Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

Herr Minister, es gibt noch eine Rei he von Zwischenfragen, die Sie an den Schluss verwiesen ha ben. Es gibt Zwischenfragen der Kollegen Zimmermann, Röhm und Glück.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Ich spreche noch einmal!)

Er spricht noch einmal. – Kollege Zimmermann.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Er will noch ein Stich wort für eine neue Runde geben!)

Herr Minister, danke schön, dass Sie noch da sind.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Claus Schmiedel SPD: Lindner ist schon weg!)

Herr Minister, können Sie mir Auskunft darüber erteilen, ob Sie selbst Pressemitteilungen aus den USA bestätigen können

oder Ihr Ressort sie bestätigen kann – es muss Ende Novem ber oder Anfang Dezember dieses Jahres gewesen sein –, dass in Kalifornien, dem Vorzeigeland regenerativer Energien, ak tuell alle 14 000 Windkraftanlagen abgestellt worden sein sol len und aufgrund fehlender Rentabilität abgebaut werden? Das möchte ich von Ihnen wissen; ich bin da nicht weitergekom men.

Ich habe genug damit zu tun, mich für BadenWürttemberg auf dem Laufenden zu halten, und schaue nicht auch noch nach Kalifornien,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Dahin ha ben Sie früher öfter geschaut!)

beim besten Willen nicht. Damit kann ich Ihnen nicht dienen.

(Unruhe)

Das ist jetzt aber keine Ant wort auf meine Frage, Herr Minister.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Da fliegst du am besten mal rüber und guckst dir das an!)

Jetzt bitte die Frage des Kollegen Röhm.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wenn die anderen Zwischenfragen nicht besser sind! – Weitere Zurufe)

Herr Minister, vielen Dank, dass ich die Frage stellen darf. Wir sind jetzt weg von Ameri ka und kommen zurück nach Europa.

Ich freue mich, dass Sie persönlich – ich spreche jetzt ganz ausdrücklich Sie an, nicht Ihre Partei –

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist ein Unterschied!)

der Wahrhaftigkeit die Ehre geben

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD)

und immerhin Manns genug sind, zuzugeben, dass Sie eine klimaschädliche Energieart vorerst in Kauf nehmen, billigen, um ein höheres Ziel zu erreichen. Das ist auch in Ordnung so. Ich sehe es genauso wie Sie. Aber Sie haben hier im Plenum einst gesagt, dass es sich bei dem Strom, der aus Frankreich kommt, um Ökostrom handeln würde.

Können Sie mir bitte ein mal erklären, wie all der Strom, der in Frankreich zusammen fließt – die Franzosen haben einen Anteil von ungefähr 20 % Ökostrom an ihrer Gesamtstromerzeugung –, wieder so aus sortiert wird, dass ausschließlich Ökostrom Deutschland er reicht?

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wenn Sie uns das bitte noch erklären würden, dann hätten Sie noch mehr bei mir gewonnen.

Fangen wir einmal mit dem Thema „Fossile Energieträger in der Übergangsphase zur erneuerbaren Welt“ an.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Klar!)

Wir werden in den nächsten – ich sage einmal so – zwei, drei Jahrzehnten sowohl noch Kohlekraftwerke als auch verstärkt Gaskraftwerke haben. Beide, wenn auch die Gaskraftwerke in geringerem Umfang, emittieren CO2.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Es geht nicht oh ne! Das sehen wir ein!)

Aber, Herr Kollege Röhm, wir haben in Europa Gott sei Dank das hinbekommen, was andere, nämlich die Amerika ner und die Chinesen, bislang nicht hinbekommen haben, nämlich einen Emissionshandel. Das heißt, Sie dürfen nur emittieren, wenn Sie Zertifikate haben. Daher sind erst ein mal die Emissionen innerhalb der EU gedeckelt.

Um ein Beispiel zu geben: Einmal angenommen – theoretisch angenommen –, Sie würden in Baden-Württemberg zusätzli che Kraftwerke auf der Basis fossiler Energieträger ans Netz bringen und hätten keine Zertifikate: Dann müssten Sie sich mit Zertifikaten eindecken. Diese können dann in einem an deren Land nicht mehr genutzt werden, sondern werden dann bei uns angewandt. Europaweit bleibt die Bilanz letztendlich gleich. Europaweit bleiben dann unter dem Strich die CO2Emissionen gleich und werden Stück für Stück in der Größen ordnung, wie es in der Emissionsrichtlinie der EU verankert ist, nämlich um etwa 1,7 % pro Jahr, abgesenkt. Das ist die Situation. Jahr für Jahr werden Zertifikate herausgenommen.

Daher bedeutet die jetzige Übergangsphase, in der wir in Deutschland die Kernkraftwerke schrittweise abschalten – an genommen, wir würden verstärkt auf fossile Energieträger zurückgreifen müssen –, unter dem Strich in der EU nicht mehr CO2-Emissionen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Haben wir Sie missverstanden? Ökostrom!)

Nix Ökostrom. – Zweitens, zu Frankreich: Wir haben in den ersten Monaten dieses Jahres aus Frankreich Strom nach Deutschland importiert. Das war aber auch in den vergan genen Jahren immer so, um es einmal deutlich zu sagen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Welche Art von Strom?)

Langsam. Strom hat keine Farbe. Ich will trotzdem ver suchen, es Ihnen zu erklären.

Wir haben in den letzten Jahren auch immer in den ersten Monaten des Jahres Strom aus Frankreich importiert. Über das Jahr hinweg gesehen, in der Jahresbilanz, haben wir im mer mehr exportiert als aus Frankreich importiert. In Zukunft wird es nach meiner Einschätzung so sein – in wenigen Wochen werden wir es sehen –, dass wir bei der Import-Ex port-Bilanz bundesweit, bei der wir in der Vergangenheit pro Jahr 20 TWh Stromexportüberschuss hatten – Jahr für Jahr; 2006, 2007, 2008, 2009 immer 19, 20 TWh Überschuss, und das zum Teil bei zwei oder drei stillliegenden Kernkraft werken –, diese Überschüsse nicht mehr haben werden.

Wir werden aber auch nicht in großem Maß auf Import an gewiesen sein. Wir hatten in Deutschland in den letzten Jahren Überkapazitäten. Dass es so ist, sehen Sie ganz einfach an der Strombörse in Leipzig. Die Tatsache, dass die Leipziger Strombörse heute Preise von 53, 54, 55 € pro Megawattstunde zeigt – die gleichen Preise wie vor den Ereignissen in Fuku shima, vor Abschaltung der acht Kernkraftwerke –, ist nun wirklich kein Zeichen dafür, dass am Markt Knappheit herr schen würde. Eigentlich haben alle damit gerechnet, die Strompreise würden steigen. Das wäre auch gut gewesen für diejenigen, die in Gaskraftwerke investieren wollen. Es geht aber – leider, sage ich – mit den Preisen nicht hoch. Es bleibt bei 53 oder 54 € pro Megawattstunde. Damit fehlen die An reize für potenzielle Investoren, in neue Kraftwerke zu inves tieren. Das heißt, wir haben keine Knappheit.

Was war im Frühjahr, Herr Kollege Röhm? In Frankreich ist Folgendes passiert: In der ersten Phase nach der Stilllegung der acht Anlagen in Deutschland sind die Preise an der Börse von 53 oder 54 € auf 65 bis 67 € pro Megawattstunde gestie gen. Dann ist es schlicht und ergreifend in europäischen Märk ten so: Dahin, wo man mehr erlöst, geht der Strom. Also ha ben die Franzosen nach Deutschland exportiert.

Was haben sie exportiert? In Frankreich ist Folgendes ge laufen: Die haben kein Kernkraftwerk in Kaltreserve, das sie anschalten, um Strom nach Deutschland zu exportieren, sondern bei denen laufen halt die 58 Kernkraftwerke, die sie haben, ständig. Die haben aber noch Folgendes gemacht: Die haben Kohlekraftwerke aus der Reserve herausgenommen und ans Netz gebracht. Das können Sie ganz leicht folgender maßen überprüfen: Die haben nämlich keine Zertifikate ge habt, weil sie normalerweise den Bedarf über die Kernener gie abdecken. Ergo mussten sie sich auf dem Markt mit Zer tifikaten eindecken. Die Zertifikatspreise gingen hoch. Sie können genau sehen, dass die Zertifikatspreise in Frankreich in diesem Frühjahr hochgeschossen sind. Das heißt, die ha ben Kohlekraftwerke ans Netz gebracht und Strom exportiert. Ob das dann Kohlestrom oder Atomstrom war, das können Sie nicht feststellen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Okay! Danke! Das genügt!)

Wie denn auch?

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ab sofort kostet der Einführungskurs!)

Das ist die Bilanz. Aber in der Jahresbilanz, Herr Kollege Röhm, ist es nicht so, dass wir auf französischen Kohlestrom oder Atomstrom angewiesen wären,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich akzeptiere Ihre Antwort! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das kann er sich gar nicht alles merken!)

was die Versorgungssicherheit betrifft.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Antwort ist ehrlich! Danke!)

Redezeit für eine zweite Runde hat noch die Fraktion der FDP/DVP. – Herr Kollege Glück.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Minister Unter steller, Sie konnten mir leider nicht einmal die Zusage geben, ein Energiekonzept zu erstellen.

(Oh-Rufe von den Grünen)