Aber uns war vor allem die Aktualität wichtig. Am 24. Janu ar hat der EU-Binnenmarktausschuss entschieden. Heute, am 30. Januar, sechs Tage später, führen wir hier diese Debatte. Daran wird klar, wie brisant das Thema ist und wie engagiert sich der Landtag – das ließ sich in allen Reden feststellen – gegen diese Konzessionsrichtlinie positioniert.
Es besteht dennoch – Minister Untersteller hat es gerade er wähnt – die Gefahr einer Privatisierung oder einer, wie der Minister es nannte, Dekommunalisierung durch die Hintertür. Wir haben zwar für die Stadtwerke noch ein Zeitfenster bis 2020, aber bis dahin ist die Kommission ja nicht untätig. Was wir von da schon gehört haben – Herr Kollege Reinhart hat gerade von den Duschköpfen usw. gesprochen –, lässt uns fra gen: Wer weiß, was da noch kommt? Wer weiß, was sich die Kommission noch wird einfallen lassen?
Deshalb ist es wirklich wichtig, dass sich die Länderparlamen te und eben auch der Bundestag und die Bundesregierung – und zwar die jetzige – ganz klar gegen diese Richtlinie, ins besondere was die Wasserversorgung angeht, wenden. Da muss die Bundesregierung – das ist die Aufforderung, die von hier aus kommen muss, und zwar auch von der FDP/DVP; die Abkürzung „FDP“ könnte man ja auch übersetzen mit: „Für die Privatisierung“ –
zu der Erkenntnis kommen, dass hier eine Änderung vonnö ten ist, und muss hier umschwenken. Sie regiert sonst gegen das Volk und gegen die Interessen vieler.
Herr Minister, damit es abermals und ein für alle Mal klargestellt ist: Die CDU-Land tagsfraktion, die Union lehnt Wasser als freie Handelsware ab. Das will ich ausdrücklich nochmals wiederholen.
(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grünen, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut!)
Ich denke, ich habe auch klargemacht, dass wir keine büro kratischen Hindernisläufe wollen. Wir wollen gerade die Ent bürokratisierung. Wenn man über Europa spricht, muss man immer wissen: Europas Stärke ist die Rechtsgemeinschaft. Das hat Ausstrahlungswirkung in die ganze Welt hinein; die hat es immer gehabt. Im Moment ist die Akzeptanzproblema tik dadurch gegeben, dass zu viel reguliert wird.
Da muss ich sagen, Herr Kollege Glück: Ich kenne die Hal tung der FDP und habe sie auch jetzt wieder gehört. Aber das
Problem ist doch: Im Ersten sind wir frei, im Zweiten sind wir Knecht. Wenn wir am Anfang Ja sagen, ist das immer der klei ne Finger, den wir geben. Dann will die EU immer wieder mehr. Deshalb sage ich: Wehret den Anfängen! Das ist der Punkt. Wir wollen die Daseinsvorsorge in Bezug auf die Was serversorgung allein in den Händen der Kommunen bewahrt wissen.
Noch ein Satz zu Ihnen, Herr Untersteller. Sie haben auf den Kollegen Schwab abgehoben. Sie müssen die Kollegen Rüh le, Bütikofer, Brantner etc. überzeugen, dass sie mit ihrer Kraft im Europaparlament genauso aufgestellt sind
wie alle anderen politischen Ebenen auch. Wir haben es ge hört: Es war unsere gemeinsame Initiative, dass sich der Bun desrat unserer Auffassung angeschlossen hat. Gut so! Ich ha be schon vor sieben Jahren immer darauf hingewiesen, was Europa auch mit Blick auf den Bundesrat bedeuten kann. Wir haben dort Einfluss, und zwar in der Zusammenarbeit. Das müssen wir wahrnehmen und mithilfe des Bundesrats auch den vorliegenden Richtlinienentwurf gemeinsam verhindern, soweit es um die Wasserversorgung geht.
Der nächste Punkt: Wasser. Wenn es in den letzten Jahrzehn ten in diesem Land eine Regierung gegeben hat, die das Was ser geschützt hat, dann war es die von der CDU getragene Landesregierung.
Das sage ich ganz bewusst. – Wir hatten auch Koalitionen, z. B. mit der FDP/DVP oder die Große Koalition mit der SPD.
Alle Regierungen haben dafür gekämpft und dafür gesorgt, dass das hohe Gut Wasser geschützt bleibt. Ich frage Sie: Wer hat die SchALVO in diesem Land zum Schutz des Grundwas sers eingeführt?
Gegen welche Widerstände ist die SchALVO eingeführt wor den? Das stand alles unter dem Primat, das hohe Gut Wasser zu schützen. Das ist uns ein sehr wichtiges Anliegen.
Herr Minister Untersteller, ich teile Ihre Sorge, was den Ent wurf angeht. Deshalb will ich noch einmal sagen: Da haben Sie uns an Ihrer Seite, und da vertreten wir auch eine glaskla re Haltung. Diesbezüglich kann ich Ihnen versichern – –
Natürlich haben wir das Problem in anderen Bereichen schon jetzt: Energie, Gas, etc. Das haben Sie zu Recht angesprochen. Wir müssen immer fragen: Was kommt am Ende? Respice fi nem. Wenn wir das mit 40 % Privatanteil einführen, wie Sie ausgeführt haben, dann wird es – da gebe ich Ihnen recht – zu
einem Überbieten durch internationale Konzerne kommen. Damit werden die Kommunen in dieser Sache die Verlierer sein, vor allem die Kommunen, die Haushaltsprobleme ha ben.
Deshalb will ich Ihnen klar sagen: Wir stehen an Ihrer Seite. Wehret den Anfängen! Wir wollen das Ganze in der Hand der Kommunen lassen und sind gegen diese Richtlinie.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Kollege Glück, Sie haben bezweifelt, ob das ein angemessenes Thema ist, weil es von der EU kommt.
Wenn eine europäische Gesetzgebung so wie diese Richtlinie in die kommunale Daseinsvorsorge eingreift,
Wir haben das übrigens auch mit anderen Richtlinienentwür fen gemacht – Chemikalienrichtlinie, Dienstleistungsrichtli nie – und einstimmige Beschlüsse gefasst. Jetzt wollen wir unseren Einfluss nicht überbewerten. Aber jedenfalls haben wir damit einen Beitrag dazu geleistet, dass diese Richtlinien in der Substanz wesentlich verändert wurden. Sie kamen hin terher anders aus dem Parlament, als sie eingebracht worden waren.
Deshalb: Wenn wir uns jetzt alle einig sind, dass das Wasser nicht dieser Konzessionsrichtlinie unterworfen werden soll, müssen wir auch gemeinsam etwas tun. Wir können die Kon zessionsrichtlinie nicht mehr stoppen. Da gab es offensicht lich unterschiedliche Einschätzungen im Europäischen Parla ment. Die SPD hat versucht, das Wasser durch Verhandlun gen aus der Richtlinie herauszubekommen. Das ist bisher nicht gelungen. Die Konzessionsrichtlinie kommt.
Aber mit unserer Unterstützung könnte es vielleicht möglich werden, dass das Wasser aus der Richtlinie herauskommt, wenn wir, wie bei der Chemikalienrichtlinie und der Dienst leistungsrichtlinie, hier einstimmig eine Resolution beschlie ßen. Wenn man sich heute hinsetzt und eine entsprechende In itiative formuliert, kann man sie morgen hier auf die Tages ordnung nehmen. Dann beauftragen wir und unterstützen wir die Landesregierung bei ihrer Bundesratsinitiative. Wir rich ten uns an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus Baden-Württemberg und an die Kommission mit dem Ziel, dass das Wasser aus der Konzessionsrichtlinie herauskommt. Dann haben wir das getan, was wir tun können.
Aber wenn wir einen einstimmigen Beschluss auf den Weg bringen, könnte das dazu beitragen, dass es auf der letzten Etappe doch noch gelingt, das wichtige Thema Wasser aus der Richtline herauszuhalten.
Minister Untersteller hat darauf hingewiesen, dass 40 % der Bürger aus Baden-Württemberg schon von Wasserversor gungsunternehmen mit signifikantem privatwirtschaftlichem Anteil versorgt würden. Wenn das gelingt, was wir wollen, dass die Stadtwerke im Stromgeschäft beispielsweise mit der EnBW kooperieren und die Stadtwerke gleichzeitig das Was sergeschäft betreiben, dann haben wir schon das Einfallstor, dass entweder diese Kooperation behindert wird oder der Aus schreibungszwang da ist. Es geht nicht um einen Privatisie rungszwang, sondern um den Ausschreibungszwang. Den wollen wir verhindern.
Der Vorschlag unsererseits ist also: Lasst uns eine gemeinsa me Resolution machen, die Landesregierung unterstützen und die Bundesregierung, die EU-Kommission und die Europaab geordneten auffordern, das Wasser aus der Konzessionsricht linie herauszunehmen.