Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

Das Leben ist eine Bergwiese, voll von schönen Blumen und Kuhfladen. Glück oder Unglück ist nur die Frage, was man mehr anschaut.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Landwirtschaftsminister Hauk das Wort.

(Unruhe)

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben derzeit in der Tat eine kritische Phase, und zwar nicht nur auf den Finanzmärkten, sondern in der gesamten Wirtschaft. Die Wirtschaftsleistung schrumpft im globalen Maßstab, auch in Baden-Württemberg. Auch wir werden in diesem Jahr mit einem Schrumpfungsprozess rechnen müssen. Die Steuerschätzung wird die entsprechenden Auswirkungen für unseren Landeshaushalt zeigen.

Erfolgreiche Unternehmen geraten in Schieflage. Die Zahl der Kurzarbeiter wächst rasant. Die deutschen Exporte sind im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 % eingebrochen. Dies trifft natürlich vor allem das exportorientierte Land BadenWürttemberg sehr hart, das in allen Teilen des Landes – in den ländlichen Räumen ebenso wie in den städtischen Regionen – exportorientierte Industrie beherbergt. Der Maschinenbau hatte im Februar gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat Auftragseinbrüche um 49 %. Hinzu kommt, dass derzeit fast alle Märkte gleichzeitig „tot“ sind, dass überall eine faktische Kreditklemme herrscht.

Die Selbstheilungskräfte der Märkte kommen durch eine sys temische Anlage der Finanzmarktkrise inzwischen auch an ihre Grenzen. Davon ist zunehmend auch der Mittelstand betroffen. Die Sorge um den sozialen Abstieg erreicht immer stärker auch die gesellschaftliche Mitte. Wer jetzt allerdings von angeblichen sozialen Unruhen schwadroniert, wie bestimmte Kandidatinnen für höchste Staatsämter, der verhält sich am Ende doch verantwortungslos.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Fritz Buschle SPD: Völlig aus dem Zusammenhang!)

Wir leben eben nicht im Jahr 1929, sondern im Jahr 2009.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)

Unser soziales Netz ist dicht gewebt, und die Krise kann auch bewältigt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deshalb – dies ist der Unterschied zu den Zeiten, als Gerhard Schröder & Co. regiert haben und außer Deutschland niemand Schrumpfungsprozesse erlebt hat;

(Abg. Peter Hofelich SPD: Na, na!)

wir haben auch Anfang dieses Jahrtausends, 2002, 2003, Schrumpfungsprozesse der deutschen Wirtschaft erlebt, während um uns herum, in Europa und in der Welt, die europäische Wirtschaft und die Weltwirtschaft gewachsen sind – sind wir heute, zu dem Zeitpunkt,

(Zuruf des Abg. Fritz Buschle SPD)

als wir in die Krise hineinkamen, deutlich besser aufgestellt. Wir werden, wenn die Talsohle durchschritten ist, diese Krise in Baden-Württemberg auch deutlich besser bewältigen.

(Zurufe von der SPD)

Unser Markenzeichen im Land sind die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe. Sie reagieren am Ende weniger

empfindlich auf Konjunkturschwankungen und bieten auch sichere Arbeitsplätze.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau!)

Viele dieser Firmen sind auf dem Markt führend und behaupten sich weltweit. Ich brauche die Weltmarktführer und die Großen im ländlichen Raum dabei nicht alle aufzuzählen. Einige will ich nennen: Fischertechnik im Schwarzwald, Liebherr in Oberschwaben und auf der Alb, Grohe im Kinzigtal, Zeiss auf der Ostalb. Man könnte zahlreiche weitere nennen.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Würth in Hohenlo- he!)

Würth in Hohenlohe, EBM und dergleichen mehr.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Da gibt es auch noch andere! – Zurufe von der SPD)

Klar ist auch: Alle Impulse, die heute geeignet sind, nachhaltig Wachstum und Beschäftigung zu schaffen, sind in einer solchen Phase, in der wir uns derzeit befinden, sinnvoll. Dabei gilt es aber auch, das Augenmaß nicht zu verlieren. Die Effizienz des Mitteleinsatzes muss gewährleistet sein. Deshalb sind Impulse für die Wirtschaft im ländlichen Raum als dem traditionellen Standort unseres Mittelstands besonders wichtig. Denn machen wir uns klar: Hier muss nichts Neues geschaffen werden, nichts, was noch nicht da ist. Es geht auch nicht darum, aus dem Nichts jetzt neue Arbeitsplätze auf der grünen Wiese zu schaffen. Vielmehr: Arbeitsplätze, wettbewerbsfähige Unternehmen, Lebensqualität, all dies gibt es im ländlichen Raum bereits. Wir müssen jetzt alles dafür tun, um genau diese mittelständischen Strukturen, die häufig zäher sind als die Strukturen bei den Großkonzernen, zu stärken.

Unsere ländlichen Räume sind wirtschaftsstark und lebenswert, auch in der Konjunkturkrise. Auch wenn es manchen Kollegen aus den städtischen Regionen nicht gefällt: Im Hinblick auf Wirtschaftswachstum und Wirtschaftskraft sind die ländlichen Räume den Städten durchaus ebenbürtig.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Das ist richtig!)

Etwa ein Drittel der Menschen in Baden-Württemberg leben im ländlichen Raum. Lieber Kollege Dr. Murschel – das muss man auch einmal sagen –: Die Grünen sind eben eine Stadtpartei.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe von der CDU: So ist es! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Die Tatsache, dass sie mit Ihnen den Prototyp eines verbies terten Städters, der pessimistisch gestimmt ist, aufbieten müssen, damit er gegen zukunftsgerichtete, zukunftsfähige, weltoffene Parlamentarier aus dem ländlichen Raum antritt, zeigt ein Stück weit schon auch ihre Haltung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Genau! Bravo! Klasse! – Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Der Minister hat recht! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Von nichts kommt halt auch nichts!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Wirtschaftskraft ist eben in etwa so hoch, wie es dem Anteil der Bevölkerung entspricht. Ein Drittel der Menschen leben im ländlichen Raum. 30 % des Bruttosozialprodukts in Baden-Württemberg werden dort auch erwirtschaftet. Damit haben wir fast paritätische Verhältnisse. Das gibt es in keinem anderen Land in Deutschland, in keinem anderen Land in Europa, in keinem anderen Land weltweit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo! Sehr gut! – Zuruf des Abg. Fritz Buschle SPD)

Schauen Sie sich die Arbeitsmarktstatistik des letzten Monats an. Man kann auch die Zeitreihe der letzten Jahre nehmen. Ich will nur den letzten Monat nehmen.

Die Arbeitsmarktstatistik, die sich in Baden-Württemberg traditionell besonders gut darstellt, ist ein Glanzlicht des ländlichen Raums. Besonders erfolgreich sind gerade die ländlichen Gebiete. Im April lag die Arbeitslosenquote in den ländlichen Räumen des Landes bei 4,9 %; der Durchschnitt des Landes lag bei 5,1 %. Diese Differenz und diesen Abstand hatten wir in den letzten Jahren durchgängig. Das heißt, es gibt nicht nur Arbeitsplätze in den ländlichen Räumen, sondern die Arbeitsplätze sind auch sicherer. Die Unternehmen verhalten sich dort verantwortungsbewusster, und die Unternehmen sind auch widerstandsfähiger und auch eher immun gegen Krisen. Auch das ist ein Teil der Wahrheit im ländlichen Raum, die man nicht einfach ignorieren kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Glocke des Präsi- denten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Winkler?

Aber gern, Herr Kollege Winkler.

Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Minister, zu den beiden Zahlen über die Arbeitslosen und den ländlichen Raum frage ich: Ist Ihnen bewusst, dass der Großteil der Arbeitnehmer im ländlichen Raum in Ballungsgebieten arbeiten?

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Nein! – Abg. Moni- ka Chef FDP/DVP: Das stimmt nicht!)

Lieber Herr Kollege Winkler, das trifft so nicht zu.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Das sind die Pendler!)

Natürlich ist Mobilität ein Kennzeichen gleichermaßen für städtische Räume wie für ländliche Räume. Aber sie ist in den ländlichen Räumen deutlich wichtiger.

Es ist natürlich wahr, dass wir ein paar solcher Landkreise im Land haben. Das stimmt. Sigmaringen zählt beispielsweise dazu, ebenso wie mein Heimatlandkreis, der Neckar-Oden

wald-Kreis. Dort haben wir einen Auspendlerüberschuss. Das ist wahr.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Na also!)

Wir haben aber andere Landkreise wie den Hohenlohekreis und Biberach, in denen wir Einpendlerüberschüsse haben.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Ist das ländlicher Raum?)