Protokoll der Sitzung vom 11.04.2013

An dieser Stelle möchte ich mit Erlaubnis des Präsidenten den EU-Kommissar für Steuern, Zollunion, Statistik, Audit und Betrugsbekämpfung zitieren, der das auf den Punkt gebracht hat:

Machen wir uns nichts vor: Steuerhinterzieher bestehlen die ehrlichen Bürger und entziehen den Mitgliedsstaaten dringend benötigte Einnahmen.

Darum geht es. Unser Ziel ist es, dem Steuerbetrug Instrumen te entgegenzustellen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich sage Ihnen noch eines: Die Bekämpfung des Steuerbetrugs bedeutet auch eine Stärkung des Mittelstands; denn der Mit telstand gehört vorwiegend nicht zu denen, die in Steueroa sen flüchten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf: Sehr gut!)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Dr. Rülke.

Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Herr Finanzminister, ich finde es schon bemerkenswert, wenn Sie einerseits erklären: „Wenn wir an Daten-CDs herankommen können, ist uns jedes Mittel recht, dabei ist uns jeder Rechtsbruch recht“, während Sie anderer seits sagen: „Die Informationen, die im Zusammenhang mit der Offshore-Leaks-Geschichte den Medien zugegangen sind, wollen wir nicht.

(Minister Dr. Nils Schmid schüttelt den Kopf.)

In diesem Fall gibt es verfassungsrechtliche Hürden. Es gilt, Informanten zu schützen.“

Herr Minister, habe ich Sie wirklich richtig verstanden, dass Sie diese Informationen nicht wollen und Ihnen ein Rechts bruch nur dann recht ist, wenn es um Daten-CDs geht, wäh rend Ihnen die Informationen von Offshore-Leaks gestohlen bleiben können?

Darüber hinaus halte ich es für völlig unangemessen, wie Sie es getan haben, Teile der Union, insbesondere Finanzminister Schäuble, in ein Boot zu setzen mit Steuerhinterziehern und zu erklären, das seien die Helfershelfer. Dies begründen Sie damit, dass er mit Amnestien arbeiten möchte, obwohl der Ih rer Partei angehörende frühere Finanzminister Eichel auch mit Amnestien gearbeitet hat. Man kann meinetwegen zu der Überzeugung kommen, dass Amnestien nichts taugten und man deshalb nicht mit Amnestien arbeite. Wenn aber der der eigenen Partei angehörende Bundesfinanzminister Eichel mit Amnestien gearbeitet hat, ist es eine Unverschämtheit, Herrn Schäuble als Helfershelfer von Steuerhinterziehern hinzustel len, wenn auch er Gebrauch von Amnestien macht.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Nun, Herr Kollege Schmiedel – ich dachte schon, Sie wären unterwegs zu dem Ort, den Sie gestern genannt haben – und Frau Kollegin Aras, zu dem Wundermittel des Personals bei den Betriebsprüfern.

Es wäre schön, wenn es so einfach wäre, dass man einfach hochrechnen könnte, wie viel ein Betriebsprüfer einbringt. Dann brauchte man sich nur zu fragen: „Wie viele Einnahmen hätte ich gern?“ oder „Wie hoch ist die Verschuldung?“, könn te das hochrechnen und entsprechend viele Betriebsprüfer ein stellen. Wenn es so einfach wäre, wäre es schön. Aber das, meine Damen und Herren, ist eine Milchmädchenrechnung.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es!)

Im Übrigen hat Herr Kollege Kößler völlig recht: Sie brau chen erst das entsprechend qualifizierte Personal und müssen dieses qualifizierte Personal anständig bezahlen. Wenn Sie nämlich ständig, wie Sie es tun, die Landesbeamten schlech ter und schlechter stellen, dann werden Sie dieses Personal, das Sie brauchen, gar nicht bekommen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Herr Kollege Schmiedel – ich glaube, das wollen wir festhal ten –, ich finde Ihre glasklare Aussage gut, dass es keine Ver mögensteuer mit der SPD geben soll, wenn betriebliches Ver mögen betroffen sein sollte. Das ist eine gute, eine richtige Aussage. Ich hoffe, der Finanzminister sieht es ebenso. Ich hoffe, auch die Bundes-SPD wird das bestätigen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da habe ich schon Zweifel!)

Denn dann können wir mit dem heutigen Tag das Thema Ver mögensteuer beerdigen. Das wäre doch ein außerordentlich positives Ergebnis dieser Debatte. Nur dann hätte sich diese Debatte gelohnt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Was sagen die Grünen?)

Interessant ist im Übrigen, Herr Kollege Schmiedel, dass Sie nur über die Vermögensteuer gesprochen haben. Frau Kolle gin Aras, ich habe zum Thema Spitzensteuersatz, Vermögen steuer, Erbschaftsteuer gar nichts gesagt, sondern nur zitiert. Ihre Invektiven, die Sie hier losgelassen haben, richten sich gegen den DIHK, gegen die Wirtschaftsweisen, gegen den Mittelstand.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Na!)

Ich habe nur zitiert; ich habe von mir aus gar nicht bewertet. Ich teile die Bewertungen des Mittelstands, des DIHK und der Wirtschaftsweisen, aber die Invektiven, die Sie hier losgewor den sind, richten sich genau gegen diese.

Es war schon bemerkenswert: Sie, Herr Kollege Schmiedel, haben kein Wort zum Spitzensteuersatz und zur Erbschaftsteu er gesagt, weil Sie genau wissen, dass diese Folterinstrumen te dem Mittelstand in Baden-Württemberg genauso schaden wie eine Vermögensteuer.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Deshalb hoffe ich, dass wir zu weiteren Aktuellen Debatten kommen und dass dann vielleicht nach dem Prinzip „Zehn kleine Negerlein“ heute die Vermögensteuer, morgen der Spit zensteuersatz und übermorgen die Erbschaftsteuer genauso abgeräumt werden. Dann sind Sie vielleicht auch wieder wähl bar, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Zehn klei ne was?)

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das war ja diskri minierend!)

Für die Landesregierung spricht der Minister für Finanzen und Wirtschaft Dr. Nils Schmid.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lie ber Herr Kollege Rülke, Ihre Diskussionskultur ist schon et was schwierig. Ich mache es einmal am Beispiel Vermögen steuer fest. Wir hatten eine Aktuelle Debatte zu den steuerpo litischen Plänen der Landesregierung, in der wir – sowohl die Vertreter der Regierungsfraktionen als auch ich als zuständi ger Minister – Ihnen zu den verschiedenen Facetten detailliert Auskunft gegeben haben. Dass das Land Baden-Württemberg im Bundesrat einer Vermögensteuer nicht zustimmen wird, wenn es keine ausreichende Verschonung von Betriebsvermö gen gibt, ist eine Aussage, die der Ministerpräsident und ich schon seit vielen Monaten treffen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie machen immer wieder Aussagen, die dann nicht mehr gelten!)

Nein, die sind immer wieder konkret. – Insofern halten wir uns an das, was wir gesagt haben, vielleicht im Unterschied zu anderen politischen Kräften.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Zweite, was ich auch etwas schwierig finde, sind Ihre Aussagen zum Thema Daten-CDs. Ich will noch einmal fest halten: Ich bin dafür – und die Landesregierung verhält sich auch so –, dass wir uns angebotene Steuerdaten ankaufen und annehmen und dann auch dazu nutzen, um die Betroffenen ei ner entsprechenden Strafverfolgung zuzuführen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Also, wol len Sie die von Offshore-Leaks kaufen oder nicht?)

Was ich will, habe ich auch schon öffentlich erklärt. Ein biss chen Differenzierungsvermögen traue ich auch Ihnen zu, Herr Dr. Rülke.

(Vereinzelt Beifall)

Ich kann nicht erwarten und dazu auffordern, dass die Jour nalisten das Informantengeheimnis brechen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Also, Sie wollen sie gar nicht!)

Wenn die Journalisten oder die Informanten wie andere Er kenntnisträger zu dem Entschluss kommen, uns das zuzulei ten, werden wir die Daten selbstverständlich annehmen. Wir werden die Redaktionen aber nicht dazu auffordern – wie es Herr Schäuble implizit getan hat –, den Informantenschutz zu brechen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Warum nicht?)

Ich glaube, das ist eine sehr differenzierte Meinung, die aber gerade einem liberalen Politiker vielleicht einleuchten sollte.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Ich kann allerdings überhaupt nicht verstehen, dass Sie sich nach wie vor dem Ankauf von Steuerdaten-CDs verweigern. Wir sind der Auffassung, dass dies rechtlich sauber ist. Denn wir holen die Daten zurück, die dem Staat zustehen. Der Staat muss nämlich alle Daten bekommen, um Steuern festsetzen zu können. Die Bürgerinnen und Bürger, die diese Daten vor enthalten, sind eben diejenigen, die gegen Recht und Gesetz verstoßen, und nicht der Staat, der sich das zurückholt, was ihm zusteht.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Deshalb war es auch besonders seltsam, dass in Ihrer Regie rungszeit zwar die angebotenen Daten von der damaligen Lan desregierung nicht angekauft worden sind, aber Sie den Kauf preis dann mit anderen geteilt haben, um die Daten zu verwer ten.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das erklä ren Sie jetzt gerade für Offshore-Leaks!)