Protokoll der Sitzung vom 23.10.2013

Wir sind uns auch darüber im Klaren, dass eine Reform nicht so schnell umgesetzt werden kann, weil es garantierte Vergü

tungssätze für die zahlreichen Einspeiser von Ökostrom gibt. In Baden-Württemberg haben immerhin 140 000 Privathaus halte eine Solaranlage auf dem Dach. Dies sollte man nicht vernachlässigen.

Wir, die Fraktion GRÜNE, schlagen daher als Sofortmaßnah me gegen eine steigende EEG-Umlage Folgendes vor: Die Befreiungen für die Industrie müssen zurückgeführt werden. Die Managementprämie muss abgeschafft werden, und die Li quiditätsreserve sollte unserer Meinung nach von 1,9 Milliar den € auf 600 Millionen € reduziert werden. Das wären Ent lastungsmaßnahmen, von denen der Stromkunde sofort pro fitieren könnte.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wie lange?)

In einem zweiten Schritt wollen wir dann die Reform des EEG mit den von uns vorgeschlagenen zusätzlichen Maßnahmen einleiten, nämlich mit dem Bürgermodell und einer Kapazi tätsprämie für größere Unternehmen, die dann entsprechend auf dem Markt agieren können.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol lege Nemeth.

Guten Morgen, Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren! Die Energiewende ist eine große gesamtdeutsche, nationale Herausforderung. Vie le sagen, sie sei die größte Herausforderung seit der Deutschen Einheit. Es besteht hier im Haus und auch im Bundestag Kon sens, dass sie gelingen soll.

Wir stehen aber nicht am Ende der Energiewende, sondern wir stehen ganz am Anfang. Wir haben viele ungelöste Prob leme vor uns. Eines der größten Probleme, die wir zurzeit ha ben – der Kollege Renkonen hat das heute zum ersten Mal auch angesprochen –, ist die dramatisch steigende EEG-Um lage.

Wir hatten in der vorletzten Woche die Meldung der Trans netBW, wonach die Umlage zukünftig von 5,3 auf 6,24 Cent steigen wird – plus Mehrwertsteuer. Herr Zimmermann hat mir gesagt, das müsse ich unbedingt erwähnen. Dann sind wir bei 7,5 Cent pro Kilowattstunde. Das ist wesentlich mehr als der Strompreis als solches.

Noch schlimmer, meine Damen und Herren, ist, dass wir für die nächsten 18, 19, 20 Jahre einen Schuldenberg von min destens 300 Milliarden € vor uns hertragen, den der deutsche Stromnutzer – sowohl die Industrie, das Gewerbe als auch der Privatverbraucher – in den nächsten 20 Jahren noch abzuzah len hat, und das, obwohl der Anteil der erneuerbaren Energien erst bei 25 % liegt –

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

wir wollen einen Anteil von 80, 90 % erreichen – und wir bei den Netzen noch nichts getan haben und auch da noch eine Menge Kosten auf uns zukommen.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Wer will, dass die Energiewende gelingt, braucht auch die Ak zeptanz der Bevölkerung. Die Akzeptanz werden wir nur be halten, wenn wir auch bezahlbare Strompreise in Deutschland haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer hat denn re giert? – Gegenruf des Abg. Martin Rivoir SPD: Ja, genau! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wen schreien Sie denn an?)

Deswegen brauchen wir jetzt eine Reform des EEG. Darüber wird in den nächsten Wochen zu verhandeln sein.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja, natürlich!)

Herr Schmiedel, es ist ungefähr so: Die Grünen behaupten ja von sich, sie hätten das EEG erfunden – wahrscheinlich ist es auch so –,

(Abg. Martin Rivoir SPD: Das war Hermann Scheer!)

die SPD-Wähler bezahlen es, und die Besserverdienenden kassieren. Wer hätte das gedacht? Ein grünes Konzept, ein grünes Gesetz,

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

damit die Reichen reicher und die Armen ärmer werden, Herr Sckerl. Das ist das EEG – eine riesige Umwälzung

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe der Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE und Martin Rivoir SPD)

von Geldern von unten nach oben. Deswegen brauchen wir auch eine Korrektur.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Der Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen hat in die ser Woche gesagt – in der „Wirtschaftswoche“, ganz aktuell; das ist quasi der Aufschlag für die Verhandlungen in Berlin –:

Aus Sicht des Industriestandorts NRW sage ich: Das ent scheidende Kriterium muss die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sein.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Guter Mann!)

Wir dürfen

man höre und staune –

nicht alles dem Klimaschutz unterordnen.

Hört, hört! Das ist ein Sozialdemokrat, der dies sagt. Das ist mehr als mutig.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was wollen Sie denn eigentlich? – Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Jetzt sagen Sie doch, wie Sie es machen wollen!)

Ich sage Ihnen ganz klar: Wir sind auch bereit, über die Rück nahme von Befreiungen von Unternehmen zu reden.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Dort ist man etwas zu weit gegangen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Aha! – Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Wir hatten Konsens, meine Damen und Herren, in der Grö ßenordnung von 700, 800 Betrieben Befreiungen zu erteilen. Das wurde von den Grünen akzeptiert und auch von der SPD in Berlin. Wir haben in den letzten Monaten und Jahren etwa 800 weitere Firmen dazugenommen.

Wir haben eine Landtagsanfrage eingebracht. Die Stellung nahme dazu wurde von Minister Untersteller unterschrieben. Die Auswirkungen aufgrund dieser weiteren 800 Unterneh men liegen gerade einmal bei 0,2 Cent pro Kilowattstunde. Wir können also darüber reden. Aber die Energiewende bzw. die Energiepreise werden wir – entgegen dem, was Sie, Herr Renkonen, hier vermittelt haben – damit nicht bremsen und stoppen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Also, was machen Sie jetzt?)

Vielmehr wollen wir jetzt in den Verhandlungen drei Ziele er reichen, Herr Schmiedel.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Aha! Jetzt wird es span nend!)

Ich glaube im Übrigen, dass wir da mit Ihnen sehr weit kom men werden.

Wir brauchen erstens eine Synchronisierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien mit den Netzen, die noch nicht fertig sind, und Speichern.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Tolle Idee!)

Denn es geht nicht nur um die erneuerbaren Energien und de ren rasanten Ausbau, sondern wir brauchen hier ein verlässli ches Gesamtsystem.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir brauchen zweitens eine Perspektive für die fossilen Kraft werke. Das ist ganz klar, denn sie spielen für die Versorgungs sicherheit nach wie vor eine entscheidende Rolle.

Drittens: Wir brauchen eine neue Initiative bei den energeti schen Gebäudesanierungen. Da setzen wir sehr – das empfeh len wir den Verhandlungspartnern von CDU und SPD – auf eine steuerliche Abschreibungsmöglichkeit. Denn wer etwas für den Klimaschutz tun will,