Nach dem Prinzip „Minima – Maxima“ wäre hier schon ein kleiner Beitrag für die regionale Entwicklung mit einem ho hen Wertschöpfungsgrad erreichbar – für Arbeitsplätze im ländlichen Raum, für Ressourcenschonung mit hohem Refi nanzierungsanteil.
Regionale Dachmarken sind tatsächlich starke Signale nach innen und nach außen, zweifellos ein Bekenntnis zur Zukunft unserer Regionen und eine Chance für die Regionalentwick lung.
Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Minister, ich fordere Sie auf: Tun Sie etwas für die Regionalität und unser schönes Land Baden-Württemberg mit seiner Dezentralität; das verdient Unterstützung. Damit wären wir auch weiterhin sehr erfolgreich.
Er hat mir gestern Abend angekündigt, dass er in seinem Re debeitrag ein bisschen Kritik daran üben wird, dass wir hier nichts tun würden. Ich denke, das ist ein bisschen einfach ge raten, Herr Kollege. Wenn man nur regionale Dachmarken zu gründen brauchte, um automatisch Qualität erzeugt zu haben und hohe Preise ansetzen und hohe Erlöse generieren zu kön nen, dann hätte man wirklich das Erfolgsrezept gefunden. Dann müsste man nur so vorgehen, und allen ginge es gut, al le wären happy. So einfach läuft es leider nicht.
Es ist auch ein wenig zu kurz gegriffen, wenn Sie sagen, bis vor Kurzem, solange Sie an der Regierung waren,
sei alles wunderbar gelaufen, und seit wir an der Regierung seien gebe es keine Förderung mehr. Sie haben aus der Ant wort auf Ihre eigene Kleine Anfrage zum Thema „Dachmar ke Allgäu“ zitiert. Das Land gibt in diesem Bereich jährlich 53 352 € für Tourismusmarketing aus. Das ist doch nicht nichts.
Ein paar Worte zu den Dachmarken, zu der Frage, wohin es geht und wie man sie aus unserer Sicht einordnen kann. Eine Dachmarke – eigentlich müsste man sagen: ein Dachmarken prozess – ist immer eine Marketingstrategie, die davon aus geht, dass man eine Vielzahl von Produkten oder Dienstleis tungen unter einem Dach zusammenfasst. Es ist aus dem Mar ketingbereich heraus eine optimierte Kundenkommunikation.
Wir aus dem Bereich des ländlichen Raums, aus der Land wirtschaft, müssen natürlich definieren, wie wir es nachher als regionale Dachmarke auffassen.
Eine solche Dachmarke verspricht Stärke, Gemeinsamkeit, Sie haben Sicherheit genannt. Aber eine Dachmarke kann durchaus auch etwas suggerieren. Sie kann suggerieren, dass
diese Stärke vielleicht gar nicht in so hohem Maß vorhanden ist und dass unter den vielen Produkten und Dienstleistungen im Hintergrund starke und schwache Produkte und Dienstleis tungen sind. Schon allein das ist ein Grund zu sagen: Man muss mit einer Dachmarke auch durchaus vorsichtig sein. Sie ist kein Garant dafür, dass alles funktioniert.
Ich denke, Dachmarken brauchen eine Strahlkraft. Sie müs sen aus sich heraus kommen, sie müssen aus der Region her aus kommen. Das ist auch der Grund dafür, dass wir den An trag ablehnen werden. Es ist überhaupt nicht sinnvoll, wissen schaftlich begleitete Expertisen zu erstellen, die wir über die Regionen stülpen und mit denen wir sagen: „Schaut einmal, so würden wir das seitens des Landes machen.“ Wenn Initia tiven aus den Regionen heraus kommen – Sie haben einige genannt –, dann ist das prima. Dann kann man das auch un terstützend begleiten. Aber ein Überstülpen funktioniert über haupt nicht.
Dachmarken sind Wertschöpfung im ländlichen Raum, sie sind Nachhaltigkeitskonzepte. Das stimmt. Sie müssen aber auch – das ist ganz entscheidend wichtig – ein Stück Wahr heit und Klarheit enthalten. Man kann keine Dachmarken kre ieren, die nicht das Versprechen halten, das dahintersteht.
Sie hatten die Marke „echt Schwarzwald“ angesprochen. Das ist ein sehr gutes Beispiel. Es funktioniert auch. Es verbindet Tourismus mit gutem Essen, mit vielen Produkten. Der Name „echt Schwarzwald“ klingt knackig, ist etwas Tolles. PLENUM Heckengäu, Heimatprodukte – – „Gutes vom See“ haben Sie genannt.
Die Marke „Südtirol“ – wir waren ja gemeinsam in Südtirol – ist ein tolles Beispiel dafür, wie man Dachmarketing ma chen kann. Die Kernaussage der Dachmarke lautet – ich ha be es mir aufgeschrieben –:
Südtirol ist die kontrastreiche Symbiose aus alpin und me diterran, Spontaneität und Verlässlichkeit, Natur und Kul tur.
Wenn man diesen Satz hört, geht einem doch schon eine gan ze Welt auf. Wir haben alle erlebt, wie sie das dort auch leben, womit das unterfüttert ist, wie man in Südtirol strategisch vor geht. Insoweit müssen wir in unseren Regionen wirklich noch einiges tun, damit es hier annähernd so läuft wie in Südtirol.
Ich denke, Grün-Rot ist im Begriff, Markenprodukte und Dach marken zu unterstützen. Wir unterstützen sie über PLENUM, über Biosphärengebiete, über Naturparke und über eine gan ze Reihe anderer Förderstrukturen. Auch beispielsweise über LEADER wird eine Förderung möglich sein.
Wie gesagt, Dachmarken sind eine gute Sache. Dies kann aber nicht von oben, vom Land aus, übergestülpt werden, sondern sollte als Anregung verstanden werden, Regionalität zu leben, aus der Region heraus etwas zu entwickeln. Dann kann dies gelingen.
Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vierländerregion Bodensee – woran denken Sie dabei? Bei diesen hohen Temperaturen denken Sie wahrscheinlich an ein erfrischendes Bad.
Ich denke etwas weiter, nämlich an eine beliebte Tourismus destination mit See und Bergen, an einen modernen Wissen schaftsstandort, einen innovativen Arbeitsmarkt und an dyna mische Städte und Gemeinden. Genau dies hat sich die Dach marke „Vierländerregion Bodensee“ zu eigen gemacht. Sie vereint Städte und Gemeinden, Hochschulen, Unternehmen, Tourismusdestinationen rund um den See zu einer Marke, und sie ist eine der gut etablierten Dachmarken in Baden-Würt temberg geworden.
Man sieht an diesem Beispiel schon, was eine Dachmarke aus macht. Sie steht nicht für ein kleines Segment oder einen Ort, sondern viele schließen sich unter einem Dach zusammen. Bei der Regionenmarke „Vierländerregion Bodensee“ sind das al le Anrainer des Bodensees – Deutschland, Österreich, die Schweiz und Liechtenstein. Getragen wird die Dachmarke von 15 Projektpartnern aus ebendiesen vier Ländern.
Alle diese Projektpartner stehen hinter dem Label „Vierlän derregion Bodensee“. Sie identifizieren sich damit, denn der Anstoß zur Entwicklung dieser Dachmarke kam eben nicht von oben, vom Ministerium, sondern von unten. Das ist das Erfolgskonzept; das macht die hohe Akzeptanz dieser Marke aus.
So eine Dachmarke kann für die Betroffenen vor Ort ein Er folgskonzept sein; denn dadurch lassen sich Kräfte bündeln, und man hat eine bessere Außenwirkung. Es ist aber ein dif fiziler Prozess, eine solche Dachmarke zu initiieren, denn be stehende Einzelmarken müssen unter einem Dach auftreten und sollen dabei ihre Identität nicht verlieren. Man muss zwei Aufgabenstellungen bewältigen: Zum einen muss man mög lichst viele integrieren, zum anderen sollen die Angebote ih re Besonderheit vermitteln und voneinander abgegrenzt wer den können. Das kann nur vor Ort geschehen, wo die Men schen sich auskennen und miteinander schon im Gespräch sind.
Deshalb ist die Etablierung und Evaluierung regionaler Dach marken etwas, was vor Ort gut aufgehoben ist; dieser Prozess muss nicht vom Land entwickelt oder begleitet werden. Die Impulse müssen von den Regionen selbst kommen, dann sind sie erfolgreich, wie Sie auch an der Dachmarke der Region Bodensee sehen können.
Aus diesem Grund sollten wir, das Land, auch nicht diejeni gen bestrafen, die schon jetzt eine regionale Dachmarke ent wickelt haben, indem wir den Regionen, die dies bisher nicht getan haben, nun die Entwicklung einer Dachmarke abneh men oder – was noch viel schlimmer wäre – aufzwingen. Ich vertraue unseren Landräten, Bürgermeistern, Wirtschaftsför
derern im Land. Sie wissen selbst am besten, ob sie eine re gionale Dachmarke wollen oder eben nicht.
Denn das Beispiel Bodensee, wo sich die Region über Lan des- oder sogar nationale Grenzen hinweg definiert, ist kein Einzelfall. Auch am Hochrhein, am Oberrhein, im Allgäu und in anderen Regionen des Landes bestehen ähnlich gelagerte Identifikationsstrukturen.
Ich denke, Sie alle wissen, wie schwer es wäre, hier auf Län derebene die Kontakte herzustellen und zu organisieren, die vor Ort zwischen den eigentlich verantwortlichen Akteuren schon längst bestehen.
Meine Damen und Herren, die erfolgreich etablierten Dach marken in Baden-Württemberg sind ein wirksames Instru ment, Regionen vor Ort und über deren Grenzen hinaus zu vermarkten. Hiervon können Unternehmen, Tourismus, Wis senschaftsstandorte, aber auch Städte und Gemeinden profi tieren. Dachmarken haben eine Imagefunktion für Anbieter von Dienstleistungen und Produkten, sie stehen für Regiona lität und Qualität, und sie schaffen die Möglichkeit der posi tiven Abgrenzung gegenüber Mitbewerbern.
Ist eine Dachmarke erfolgreich, bindet sie Kunden langfristig oder wiederkehrend an die Region. Auch die Verbraucher pro fitieren von einer Dachmarke. Sie schafft Vertrauen in die Dienstleistungen und Produkte einer Region, sie bietet eine räumliche Orientierung und schafft im günstigsten Fall eine emotionale Verbundenheit.
Doch mitunter ist hier auch Vorsicht angesagt. Ein neues Sie gel, eine neue Marke, ein neues Zertifikat – nicht immer er füllen sie die damit verbundenen Erwartungen. Ein neues La bel macht Dienstleistungen und Produkte nicht automatisch besser, zumal sich die Verbraucher erst damit vertraut machen müssen und mitunter große Schwierigkeiten haben, mit der Vielzahl von Marken überhaupt zurechtzukommen. Der re gelrechte Wildwuchs neuer Siegel bei der Vermarktung von Nahrungsmitteln ist dafür das beste Beispiel.
Eine erfolgreiche und gute Marke muss es daher schaffen, möglichst alle regionalen Akteure unter einem Dach zu ver einen und gleichzeitig vergleichbare Qualität anzubieten. Das ist keine leichte Aufgabe, aber eine Herausforderung für die Regionen in Baden-Württemberg, die sie bewältigen können.
Meine Damen und Herren, Standortmarketing und Tourismus marketing sind wichtige Aufgaben des Landes, wenn es dar um geht, Baden-Württemberg national und international dau erhaft zu etablieren. Hier machen das Wirtschaftsministerium und die Tourismus Marketing Baden-Württemberg ihre Haus aufgaben. Baden-Württemberg ist als Wirtschaftsstandort und als Tourismusdestination gefragt und steht gut da.
In die regionale Ausgestaltung von Dachmarken sollte sich meiner Meinung nach aus den dargelegten Gründen das Land nicht einmischen. Wir werden den Antrag deswegen ableh nen.