Protokoll der Sitzung vom 08.12.2011

Daher wird hier sehr deutlich, dass es sich um eine umfassen de gesellschaftliche Aufgabenstellung handelt, die in sehr vie le andere Politikbereiche abstrahlt. Auch das unterstreicht noch einmal, wie epochal die Vereinbarung auch von ihrer Wirkung her sein wird.

Mit dieser Vereinbarung wird es gelingen, ein altes Versäum nis aufzuholen, das uns beim Um- und Ausbau, vor allem bei der Nutzung der Bundesmittel für den U-3-Ausbau, immer hin an den letzten Platz gebracht hat. Wir liegen bei den U-3Plätzen mit einer Quote von 20,9 % unter dem Bundesdurch schnitt von 25,4 %. Wenn wir uns dann noch die Abrufung der Investitionsmittel des Bundes anschauen, stellen wir fest, dass wir hier an letzter Stelle liegen.

Zwei Punkte waren hierfür ausschlaggebend. Der eine war, dass die Kommunen, die hier zunehmend investiert haben, zu nächst einmal Schwierigkeiten hatten, an die entsprechenden Investitionsmittel zu kommen und auch zu einem Abfluss der Investitionsmittel zu gelangen. Der noch größere Verhinde rungsgrund war aber, dass völlig unklar war, wie sie später für die dadurch zusätzlich anfallenden Betriebskosten aufkom men sollten.

Auch für diese Aufholjagd, die wir jetzt endlich starten kön nen, ist diese Vereinbarung existenziell und epochal. Ohne diese Vereinbarung würde es uns nie gelingen, im Bereich des U-3-Ausbaus zum Ziel zu kommen. Auch im Hinblick auf das Erreichen dieser gemeinsamen Ziele, meine Damen und Her ren, Kolleginnen und Kollegen, ist diese Vereinbarung ein ganz epochaler Schritt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Es wird hier aber auch ein neues Kapitel im Umgang mit dem Thema Konnexität aufgeschlagen. Ich habe selten Verhand lungen mit Kommunen erlebt, bei denen anschließend von al len Beteiligten so klar formuliert wurde, dass man durchgän gig auf gleicher Augenhöhe verhandelt hat und zu einem Er gebnis gekommen ist, bei dem alle Bedürfnisse der verschie denen Seiten ernst genommen und in dem Gesamtlösungspa ket gewichtet wurden.

Herr Kollege Wald, seinerzeit wurden die Schulsozialarbeit und die Arbeit der Pädagogischen Assistenten weder finanzi ell noch fachlich solide miteinander verwoben.

(Abg. Georg Wacker CDU: Die Pädagogischen As sistenten haben Sie doch auch nicht finanziert!)

Das hier ist ein deutliches Gegenbeispiel. Es zeigt, dass das Thema Konnexität ernst genommen wird und man bis zuletzt auf gleicher Augenhöhe verhandelt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Georg Wacker CDU: Unglaublich! Gar nicht finanziert!)

Auch im Hinblick auf seriöse Finanzpolitik ist das hier ein ganz ausgezeichnetes Beispiel. Denn diese Koalition hat sich dazu durchgerungen, festzustellen: Wir brauchen für diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe zusätzliche Mittel. Wir können diese Aufgabe nicht nur durch „Herausschwitzen“ von Mitteln für andere Aufgaben bestreiten. Wir brauchen hier auch schnell eine entsprechend deutliche Erhöhung der Mit tel, und wir brauchen verbindliche Vereinbarungen mit unse ren Kooperationspartnern.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Staatssekretär, gestatten Sie ei ne Zwischenfrage des Herrn Abg. Wacker?

Am Ende meiner Aus führungen.

(Abg. Georg Wacker CDU: Das ist aber sehr schade!)

Wir bekommen das noch hin, Herr Wacker, keine Angst.

Daher gelingt es hier, mit zusätzlichen Einnahmen und einer Verbindlichkeit eine Sicherheit für alle Beteiligten herzustel len. Es ist schon absurd, hier darzustellen, dass diese Sicher heit in den nächsten Jahren nicht gegeben sei, weil sich die Steuereinnahmen möglicherweise verändern könnten. Nein, das Gegenteil ist der Fall: Die Kommunen können sich dar auf verlassen, dass wir hier mit einem Finanzierungsanteil von 68 % weiter am Ball bleiben, dass unabhängig von der Be treuungsquote die Finanzierung vonseiten des Landes mit wächst. Meine Damen und Herren, wir müssen in der Vergan genheit lange suchen, bis wir eine solch nachhaltige Sicher heit zwischen den Beteiligten – Landesregierung und Kom munen – finden. Daher ist auch das ein ausgezeichnetes Bei spiel für seriöse Finanzpolitik und ein großer Fortschritt.

Zu dem Thema Tagesmütter/Tagesväter, Herr Wald, ist es mir wichtig, zu unterstreichen: Ein Teil dieses Geldes geht über die Landkreise auch an die Tagesmütter und Tagesväter. Wir erreichen in diesen Bereichen noch keine qualitative Verbes serung. Aber wir erreichen, dass die Partner in den Landkrei sen und Gemeinden als Träger in der Lage sind, die Ausbau schritte zu vollziehen, die notwendig sind, um das gemeinsam vereinbarte Ziel 2013 zu erreichen.

Die Grundlagen und Rahmenbedingungen für den Einsatz von Tagesmüttern und Tagesvätern sind noch die von Ihnen vor bereiteten, von Ihnen erstellten und als fachlich kompetent hier eingebrachten Grundlagen und Rahmenbedingungen. Dasselbe gilt übrigens für den Orientierungsplan. Daher sind wir sehr gespannt, wo Sie die von Ihnen getroffenen Verein barungen als unzureichend erachten, und freuen uns an dieser Stelle auf die fachliche Diskussion.

Es geht nicht nur um die Kleinkindbetreuung im U-3-Bereich. Es geht um die Schulsozialarbeit, und es geht auch um zusätz liche Mittel für die Sprachfördermaßnahmen. Auf diese Wei se gelingt es uns, etwas umzusetzen, was seit Jahren gefordert wird. Denn wir stellen auch zusätzliche Mittel für die Sprach förderung vom ersten Kindergartenjahr an zur Verfügung. Wir stellen zusätzliche Mittel bereit, die, weil sie letztlich für drei Jahre bezahlt werden können, den Kindertagesstätten eine re lativ sichere Planungsgrundlage gewährleisten. Auf diese Wei se werden sich die Mittel pro Kindertagesstätte so erhöhen,

dass hier eine nachhaltige Personalaufstockung genauso denk bar ist wie ein Integrieren des Programms „Singen – Bewe gen – Sprechen“, SBS, oder anderer Sprachfördermaßnahmen, wenn dies fachlich geboten ist. Es wird unsere Aufgabe sein, die Einrichtungen fachlich zu begleiten, um zu ermöglichen, dass dies so integrativ wie möglich geschehen wird.

So gesehen ist es ein weiterer Schritt in der Umsetzung des Orientierungsplans, wobei im Vollausbau die integrative Sprach förderung Teil der Qualifikationen nach dem Orientierungs plan ist. Daher ist auch das ein richtiger Schritt in die richti ge Richtung. Aber angesicht der verschiedenen großen gesell schaftlichen Aufgaben müssen wir Prioritäten setzen. Im Mo ment standen der Rechtsanspruch 2013 und die Bewältigung der ungenügenden Ausbauplanung im Land an erster Stelle. Wir sind sehr stolz und sehr froh, dass es gelingt, hier jetzt ei nen wesentlichen Schritt voranzukommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Eines möchte ich noch einmal klarstellen: Verhandlungen auf Augenhöhe mit den Kommunen, Informationsfluss und Ge spräche, Herr Kollege Wald, finden natürlich genauso in Be zug auf das SBS-Programm und das Bildungshaus statt. Im Hinblick auf das Bildungshaus sind wir in Verhandlungen mit den kommunalen Trägern, dem Arbeitskreis „Frühkindliche Bildung“ und dem ZNL in Ulm, das bisher die wissenschaft liche Begleitung auf diesem Gebiet sichergestellt hat. Über die neue Situation bei dem SBS-Programm haben wir im Ok tober im Lenkungsausschuss berichtet. In der nächsten Wo che haben wir eine weitere Lenkungsausschusssitzung.

Dass das ganze Thema schon jetzt öffentlich diskutiert wur de und man nicht die in dieser Lenkungsgruppe zu treffenden Vereinbarungen abgewartet hat, hat sehr viel damit zu tun, dass das Ganze entgegen unserer Vereinbarung schon vorzei tig an die Presse gespielt wurde. Ich will damit keine Kritik an dieser Tatsache üben. Wir sind für Transparenz, und wir diskutieren über das Thema auch in der Öffentlichkeit. Aber den Vorwurf, dass nicht zu angemessener Zeit mit den Betei ligten diskutiert und entwickelt werde, möchte ich so nicht stehen lassen, weil wir uns gerade in all diesen Gremien um eine schrittweise Erarbeitung mit allen Beteiligten bemühen. Auch das gehört zu dem neuen Politikstil dieser Landesregie rung, was den Umgang mit den jeweils Beteiligten in der Be völkerung bei den anstehenden wichtigen Themen betrifft.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)

Abschließend halte ich fest: Wir haben hier bei einem gesell schaftlich wichtigen Thema nachhaltig, solide und fachlich fundiert entscheidende Weichen gestellt. Es stehen andere Themen an – einige sind hier angesprochen worden –, bei de nen sich die Landesregierung und auch die Regierungsfrakti onen verpflichtet haben, darüber in ähnlicher Weise zu disku tieren. Das ist ein Start, der in seiner Außenwirkung und auch für alle Beteiligten sehr gut ist. Auf diesem Weg werden wir, das Fachministerium, alle Beteiligten weiter begleiten und sie unterstützen. Aber heute ist erst einmal ein Tag der Freude ob dieses Ergebnisses. Dafür danke ich allen, die daran teilge nommen haben, abschließend noch einmal ganz herzlich.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In der zweiten Runde hat Frau Kol legin Sitzmann für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ja, es ist ein guter Tag für Baden-Würt temberg, für die Eltern, die Kinder, die Gesellschaft und die Wirtschaft. Wir haben dieses Vorhaben, diesen Pakt mit den Kommunen, solide finanziert. Wir haben, als wir angekündigt haben, den Grunderwerbsteuersatz um 1,5 Prozentpunkte zu erhöhen, von Anfang an gesagt, dass die Mehreinnahmen aus dieser Erhöhung nicht in den allgemeinen Haushalt fließen werden, sondern dass wir diesen Betrag ganz konkret für Vor haben einsetzen werden, die einer besseren Bildung, einer bes seren frühkindlichen Förderung dienen. Dieses Versprechen halten wir 1 : 1, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Zur Verfügung gestellt werden 315 Millionen € für 2012 und 325 Millionen € für 2013, und ab 2014 beteiligt sich das Land mit 68 % an den Betriebskosten. Aber es geht noch weiter. Zu sätzlich werden 11 Millionen € in die Sprachförderung für Kinder zwischen drei und sechs Jahren fließen. Auch das ist ein sehr wichtiger Baustein für die frühkindliche Bildung, für die Sprachförderung, für alle Kinder gleichermaßen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir investieren zusätzlich 15 Millionen € in den Ausbau der Schulsozialarbeit. Ich kann nur sagen: Die Debatten, die sich in den letzten Jahren zu diesem Thema abgespielt haben, die Debatten zwischen der von CDU und FDP/DVP getragenen Landesregierung, den Kommunen, den Schulen und den El tern, waren ein Trauerspiel. Denn das Land hat sich unter der vorherigen Regierung aus der Mitfinanzierung der Schulsozi alarbeit verabschiedet, obwohl alle wissen, wie wichtig die ser Beitrag für die Kinder und Jugendlichen ist. Wir steigen wieder in die Drittelförderung vonseiten des Landes bei der Schulsozialarbeit ein. Das ist ein ganz wichtiger Schritt. Da für wurde es höchste Zeit.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir sagen auch: Die Familien, die Eigentum erwerben wollen, wollen wir im Rahmen des Wohn raumförderungsprogramms mit über 20 Millionen € unterstüt zen. Insofern bekommen die Familien doppelt etwas zurück, und die Kinder erhalten eine gute Förderung.

Klar ist natürlich, dass für uns der verantwortungsvolle Um gang mit Ressourcen eine wichtige Rolle spielt. Denn im Zu sammenhang mit Generationengerechtigkeit geht es darum, dass wir unseren Kindern keine Schuldenberge hinterlassen wollen, sondern Gestaltungsspielräume und die Möglichkeit, die Pflichtaufgaben zu erfüllen und Investitionen in die Zu kunft zu tätigen. Das ist ein ganz wichtiges Ziel. Wir werden deshalb die Haushaltskonsolidierung im Blick behalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Jetzt möchte ich noch auf ein paar Anspielungen meiner Vor redner in Bezug auf die Frage eingehen: Was ist denn eine ver antwortungsvolle Politik für Kinder und Familien? Schauen Sie sich an, was derzeit im Bund läuft, was Schwarz-Gelb auf Bundesebene abliefert. Das ist im Gegensatz zu unserer Poli

tik rückwärtsgewandt, mutlos, und man hat wirklich keine Hoffnung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Da gibt es einen nicht enden wollenden Streit über die Frage des Betreuungsgelds. Es wird gefordert, dass Eltern, die ei nen Krippenplatz nicht in Anspruch nehmen, Geld bekommen sollen. Das ist der Treppenwitz des Jahrhunderts, meine Da men und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: In der Tat!)

Dann muss man ja auch denen eine Prämie geben, die den steuerfinanzierten öffentlichen Nahverkehr oder sonstige öf fentlich finanzierte Einrichtungen nicht nutzen. Das ist wahr lich absurd,

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Andre as Schwarz GRÜNE: Genial!)

und es bringt uns im Land nicht voran.

Sie setzen die völlig falschen Signale, meine Damen und Her ren. Wir setzen hier die richtigen und wichtigen Signale, die den Bedürfnissen und der Lebenswirklichkeit in unserem Land entsprechen. Deshalb war und ist dieser Pakt mit den Kommunen ein Durchbruch. Darauf sind wir stolz. Wir freu en uns, dass es endlich ausreichend Kinderbetreuungsplätze gibt; das wird sehr rasch der Fall sein.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Kolle ge Maier.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Noch vier Anmerkungen. Herr Dr. Kern, bleiben wir bei der Straße. Die Straße ist gut; sie hat ein gutes Fundament, und vor allem ist sie so gebaut, dass sie zukunftsfähig ist. Wir haben das Thema Kleinkindbetreuung jetzt mit Hochdruck be arbeitet und diesen Pakt mit den Kommunen geschlossen, weil wir keine Generation verlieren wollen. Gleich im nächsten Jahr geht es los. Wir wollen alle Kinder mitnehmen, und der Pakt hat auch Zukunft. Kleinkindbetreuung, Schulsozialar beit, Sprachförderung, all dies vermeidet „Schlaglöcher“ in den späteren Lebensläufen der Kinder.