Protokoll der Sitzung vom 21.12.2011

Ich wollte nur noch einmal fragen, weil dies in der vergangenen Woche eine Rolle gespielt hat: Ist damit die Haltung der Regierung und das Regierungshan deln zum Thema Kapitalerhöhung abgeschlossen?

Nein, das Regierungshandeln ist noch nicht abgeschlossen, weil wir dem Landtag noch nicht die mögliche Höhe und die genauen Ausschüttungsszenarien vorgelegt haben. Die Lan desregierung befindet sich noch mitten in der internen Be schlussfassung und der Erarbeitung von Vorlagen, die sie dann dem Landtag zuleiten wird. Insofern ist das Regierungshan deln zu der Frage einer Kapitalerhöhung noch nicht abge schlossen.

(Abg. Winfried Mack CDU: Dann warten wir eben noch darauf! – Gegenruf des Abg. Martin Rivoir SPD: Genau! – Abg. Claus Schmiedel SPD zur CDU: Ihr könnt dann noch einmal einen Untersuchungsaus schuss beantragen! – Gegenruf des Abg. Peter Hauk CDU: Das kommt noch!)

Ich will gern noch auf die Frage der Bildung von Rücklagen eingehen. Denn CDU und FDP/DVP sind jetzt wackere Kämpfer gegen Haushaltsrücklagen geworden. Ich will nur einmal in die jüngere Vergangenheit zurückblicken und Sie daran erinnern, dass Sie ab dem Jahr 2007 bis heute vier Rück lagen in dreistelliger Millionenhöhe gebildet haben. Die ers te war aus dem Jahr 2007 eine sogenannte Rücklage für Steu ermindereinnahmen und weitere Haushaltsrisiken in Höhe von damals 717 Millionen €. Als zweite Rücklage folgte unter Ih rer Regierungszeit ein sogenanntes Impulsprogramm BadenWürttemberg aus dem Jahr 2007 in Höhe von ursprünglich 178 Millionen €. Hinzu kamen schließlich noch eine Rückla ge für die Kleinkindbetreuung aus dem Jahr 2007 – damals in Höhe von 167,6 Millionen € – und eine Rücklage aus dem Jahr 2008 – eine sogenannte Bildungsoffensive – in Höhe von 528,1 Millionen €.

Das heißt, Sie haben mit Rücklagen operiert, als wäre das überhaupt kein Problem. Deshalb wundert es mich jetzt, dass Sie sich so darüber empören, dass wir eine zweckbestimmte Rücklage für Sanierungen eingerichtet haben. Wir haben das Ganze immer transparent gemacht. Vor allem: Es steht voll kommen in der Entscheidungsgewalt des Landtags, diese Rücklage aufzulösen, sie umzuwidmen und für andere Zwe cke zu verwenden. Sie als Landtagsabgeordnete haben das in der Hand. Es ist keine geheime Rücklage, sondern es ist eine dem Landtag zugängliche, eine der Entscheidungsgewalt des Landtags unterliegende Rücklage für bestimmte Zwecke. Der Landtag ist im Umgang mit diesen Geldern völlig souverän.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Schließlich ist die Bildung dieser Rücklage auch kein schlech tes Geschäft. Wir haben die Wirtschaftlichkeitsfrage intensiv geprüft. Aus diesem Grund haben wir im Haushaltsrecht die Möglichkeit geschaffen, die Mittel aus der Sanierungsrückla ge unterjährig für die Liquiditätssteuerung des Landeshaus halts einzusetzen. Damit ist ein Problem hinsichtlich der Wirt schaftlichkeit gar nicht gegeben, weil wir jederzeit unterjäh rig tilgen können und Mittel für den Schuldenabbau einsetzen können. Es handelt sich also auch unter Wirtschaftlichkeits aspekten um eine sehr gute Lösung.

Deshalb verstehe ich nicht, weshalb Sie gegen diese Rückla ge so ankämpfen. Der Landtag hat sie selbst mehrheitlich im Haushalt beschlossen. Sie ist jederzeit zugänglich, sie ist wirt schaftlich und damit auch komplett verfassungsgemäß.

Wenn wir schon über Schattenhaushalte reden: Wir werden in der Landespolitik – Landesregierung und Landtag gemeinsam – in den nächsten Monaten in der Tat darüber nachdenken müssen, wie wir mit der Landesstiftung als dem größten Schat tenhaushalt dieses Landes umgehen. Denn wenn es einen Schattenhaushalt gibt, dann ist es die Landesstiftung, und die haben nun einmal Sie eingerichtet.

Ich will zu den strukturellen Fragen und den strukturellen Ein sparungen kommen. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Landesregierung mit diesem Landeshaushalt noch nicht in allzu breitem Umfang strukturelle Einsparungen vor sehen konnte. Trotzdem: Die Anpassungen bei der Beihilfe wirken nachhaltig. Sie ergeben einen Betrag in Höhe von et wa 30 Millionen €, der das Land bei den Personalkosten nach haltig entlastet

(Abg. Winfried Mack CDU: Die 180 Stellen wirken auch nachhaltig!)

und den vorübergehenden Mehrbedarf aus zusätzlichen Stel len allemal abdeckt. Das sind etwa 10 Millionen €, und diese Stellen sind, wie gesagt, mit k.w.-Vermerken versehen. Inso fern glaube ich, dass das zumindest einmal ein Ansatz ist, über den wir das Land bei den Personalkosten nachhaltig entlas ten.

Übrigens müssen Sie auch einmal folgenden Widerspruch auf klären: Einerseits kämpfen Sie gegen ein vermeintliches Son deropfer der Beamten an, und andererseits mahnen Sie struk turelle Einsparungen an. Wo wollen Sie diese Einsparungen denn vornehmen, wenn nicht bei den Personalkosten, lieber Herr Hauk und lieber Herr Rülke?

(Abg. Winfried Mack CDU: Erst einmal die 180 Stel len wieder abschaffen! – Zuruf des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU)

Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Wir werden, wenn wir ei ne mittelfristige Planung bis 2020 auflegen wollen, wenn wir für den Doppelhaushalt 2013/2014 halbwegs vernünftige Zah len produzieren wollen, nicht umhinkommen, uns die Perso nalkosten anzuschauen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Dann machen wir einen Systemwechsel!)

Sie machen nun einmal 40 % des Landeshaushalts aus. Des halb war es richtig, dass auch bei der Deckung des Haushalts

2012 ein angemessener Beitrag der Beamtenschaft verlangt worden ist.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Die Beamtenschaft ist aber nicht das alleinige „Sparschwein“. Das haben Sie völlig falsch dargestellt. Über 250 Millionen € werden an anderen Stellen, über alle Einzelpläne hinweg, ein gespart. Dies so abzutun, als wäre das keine Leistung gewe sen, ist auch eine Missachtung und eine Geringschätzung der Anstrengungen, die wir in der Regierung,

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

die die Fachminister und ich in den Chefgesprächen und die wir dann mit dem Ministerpräsidenten in den Spitzengesprä chen in der Koalition gemeinsam erbracht haben. Es ist eine große Kraftleistung, 380 Millionen € zu decken, davon über 250 Millionen € außerhalb der Personalkosten. Dann noch ein angemessener Beitrag von der Beamtenschaft – das ist eine runde Sache. Ich will sehen, wie Sie sich bei der Abstimmung über die einzelnen Haushaltspositionen endgültig entscheiden werden. Dann wird die Wahrheit auf den Tisch kommen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wer meint, das Lebensarbeitszeitkonto, das die vorherige Lan desregierung eingeführt hat, würde einen strukturellen Spar beitrag leisten können, verkennt völlig, dass es die Lasten nur vorübergehend verschoben hat. Das war auch ein Grund da für, dass wir diesen Weg zu Oppositionszeiten kritisiert ha ben, denn beim Lebensarbeitszeitkonto muss später die Rück zahlungsphase aus dem Landeshaushalt finanziert werden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bei weniger Schü lern!)

Wer meint, ein Lebensarbeitszeitkonto sei ein struktureller Sparbeitrag, verkennt völlig die finanzwirtschaftlichen Aus wirkungen. Deshalb konzentrieren wir uns darauf, im Dialog mit den Beamtenverbänden im nächsten Jahr ein Lebensar beitszeitkontenmodell zu erarbeiten, das ausschließlich dazu dient, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu verbes sern. Das ist ein ehrliches und faires Angebot an die Beam tenschaft.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Welche Bedeutung hat da die Bugwelle? – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Röhm?

Bitte.

Herr Minister, das, was Sie da vorhaben, ist sinnvoll. Welche Bedeutung hat denn für Sie der Abbau der Bugwellenstunden? Wie wollen Sie das umset zen? Diese Leistung ist ein Beitrag der Lehrer zur Unterrichts versorgung, weil man fächerspezifisch agieren kann. Ohne die Bugwellenstunden wäre es bisher nicht gegangen und geht es auch zukünftig nicht. Können Sie hier und heute den Beam tinnen und Beamten erklären, dass sie jede einzelne Stunde – ich sage: jede einzelne Minute – aus der Vorleistung zurück bekommen und dass Sie dafür auch Mittel vorsehen?

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Herr Röhm, genau diese Frage beschreibt das ganze Dilem ma der CDU-Oppositionspolitik:

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist kein Dilem ma, das ist notwendig!)

Einerseits schreien Sie, man müsse den Haushalt konsolidie ren, andererseits geben Sie den Klientelgruppen nach, wenn es um zusätzliche Forderungen geht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Lauter Erblasten! – Zu ruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Ich sage Ihnen eines: Was Sie in der Bildungspolitik alles for dern, das sind Mehrausgaben on top. Das wird man nie und nimmer finanzieren können. Sie haben sich ganz schnell den Oppositionshabitus angewöhnt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bekommen die nun die Stunden zurück oder nicht?)

Nehmen wir einmal das Beispiel der Pädagogischen Assisten ten. Es ist uns ein gemeinsames Anliegen in der Regierung gewesen, strukturelle Veränderungen im Bildungsbereich so zu finanzieren, dass das nicht on top geht, sondern aus den vorhandenen Ressourcen umgestrickt wird.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

Genau dies haben wir bei den Pädagogischen Assistenten ge tan, und jetzt schreien Sie,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein, nein!)

das würde zulasten der Lehrereinstellungen gehen. Sie müs sen sich irgendwann einmal entscheiden: Wollen Sie solide Finanzpolitik machen, oder wollen Sie einfach den Leuten nach dem Mund reden, lieber Herr Röhm? Das ist die Frage.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Das Gleiche machen wir übrigens bei den anderen bildungs politischen Schwerpunkten: Einführung der Gemeinschafts schule, Veränderung der Werkrealschule, Veränderung bei der Krankheitsstellvertretung. Diese Verbesserungen werden alle aus der sogenannten demografischen Rendite finanziert, bei spielsweise im Jahr 2012 aus den besagten 3 300 Lehrerstel len.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Deshalb ist es auch eine völlige Verdrehung der Tatsachen, wenn Sie sagen, die sogenannte Gemeinschaftsschule würde alles auffressen, was wir an Effizienzreserven und an Verbes serungen aufgrund des demografischen Wandels bekommen. Das macht für 2012 gerade einmal 60 Deputate aus. Wir wer den aber 200 zusätzliche Deputate für strukturelle Verbesse rungen bei der Krankheitsstellvertretung schaffen. Das betrifft dann alle Schulen.

Damit ist auch klar: Diese Landesregierung hat Verbesserun gen im Unterricht über alle Schularten hinweg im Blick. Wir wollen einen Bildungsaufbruch für alle Schularten erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Schließlich zum Thema „Erhöhung des Grunderwerbsteuer satzes und Kleinkindbetreuung“: Die Frage war schlicht und ergreifend, ob Verbesserungen beim Krippenausbau über mehr Schulden oder über eine Steuererhöhung finanziert werden. Wir haben uns für den Weg der soliden Finanzpolitik, für ei ne nachhaltige Finanzierung dieser wichtigen Zukunftsaufga be über eine Steuererhöhung entschieden. Das ist zugegebe nermaßen nicht populär, aber es ist die ehrliche Antwort auf eine wichtige Herausforderung in unserer Gesellschaft.

Sie dagegen haben uns in der Bildungspolitik lauter offene Baustellen hinterlassen. Ich nehme einmal das Beispiel der sogenannten Qualitätsoffensive Bildung. Sie ist nur bis 2012 durchfinanziert – also diese berühmte Verbesserung beim Klassenteiler: alles auf Pump finanziert für die Folgejahre.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die wollten Sie auch! Sie wollten doch sogar einen Klassenteiler von 25!)