Da wir hier relativ vie le neu gewählte Abgeordnete haben, will ich noch einmal sa gen, dass man bei der Regierungsbefragung den Fragen auch Bemerkungen voranstellen kann, die zwei bis drei Minuten dauern können. Es muss also nicht nur – wie bei der Frage stunde – eine Frage sein, sondern man kann diese Fragen auch zwei bis drei Minuten lang erläutern.
Sehr geehrte Frau Mi nisterin Altpeter, herzlichen Dank für Ihren Bericht. Ich wür de allerdings direkt zu einigen Fragen zum Bericht kommen.
Es wurde ausgeführt, dass man das Landesarchiv BadenWürttemberg heranziehen wolle, um die Akten zusammenzu führen und um auch uneingeschränkte Akteneinsicht für die Betroffenen sicherzustellen. Dazu würde mich der aktuelle Stand interessieren.
Dann wurde ausgeführt, dass eine Diözese eine Forschungs arbeit in Auftrag gegeben hat, die inzwischen wohl vorgestellt wurde. Gibt es mittlerweile entsprechende Erkenntnisse? Gibt es weitere Forschungsarbeiten seitens der Landesregierung? Wie ist der Stand der wissenschaftlichen Aufarbeitung?
Dann noch eine Frage zu den Anlaufstellen. Einerseits soll auf Bundesebene eine auf fünf Jahre befristete Anlaufstelle ge schaffen werden. Wie ist das konkret gedacht? Andererseits haben wir vernommen, dass man auf Landesebene mit dem KVJS über die Einrichtung einer Anlaufstelle im Gespräch ist. Ist man diesbezüglich schon zum Abschluss gekommen? Außerdem wurde angesprochen, dass die Kirchen mit einbe zogen werden sollen, was die Anlaufstelle anbelangt, da ih nen in diesem Zusammenhang ein erheblicher Anteil zu kommt.
Ich beginne mit der Ant wort auf die zuletzt gestellte Frage nach den regionalen An lauf- und Beratungsstellen: Herr Abg. Haußmann, es ist noch nicht abschließend geklärt, wo die Anlaufstelle angesiedelt werden soll. Wie gesagt, wir wollen da die Vertretungen der ehemaligen Heimkinder mit einbeziehen.
Einerseits – das möchte ich ganz offen sagen – bietet sich der KVJS mit seinen Kompetenzen an. Andererseits hatte das Land über die Vorgänger des KVJS, die beiden Landeswohl fahrtsverbände, zum einen die Aufsicht über die Heime, und zum anderen waren die beiden Landeswohlfahrtsverbände auch selbst Heimträger. Das kann bedeuten, dass man an ganz sensible Punkte stößt. Deswegen diskutieren wir darüber, ob eine Anlaufstelle möglicherweise auch beim Regierungsprä sidium angesiedelt werden kann. Das muss man noch ent scheiden – im Benehmen mit den Vertretungen der Heimkin der.
Was Ihre Frage nach der Anlaufstelle auf Bundesebene be trifft: Diese ist, wie gesagt, auf fünf Jahre befristet. Für die Zeit danach konnte ich noch keine Aussagen finden.
Das Landesarchiv BadenWürttemberg soll mit den Aufarbeitungen beginnen und soll die Forschungen, die es bisher schon gibt, bzw. die Untersu chungen, die die katholische Kirche vorgenommen hat, mit einbeziehen, damit man das Ganze für unser Bundesland zu sammenführen kann und nicht jede Einrichtung, die in irgend einer Art und Weise betroffen war, ihre eigene Aufarbeitung macht. Uns ist wichtig, dass wir ein Gesamtbild von den Ge schehnissen in der genannten Zeit in unserem Bundesland be kommen.
Wie eingangs von mir gesagt: Wir haben bisher fünf Petitio nen. Wir können aber nicht absehen, wie hoch die Zahl der betroffenen ehemaligen Heimkinder tatsächlich ist.
Das geht nicht. Sie dür fen nur eine einzige Frage stellen, und dann kommt der Nächs te dran. Es geht höchstens, wenn Herr Abg. Klenk das zulässt. – Er lässt es zu.
Die eine Frage, die noch nicht ganz beantwortet war, war die nach der wissenschaftli chen Aufarbeitung. Hat das Land vor, zusätzlich zu der For schungsarbeit der Diözese Forschungsarbeiten in dieser Rich tung zu leisten?
Meine Frage geht dahin: Sie hatten ja zugesagt, zu prüfen, in wieweit eine zentrale Ansiedlung beim Landesarchiv und die Einrichtung einer zentralen Nachfragestelle möglich sind. Das wäre wichtig.
Was das Thema Forschungsprojekt anbelangt: Könnten Sie noch etwas dazu sagen, wie Sie sich die Ausgestaltung vor stellen? Das war letztes Mal auch zugesagt worden.
Kollege Haußmann hat auch gefragt, inwieweit Kommunen und Kirchen letztendlich beteiligt sind, was die Beratung an belangt. Dazu haben Sie jetzt auf den KVJS verwiesen. Von den Kirchen habe ich nichts gehört. Inwieweit sind diese be reit – nicht ohne Grund, sage ich einmal –, bei den Beratungs stellen in Zukunft selbst mitzuwirken?
Die Kirchen sind bereit, im Bereich der Beratungsstellen mitzuwirken, indem sie auch ihren Anteil an den Fonds bezahlen, aus dem die regionalen Anlauf- und Beratungsstellen finanziert werden.
Was das Forschungsprojekt betrifft, müsste ich Ihnen die Ant wort schriftlich geben. Denn wir prüfen tatsächlich noch, wo das angesiedelt werden kann und wie eine Zusammenarbeit mit den Kirchen im Hinblick auf das, was vonseiten der Kir chen zu diesem Bereich schon vorliegt, geschehen kann. Wie bereits vorhin gesagt, ist es uns wichtig, das zu bündeln und nicht jeden Bereich einzeln laufen zu lassen.
Ich möchte noch einmal nachha ken, Frau Ministerin, was die Beteiligung der Kirchen anbe langt. Sie haben gesagt, die Kirchen seien in der Weise betei ligt, dass sie sich finanziell an der Einrichtung beteiligen. Aber eigene Beratungsstellen schließen Sie jetzt aus. Es war ja tat
sächlich einmal die Frage, inwieweit die Kommunen, aber auch die Kirchen eigene Beratungsstellen einrichten.
Ich kann Ihnen an dieser Stelle nicht sagen, wie weit die Verhandlungen fortgeschrit ten sind. Ich weiß, dass es Verhandlungen darüber gibt. Die generelle Bereitschaft ist da, dies auch kommunal zu veran kern. Allerdings ist es, wie Sie wissen, immer auch eine Fra ge der Finanzierung vor Ort.
Frau Ministerin, ich möch te mich zunächst einmal für die Sensibilität bedanken, mit der Sie diese wirklich sehr schwierige Fragestellung angehen, und auch für die Problematisierung in Bezug auf die Frage, ob ei ne Anlaufstelle, bei der es um Entschädigung geht, ausgerech net bei einer Stelle angesiedelt werden kann, die zumindest in der Rechtsnachfolge eines Heimträgers ist. Diese Frage ist schwierig.
Dieser Hinweis beantwortet vielleicht auch ein Stück weit die Frage von Herrn Klenk, inwieweit die Kirchen einbezogen werden können. Natürlich sind die Akteure heute völlig ande re. Dennoch spielen dabei sehr sensible Faktoren, auch in psy chischer Hinsicht, eine Rolle.
Ich habe noch eine Frage, die sich auch innerhalb meiner ei genen Praxis als wichtiger Punkt erwiesen hat. Ich weiß, dass die Wohlfahrtsverbände und die Kirchen auch bereit sind, Akteneinsicht zu gewähren. Ich finde, es wäre – ich weiß nicht, ob Sie mir da zustimmen – auch eine Aufgabe der je weiligen Beratungsstelle, dies mit zu ermöglichen und viel leicht auch zu begleiten. Denn in den Fällen, die ich mitver folgt habe, war die Begleitung ganz entscheidend für die Be troffenen.
Herr Abg. Poreski, ich stimme Ihnen völlig zu. Es ist auch die Aufgabe der Anlauf- und Beratungsstellen, die Betroffenen zu begleiten, und zwar zum einen bei Fragen, die den rechtlichen Rahmen betreffen, zum anderen aber auch bei Fragen, die an die Aufarbeitung der individuellen Geschichte oder Biografie rühren. Die Ak ten gehören dabei dazu.
Herr Kollege Poreski, es gibt eine Übereinkunft im Präsidium, dass innerhalb des Parlaments keine Plaketten mit politischem Inhalt getragen werden dürfen. Es tut mir leid, dass ich Sie darauf hinweisen muss, aber es wäre nett, wenn Sie Ihre Plakette entfernen könnten. – Danke.
Gibt es weitere Fragen? – Das ist nicht der Fall. Dann darf ich mich bei der Frau Ministerin bedanken.
Wir kommen jetzt zur nächsten Frage. Die Fragestellung ob liegt jetzt der Fraktion der CDU. Bitte schön, Herr Abg. Wa cker.
Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Es gab in den letzten Wochen und Mo naten einige durch die Landesregierung ausgelöste Irritatio nen über die Zukunft der Hauptschule bzw. der Werkrealschu le. Die Frau Kultusministerin hat zwar die Abschaffung der Notenhürde bei der Werkrealschule angekündigt und gleich zeitig das Kooperationsjahr mit den zweijährigen Berufsfach schulen eliminiert, das einen ganz besonderen Stellenwert hat te, was die konkrete Berufsvorbereitung der jungen Menschen betraf. Aber ein maßgebliches Konzept für die Weiterentwick lung dieser Schulen fehlt nach wie vor.
Um es deutlich zu sagen: Die Hauptschulen bzw. die Werkre alschulen finden beim Kultusministerium keine Beachtung mehr – und das vor dem Hintergrund, dass 152 000 Schüle rinnen und Schüler diese Schulart besuchen.
Im Sommer des Jahres 2011 gab es einen Brief der Kultusmi nisterin an alle Schulleiterinnen und Schulleiter, in dem ange kündigt wurde, dass es an den Werkrealschulen zukünftig ei ne Realschulabschlussprüfung geben sollte. Ihr Staatssekre tär Dr. Mentrup hat wenige Wochen später vor diesem Hohen Haus diese Aussage der Kultusministerin dementiert.
Des Weiteren entstanden Irritationen dadurch, dass es vor Kur zem ein Formblatt im Anhörungsentwurf für alle Grundschu len gab, in dem es um die Angaben der Grundschulempfeh lung gehen soll, also um die neue, unverbindliche Grundschul empfehlung. Auf diesem Formblatt tauchen lediglich die Be griffe Werkrealschule, Realschule und Gymnasium auf, wäh rend in der vorherigen Fassung der Begriff Hauptschule ge meinsam mit dem Begriff Werkrealschule aufgeführt wurde. Auch das sind Irritationen, die dazu führen, dass man sich die Frage stellt, wie es denn generell mit dem Stellenwert dieser Schulart auch für die Zukunft aussieht.
Ein letztes Beispiel: Der Stabsstellenleiter im Kultusministe rium, Norbert Zeller, hat erst vor wenigen Tagen auf einem Kongress, den Sie in Ludwigsburg abgehalten haben, die Aus sage getätigt, dass es künftig nur noch Werkrealschulen ge ben wird. Diese Aussage konnte er tätigen, ohne dass er von Ihnen persönlich Widerspruch erfahren hat. Er hat diese Aus sage in Ihrem Beisein getan. Wenige Tage später wurde diese Aussage im Rahmen einer Pressemitteilung Ihres Hauses leicht korrigiert.
Ich frage Sie vor dem Hintergrund dieser Irritationen und der Angaben auf Ihrem Faltblatt, das den Grundschulen zur Ver fügung gestellt wurde: Hat die Hauptschule aus Ihrer Sicht ei ne Zukunft? Beabsichtigen Sie, mit Beginn des Schuljahrs 2012/2013 den Bildungsweg Hauptschule abzuschaffen? Wenn ja: Haben Sie an den konkreten Standorten die Schul träger bereits über dieses Vorhaben informiert?
Vielen Dank. – Ich darf die Frau Kultusministerin bitten, für die Landesregierung die Antwort zu geben.