Dann haben wir noch zwei Herausforderungen. Zumindest auf eine bin ich schon kurz eingegangen. Das ist die Frage des freien Welthandels: Wie bekommen wir das mit dem Freihan delsabkommen hin? Hier geht es um das Spannungsverhält nis zwischen bilateralen Abkommen und multilateralen Ver ständigungen zur Förderung des Handels.
Zuletzt möchte ich das ansprechen, was mir auch in vielen Diskussionen mit Unternehmen aufgefallen ist: Es gibt zuneh mend einen Wettbewerb nicht nur zwischen Produktionsstand orten, sondern auch zwischen Forschungsstandorten. Damit wird das, was als sicher, bewährt, nicht verschiebbar und transformierbar angesehen wird, nämlich die Forschungs- und Entwicklungsstandorte, auch immer internationaler. Wenn ich daran denke, dass ich im Rahmen einer Indienreise ein gro ßes Forschungs- und Entwicklungszentrum von SAP in Ban galore mit wer weiß wie viel Tausend Softwarefachleuten be suchen konnte, dann sehe ich, dass insbesondere im IT-Be reich, aber zunehmend auch in anderen Ingenieurberufen ei ne große Herausforderung besteht.
Dieser Herausforderung stellen wir uns. Es fängt damit an, dass wir sie benennen, aber dann müssen wir umso mehr da rauf achten, dass die Rahmenbedingungen in Baden-Württem berg und in Deutschland gerade für diese Themen richtig sind. Wir hatten heute Vormittag ja Gelegenheit, ausführlich über die Innovationspolitik zu diskutieren.
Herr Minister, diese Herausfor derungen wirken in einigen Teilen für die Wirtschaft in unse rem Land fast bedrohlich. Ich frage Sie deshalb: Was machen Sie, um die Außenwirtschaftspolitik auszurichten und weiter zuentwickeln und um diesen Herausforderungen zu begeg nen?
Bedrohlich ist es nicht, aber es gibt zumindest Anlass zur Wachsamkeit. Wir haben deshalb letztes Jahr nicht einfach nur „30 Jahre bw-i“ gefeiert, sondern wir haben mit allen Be teiligten eine Strategiediskussion angestoßen, um einen ge meinsamen Orientierungsrahmen für die Außenwirtschaft des Landes zu erarbeiten.
Das bedeutet erstens, dass wir Zukunftsmärkte immer wieder analysieren und Schwerpunkte vorschlagen. Ich habe z. B.
schon darauf hingewiesen, dass wir Teilbereiche wie Elektro mobilität oder auch Gesundheitstechnik, Medizintechnik – et was, was ich jetzt in den Niederlanden an Bord hatte – als Schwerpunktthemen hineinnehmen und nicht nur von den Ländern her denken, sondern auch von den Branchen her. Dass wir noch spezifischer auf Unternehmens- und Bran chenthemen eingehen, gehört auch dazu.
Eine Facette könnte sein, dass wir zusätzliche Angebote für Start-up-Unternehmen und junge Unternehmen maßschnei dern, weil diese in der Regel noch nicht so stark international ausgerichtet sind.
Wir haben auch vor, den vom Kollegen Peter Friedrich ange stoßenen entwicklungspolitischen Dialog aufzugreifen, um ei nen entwicklungspolitischen Unternehmerdialog zu führen, in dem es um die Verzahnung und die Gemeinsamkeiten von Außenwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit geht. Wir meinen, da gibt es Potenziale. Gerade die Außenwirtschaft kann dazu einen Beitrag leisten; denn letzten Endes geht es ja auch darum, die wirtschaftliche Situation in den Zielländern zu verbessern.
Wenn ich daran denke, dass wir – zu Recht – über die Flücht lingsaufnahme in Deutschland diskutieren und dass sehr vie le der Flüchtlinge aus den westlichen Balkanstaaten kommen, dann ist natürlich die Frage, wie wir den Menschen in Serbi en bzw. in Mazedonien eine Perspektive geben können, von zentraler Bedeutung. Deshalb ist es außerordentlich erfreu lich, dass die Bundesregierung daran festhält, diesen Staaten eine EU-Beitrittsperspektive in Aussicht zu stellen, vorausge setzt, sie erfüllen die bekannten Kopenhagener Kriterien. Aber es ist klar, dass wir eine Verbesserung der Lebensbedingun gen in den Ausgangsländern von Flucht- und Migrationswil ligen nur erreichen können, wenn sie, was Europa betrifft, bei spielsweise die Chance haben, am EU-Binnenmarkt zu parti zipieren. Am Beispiel anderer EU-Beitrittsstaaten sieht man, dass das sehr gut funktioniert hat. Der EU-Beitritt ist eine wichtige Perspektive.
In diesem Sinn glaube ich, dass die Verzahnung von Außen wirtschaft und Aufbauhilfe bis hin zur Entwicklungszusam menarbeit in verschiedenen Formen in Zukunft eine wichtige Facette der Außenwirtschaftsaktivitäten der Landesregierung sein sollte.
Herr Kollege Storz, es sind gerade noch zwei Minuten, dann ist die erste halbe Stun de der Regierungsbefragung abgelaufen. Sie haben also gera de noch eine Minute für die Frage. Schaffen Sie das?
Herr Minister, eine Herausfor derung ist die europäische Wachstumskrise. Ich frage Sie des halb: Welche Rolle spielen denn vor diesem Hintergrund Rei seziele innerhalb Europas bei politisch flankierten Auslands reisen?
Wir bemühen uns ganz bewusst, den Kontakt in die europäi schen Partnerländer zu halten. Es gibt einerseits den bewähr ten Rahmen der „Vier Motoren“, in dem wir insbesondere die
Aktivitäten zu dem Thema „Fachkräfte, berufliche Ausbil dung“ verstärkt haben. Ich werde selbst noch in diesem Früh jahr nach Katalonien, nach Barcelona, reisen, um dort das Thema Fachkräfte zu besprechen.
Dazu gehört aber auch, dass wir – in diesem Fall aber bran chenspezifisch und sehr genau fokussiert – in ein Land wie die Niederlande gereist sind, um dort mit Partnern über The men wie Gesundheitstechnik, „Digitalisierung der Produkti on“ und Elektromobilität zu sprechen.
Dazu gehören auch die umfangreichen Aktivitäten insbeson dere des Kollegen Peter Friedrich in seiner Funktion als Eu ropaminister – Stichworte Gemischte Regierungskommissi on, Donauraumstrategie. Dabei helfen wir unseren europäi schen Partnern in verschiedener Weise, auch von den Struk turen, von der institutionellen Ordnung ihres Staates her, Rah menbedingungen für Wachstum und Beschäftigung schaffen zu können.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Von der Außenwirtschaft jetzt zu einem sektoralen Bereich der Binnenwirtschaft, der Forstwirtschaft.
In Baden-Württemberg sehen derzeit viele Privat- und Kom munalwaldbesitzer, aber auch Naturschützer, Forstbedienste te und Sägewerksbetreiber mit Sorge auf das aktuelle Kartell verfahren zum Thema Holzvermarktung. In den vergangenen Monaten haben Sie, Herr Bonde, mit dem Bundeskartellamt verhandelt und nach eigenem Bekunden keinen Erfolg für das Land erzielt.
Im Folgenden geht es mir allerdings nicht um das Herzstück dieses Kartellamtsverfahrens, den Nadelstammholzverkauf, sondern um die weiteren forstlichen, forstwirtschaftlichen Tä tigkeiten, die aktuell auch Streitpunkt der Debatten sind.
Sie haben nach Ihren erfolglosen Verhandlungen die Verpflich tungszusagen gegenüber dem Kartellamt zurückgezogen und dargestellt, das Kartellamt sei zu keiner Lösung bereit. Auf dem Winterkolloquium der Universität Freiburg in der letzten Woche hat der Präsident des Bundeskartellamts, Herr Mundt, jedoch dargelegt, seine Behörde sei sehr wohl zu Kompromis sen bereit gewesen. Daher frage ich Sie zu diesem Lösungs weg, worüber Sie mit dem Kartellamt konkret verhandelt ha ben und warum dies letztlich gescheitert ist.
Es gibt einen zweiten Lösungsweg im Sinne des Landes, und zwar die Änderung oder Anpassung des Bundeswaldgesetzes. Dazu frage ich Sie: Wie steht die Landesregierung zu der vor geschlagenen Änderung des Bundeswaldgesetzes? Was unter
nimmt sie, um diese Änderung – für den Fall, dass sie sie für positiv hält – zu erreichen? Hält es die Landesregierung für zielführend, dass, wohl vonseiten des BMU, der Versuch un ternommen wird, die Anpassung des Waldgesetzes mit weite ren Forderungen, die in keinem unmittelbaren sachlichen Zu sammenhang dazu stehen, zu verzögern?
Zur Beantwortung er teile ich Herrn Landwirtschaftsminister Bonde für die Lan desregierung das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Vielen Dank, Herr Abg. Dr. Rapp, für die Frage. – Das Kartellverfahren gegen die Rundholzvermark tung des Landes Baden-Württemberg ist für uns ja schon lan ge ein Thema. Das Verfahren gegen das Land Baden-Würt temberg läuft seit dem Jahr 2002. Es konnte 2008 durch einen meiner Amtsvorgänger durch Abgabe einer Verpflichtungser klärung und dann durch einen Verpflichtungsentscheid beige legt werden.
Gleichwohl gab es im Jahr 2011, obwohl das Land BadenWürttemberg alle Zusagen aus der damaligen Entscheidung eingehalten hatte, erneut Beschwerden von Forstbetriebsge meinschaften und einem Sägeverband. Diese Beschwerden haben dann dazu geführt, dass das Bundeskartellamt im Jahr 2012 das Verfahren erneut eingeleitet hat, obwohl – das beto ne ich – das Land Baden-Württemberg alle ihm aufgetrage nen Verpflichtungen aus dem Vorverfahren eingehalten hat.
Das Bundeskartellamt hat dem Land Baden-Württemberg schließlich am 20. Dezember 2013 einen Entwurf für eine Un tersagungsverfügung zukommen lassen. Wir, die Landesre gierung, haben damals in enger Absprache mit den kommu nalen Landesverbänden, aber auch mit den verschiedenen Ver bänden der Branche und den im Landtag vertretenen Frakti onen gemeinsam diskutiert und dann entschieden, den Ver handlungsweg mit dem Bundeskartellamt zu suchen. Wir wollten eine rechtssichere Lösung finden, die Sicherheit in den Sektor bringt, die den Anliegen insbesondere der Kom munal- und der Privatwaldbesitzer auf Weiterführung der be stehenden guten Zusammenarbeit vor Ort Rechnung trägt – der bekannten hohen Dienstleistung, aber eben auch den Me chanismen, die im Rahmen des Einheitsforstamts dafür sor gen, dass der Wald in Baden-Württemberg in all seinen Wald funktionen adäquat betreut und gerettet werden kann.
Das Kartellamt hat sich im Rahmen der Verhandlungen sehr hart aufgestellt. Es hat beharrlich auf eine Strukturreform der Forstverwaltung gesetzt und an zentralen Punkten das Ein heitsforstamt infrage gestellt. Wir haben in langen Verhand lungsrunden versucht, Schaden vom Land und von den Wald besitzern, aber insbesondere auch von der Sägeindustrie ab zuwenden und über konstruktive Vorschläge eine Verhand lungslösung zu erreichen.
Im Oktober letzten Jahres ist es uns gelungen, ein Modell vor zuschlagen, das zum damaligen Zeitpunkt auf allen Seiten auf Akzeptanz stieß, sowohl beim Kartellamt wie auch bei den
verschiedenen Beteiligten aufseiten der kommunalen Landes verbände. Kern des Modells war die Herauslösung des Staats walds in einen eigenen Staatsforstbetrieb, mit Kreisforstäm tern in den Landkreisen, um das Einheitsforstamt zu 76 % für den Kommunal- und den Privatwald zu erhalten.
Das Kartellamt hat dieses Modell zum damaligen Zeitpunkt für gut gehalten. Es hat auch in den Besprechungen uns ge genüber das Signal gegeben, dies sei ein gangbares Modell, um den kartellrechtlichen Bedenken und anderen Fragestel lungen des Kartellamts abzuhelfen. Das wurde in Besprechun gen mit dem Kartellamt so festgehalten. Das Kartellamt hat auch keine Zweifel geäußert, dass das Modell, das auf dem Tisch lag, darauf aufbaut, dass die Forsteinrichtung, die forst technische Betriebsleitung und der Revierdienst weiter ho heitliche Tätigkeiten sind und in diesem Rahmen auch im Wei teren rechtssicher durch die Landkreise erfolgen können.
Das war übrigens auch die Äußerung des beim Bundeskartell amt Zuständigen auf dem Forstkammerabend am 4. Novem ber, wo dieser ebenfalls zu erkennen gegeben hat, dass diese Lösung für das Bundeskartellamt tragfähig sei und damit auch das Einheitsforstamt für die Besitzer nicht staatlichen Waldes gesichert sei.
Umso größer war unsere Überraschung, als gegen Ende des Jahres dem Land Baden-Württemberg auf einmal ein Anhö rungsschreiben des Bundeskartellamts mit einem Beschlussent wurf zugegangen ist. Die gefundene Verhandlungslösung mit dem sogenannten Staatswald- oder dem 76-%-Modell fand sich auf den ersten sieben Seiten des Beschlussentwurfs des Bundeskartellamts wieder.
Dem folgte zur Überraschung aller Beteiligten – auch für un sere Anwälte ein Novum – eine 104 Seiten lange Begründung, in der das Bundeskartellamt zentrale Punkte des Modells – nämlich die kommunale Seite, also die Bewahrung des Ein heitsforstamts für den Nichtstaatswald, das heißt für den Kom munal- und den Privatwald – rechtlich infrage stellt. Es lässt am Anfang das Modell sehr wohl zu, wirft aber rechtliche Fra gen auf, die dann auch bei den kommunalen Landesverbän den zu der Einschätzung geführt haben, damit sei keine rechts sichere Umsetzung des Modells zu erreichen.
Wir sind dann nach Rücksprache mit den kommunalen Lan desverbänden erneut auf das Bundeskartellamt zugegangen. Ich selbst war am 20. Januar noch einmal zu Verhandlungen in Bonn, wobei klar war: Das Bundeskartellamt war nicht be reit, das alte Modell, das ursprünglich konsentiert war, tat sächlich für rechtssicher zu erklären. Im Gegenteil: Das Kar tellamt hat uns ganz offen erklärt, dass es davon ausgehe, die kommunale Seite würde hier in verschiedenen Rechtsfragen auch nach einer Reform zur Disposition stehen. Beispielswei se hat das Kartellamt die klare Vorstellung formuliert, die Ab gabe von Aufgaben der Gemeinden – beispielsweise im Re vierdienst – an die Kreise habe im Rahmen von Ausschrei bungen und Ähnlichem zu passieren.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns in Absprache mit den kommunalen Landesverbänden dazu entschieden, die erteilte Verpflichtungszusage zurückzuziehen, um als Land weiter Rechtsmittel in der Hand zu haben.
Insofern wundern uns die Aussagen des Vorsitzenden des Bun deskartellamts, weil sie weder den Wahrnehmungen des Lan
des – unserer Anwälte – noch denen der kommunalen Lan desverbände noch vieler anderer, die sich mit Stellungnahmen zu Wort gemeldet haben, entsprechen.
Herr Landwirtschafts minister, die Redezeit der Regierung für die Beantwortung von Fragen im Rahmen einer Regierungsbefragung beträgt fünf Minuten. Sie sind jetzt bei sieben Minuten. Ich würde Sie einfach bitten, es jetzt ganz kurz zu machen, damit die Abge ordneten noch die Möglichkeit haben, nachzufragen.