Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kol lege Kopp, ich freue mich über Ihre Frage; denn Sie sehen mich bei diesem Thema ganz entspannt, jedenfalls seit zehn Tagen, nämlich seitdem die Bürgerinnen und Bürger in Rott
weil in einem Bürgerentscheid dem Standortvorschlag, den die Landesregierung im Einvernehmen mit der Stadt Rottweil gemacht hat, zugestimmt haben.
Das ist umso bemerkenswerter, als wir einen langen Suchlauf hatten, der durchaus schwierig war und zu kontroversen Dis kussionen geführt hat, auch vor Ort. Ich freue mich, dass der Gemeinderat in einer einmütigen Entscheidung für diesen Standort eingetreten ist. Noch mehr freue ich mich, dass die Bürgerschaft mit Mehrheit diese Gemeinderatsentscheidung eindrucksvoll bestätigt hat. Ganz wichtig, auch für den kom munalpolitischen Frieden vor Ort, ist: Es gibt eine breite Mehrheit im Gemeinderat und ein breites Votum der Bürger schaft pro Haftanstalt am Standort Esch.
Wie geht es jetzt weiter? Wir haben nach dem sehr intensiven Suchlauf mit dieser Standortentscheidung, glaube ich, ein ers tes großes Ziel erreicht. Die eigentliche konkrete Projektar beit beginnt erst jetzt. Die weitere Arbeit wird so ablaufen, dass wir einen Architektenwettbewerb durchführen, der uns u. a. Erkenntnisse bringt, wie man eine solche Haftanstalt ver träglich in die Landschaft einbettet. Auf der einen Seite muss sich dieser Architektenwettbewerb an den vollzuglichen An forderungen messen lassen, die da sind: Raumgrößen, Haft platzzahl, erforderliche Therapieräume, Sporträume – all das, was man für eine Haftanstalt braucht – und, was natürlich ebenfalls sehr wichtig ist, die Sicherheitseinrichtungen, die sehr technisch ausgerichtet sind und bei einem solchen Pro jekt einen großen Anteil am Bau und damit auch an den Bau kosten ausmachen. Das ist aber nur die eine Seite.
Die andere Seite wird sein, wie man mit der Landschaft um geht, in die dieses Projekt hineinpassen muss. Deshalb wer den bei diesem Wettbewerb auch Landschaftsarchitekten mit wirken. Wir werden Architekturbüros auffordern, die automa tisch eine Landschaftsarchitekturkomponente einbringen, und – darauf lege ich besonderen Wert – wir werden die Bürger von Rottweil weiter in diesen Prozess einbeziehen.
Wir waren vor Ort präsent, haben informiert und geworben. Ich bin Frau Staatsrätin Erler mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch meinem Haus sehr dankbar, dass wir das sehr offensiv gestalten konnten, viele Missverständnisse ausräumen und eine positive Werbung für einen modernen Strafvollzug machen konnten. Das werden wir fortsetzen. Es hat bereits eine kleine Arbeitsgruppe getagt, die ein Konzept erstellt, wie man diesen Architektenwettbewerb unter Einbe ziehung der Bürgerinnen und Bürger vorbereitet.
Es gibt in Rottweil eine Begleitgruppe vor Ort, in der sich Bür gerinnen und Bürger engagieren. Dies können Pro- und Kon trapositionen sein. Uns liegt daran, dass wir auch diese einbe ziehen. Dann werden wir diesen Architektenwettbewerb kon zipieren und ausschreiben. Wir erhoffen uns gute Ergebnisse.
Sie sprachen speziell den Standort Esch an. Er liegt in der Nä he eines Naturschutzgebiets. Wir haben bereits im Vorfeld der Entscheidung zum Bürgerentscheid ein faunistisches Gutach ten eingeholt, in dem Vorschläge erarbeitet wurden, wie man ein Großprojekt – es wird ein großes Projekt sein – in die Landschaft einbettet und möglichst landschaftsverträgliche Platzierungen findet. Diese Einbettung ist sehr wichtig und wird neben den vollzuglichen Erfordernissen für diese Haft anstalt zentraler Punkt in den künftigen Gesprächen und Ver
handlungen sein. Das heißt, naturschutzrechtliche und land schaftspflegerische Belange, Fauna und Flora, all dies muss abgearbeitet werden.
Wenn wir dann einen Architektenwettbewerb haben, wenn wir ein Ergebnis haben, dann wird dies in die Bauleitplanung ein fließen. Diesen Prozess gestalten wir natürlich mit der Stadt Rottweil gemeinsam; denn sie ist Träger der Planungshoheit. Sie muss den Bebauungsplan aufstellen und die anderen pla nerischen Abklärungen vornehmen. Dabei arbeiten wir eng zusammen. Dies nimmt einige Zeit in Anspruch. Ich gehe da von aus, dass wir im Laufe des nächsten Jahres klar Schiff ha ben und mit dem Architektenwettbewerb ein gutes Ergebnis haben, das Grundlage für die Feinplanung sein kann.
Herr Minister, welche Partner ha ben Sie für die Realisierung des Baus der Justizvollzugsan stalt vorgesehen?
Wir sind im Vorfeld bei der Konzepterstellung für den Architektenwettbewerb noch relativ frei. Aber dann, wenn wir in die konkrete Pla nungsphase kommen, wird es eine Ausschreibung geben, wie sie bei einem Projekt dieser Größenordnung zwangsläufig er folgen muss. Wer dann den Zuschlag erhält und welche Fir men zum Zuge kommen, wird vom Ausschreibungsprozess abhängen. Das kann man jetzt noch nicht sagen, wobei ich im Hinblick auf die Größenordnung davon ausgehe, dass wir auch überlegen müssen oder vielleicht gezwungen sein könn ten, sogar eine europaweite Ausschreibung zu machen. Das bleibt abzuwarten. Dies alles sind Feinklärungen, die wir noch vornehmen müssen.
Herr Minister, eine Nachfrage: Kann man über den zeitlichen Ablauf – außer dem Hinweis auf den Architektenwettbewerb – schon etwas Näheres mit teilen? Wann könnte die JVA in Rottweil „ans Netz gehen“, wenn man das so ausdrücken kann, und welche Auswirkun gen hat dies auf die kleineren Einrichtungen, die sich in die ser Region befinden? Denn bei den einzelnen Beschäftigten sollte ebenfalls Klarheit herrschen können.
Zunächst einmal: Der Architektenwettbewerb und dessen Vorbereitung nehmen ei nige Zeit in Anspruch. Wir werden diesen Architektenwettbe werb ja dann auch ausloben. Dann melden sich Planungsbü ros, Architekten, Landschaftsplaner, die auch Zeit brauchen, um ein vernünftiges Konzept zu erstellen. Das erstellt man nicht eben mal in wenigen Tagen; das wird mehr Zeit in An spruch nehmen.
Wir gehen davon aus, dass wir diesen Wettbewerb im Jahr 2016 über die Bühne bringen und dann in die Planungsfein heiten gehen. Die reine Bauzeit wird, schätze ich, für ein sol
ches Projekt zweieinhalb bis drei Jahre betragen, sodass Sie sich ausrechnen können: Es ist wahrscheinlich realistisch, an zunehmen, dass wir in vier oder fünf Jahren Einweihung fei ern können. Aber einen solchen Zeitablauf muss man schon einkalkulieren. Denken Sie einmal daran, welchen Planungs vorlauf Kommunen haben, wenn sie eine Sporthalle oder ein neues Rathaus bauen. Die Planungsphase und die Durchfüh rungsphase dauern entsprechend lang.
Zur zweiten Frage, die Sie gestellt haben: Wir sind ja seit vie len Jahren vom Rechnungshof gehalten, kleinere Haftanstal ten, die unwirtschaftlich sind, die auch baulich einem Zustand wie vor hundert Jahren entsprechen und energetisch nicht ge sichert sind, entsprechend dem vorliegenden Haftentwick lungskonzept sukzessive zu schließen. Da gehen wir schon davon aus, dass wir, wenn wir eine neue Haftanstalt haben, dann bestehende kleine Haftanstalten schließen können. Da zu gehören etwa die jetzt vorhandene Anstalt in Rottweil, aber auch die Anstalten in Hechingen, Tübingen und WaldshutTiengen, gegebenenfalls auch noch Außenstellen von ande ren Haftanstalten. Diese könnten wir dann aufgeben, weil wir dann die entsprechenden Plätze in Rottweil zur Verfügung ha ben.
Herr Minister, Sie sagen, die kleinere Anstalt in Rottweil werde dann geschlossen. Das ist ja ein schönes denkmalgeschütztes Gebäude. Können Sie schon absehen, was dann mit diesem Gebäude passiert? Wird das dann der Stadt Rottweil überlassen?
Frau Kollegin HallerHaid, für die Liegenschaften, deren Eigentümer das Land ist, ist der Landesbetrieb Vermögen und Bau zuständig, der beim Ministerium für Finanzen und Wirtschaft angesiedelt ist. Das Ministerium hat sicher eine interessante Vorstellung davon, was man mit diesem Objekt machen kann. Der Vollzug zieht sich zurück und hat volles Vertrauen in die Weiterverwendung durch Vermögen und Bau.
Die jetzt vorhandene Haftanstalt in Rottweil befindet sich in einem innerstädtischen Bereich und damit in einem Bereich, der städtebaulich für jede Stadt interessant ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass es da sinnvolle Konzepte gibt, wie man dort eine Nachnutzung organisiert. Das ist aber im Wesentli chen eine planerische Aufgabe in der Zuständigkeit der Stadt Rottweil. Das Land als Grundstückseigentümer wird sich in diesem Nachfolgeprozess sicher konstruktiv einbringen. Der Vollzug zieht sich zurück.
Vielen Dank. – Herr Mi nister, Sie hatten noch einmal deutlich ausgeführt, dass ein er neuter Suchlauf durchgeführt wurde und die Bürger in Rott weil letztendlich mit einer deutlichen Mehrheit dieses Projekt auf der Gemarkung am Standort Esch für gut befunden haben.
Sie führen jetzt einen Architektenwettbewerb durch. Ich wür de das Thema gern noch aus ökologischer Sicht ansprechen.
Es bleibt natürlich schon übrig, dass ein Projekt auf einer vor belasteten Fläche ökologisch betrachtet das bessere Projekt gewesen wäre, ganz wertneutral gesprochen. Gibt es denn schon Überlegungen, ob man dem Eingriff in die Fläche, in den Boden, der ja nicht direkt kompensierbar sein wird, in ir gendeiner Form durch ein anderes Projekt oder eine Aus gleichsmaßnahme begegnen kann?
Herr Dr. Murschel, ich gehe davon aus, dass wir im Prozess des Architektenwettbe werbs, der ja gerade den Landschaftsaspekt mit einbezieht, sinnvolle, gute Vorschläge für Ausgleichsflächen bzw. Aus gleichsmaßnahmen bekommen. Ob da andere Projekte in Be tracht kommen, vermag ich im Moment nicht abzuschätzen. Jedes Projekt hat Flächenbedarf. Sie wissen, dass der ur sprünglich vorgesehene Standort Stallberg aus dem Grund auf gegeben wurde, weil man dem dortigen Untergrund schlicht weg nicht getraut hat und befürchtet hat, dass man dort auf unsolidem Grund bauen würde.
Ich bin überzeugt, dass wir gute Konzepte bekommen wer den, die gerade auch landschaftspflegerische Belange und Na turschutzbelange berücksichtigen. Uns geht es nicht darum, allein ein Objekt, einen Kubus Vollzugsanstalt zu errichten, sondern eine Anlage, die sich mit der Landschaft, mit der Um welt verträgt. Da wird der Architektenwettbewerb sicher gu te Ergebnisse bringen. Wir machen auch bei der Ausschrei bung des Wettbewerbs entsprechende Vorgaben.
Wir haben jetzt noch fünf Minuten für die Regierungsbefra gung. Ich rufe daher das vierte Thema für eine Fragestellung und Beantwortung auf:
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Dr. Löffler! – Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU begibt sich zu einem Saal mikrofon.)
(Abg. Walter Heiler SPD: Dann sieht man Sie bes ser! – Gegenruf der Abg. Helen Heberer SPD: Das wollen wir gar nicht!)
Aber die Informationen aus Ihrem Haus zu den Kosten und zum Interimsbau sind sehr spärlich. Ich möchte, dass Sie um fassend dazu Stellung nehmen, ob die Kostenangabe von 320 Millionen € korrekt ist, ob Sie Mehrkosten erwarten, inwie weit sich die Stadt Stuttgart an diesen Kosten beteiligen wird, wo der Interimsbau geplant ist. Im Gespräch ist ein Standort über dem Eckensee oder am Rande der Schillerstraße, hin zum oberen Schlosspark. Dazu hätte ich gern Ihre Vorschläge, Ih re Ideen und Ihre Konzepte gehört. Bislang habe ich dazu noch nichts erfahren.