Protokoll der Sitzung vom 08.10.2014

Für ein Lob und für einen echten Aufbruch ins digitale Zeit alter wünschen wir uns ein deutlicheres, ein entschlosseneres Signal. Schauen wir uns an, was unsere Nachbarn in Bayern machen: Bayern hat sein Ausbauprogramm mit 1 Milliarde € ausgestattet und vor Kurzem sogar noch mit 500 Millionen € aufgestockt.

(Zuruf von der CDU: Ohne neue Schulden!)

Es stehen also 1,5 Milliarden € auf der bayerischen Habensei te. Schauen wir uns an, was bei uns in Baden-Württemberg passiert: In den Jahren 2013/2014 waren es 23,4 Millionen €. 1,5 Milliarden € in Bayern, 23,4 Millionen € in Baden-Würt temberg – das waren in Baden-Württemberg 1,5 % dessen, was Bayern investiert, und Sie möchten sich hier feiern las sen für den Aufbruch zu einer Hightechallianz. Meine Damen und Herren, 1,5 Milliarden € in Bayern, 1,5 % in Baden-Würt temberg, gemessen an Bayern – große Verpackung in BadenWürttemberg, kleiner Inhalt. Das ist eine Mogelpackung, Herr Minister.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die Bayern machen Ernst mit Laptop und Lederhose, und bei uns in Baden-Württemberg stehen wir in Jeans und mit Re chenschieber da. Die von Ihnen verkündete Erhöhung der Mit tel für den Breitbandausbau passt also größenordnungsmäßig nicht ganz zu den Superlativen, die Sie sich gern auf die Fah nen schreiben würden. Wir wissen, dass Bayern von einem anderen Ausbaustand kommt als Baden-Württemberg. Aber dass wir in Baden-Württemberg – –

Herr Kollege Deusch le, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Rös ler?

Bitte, Herr Dr. Rösler.

Werter Kollege, danke für das Zulassen der Frage. – Erstens: Ist Ihnen bewusst, wie hoch im Vergleich zu den jetzt von uns getätigten Ausgaben die Ausgaben unter der Vorgängerregierung waren – nämlich deutlich, deutlich niedriger?

Da irren Sie sich. Ich kenne die Ausgaben.

Zweitens: Wie meinen Sie das denn, wenn Sie einfordern, dass das Land ca. 1,5 Mil liarden € ausgeben bzw. Mittel in dieser Größenordnung in den Haushalt einstellen soll? Wie wird Ihr Gegenfinanzie rungsvorschlag für den Haushalt aussehen?

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Das ist doch Aufgabe der Regierung, Herr Kollege!)

Die Frage ist an Herrn Abg. Deuschle gestellt worden und an sonst niemanden. – Bit te, Herr Deuschle.

Herr Kollege Rösler, ich ver suche, Ihre Frage zu beantworten. Sie haben gefragt: Was hat die Vorgängerregierung im Bereich des Breitbandausbaus ge tan? Baden-Württemberg hat in den Jahren 2008 bis 2011 ins gesamt 70 Millionen € in den Breitbandausbau investiert.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: In der Wirt schaftskrise!)

Darin sind die EU-Fördermittel noch nicht enthalten. Sie ha ben in der gleichen Zahl von Jahren 23,4 Millionen € inves tiert. Das ist die Antwort und die Wahrheit. Es tut mir leid, dass ich Ihnen hier keine Steilvorlage bieten kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Dumm gelaufen! – Gegenruf von den Grü nen: Nein, nein!)

Herr Minister, Sie bekommen von uns auch deshalb kein Lob, weil wir uns schon fragen: Was haben Sie eigentlich in den Jahren 2011, 2012 und 2013 für die Breitbandversorgung in Baden-Württemberg getan?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist die Frage! Nationalpark!)

Wir hätten uns gewünscht, Sie wären das Thema Breitband versorgung von Anfang an energischer angegangen. Das müs

sen Sie sich vorwerfen lassen. Ich habe auf die Frage von Herrn Dr. Rösler eben die Zahlen genannt: Wir haben in wirt schaftlich schwierigen Zeiten – von 2008 bis 2011 – 70 Mil lionen € investiert. Sie haben sprudelnde Steuereinnahmen und bekommen nicht einmal die Hälfte hin. Das ist der Vor wurf, den Sie sich gefallen lassen müssen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteilte ich Herrn Abg. Kopp das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Beim Thema Breit bandausbau möchte ich heute Morgen den Blick auch auf den ländlichen Raum richten.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Der ländliche Raum ist für die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg kein weißer Fleck auf der Landkarte.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber ein zuwachsendes Tal! – Heiterkeit bei der CDU und der FDP/DVP)

Weil das so ist, haben wir den ländlichen Raum in vieler Hin sicht bereits gestärkt und zukunftsfähig gemacht. Die Zukunft des ländlichen Raums hängt aber entscheidend davon ab, in wieweit es gelingt, die notwendige Infrastruktur zu erhalten und vor allem auch auszubauen.

Mit der Breitbandinitiative II sorgen wir dafür, dass das Netz der Datenautobahnen auch in den ländlichen Räumen in Ba den-Württemberg dichtmaschiger gespannt werden kann.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Eine schnelle Breitbandverbindung ist heute ein wichtiger Standortfaktor für die Ansiedlung und die Wettbewerbsfähig keit von Firmen, für bestimmte Berufsgruppen, aber nicht zu letzt auch für den privaten Bereich. Ohne eine zeitgemäße Breitbandversorgung läuft der ländliche Raum tatsächlich Ge fahr, technisch abgehängt und in seiner Entwicklungsfähig keit ausgebremst zu werden. Ohne schnelles Breitband kein wirtschaftliches Wachstum, kein Zuzug junger Familien. Ei ne flächendeckende Breitbandversorgung stärkt die Attrakti vität Baden-Württembergs als Lebensmittelpunkt und Be schäftigungsort.

Die Zwischenbilanz der Breitbandinitiative II kann sich se hen lassen und ist durchweg positiv. Bereits zwei Drittel der Landkreise sind in die Planung des Breitbandausbaus einge stiegen. Das Land – das haben Sie gerade gehört – unterstützt die Landkreise und Gemeinden hierbei tatkräftig. Insbeson dere dort, wo der Markt versagt, greift Baden-Württemberg ein. Rund 11 Millionen € gibt das Land hier, und es wird die Förderung bzw. Unterstützung in den nächsten Jahren inten sivieren. Für 2015 wird die Zukunft des ländlichen Raums konkret mit 30 Millionen € gefördert. Die eigens dafür einge richtete Clearingstelle „Neue Medien im Ländlichen Raum“ bildet eine zentrale Anlaufstelle für Städte und Gemeinden und steht den Kommunen in allen wichtigen Fragen als Part ner zur Seite.

Mit Blick auf meinen Heimatlandkreis Rastatt kommt mir der Ort Muckenschopf, der zur Stadt Lichtenau gehört, in den

Sinn – ein schöner Landstrich und im echten Sinn ländlicher Raum, wie er im Buche steht. Der technische Stand des dor tigen Datennetzes gleicht aber derzeit eher einem Feldweg als einer modernen Autobahn. Dank der Breitbandinitiative wird sich auch hier im kommenden Jahr sicherlich etwas ändern.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Der ländliche Raum als Lebensraum und Wirtschaftsstandort wird gestärkt, damit er sich gegenüber den Ballungszentren und Verdichtungsräumen weiterhin behaupten und seine At traktivität noch steigern kann. Da das Datenvolumen jedoch immer weiter zunimmt, muss auch der Ausbau der Höchstge schwindigkeitsnetze vorangehen. Für uns gilt: Freie Fahrt für freie Bürger.

(Heiterkeit bei der CDU)

Der Ausbau des Höchstgeschwindigkeitsnetzes ist eine logi sche Fortentwicklung der digitalen Infrastruktur. Dabei ist es wichtig, in zwei Schritten voranzugehen: Auf der einen Seite müssen die Kommunen in ein modernes und leistungsfähiges Netz eingebunden werden, und auf der anderen Seite muss landkreisübergreifend eine Strategie für das Höchstgeschwin digkeitsnetz entwickelt werden.

Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch noch das mobile Internet. Hier steht Baden-Württemberg noch am Anfang; hier sind aber gerade auch die Mobilfunkbetreiber gefordert, den Ausbau voranzutreiben. Moderne Kommuni kation mit dem Smartphone wird geschäftlich wie privat im mer wichtiger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, festzuhalten gilt: Wir kümmern uns um dieses Thema, und zwar, wie man sieht, erfolgreich. Im Ranking der Bundesländer, im Vergleich der Flächenländer liegen wir bei der Breitbandversorgung auf ei nem Spitzenplatz. Was die grün-rote Landesregierung in den vergangenen Jahren bereits auf den Weg gebracht hat, kann sich sehen lassen, und das Engagement der Landesregierung bleibt in jeder Hinsicht ungebrochen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Lachen bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Dr. Bullinger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es einfach toll, Herr Kol lege, dass Sie selbst über das lachen mussten, was Sie da über die letzten drei Jahre sagten. Das ist einfach charakterlich klasse.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, den ländlichen Raum – das habe ich in Ihren Ausführungen vermisst, Herr Murschel – gibt es nicht etwa nur weit entfernt von Stuttgart, Mannheim oder Karlsruhe, sondern ländliche Räume gibt es auch in den Metropolregionen. Deshalb ist es wichtig, dass man bei der Versorgung das Land als Ganzes im Auge hat.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Baden-Württemberg ist nicht zuletzt aufgrund seiner flächen deckenden Wirtschafts- und Strukturpolitik der letzten 30 Jah re – insbesondere auch für den ländlichen Raum – das Bun desland, das in der Fläche bei diesem Thema am besten da steht. Die Förderung der ländlichen Räume in den letzten 50 Jahren – ich denke dabei typischerweise an ländliche Räume wie Oberschwaben, Schwarzwald, Hohenlohe-Franken oder andere – hat dazu geführt, dass dort die innovativsten Unter nehmen und die niedrigsten Arbeitslosenzahlen vorzufinden sind. Das ist der Erfolg einer Struktur- und Wirtschaftspolitik für den ländlichen Raum, wie sie die Vorgängerregierungen betrieben haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ziel muss es sein, gleichwertige Verhältnisse für Handwerk, Industrie, Dienstleistungsunternehmen und die privaten Haus halte herzustellen, sodass man überall gern lebt und arbeitet und dass man mit den neuen Medien eben auch weltweit ope rieren kann.

Vor allem, meine Damen und Herren, wollen wir keine Wirt schaftsstruktur, wie es sie etwa in Sachsen gibt, wo nämlich irgendwelche Leuchttürme stehen wie Dresden oder Leipzig, oder in Niedersachsen mit Hannover, Oldenburg oder Göttin gen, während ansonsten flaches Land ist.