Protokoll der Sitzung vom 15.07.2015

Gut. Bisher haben alle drei Fragen gestellt, aber das ist mir genauso lieb, Frau Präsidentin.

Ja. Ich wollte es vorhin auch schon beim Kollegen Stober sagen. – Jetzt behandeln wir eine Frage.

Herr Kollege Nemeth, zunächst einmal gilt es festzustellen: Die Ziele, die Kollege Stober genannt hat, un terscheiden sich nicht von den Zielen, die bereits die frühere Landesregierung gehabt hat, nämlich dass wir bis zum Jahr 2020 13 TWh erreichen, sprich dass wir einen Anteil der KWK von plus/minus 20 % anstreben.

Aber – um es noch einmal deutlich zu machen – wir sind hier ganz entscheidend – ich betone: ganz entscheidend – davon abhängig, wie der Förderrahmen des Bundes gesetzt ist. Das ist übrigens nicht anders als im Bereich der erneuerbaren Energien, zu dem das Erneuerbare-Energien-Gesetz gilt, zu dem der ökonomische Rahmen für die Frage gesetzt ist: Was geht zukünftig im Bereich der erneuerbaren Energien? Wel che Folgen es hat, wenn man das nicht richtig macht, können Sie beispielsweise im Bereich der Fotovoltaik sehen, in dem wir heute 1 000 MW unter dem angestrebten Jahresvolumen liegen, das ursprünglich im EEG angesetzt war.

Wir haben nicht die Möglichkeit, sage ich einmal, zusätzlich auf die Maßnahmen, die ich jetzt schon genannt habe, näm lich auf das KWK-Gesetz des Bundes, eigene Förderungen von Projekten draufzusatteln. Das wird nicht gehen. Ich fin de, das kann auch nicht Sinn und Zweck sein.

(Zuruf des Abg. Paul Nemeth CDU)

Wir können vielmehr dort aktiv werden, Herr Kollege Ne meth, wo der Bund nicht tätig wird, nämlich vor allem bei dem Thema Qualifizierung und dem Vorhaben „Verbesserung der Datenbasis, um Nahwärmenetze voranzubringen“, aber auch bei dem Thema „Förderung der Nahwärmenetze“ oder auch dem Thema „Versorgung der Akteure mit besseren In formationen“. Das sind die Themen, die man auf Landesebe ne hier voranbringen kann. Alle Möglichkeiten, die wir ha ben, um KWK in Baden-Württemberg voranzubringen, wer den wir auch nutzen.

Herzlichen Dank. – Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Bullinger.

Herr Minister, wir wissen ja, dass die Kraft-Wärme-Kopplung und die BHKWs viel zu lange Stiefkinder in der Energiewirtschaft waren, und zwar schon beim ersten EEG, das noch von Rot-Grün in Ber lin initiiert wurde. Deshalb die Frage: Halten Sie besondere Anreize beispielsweise auch in Kombination mit anderen Möglichkeiten für denkbar? Ich denke gerade an das Wirt schaftsministerium, was Städtebauförderung angeht. Könnte man KWK und BHKWs vielleicht bei der Vergabe von Mit teln für städtebauliche Sanierungen berücksichtigen, oder

könnte man vielleicht einen Bonus vergeben oder andere An reize setzen, um bei diesem Thema schneller vorwärtszukom men?

Die Möglichkeiten, Herr Abg. Bullinger, die wir hier in den einzelnen Förderprogrammen haben, um KWK zu nutzen, schöpfen wir wirklich aus. Auch die Verschränkun gen, die Sie angesprochen haben, schöpfen wir aus.

Ich will einmal ein Beispiel nennen, anhand dessen Sie sehen können, dass wir da in der Vergangenheit schon sehr gut vo rangekommen sind. In Deutschland gibt es im Moment plus/ minus 200 Bioenergiedörfer.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wir haben sie eingeführt!)

Das sind Projekte, bei denen das anfallende Biogas entweder in Biogasanlagen oder in anderen Anlagen bis hin zu indust riellen Anlagen genutzt wird, um Kraft-Wärme-Kopplungs anlagen zu betreiben, damit Strom zu erzeugen, Wärme zu er zeugen und dann über ein nachträglich eingebautes Nahwär menetz zu den Kundinnen und Kunden zu bringen. 80 dieser knapp 200 Anlagen wurden in den letzten Jahren in BadenWürttemberg realisiert, sprich: Wir sind hier sowieso schon in einer absoluten Spitzenposition, was den Vergleich unter den Ländern betrifft.

Trotzdem sehen wir natürlich, dass wir auch noch wesentlich mehr Potenziale haben, sei es, was Nahwärmenetze im öffent lichen Bereich oder bei Bürgerenergiegenossenschaften be trifft, sei es, was die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung im industriellen Bereich betrifft, sei es, was die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung auch bei größeren Gebäudekomple xen betrifft.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Das heißt, es ist sehr vielfältig.

Aber warum ist es in den letzten Jahren nicht so recht voran gegangen? Der Grund ist, dass die Entwicklung der Strom preise an der Börse in den letzten Jahren ständig nach unten gegangen ist. Die Preise sind heute noch auf einem Drittel des Niveaus von 2008/2009. Das heißt, auch die Bestandsanlagen rechnen sich immer weniger; von neuen Anlagen will ich gar nicht reden.

Daher ist natürlich eine elementare Voraussetzung, um dieses Thema wieder stärker zum Tragen zu bringen, neue Anlagen anzureizen und zu realisieren, dass der Bund bereit ist, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz entsprechend zu novellieren und auch den Deckel, den es bislang gegeben hat, zu heben. Die 1,5 Milliarden € sind das Mindeste, was wir brauchen.

Herzlichen Dank. – Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Renkonen das Wort.

Herr Minister, meine Fra ge betrifft das Förderprogramm für die Brennstoffzellentech nik. Dort ist das Land ja eingestiegen. Könnten Sie noch et was zu den Erfahrungen sagen, die Sie mithilfe dieses Förder programms bisher gesammelt haben, welche Anreize geschaf fen worden sind und wie die Nachfrage ist?

Das Programm ist in den letzten Monaten sehr gut gelaufen. Uns geht es darum, dass wir mit diesem Förder programm für Brennstoffzellen in den Heizungskellern eine sehr zukunftsträchtige Technologie anreizen wollen, für die es übrigens hier im Land wichtige Hersteller gibt. Die Nach fragen in den letzten Monaten haben sich sehr gut angelassen. Ursprünglich war und ist das Programm bis zum 30. Septem ber dieses Jahres befristet. Aber wir können noch zusätzliche Mittel bereitstellen, sodass ich davon ausgehe, dass wir das Programm in den nächsten Monaten noch weiterführen und mindestens bis zum Jahresende verlängern können.

Herzlichen Dank. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stober das Wort.

Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben schon ausgeführt, dass es im Prinzip keinen Sinn macht, auf die KWK-Förderung des Bundes noch etwas draufzule gen. Das ist Sache des Bundes bzw. letzten Endes aller Strom kunden, die diese KWK-Abgabe zahlen. Mir geht es noch um die Landesförderung.

Ich habe vorhin das Thema Landesliegenschaften angespro chen, im Wesentlichen Universitätsgebäude. Unter den kom munalen Liegenschaften gibt es sehr viele Schulgebäude, al so kleinere Gebäude. Inwiefern gibt es im Augenblick einen Dialog über die KEA, wie man an das Thema Brennstoffzel len herangehen kann und wie man möglicherweise bei Brenn stoffzellen und BHKWs, die stromintensiver sind und mehr Strom als Wärme liefern, möglicherweise innovativ vorange hen kann?

Ich möchte noch einmal daran erinnern: Wir haben durch die Novellierung des EWärmeG überhaupt einmal den Weg da für eröffnet – es war durch die vorherige Gesetzesnovelle ver boten –, haben da also noch einmal eine große Chance eröff net. Wie läuft dieser Prozess mit den Kommunen, erst einmal beispielhaft innovative Konzepte auf den Weg zu bringen und dann möglicherweise in der Breite auszufüllen, ab?

Herzlichen Dank für die Frage. – Ich glaube, dass es notwendig ist, dass wir hier eine Reihe von Maßnah men ergreifen. Diese finden Sie in dem von mir bereits er wähnten Landeskonzept mit den 17 Maßnahmen in den vier Handlungsfeldern. Ich will einzelne Punkte nennen:

Erstens: Es fängt mit einer besseren Information darüber an, was KWK kann, was sie nicht kann und welche Vorteile die KWK hat.

Zweitens: Es geht darum, dass man positive Beispiele in der Öffentlichkeit stärker kommuniziert. Deswegen auch die Überlegung von uns, in dem Landeskonzept zukünftig einen Wettbewerb „KWK-Modellkommunen“ durchzuführen. Denk bar ist auch, dass wir hier stärker Projekte darstellen, die wir bereits in den letzten Jahren im Bereich der landeseigenen Lie genschaften realisiert haben, in dem eine ganze Reihe von Projekten mit KWK realisiert wurde, um die Möglichkeiten hier noch zu verbessern.

Drittens: Sie haben den Bereich von großen Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Altenheimen angesprochen. Wir ha

ben in den letzten Jahren regelmäßig große Symposien mit den Betreibern der Krankenhäuser und der Pflegeeinrichtun gen im Land veranstaltet. Denn das sind mit die größten Ener gieverbraucher im öffentlichen oder halb öffentlichen Bereich. Statistisch beträgt der Energieverbrauch umgerechnet auf ein Krankenbett ein Vielfaches dessen, was ein Vierpersonenhaus halt verbraucht. Gerade im Krankenhauswesen geht es dar um, zu überlegen, wo Kostensenkungspotenziale liegen. Da spielt natürlich das Thema Energie eine ganz entscheidende Rolle.

Gerade im Gespräch mit den Krankenhausträgern und Kran kenhausgesellschaften spielt das Thema KWK eine ganz ent scheidende Rolle. Auch da ist es uns ein Anliegen, positive Beispiele zu kommunizieren. Wir haben hierzu schon vor ei nigen Monaten eine Broschüre erstellt, in der solche Beispie le aufgeführt sind, auch Rechenbeispiele, was die Refinanzie rung von solchen Projekten betrifft.

Das sind ein paar Beispiele, die zeigen, was wir tun können. Es ist mit Sicherheit nicht die komplette Palette dessen, was wir machen werden, aber es zeigt in etwa die Richtung, die wir hier andenken.

Herzlichen Dank. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Nemeth das Wort.

Herr Abg. Stächele hat mir einmal gesagt, dass das Land etwa 8 000 Liegenschaften hat.

Das hätte ich Ihnen auch sagen können.

(Heiterkeit bei den Grünen und der SPD – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr gut, Herr Minister! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber bei Herrn Stä chele haben wir gewusst, dass er es weiß!)

Meine Frage an Sie kommt erst noch. Wie viele Immobilien, wie viele Liegenschaften nutzen heute schon KWK?

(Abg. Johannes Stober SPD: Wie viele waren es zu CDU-Zeiten?)

Haben Sie, die Landesregierung, eine Zielvorgabe – vielleicht in dem neuen Konzept, das Sie sicherlich dem Parlament noch vorstellen werden –, wie viele davon bis 2020 oder 2030 mit KWK ausgestattet werden sollen?

Herr Abg. Nemeth, dieses Konzept finden Sie ab heute auf der Website des Umweltministeriums. Es ist vom Landeskabinett am Dienstag verabschiedet worden. Wenn es gewünscht wird, bin ich gern bereit, es hier im Parlament zur Debatte zu stellen, denn ich finde, da haben wir wirklich et was Gutes auf den Weg gebracht.

Was das Thema Landesliegenschaften betrifft, Herr Kollege Nemeth, haben wir beide durchaus eine etwas unterschiedli che Sichtweise. Was meine ich damit? Ich halte wenig davon, dass man sagt: Wir haben 8 000 Liegenschaften, und davon wollen wir bis zum Jahr XY anschließend soundso viele Lie genschaften mit KWK ausstatten.

Ich habe vorhin versucht, deutlich zu machen – ich glaube, es ist nicht richtig bei Ihnen angekommen –, dass, wenn wir heu te Projekte sanieren, insbesondere wenn die Technik in den Gebäuden saniert wird, generell die Möglichkeit der Nutzung von KWK untersucht wird. Da, wo es wirtschaftlich Sinn macht, wird dies von der Landeshochbauverwaltung auch ge macht.

Daher macht es überhaupt keinen Sinn, hier zu sagen: „Bis zum Jahr 2020 wollen wir soundso viele KWK-Anlagen in unseren Landesliegenschaften haben“, sondern es geht dar um, überall da, wo es wirtschaftlich Sinn macht, dies auch zu realisieren. Da spielt – um es noch einmal zu sagen – der Rah men, der uns jetzt von Berlin gesetzt wird, eine Rolle. Da geht es nicht nur um die Anhebung des Deckels auf 1,5 Milliar den €, sondern es geht auch um die Verteilung innerhalb des KWK-Gesetzes: Was geht in den Bestand, was geht in den Anreiz neuer Projekte, was geht in den Bereich großer Objek te, was geht in die öffentliche Versorgung, was geht in die in dustrielle KWK? Dies muss man sich genau anschauen, und das werden die Investoren auch so machen.

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Bullinger das Wort.

Herr Minister, mich interessiert vor allem die Primärenergie. Wir wissen, dass hier die Tendenz von Öl weg und in Richtung Gas geht. Das ist ganz nett. Die nachwachsenden Rohstoffe sind aber ganz be sonders interessant im Hinblick auf die CO2-Bilanz. Sie ha ben Biogas genannt.

Ich möchte noch einmal auf den tollen Stoff Holz, also Hack schnitzel mit Qualität, Reststückholz mit Qualität oder Pel lets, zu sprechen kommen. Die Nutzung durch BHKWs ist hier, glaube ich, eine Riesenchance, zumal die Holzvergaser technologie zwischenzeitlich, wie ich meine, auch auf einem technischen Stand ist, der es ermöglicht, den nachwachsen den Rohstoff Holz in Wohngenossenschaften oder größeren Gemeinschaftsanlagen besser zu nutzen, als dies beim Ver brennen von Pellets der Fall ist.

Wie schätzen Sie diese Chance ein, und halten Sie die techni sche Reife für ausreichend, um dies empfehlen und fördern zu können?

Herzlichen Dank für die Frage, Herr Abg. Bullinger. – Vielleicht einmal grundsätzlich: Biomasse ist ein begrenzter Faktor. Auch aus dem Wald kann man nicht unend lich viel herausholen. Einen Gutteil dessen, was für die Ener gienutzung aus unseren Wäldern mobilisierbar ist – sicherlich noch nicht alles bis zur letzten Tonne, aber einen Gutteil –, nutzen wir bereits heute.

In Zukunft wird es darum gehen, das, was wir einsetzen, bes ser und effizienter zu nutzen. Ich möchte es einmal umgekehrt formulieren: Die Nutzung der Biomasse hat in Baden-Würt temberg eine lange Tradition. Insbesondere im Wärmesektor gibt es Regionen – ich nenne einmal den Schwarzwald –, in denen Biomasse aus dem Wald seit Langem genutzt wird. Ob die Biomasse aber immer effizient genutzt wird, steht auf ei nem anderen Blatt. Unser Ziel ist es, in den kommenden Jah ren diese begrenzte Ressource Biomasse effizienter zu nutzen.

Das ist der Grund, warum wir dem Thema „Ausbau der Nahwärmenetze“ einen größeren Stellenwert geben wollen. Ich könnte es auch so formulieren: Neben der gebäudeindivi duellen Betrachtung, die wir beispielsweise im EWärmeG, über das wir hier vor wenigen Monaten diskutiert haben und das vor 14 Tagen in Kraft getreten ist, haben, wird in Zukunft die quartiersbezogene und gebietsbezogene Sichtweise an Be deutung gewinnen. Das heißt, wir wollen beide Wege gehen. Wir wollen also sowohl die gebäudebezogene Sichtweise – hier geht es um den Ausbau der erneuerbaren Energien und das Thema Effizienz – als auch die quartiersbezogene Sicht weise voranbringen.