Protokoll der Sitzung vom 07.05.2020

Die neu geschaffenen zusätzlichen Intensivbehandlungskapa zitäten sollen auch in den kommenden Monaten bis zum 30. Sep tember 2020 zur Verfügung stehen. Der begonnene Ausbau der Beatmungskapazitäten wird fortgesetzt. Wir sind, Stand heute, bei insgesamt 4 300 bis 4 400 – Low Care und High Care zusammen. Das von uns gemeinsam entwickelte Ziel von 5 000 wird mit den Geräten, die wir noch in Bestellung haben, dann auch erfüllt. Wir werden unter Umständen auch darüber hinauskommen.

Das Entscheidende ist, meine Damen und Herren: Für die Be handlung intensivpflichtiger Covid-19-Patientinnen und -Pa tienten steht ein Anteil in Höhe von 30 bis 35 % der Intensiv- und Beatmungskapazitäten zur Verfügung. Ich habe es Ihnen

gezeigt, und die Gesundheitspolitikerinnen und -politiker un ter Ihnen wissen es: Es ist natürlich inzidenzbezogen regional ein Spielraum vorhanden.

Ich möchte aber an dieser Stelle schon noch einmal eindrück lich ein großes Dankeschön sagen an die Universität Tübin gen, an die Kliniken in Ludwigsburg, Nürtingen, Sigmarin gen, Waldburg-Zeil, Wangen im Allgäu – Kollegin Krebs –, die dann übernommen haben. Ich nenne auch – jetzt ist der Innenminister weg – unser gutes Verlegungsmanagement, un ser Resource-Board, die Vernetzung mit dem Intensivregister der DIVI und unser mit den Rettungsdiensten gut abgestimm tes Verlegungsmanagement.

Ich will schon noch einmal sagen: Um die individualmedizi nische Behandlung sicherzustellen, werden die Krankenhäu ser bei steigender Auslastung gemeinsam mit dem Rettungs dienst frühzeitig die Patientenverlegungen durchführen. Wir haben jetzt ein Verlegungskonzept. Das haben wir in der Kri se regional spezifisch im Freiburger Raum, in Oberschwaben gemacht. Daran haben mittlerweile sehr viele mitgewirkt. Tü bingen, Nürtingen, Ludwigsburg habe ich erwähnt.

Die beiden Register – ich nannte sie: das Covid-19-Resour ce-Board und das DIVI, das Dokumentationsmanual der Deut schen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Not fallmedizin, bundeseinheitlich und bundespolitisch ein Pflicht instrument – bieten uns mittlerweile einen taggenauen Über blick über freie Intensivkapazitäten und erleichtern somit die Planung abgestimmter frühzeitiger Verlegungen.

Zur überregionalen Koordinierung von Verlegungen stehen die Oberleitstelle Baden-Württemberg und die Zentrale Ko ordinierungsstelle für Intensivtransporte – ZKS – zur Verfü gung. Auch die zusätzlichen Kapazitäten in unseren koope rierenden Rehabilitations- und Vorsorgekliniken stehen wei ter zur Verfügung.

Die Nutzung von Behelfskrankenhäusern in Hallen hatten wir geplant. Wir hatten auch welche unter dem Eindruck der Er eignisse in Bergamo, Norditalien, und auch im Elsass aufge baut. Sie waren hier auf den Fildern nicht ganz billig. Wir bau en sie jetzt auch wieder ab; wir haben die Kommunen nicht im Regen stehen lassen. Aber wir waren parat, und wir haben für den Fall, dass sich bestimmte Entwicklungen ergeben, mit den Kommunen, mit den 44 Stadt- und Landkreisen und den Regionen auch Aufrüstungspläne in der Schublade. Da wir es jetzt schon einmal exerziert haben, könnten wir die entspre chenden Kapazitäten auch sehr frühzeitig wieder hochfahren.

Dabei muss man einfach sagen, dass wir in Baden-Württem berg über 25 000 Rehaplätze verfügen und davon 10 000 bis 17 000 jetzt auch für Behelfskrankenhäuser nutzen können. Es käme unter diesem Tagesordnungspunkt noch eine weite re Frage, bei der ich auch beantwortet hätte, wie viele das sind. Es waren gar nicht wenige. Wir haben sofort mit einer Allge meinverfügung reagiert, damit das Ganze über Kooperations verträge geleistet werden kann.

Wir sind da also auf einem guten Weg. Vielleicht durften Sie sich heute mal ein Bild machen oder konnten auch Gespräche in den Krankenhäusern führen. Wir haben mittlerweile in sämtlichen Krankenhäusern eine klare Trennung zwischen In fektions- und Nichtinfektionsbereichen. Auch alle Hygieni

ker haben in den Häusern im Sinne einer Gemeinschaftsauf gabe noch mal die Fragen gestellt: Wie trennen wir? Wie sind die Wege? Geht jemand durch das ganze Krankenhaus, wenn z. B. der Verdacht auf eine Infektion vorliegt? Das hat auch noch mal einen enormen Schub für den Krankenhausbetrieb gebracht.

Heute Morgen ging es in der ARD auch um das Thema „Das Krankenhaus der Zukunft“. Ich habe jetzt in dieser Krise ge lernt, Kollege Hinderer: Richtig platzieren, flexibel sein, Standby-Krankenhäuser schaffen. Was mich schon bekümmert hat, ist Folgendes – ich glaube, ich habe es in einer unserer Bera tungsrunden im kleineren Kreis mitgeteilt –: Im Vergleichs zeitraum vom 14. März bis 15. April letzten Jahres hatten wir 50 % mehr wirklich schwerwiegende Diagnosen – Herz-Kreis lauf-Erkrankungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Schlagan fälle. Es war in der Tat so: Die Menschen sind aus Angst vor einer Infektion weder zu ihren Hausärzten noch zu den Not fallambulanzen gegangen – zu denen der KV genauso wenig wie zu denen der Krankenhäuser – und am Ende auch nicht ins Krankenhaus.

Ich denke, bestimmt haben manche Menschen in dieser Pha se ihre Gesundheitskompetenz auch mal hinterfragt und ha ben gefragt: Brauche ich das wirklich? Auch das wird es ge geben haben, und auch das wird uns einen Hinweis geben. Zurzeit bedeutet ja der Umgang mit einer Pandemie auch sehr viel Präventives, sich selbst auch wieder mit der eigenen Ge sundheit zu beschäftigen, auch die eigene Gesundheitskom petenz zu stärken und mal wieder zu hinterfragen: Bin ich ge gen das Richtige geimpft? Was macht meine Vorsorge? Wir Männer – Sie wissen es – sind die geborenen „Vorsorge schlamper“.

(Zuruf)

Die Masernsaison beginnt. Meine Damen und Herren, wir ha ben das Masernschutzgesetz. Gehen Sie impfen! An alle über 60-Jährigen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Gehen Sie zur Pneumokokkenimpfung, und denken Sie frühzeitig an die In fluenzaimpfung.

(Abg. Reinhold Gall SPD und Abg. Anton Baron AfD: Es gibt keinen Impfstoff!)

Der Pneumokokkenimpfstoff kommt wieder. Wir haben wie der gemeinsam mit Herrn B. – – Wir sind schon fast ein biss chen als Dealer unterwegs. Wir dürfen noch eine kleine euro papolitische Sache machen, weil hier heute zwischendrin mal wieder geirrlichtert wurde.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Italien war auf null heruntergefahren. Wir waren systematisch gut aufgestellt. Und was ist uns passiert? Wir hatten kein Pro pofol mehr. Propofol ist ein Anästhetikum, das man braucht, wenn man jemanden intubiert. Wo wird das Propofol in Eu ropa produziert? Bei Varese im Gürtel nordwestlich von Ber gamo. Dort werden übrigens 95 % des Weltbedarfs an Propo fol hergestellt.

Sie sehen daran noch einmal, wie wichtig es ist, dass wir z. B. auch gegenüber unseren italienischen Kolleginnen und Kol legen solidarisch waren – auch was die Beatmungsgeräte be trifft. Die hatten nämlich keine Beatmungsgeräte.

Schauen Sie sich jetzt einmal Großbritannien an. Ich weiß ja, dass hier welche sitzen, die mit diesem queren Denken von Johnson oder mit Verleugnern wie Herrn Trump, der gern Des infektionsmittel injizieren lassen würde, sympathisieren. So weit geht ja sein medizinischer Sachverstand. Die haben mit Abstand die höchsten Zahlen, weil sie zum einen nicht den Zugang zur Behandlung und nicht die Technik haben und weil sie zum anderen auch nicht das Menschenbild haben, wonach jeder Mensch Zugang zur Krankenversorgung haben muss – unabhängig von seiner Herkunft, von seinem sozialen Status. Das ist bei uns ein Menschenrecht.

Herr Kollege Hinderer, wir haben in diesen Stufenplänen mit allen gemeinsam vereinbart – dasselbe haben wir auch mit den Kassenärzten getan –, dass die Ärztinnen und Ärzte selbst den Zugang zur Behandlung ermöglichen, sodass jetzt die notwen dige Behandlung wieder dort stattfindet, wo sie stattfinden muss.

Herzlichen Dank.

(Beifall)

Jetzt liegen noch zwei Wort meldungen vor. Aber ich kann sie nur aufrufen, wenn es sehr kurze Fragen sind, auf die sehr kurze Antworten gegeben wer den können.

Da für garantiere ich.

(Heiterkeit – Zurufe)

Sehr gut.

Dann hat jetzt zunächst Frau Abg. Dr. Baum das Wort, danach Herr Abg. Hinderer. – Bitte kurze Fragen und dann kurze Ant worten.

Herr Minister Lucha, Sie sag ten ja eben, Herr Trump wollte – was wollte er? – Desinfek tionsmittel injizieren. Wissen Sie, dass Desinfektionsmittel, nämlich z. B. das Formaldehyd, in vielen unserer Impfstoffe sind?

Das weiß ich.

Also, die werden auch inji ziert.

Ja.

Und was sagen Sie dazu? Hat er dann etwas Falsches gesagt? Hat er das gemeint, oder was auch immer?

(Zurufe, u. a. Abg. Reinhold Gall SPD: Er soll es ein fach vormachen! – Unruhe)

Meine Damen und Herren!

Zur Erklärung: Im größten Teil unserer Impfstoffe – ich habe extra meinen praktischen Arzt gefragt, und er hat mir das für die Impfstoffe, die er re gelmäßig gibt, bestätigt – ist Formaldehyd enthalten. Das ist

ein Desinfektionsmittel, meine Damen und Herren – nur, da mit Sie einmal wissen, was Sie geimpft bekommen.

Danke schön.

Da ich ein erstes Leben in der chemischen Industrie hatte und bei Hoechst – die Älteren unter Ihnen kennen dieses Unterneh men vielleicht noch – gelernt habe, weiß ich sehr wohl – das gilt auch für die Süddeutschen Kalkstickstoff-Werke –, wel che Grundprodukte dort hergestellt werden. Ich war übrigens bei der ersten Produktion von Domestos dabei. Natürlich gibt es in den Produkten eine Vielzahl von Substanzen. Aber Herr Trump hat sich sicherlich nicht damit beschäftigt, dass Form aldehyd ein Bestandteil eines multiplen Impfstoffs mit Trä gersubstanzen ist, sondern hat die Vorstellung, dass dann, wenn das Virus in zehn Sekunden durch Desinfektionsmittel weggeht, es vielleicht auch dann weggeht, wenn ich ein sol ches Mittel spritze.

Ich glaube, die Meinungsbildungsdichotomie des Herrn Trump haben wir schon durchschaut. Ich wollte ja nur sagen, dass die Vereinfacher dieser Welt mit ihren Vereinfachungsrezepten in Schwarz-Weiß die Krise nicht gelöst haben.

Zu unserem Gesundheitssystem möchte ich doch noch einmal zum Ausdruck bringen:

(Zuruf: Die Frage kam doch gar nicht!)

Wir alle waren am tiefsten von den Bildern aus Norditalien beeindruckt, als dort einer 80-Jährigen tatsächlich das Beat mungsgerät weggenommen und einem 37-Jährigen gegeben wurde. Da haben wir bei uns doch alle gesagt: Das entspricht nicht unserem Gesellschafts- und Menschenbild.

Das ist nach wie vor unsere Triebfeder, und wir haben Gott sei Dank dafür die Instrumente, die Wissenschaft, auch die Qualifikation der Personen und setzen das über unsere Sozi alversicherungsstruktur mit Steuer- und Kassenmitteln syste matisch um.

(Vereinzelt Beifall)

Vielen Dank. – Die nächste Antwort muss aber wirklich kürzer sein. – Herr Abg. Hinde rer, Sie haben das Wort.

Das Thema Impfen behandle ich gern. Aber das dauert länger.

(Heiterkeit)

Moment! Eine kurze Frage und eine kurze Antwort.

Ich wollte daran erinnern, dass die zweite Frage zur Teststrategie gar nicht beantwortet wur de. Dieses Fass machen wir jetzt aber nicht auf.