Darüber hinaus ist auch der Ergänzungsbereich an den Gym nasien im vergangenen Schuljahr ausgeweitet worden.
Aber die Sicherung der Zukunft dieses Landes geht weit über den schulischen Bereich hinaus. Auch Sie wissen, dass wir massiv in den Ausbau der frühkindlichen Bildung und Betreu ung investiert haben. Im Jahr 2012 haben wir die Zuweisun gen für die Kleinkindbetreuung um 315 Millionen € auf fast 450 Millionen € erhöht. Im aktuellen Haushaltsjahr werden die Mittel auf 477 Millionen € erhöht, im Jahr 2014 auf 507 Millionen €. Mit diesem Geld schaffen wir neue Betreuungs plätze. Außerdem setzen wir uns für die Ausbildung von zu sätzlichen hoch qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern ein und sorgen damit auch für Qualifizierung und Fortbildung im Bereich der Kinderbetreuung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer hier von einem Kahlschlag in der Bildung zugunsten der Haushaltskonsoli dierung spricht, der täuscht die Menschen, der sagt die Un wahrheit.
Jetzt zu einer weiteren Baustelle, die Sie hinterlassen und nie angerührt haben: Dieses Land Baden-Württemberg braucht leistungsfähige Schulstrukturen. Sie können den Menschen im Hinblick auf die festzustellenden Schülerzahlenrückgän ge nicht ernsthaft weismachen wollen, dass alles so bleiben kann, wie es ist.
Herr Kollege Schebesta, Sie haben vorhin eine Formulierung gebraucht, die ich jetzt einfach einmal für Sie und gegen Sie verwenden möchte. Sie haben gesagt, diese Regierung, diese Regierungsfraktionen stünden mit dem Rücken an der Wand. Ich sage Ihnen: Machen Sie doch einfach einmal das Fenster auf, machen Sie die Tür auf, und dann merken Sie ganz schnell: Was die Frage der Schulstrukturen angeht, sind in zwischen sämtliche gesellschaftlichen Kräfte – die Kirchen, die Industrie, der Baden-Württembergische Handwerkstag, die Arbeitgeberverbände, die Gewerkschaften – der Überzeu gung, dass wir eine leistungsfähige Schulstruktur nur dann be reitstellen können, wenn wir gemeinsam unsere Schulland
schaft weiterentwickeln, und zwar auf der Basis eines zwei gliedrigen Schulmodells, eines Zweisäulenmodells.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das muss Grundla ge einer Vereinbarung sein. Ich bin offen, mit Ihnen über all dieses zu sprechen, wenn Sie dies endlich anerkennen und den Menschen nicht weiter Märchen erzählen über das, was nicht mehr geht.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Warum sagen Sie das nicht den Real schullehrern? – Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/ DVP)
Im Unterschied zum Kollegen Schebesta war ich persönlich bei der Veranstaltung des Realschullehrerverbands, und ich hatte nicht das Gefühl, dort abgewatscht worden zu sein.
Ich hatte das Gefühl, dass auch die Realschulen, was ihre For mulierungen angeht, schon deutlich abwägender formulieren, als es noch vor einem Jahr der Fall war. Ich lade alle an die sem Bildungssystem Beteiligten und auch Sie ein, uns ge meinsam über pädagogische Qualität und stabile Schulstruk turen zu unterhalten. Das ist mein Angebot, das ist meine Ein ladung. Da helfen uns Vorbedingungen, wie sie Ihr Fraktions vorsitzender genannt hat, nicht. Denn die sind ein schlichtes „Weiter so!“, und ein „Weiter so!“ wird es nicht geben, weil die Fakten dagegen sprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich ab schließend noch das Thema Leistungsfähigkeit ansprechen. Wenn, wie vor zwei Wochen, das Ergebnis des Länderver gleichs im Bereich Mathematik und Naturwissenschaften – des IQB-Ländervergleichs – herauskommt, dann ist es für mich erschreckend,
wie aus einer CDU-Fraktion heraus über einen Test gespro chen wird, bei dem Neuntklässler im Jahr 2012 getestet wur den. Neuntklässler im Jahr 2012 können weder eine Gemein schaftsschule besucht haben,
noch können sie in irgendeiner Weise von bildungspolitischen Entscheidungen dieser Regierung berührt sein. Wenn dann aus der CDU-Fraktion eine Äußerung kommt, die lautet, das sei ein Nachweis für die „verkorkste grün-rote Bildungspolitik“, dann haben Sie sich aus einem ernsthaften Diskurs verabschie det.
(Anhaltender Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU meldet sich. – Glocke des Präsidenten)
Der Herr Minister hat inzwischen si gnalisiert, eine Zwischenfrage des Kollegen Röhm zuzulas sen. – Bitte schön.
Herr Minister, danke, dass ich die Frage stellen darf. – Sie haben recht, was den Pflicht bereich betrifft. Sie haben auch gesagt, dass alles andere „nice to have“ ist. Das waren Ihre Worte.
Jetzt frage ich Sie: Wenn gleichzeitig im Ergänzungsbereich kräftig gestrichen wird – auch im Bereich der Hausaufgaben betreuung –, würden Sie das als eine Maßnahme zur indivi duellen Förderung an unseren Schulen betrachten, oder han delt es sich dann nicht eher um eine gewisse individuelle Ver nachlässigung?
würden Sie als Lehrer mich dafür rügen müssen, falsch zu zi tieren. Als es um die Frage „nice to have“ ging
das ist vielleicht kein glücklicher Ausdruck gewesen –, ging es um einen Teil des Entlastungsbereichs. Herr Kollege Kern erinnert sich. Da ging es nämlich um die Frage, welcher Teil der Anrechnungsstunden, die auf die Entlastungsstunden ent fallen, möglicherweise entbehrlich ist. In diesem Zusammen hang war es, nicht im Zusammenhang mit dem Ergänzungs bereich. Das möchte ich vorwegschicken und richtigstellen. Sie haben nämlich gerade den Ergänzungsbereich angespro chen.
Ich habe es vorhin erwähnt: Erstens war die Grundversorgung an den Gymnasien, was die Unterrichtsversorgung angeht, so gut wie in den letzten Jahren nicht. Zweitens ist der Ergän zungsbereich an den Gymnasien im Gegensatz zu den ande ren Schularten deutlich angestiegen.
Und drittens: Ja, es ist richtig, dass im Bereich des Entlas tungskontingents und auch bei der Hausaufgabenhilfe Strei chungen vorgenommen wurden, die für mich sehr schmerz haft waren, weil ich glaube, dass es gerade bei den derzeiti gen Übergangszahlen auf das Gymnasium wichtig ist, für al le Schülerinnen und Schüler eine gute individuelle Förderung vorzuhalten. Deswegen versuchen wir momentan, dies zu kompensieren. 64 Deputate wurden gestrichen. Ich habe aber bewirkt, dass 40 Deputate an den Gymnasien gezielt dafür verwendet wurden, dies möglichst zu kompensieren. Ich will
gemeinsam mit den Gymnasien erreichen, dass wir allen Schü lerinnen und Schülern am Gymnasium und gerade auch den leistungsschwächeren ein gutes Angebot machen können. Da bei haben Sie mich auf Ihrer Seite.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich ab schließend noch etwas zu den Zahlen bzw. Sparzielen sagen.
In welcher Zahl Lehrerstellen bis 2020 gestrichen werden kön nen, hängt von zahlreichen Faktoren ab, insbesondere natür lich von der Schlüsselfrage: Wie viele Schülerinnen und Schü ler gibt es tatsächlich an unseren Schulen? Die letzte Progno se des Statistischen Landesamts stammt aus dem Jahr 2010. Wenn wir heute in unsere Schulen schauen, dann stellen wir fest, dass mehr Schüler dort sind, als 2010 vom Statistischen Landesamt noch angenommen wurde. Es gibt weitere Verän derungsfaktoren wie z. B. den Zuzug oder eine längere Ver weildauer von Schülerinnen und Schülern in der Schule. All dies zwingt uns dazu, jedes Mal vor Aufstellung eines Haus halts sehr verantwortlich darüber zu entscheiden, welche Streichungen auch im Bereich der Lehrerstellen verantwortet werden können, ohne die Qualität des Bildungssystems zu be einträchtigen. Das ist die gemeinsame Linie dieser Landesre gierung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, vergleich bare Aktuelle Debatten dienen jedenfalls nicht dazu, einen Streit in diese Regierung zu tragen.
Herr Minister, es ist klar: Sie sind vergattert worden, heute nur das zu sagen, was Konsens in der Landesregierung ist. Das hörte sich im September noch ganz anders an, als Sie in Zeitungen zitiert worden sind, Sie hätten einen Hilferuf losgelassen, dass es bei den 11 600 Lehrerstellen nicht bleiben könne. Dass Sie das heute nicht zum Besten geben können, da Sie heute hier für Grün und Rot sprechen müssen, ist klar.
Nur, in einem Punkt haben Sie einen Dissens zwischen Rot und Grün, zwischen Ihnen und dem Ministerpräsidenten deut lich gemacht. Sie haben gesagt, Sie seien sich einig, dass man prüfen müsse, was erforderlich ist, um die bildungspolitischen Maßnahmen zu gewährleisten. Das ist genau das, was der Mi nisterpräsident nicht gesagt hat. Er hat nur gesagt: Wenn die Schülerzahlen nach oben gehen – und auch nur dann, wenn sie relevant nach oben gehen –, werden wir korrigieren müs sen. Er musste deshalb vorhin sogar lächeln, als Sie Ihre Be merkung gemacht haben. Sich hier hinzustellen und zu sagen, es gebe keinen Dissens über die Erforderlichkeit von mehr Lehrerstellen z. B. für den Ausbau der Ganztagsschulen, und darüber hinwegzuschweigen, zeigt, dass es nicht so weit her ist mit Beschlüssen, die den Schulen etwas nutzen würden, sondern dass es eben nur Sprüche vor Parteitagen waren.