, auf aktive Bürgerinnen und Bürger ausgerichteten Umweltrecht sein.

Ich muss aber auch dazusagen, dass die Umsetzung sehr spät erfolgt. Die Umsetzung hätte bereits zum 21. Juli 2004 erfolgen sollen. Es ist jetzt nicht gerade ein Aushängeschild für die Umweltpolitik, wenn man einen entsprechenden Gesetzentwurf erst so spät vorlegt. Denn immerhin – das hatte ich ges tern schon gesagt – ist es auch denkbar, dass hier noch eine Vertragsstrafe für Nachzügler verhängt wird.

Diese Umsetzung der Richtlinie betrifft mehrere Gesetze. Es handelt sich um ein Artikelgesetz, das mehrere Rechtsgrundlagen hat. Es betrifft in erster Linie das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz. Aber es betrifft auch – das haben wir ges tern diskutiert – das Landesplanungsgesetz.

Beides ist im Kontext zu sehen. Deshalb haben wir gestern auch beantragt, dass die Umsetzung im Rahmen des Landesplanungsrechts im Umweltausschuss mitberaten wird. Was uns die anwesenden Abgeordneten der Regierungsfraktionen da allerdings geboten haben, war das kleinste Karo, das es nur gibt. Das war die Missachtung aller parlamentarischen Gepflogenheiten. Wenn eine Fraktion beantragt, ein Thema, das originär mit Umweltfragen zu tun hat, in dem entsprechenden Ausschuss zu beraten, und dann diesem Antrag nicht stattgegeben wird, so habe ich dafür kein Verständnis. Da kann ich nur den Kopf schütteln.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Bernd Murschel GRÜNE)

Ich denke, dass diejenigen, die hier die Zustimmung verweigert haben – insbesondere von der FDP/DVP wurde das ja beantragt –, sich gefürchtet haben, dass vielleicht zu viel Umweltkompetenz bei diesem Thema eine Rolle spielen könnte, weil mit der Anpassung des Landesplanungsgesetzes auch eine andere inhaltliche Änderung verbunden war, nämlich das Thema „Einschränkung des Flächenverbrauchs“. Nun hat sich ja gerade der Umweltausschuss sehr intensiv mit dem Thema Flächenverbrauch beschäftigt. Er hat umfangreiche Anhörungen dazu durchgeführt. Es gibt sogar einen gemeinsamen Antrag von CDU, SPD und Grünen dazu. Deswegen ist es absolut unverständlich, dass man dieses Thema dem Umweltausschuss verweigert. Wir werden Mittel und Wege finden, das trotzdem dort zu beraten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Winfried Scheuermann CDU: Da dürfen Sie mit unserer Un- terstützung rechnen!)

Das freut mich. Ich habe das auch von vornherein vermutet, Herr Scheuermann, weil Ihr Koalitionspartner mit diesem Gesetzentwurf das Ziel des Ministerpräsidenten genau konterkariert. Das, was als Nettonull im Flächenverbrauch in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten am 21. Juni 2006 angekündigt war, wird hier vom FDP/DVP-Minister glatt unterlaufen. Denn das, was jetzt im Gesetz steht, ist reine Lyrik, ohne quantitative Restriktionsziele, ohne Fristsetzung, ist reine Unverbindlichkeit, und das kann es nach den Beratungen, die wir im Umweltausschuss geführt haben, nicht sein.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf ist uns am 16. Juli zugegangen. Es ist wirklich – das hat mein Vorredner schon gesagt – ein sehr komplexes Thema, auch was die Rechtstechnik betrifft. Insoweit werden wir die anstehende Zeit bis zur zweiten Lesung insbesondere dazu nutzen, uns mit den Details vertraut zu machen. Es geht ja auch um die Ergebnisse aus den Anhörungen, die zu berücksichtigen sind, z. B. um die Frage, inwieweit tatsächlich eine 1:1-Umsetzung erfolgt ist. Das wird ja zum Teil bestritten. Die Frage ist auch, inwieweit Erweiterungen bei bestimmten Vorhaben – ich denke beispielsweise an den Generalverkehrsplan – oder die Zielabweichungsverfahren im Rahmen der Raumordnung und ähnliche Vorhaben nicht ebenfalls in diesem Gesetz berücksichtigt werden sollten.

Ich denke, es kommt in erster Linie darauf an, dem Geist der EU-Verordnung hier Rechnung zu tragen und das einzubringen, was vernünftig ist, was vernünftigerweise auch einer strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung zugeführt werden sollte.

Ich sehe, dass meine Redezeit zu Ende ist. Wir werden von unserer Seite sicher mit konstruktiven Beiträgen an der weiteren Beratung teilnehmen. Ich hoffe, dass es ein Ergebnis geben wird, dem man dann mit gutem Gewissen zustimmen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Dr. Murschel das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Scheuermann, Sie haben vorhin gefragt: Was soll ein Vertreter der Regierungsfraktionen sagen, wenn die eigene Ministerin schon alles treffend vorgetragen hat? Ich könnte das jetzt natürlich auch auf mich münzen und fragen: Was soll eigentlich ein Vertreter einer Oppositionsfraktion sagen, wenn der Vorredner im Prinzip auch schon alles gesagt hat?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Einfach auf- hören! – Demonstrativer Beifall – Zurufe)

Ich wollte diese Reaktion natürlich provozieren. Das ist mir klar. Ich werde dieser Forderung ein Stück weit nachkommen und tatsächlich auf Wiederholungen dessen, was schon gesagt wurde, verzichten.

Ich hätte selbst auch einige Ausführungen zu der verspäteten Umsetzung des Gesetzes machen wollen, aber das will ich

jetzt nicht bringen. Ich will nur auf die zentralen Aspekte und Forderungen eingehen, die uns wichtig sind.

Es ist angeklungen, dass diese UVP, die Strategische Umweltprüfung, im Grunde genommen ein unverständliches Monster darstellt, dass sie kaum verständlich und für den Bürger eigentlich gar nicht lesbar ist. Das ist natürlich völlig richtig. Aber viele Gesetze haben es an sich, dass sie kaum verständlich sind. Die Zielgruppe ist sicherlich auch nicht der Bürger, der dieses Werk als Lektüre nehmen soll, um zu verstehen, was sich in der Umweltpolitik tut, sondern das Gesetz ist eine Art Handlungsanleitung, ein Maßstab, eine Leitlinie für Planer und Planungsbüros, damit man strukturiert an Umweltthemen arbeiten kann und Programme und damit auch Vorhaben beurteilen und bewerten kann.