Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der ländliche Raum ist hoffentlich nicht nur für unsere Fraktion ein wichtiger Raum mit großer Bedeutung. Das zeigt auch unsere Große Anfrage, die sehr ausführlich beantwortet worden ist. Sie zeigt auch die unterschiedlichen Schwerpunkte, die wir im ländlichen Raum legen.
Über allem im ländlichen Raum stehen natürlich der neu geschaffene Kabinettsausschuss Ländlicher Raum und auch unser Arbeitskreis V der CDU-Landtagsfraktion, in dem wir uns mit verschiedensten Ansätzen befassen. Das fängt an mit der ärztlichen Versorgung, geht über die Breitbandverkabelung bis hin zu den Verkehrswegen. Ich glaube, wir sind in vielen Bereichen Vorreiter bei diesen Themen.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ihr dürft nicht nur schwätzen, sondern müsst es auch machen! – Gegen- ruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt hören Sie doch einmal zu, Frau Haußmann!)
Keine Frage, dass für uns natürlich auch im Vordergrund steht, die Entwicklung unseres Landes in allen Landesteilen gleich voranzubringen und damit, liebe Frau Kollegin, auch im ländlichen Raum, für den Sie sicherlich auch eintreten. Wir können das an vielen Fortschritten sehen, die wir in den letzten Jahren erzielt haben.
Aus meiner Sicht exemplarisch ein paar Punkte. Das Thema Breitband möchte ich etwas später behandeln.
Ohne den ländlichen Raum wären die Ballungsbereiche und die Metropolregionen in der Zusammensetzung, in der sie sich heute befinden, sicherlich nicht denkbar. Oberstes Ziel für uns ist die Sicherung der Mobilität der Menschen auf Dauer auch im ländlichen Raum, und ein besonderes Augenmerk liegt für uns auf der Anbindung des ländlichen Raums an das überregionale Verkehrsnetz. Wir müssen uns – das haben wir heute Morgen gehört – natürlich finanziell nach der Decke strecken. Trotzdem hat das Land Baden-Württemberg das Impulsprogramm für Landesstraßen mit 60 Millionen € auf den Weg gebracht.
Ich glaube, wir sind im ländlichen Raum beim ÖPNV sehr gut aufgestellt. Wir fordern natürlich auch die Grundversorgung bei den Städten und Gemeinden im ländlichen Raum ein und schaffen darüber hinaus Anreize in Bezug auf Fördermöglichkeiten. Unser besonderes Zugpferd und eine Erfolgsgeschichte ist das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum, mit dem wir seit 1995 sehr viel auf den Weg gebracht haben: 880 Millionen € Förderung, die 6,5 Milliarden € Investitionen ausgelöst und zur Schaffung von 125 000 neuen Arbeitsplätzen beigetragen haben; um nur ein paar Zahlen zu nennen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Eine Erfolgsstory sonderglei- chen!)
Wir haben im ELR, meine Damen und Herren, auch das Thema „Grundversorgung mit Waren und Dienstleistungen“ aufgenommen. Über das ELR machen wir auch die LEADERFörderung für die Grundversorgung. Ich darf, Herr Kollege Bullinger, das Thema „Städtebauförderung, Landesentwicklungsplan, Regionalplanung“ erwähnen, wo wir einiges tun.
Ziel unserer Politik wird es auch sein, eine erfolgreiche Zukunft für den ländlichen Raum sicherzustellen. Ich darf nur noch einmal auf den Kabinettsausschuss Ländlicher Raum hinweisen. Dieser Ausschuss befasst sich vor allem mit Hauptthemen – z. B. Verkehrsanbindung, öffentlicher Personennahverkehr, neue Medien, ortsnahe Schulen, medizinische Versorgung – und zeigt auch Lösungsansätze auf. Es muss aber auch die Attraktivität des ländlichen Raums durch ortsnahe Schulen gewährleistet sein, ortsnahe Schulen aller Art. Wir wissen, wie identitätsstiftend Schulen vor Ort sind. Dafür müssen wir uns auch in der Zukunft einsetzen.
Auch lange Wege in die Mittel- und Oberzentren sind für ältere und nicht mehr so mobile Menschen ein Problem. Es darf im ländlichen Raum keine Zweiklassenmedizin geben. Deshalb ist unsere Forderung ganz eindeutig: maximal 20 Minuten zum nächsten Krankenhaus. Auch dafür wird sich unser Minister Peter Hauk, den ich jetzt auch hier begrüßen darf,
Wir im ländlichen Raum sind sehr stark aufgestellt, Herr Minister. Das wissen wir beide. Aufgrund unserer vielfältigen Siedlungsstrukturen, der Kultur- und Naturlandschaften, des hohen Freizeit- und Erholungswerts und vor allem einer intakten Landwirtschaft können wir sagen: Der ländliche Raum in Baden-Württemberg ist nicht wegzudenken. Wir brauchen ihn.
Mit einem sehr hohen bürgerlichen Engagement und der Bereitschaft zum bürgerlichen Engagement zeichnet sich unser
ländlicher Raum im Besonderen aus, auch durch qualifizierte Arbeitsplätze und durch eine niedrige Arbeitslosenquote.
Für die Zukunft haben wir noch einige wichtige Themen weiter auf der Tagesordnung: ELR, Fortführung des MEKA-Programms, Förderung von Existenzgründungen. Wir möchten wie bisher im europäischen Raum einen Spitzenplatz in diesem Bereich einnehmen und fordern von den Städten und Gemeinden natürlich ein, dass auch interkommunale Zusammenarbeit in allen Bereichen im ländlichen Raum stattfindet.
Speziell bei interkommunalen Zusammenarbeiten werden wir vonseiten der die Regierung tragenden Landtagsfraktionen auch weiterhin dem ländlichen Raum volle Unterstützung geben. Aber auch dies ist eine Bringschuld, und deren Einlösung erwarten wir ganz einfach.
Meine Damen und Herren, Herr Minister, ich möchte in der zweite Runde dann das Thema Breitbandversorgung und vielleicht auch das Thema Gesundheitscheck noch kurz ansprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die ARD-Serie „Bilderbuch Deutschland“ zeigte am 2. November einen Bericht über den südlichen Odenwald, der früher oft so charakterisiert wurde: „Ein halbes Jahr ist’s Winter, ein Vierteljahr regnet’s, und den Rest ist’s kalt.“ Andere sagen sogar – weniger sensibel –, dies sei „Badisch Sibirien“. Sie alle wissen natürlich, dass damit der Neckar-Odenwald-Kreis gemeint ist, ein typisch ländlicher Raum.
Dass sich die heutige Situation Gott sei Dank etwas anders darstellt, liegt sicher weniger an der Politik für den ländlichen Raum als an der offensichtlichen Klimaerwärmung.
Welchen Stellenwert der ländliche Raum in diesem Hohen Haus einnimmt, wird sicher nicht in der heutigen Debatte entschieden, sondern in konkreten politischen Entscheidungen, wenn es tatsächlich um die Interessen des ländlichen Raums geht, beispielsweise in der Schulpolitik.
Zu den ländlichen Räumen zählt natürlich nicht nur der Odenwald, sondern dazu zählen auch Räume vom Bauland über Hohenlohe bis hinunter zum Schwarzwald oder an den Bodensee und bis hin zum Allgäu; Sie wissen das alle.
Bemerkenswert im Hinblick auf diese Anfrage erscheint mir immerhin, dass zwischen dem Eingang der Großen Anfrage und ihrer Behandlung im Plenum nur zwölf Monate liegen. Eine ähnliche Anfrage der CDU-Fraktion aus dem Jahr 1997 wurde damals erst nach 20 Monaten debattiert;
Wenn man sich die Mühe macht und in den vorhandenen Protokollen nachliest, kann man erfreut feststellen, dass sich zumindest die Begrifflichkeit dessen, was man als ländlichen Raum bezeichnet, doch deutlich konkretisiert hat. Sprach 1999 ein Abgeordneter noch davon, dass die Landwirtschaft die tragende Säule der wirtschaftlichen Entwicklung der ländlichen Räume sei,
hat sich heute eine doch etwas differenzierte Begrifflichkeit durchgesetzt. Das haben die ländlichen Räume, die 70 % der Fläche Baden-Württembergs umfassen und in denen rund 36 % der Bevölkerung leben, auch verdient. Dies wird, so glaube ich, auch klar, wenn man sieht, dass landesweit etwa 30 % aller versicherungspflichtigen Arbeitsplätze in ländlichen Regionen angesiedelt sind.
Nichtsdestotrotz bildet die Agrar- und Forstwirtschaft mit ihren vor- und nachgelagerten Bereichen fernab der Verdichtungsräume natürlich noch immer ein wichtiges Standbein. Sie ist auch das prägende Element der Landschaftsgestaltung.
Die SPD will daher die Beibehaltung einer möglichst flächendeckenden Landwirtschaft. Zudem gilt es, ein Wegbrechen der aktiven Landwirtschaft auf schlechten Böden und in ungünstigen Lagen zu verhindern. Die Agrarpolitik des Landes muss deshalb gerade Landwirtschaftsbetrieben, die unter ungünstigen Rahmenbedingungen leben, ein ausreichendes Einkommen ermöglichen.
Wenn man nun die Große Anfrage und die Antwort der Landesregierung näher beleuchtet, kann sicher konstatiert werden, dass die ländlichen Räume in Baden-Württemberg in den letzten Jahren an der positiven Entwicklung im Land partizipiert haben. Sie wären aber sicherlich enttäuscht, wenn die SPD jetzt in Jubel ausbrechen
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das können die doch gar nicht! – Gegenruf von der SPD: Doch, das können wir!)
Gab es noch vor 130 Jahren eine Landflucht und in den 1960er- und 1970er-Jahren eine Stadtflucht, so haben wir es heute mit abnehmenden Bevölkerungszahlen im ländlichen Raum, vor allem in den Dörfern, zu tun. Verschärft wird dies durch eine zunehmende Überalterung der Bevölkerung in den Dörfern.
Wenn das Ziel weiterhin lauten soll, alle Landesteile angemessen am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Fortschritt teilhaben zu lassen, muss man daher auch den Dörfern, die nicht Siedlungsschwerpunkte sind bzw. nicht an einer Entwicklungsachse, z. B. einer S-Bahn-Linie, liegen, ebenfalls noch Siedlungstätigkeit zur Sicherstellung einer angemessenen Entwicklung zugestehen. So wichtig das Ziel, den Flächenverbrauch zu stoppen, auch ist: Die Umsetzung darf nicht nur in den ländlichen Räumen erfolgen. Auch der ländliche Raum muss noch die Möglichkeit zu einer eigenen Entwicklung haben.