Protokoll der Sitzung vom 15.03.2012

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: In China!)

und vor allem auch um die Studiengänge. Das kann ich doch nicht einfach negieren und von heute auf morgen streichen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD)

Ich möchte zum Thema Zuschüsse noch ein anderes Beispiel nennen. Nehmen wir einmal die Schülerbeförderungskosten, und stellen Sie sich einmal vor, das Land würde von heute auf

morgen den Landkreisen sagen: Ihr bekommt 50 % weniger. Dann würde der Schülerverkehr in Baden-Württemberg doch teilweise zusammenbrechen. So ähnlich ist es auch bei die sem Gesetz, das die Bundesregierung fatalerweise verabschie den will.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abg. Stober.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute über das Thema „Kürzung der Solarförderung auf Bundesebene“. Lassen Sie mich einmal nicht mit einem Papier von den Grü nen oder von der SPD einsteigen, sondern mit einem, wie ich finde, sehr interessanten Brief, den die KEA sowie 17 regio nale Energieagenturen des Landes dieser Tage Herrn Röttgen und Herrn Rösler zugeschickt haben, und zwar mit Datum 13. März, also vorgestern. Denn ich glaube, in diesem Saal können einige aus diesen Worten einiges lernen.

(Glocke des Präsidenten)

Kollege Stober, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Nemeth?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Herr Stober hat doch noch gar nichts gesagt! – Abg. Paul Nemeth CDU: Dass man auch nicht mehr eine Frage stellen darf!)

Herr Nemeth, Sie haben nachher auch noch entsprechende Redezeit; dann können wir auf dieser Ebene unsere Argumen te austauschen.

Ich zitiere – weil ich glaube, dass einiges daraus hervorgeht – aus diesem gemeinsamen Brief von der KEA und den regio nalen Energieagenturen:

Bereits heute ist ein Degressionsszenario vereinbart, das die Photovoltaikindustrie in eine beispiellose Lernkurve zwingt. Keine andere Technologie zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat bis heute so drastische Kosteneinsparungen erzielt, und keine andere Stromer zeugungstechnologie hat noch vergleichbare Kostenein sparpotenziale vor sich.

Sehen Sie es als verlässliche Politik an, wenn Sie nach nur zehn Wochen Geltungsdauer der aktuellen Vergütun gen eine neue Kürzung vornehmen?

Ja, Photovoltaik war über viele Jahre eine volkswirt schaftlich gesehen sehr teure Form der Stromerzeugung. Schon heute jedoch ist PV-Strom günstiger als OffshoreWindstrom und wird näher an Verbrauchsschwerpunkten erzeugt, sodass hierfür kein Ausbau von Transportkapa zitäten erforderlich ist.

Um es jedoch deutlich zu machen: Es geht nicht um Wind oder PV, es geht nicht um Biomasse oder Wasserkraft, sondern wir müssen alle regenerativen Erzeugungs- und zudem alle Effizienzpotenziale erschließen, um die Ener giewende zu schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Lassen Sie die zusätzliche Kürzungsrunde ausfallen, und verzichten Sie auf den geplanten nicht mehr atmenden Deckel, der zum Ersticken der mit viel öffentlichem und privatem Kapital aufgebauten Photovoltaikindustrie in Deutschland führen dürfte! Auch die Deckelung der Ver gütung auf 85 oder 90 % der Erzeugung führt zu einem drastischen Einbruch des PV-Ausbaus durch viele kleine Genossenschafter oder Privatinvestoren.

Ich glaube, deutlicher, als es die KEA und die regionalen Ener gieagenturen in diesem Land Ihnen oder auch Herrn Röttgen und Herrn Rösler hier ins Stammbuch geschrieben haben, kann man es nicht tun. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, wel che verheerenden Auswirkungen diese Politik von SchwarzGelb auf Bundesebene hat.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Aber noch einmal allgemein zum Thema EEG: Das EEG, das im Jahr 2000 von Rot-Grün beschlossen wurde – die Vorgän gerregelung war das Stromeinspeisungsgesetz, das noch aus der Regierungszeit der CDU, aus dem Jahr 1991 stammte –, ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Damit wurde der Durch bruch für den Ausbau der regenerativen Energien geschafft, insbesondere für die Windenergie und die Fotovoltaik, mit den Einschränkungen für die Windenergie in Baden-Württemberg, über die wir gestern diskutiert haben. Deswegen ist das eine einzigartige Erfolgsgeschichte.

Damit ist auch ein Zweites erreicht worden: Die Fördersätze pro Kilowattstunde Strom sind gigantisch gesunken, von 99 Pfennig pro Kilowattstunde, die es am Anfang gab, auf 20,77 Cent, die nach der derzeitigen Gesetzeslage ab Juli 2012 vorgesehen sind. Darüber hinaus wollen Sie noch einmal zu langen? Glauben Sie, dass das wirklich sinnvoll und hilfreich ist?

(Abg. Paul Nemeth CDU: Ja!)

Meinen Sie nicht auch, dass sich bei einer darüber hinausge henden Kürzung nicht vielmehr die Frage stellen würde, die auch in der Stellungnahme der Landesregierung zum Aus druck kommt, nämlich ob diese Kürzung – wir haben schon gigantische Kürzungen, die wir in dieser Größenordnung auch für richtig halten – für die Firmen hier im Land oder auch in China wirtschaftlich noch tragbar wäre? Selbst die Firmen dort würden es nicht mehr schaffen; es würde zu einem gigan tischen Einbruch kommen. Herr Kollege Nemeth, das ist auch beim allerbesten Willen und angesichts aller Ziele der Markt integration nicht mehr darstellbar.

Herr Kollege Kößler hat es bereits angesprochen: Wir würden viel von dem Geld, das die Stromkunden in den letzten Jah ren bezahlt haben, zum Fenster hinausschmeißen, wenn wir jetzt diese unbedachte Nacht- und Nebelaktion durchführen würden.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ich möchte noch kurz auf die Punkte eingehen, die gerade auf Bundesebene geplant sind. Das eine ist der Bruch des Vertrau ensschutzes dadurch, dass man die Regelung bereits zum 9. März in Kraft treten lassen wollte. Da gibt es eine Absetz bewegung, die eine andere Richtung einschlagen will; wir be grüßen natürlich, dass da allmählich etwas Einsicht entsteht.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Wir auch!)

Aber – darauf habe ich eben schon hingewiesen – die weite re Absenkung der Sätze um bis zu 30 %, wie sie jetzt geplant ist – schon jetzt sind die Sätze von 28,74 Cent Ende 2011 auf 20,77 Cent abgesenkt worden; das war bereits eine Absen kung um rund 30 % –, die Absicht, hier noch einmal draufzu satteln, würde die Branche wirklich in Gefahr bringen und viele der 130 000 Arbeitsplätze, die es in Deutschland in der Solarbranche gibt, gefährden. Herr Kollege Renkonen hat dies schon angesprochen. Das kann also nicht sinnvoll sein.

Es gibt aber noch etwas anderes, was überhaupt nicht sinnvoll sein kann. Denn wir haben einen Korridor zum Ausbau der erneuerbaren Energien vereinbart, und zwar sowohl auf Bun desebene als auch auf Landesebene, der im Bereich Fotovol taik im Augenblick bei 3,5 GW pro Jahr liegt. Wenn man die sen Wert ab dem Jahr 2017 auf bis zu 0,9 GW zurückfahren will, kann man jeden Ausbau der erneuerbaren Energien letzt lich vergessen. Das wäre der Abbruch einer gemeinsamen Er folgsgeschichte.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ich möchte noch auf einen anderen Randpunkt hinweisen; denn in der gestrigen Debatte gab es Zurufe in Bezug auf den Netzausbau. Wir haben derzeit die Situation, dass die Bundes netzagentur ein Szenario für den Netzausbau erstellt, bei dem von 54 GW installierter Leistung durch Fotovoltaik bis zum Jahr 2022 ausgegangen wird. Wenn wir rund 10 GW weniger haben, ist das keine zu vernachlässigende Größenordnung. Sie müssen dabei wieder eine neue Schleife drehen und müssen Ihr Szenario und Ihre Gutachten verändern. Das, was Ihnen immer am Herzen liegt, nämlich der Ausbau der Netze, wür de noch einmal weiter verschleppt werden. Auch das kann nicht im Sinne des Erfinders sein.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich denke, es gibt viele Gründe – deswegen haben wir das auch zum Beschlussantrag erhoben –, diese Gesetzesvorlage im Bundesrat abzulehnen und den Vermittlungsausschuss an zurufen. Wir sollten uns darüber einig und bewusst sein, dass das EEG eine große Erfolgsgeschichte ist. Das EEG hat uns, die Stromkunden, natürlich Geld gekostet – gar keine Frage –, aber es ist eine richtige und sinnvolle Investition.

Wir sind kurz vor dem Schritt der Netzintegration, der Markt integration, der Netzparität. Wenn ich mir eine Studie des Fraunhofer-Instituts dazu anschaue, wann der Punkt erreicht sein wird, dass der Strom aus Fotovoltaik günstiger ist als der, den man am Markt kaufen kann, dann stelle ich fest, dass wir im Privatbereich bereits in den nächsten Jahren so weit sind, im industriellen Bereich in den Jahren 2016/2017. Diese gro ßen Erfolge dürfen wir uns jetzt nicht durch eine Nacht-undNebel-Aktion kaputt machen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Deshalb mein Plädoyer, liebe Kolleginnen und Kollegen: Be kennen wir uns nun gemeinsam zum EEG. Ich hatte in der letzten Legislaturperiode immer den Eindruck, dass es dieses gemeinsame Bekenntnis gibt. Lassen Sie uns das EEG um sichtig weiterentwickeln und auch Reduzierungen vornehmen, aber natürlich nur dort, wo es der Markt ermöglicht. Lassen Sie uns gemeinsam gegen blinde Nacht-und-Nebel-Aktionen

auf Bundesebene vorgehen, die wir im Augenblick erleben und die wir beim besten Willen nicht gebrauchen können.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Nemeth.

Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Ich würde doch darum bitten, dass wir uns, bevor wir von Nacht-und-Nebel-Aktionen sprechen und Sie hier einen Sturm im Wasserglas veranstalten, einmal die Fakten und auch die Gemeinsamkeiten ansehen.

Herr Renkonen, ich bin durchaus bei Ihnen, dass wir natür lich im Bereich Entwicklung, Forschung und Wissenschaft weitermachen wollen. Da gibt es überhaupt keinen Dissens. Natürlich wollen wir die Energiewende aktiv mitgestalten. Wir alle hier im Haus sind uns doch einig, dass das EEG ein Erfolgsmodell ist. Aber Sie müssen doch auch ganz klar die Fakten anerkennen – gerade Grün-Rot sollte sich dies noch einmal überlegen –, dass es bei der Fotovoltaik zu einer kla ren Überförderung gekommen ist,

(Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)

und zwar deshalb, weil das Preis-Leistungs-Verhältnis von Jahr zu Jahr wesentlich besser wird. Wir hatten im Jahr 2011 einen Zubau wie noch nie in ganz Deutschland, im Besonde ren in Baden-Württemberg,

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Ist doch wunderbar! Wenn wir die Energiewende wollen, müssen wir die Anzahl ausbauen!)

der bis an die Belastungsgrenze der Netze geht. – Frau Sitz mann, es ist nicht so, dass man einfach immer zubaut, zubaut, zubaut, während die Netze gar nicht mehr mithalten. Sie müs sen einmal mit der EnBW und den anderen Netzbetreibern re den, welche Probleme die haben.

(Heiterkeit bei den Grünen)