Protokoll der Sitzung vom 13.10.2016

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, keine Zwischenfragen.

Nein.

Im Übrigen: Wer insgeheim mit der Laizität des Staates liebäu gelt, sollte bitte nicht länger von den sogenannten christlichabendländischen Werten reden; von denen darf dann nämlich in einem laizistischen Staat auch nicht mehr die Rede sein.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Das sind die Grü nen, die nicht wissen, woher sie kommen!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir stehen für eine Sozial- und Integrationspolitik, die statt auf Ausgrenzung und Stig matisierung auf gleichberechtigte Teilhabe setzt, auf die Teil habe aller Menschen in unserem Land, und zwar ungeachtet ihres weltanschaulich-religiösen Bekenntnisses. Der Nächste ist der Nächste, egal, welche Hautfarbe oder Religion er oder sie hat.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Zur Integration gehört selbstverständlich auch, dass wir kon sequent die Selbstbestimmungsrechte von Frauen stärken.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Das merkt man hier!)

Natürlich hat die Burka etwas mit Ausgrenzung zu tun.

(Abg. Emil Sänze AfD: Oh!)

Nur hilft uns ein Totalverbot hier nicht weiter. Wer bei der Burka mit einem Totalverbot winkt, wird diese Menschen doch erst recht nicht erreichen und sie in die Isolation und den Rückzug drängen. Wir wollen sie für uns auch nahbar machen.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Rüdiger Klos AfD: Das ist ja noch schlimmer als gedacht!)

Unser Staat und insbesondere unser Grundgesetz sind aber Gott sei Dank viel weitsichtiger konstruiert als diese unaus gegorene Gesetzesinitiative. Die Vorredner haben es schon gesagt: Es ist keine Gesetzesinitiative, es ist der üblich be kannte Pauschalvorwurf und Gruppendenunzierung.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Wer denunziert denn jetzt? – Abg. Anton Baron AfD: Völlig neutral geschrieben!)

Statt unbegründete Ängste zu schüren, dass sich die Burka al lerorten ausbreiten würde, müssen wir Schritt für Schritt un sere nachhaltige Integrationspolitik weiterentwickeln,

(Zuruf von der AfD: Überdenken!)

eine Gesellschaftspolitik, die auf die innere Stärke unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vertraut.

Deshalb: Statt unsere Zeit mit sinnlosen Debatten zu verplem pern, kümmern wir uns lieber um das aktive Gestalten unse rer Integrationspolitik.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Jawohl!)

Integration bedeutet, Teilhabechancen in allen Lebensberei chen zu ermöglichen, unabhängig von der ethischen und so

zialen Herkunft. Der Ausschluss von Teilhabe ist ein Hinder nis dafür.

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Was hat das mit Bur kaverbot zu tun?)

Wer regelmäßig Ausgrenzung erfährt, fühlt sich nicht als Teil unserer Gesellschaft und grenzt sich dann noch weiter ab.

(Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Unser oberstes Ziel muss es daher sein, alle mitzunehmen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land zu stärken.

Die Burka ist eine Herausforderung und eine Provokation für unsere freiheitliche Gesellschaft. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das müssen, können und werden wir aushalten.

(Beifall bei den Grünen, der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke und Dr. Gerhard Aden FDP/DVP sowie des Abg. Thomas Dörflinger CDU – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

Wir dürfen nicht so naiv sein, unsere freiheitliche Grundord nung z. B. wegen der Burka zu beschneiden oder zu beschrän ken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache – –

(Zurufe, u. a.: Halt, halt, halt! – Abg. Reinhold Gall SPD: Herr Präsident!)

Herr Kollege Gall, zur Geschäftsordnung.

Ich bitte darum, diesen Gesetzent wurf nicht nur an den Sozialausschuss zu überweisen, son dern mitberatend auch an den Innenausschuss, weil es sich unseres Erachtens nicht nur um ein integrationspolitisches Thema, sondern auch um ein verfassungsrechtlich relevantes Thema handelt.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Warum dann nicht im Rechtsausschuss?)

Dann schlage ich vor, nachdem der Innenausschuss einen Tag vor dem Sozialaus schuss tagt, dass wir das im Innenausschuss – –

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Wenn es rechtli che Fragen sind, dann in den Ständigen Ausschuss! – Weitere Zurufe)

Hören Sie mir bitte zu! – Dann schlage ich vor, dass der Ge setzentwurf, nachdem der Innenausschuss einen Tag vor dem Sozialausschuss tagt, zur Vorberatung an den Innenausschuss überwiesen wird. Dann können Sie weiter entscheiden. Ein verstanden?

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Wenn, dann an den Ständigen Ausschuss, nicht an den Innenausschuss! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Der Verfas sungsausschuss ist der Innenausschuss!)

Frau Abg. Dr. Baum, wünschen Sie noch einmal das Wort? Sie haben noch 47 Sekunden Redezeit.

Danke schön. – Herr Lasot ta, eine Frage an Sie: Waren Sie anwesend, als ich meine Re de hielt? Dann benennen Sie mir bitte meine hasserfüllten Worte. Ich sprach von Liebe zu meiner Heimat,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja, ja, ja!)

die ich so erhalten möchte, wie sie jetzt noch ist, und mehr nicht.

(Zuruf von der CDU: Und was ist mit den Menschen? – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Ihr Lächeln täuscht nicht über Ihre hasserfüllte Rede hinweg!)

Vergessen Sie bitte, dass die Burka ein Kleidungsstück ist. Die Burka ist kein Kleidungsstück, sondern die Burka ist ein kul turelles, politisches Symbol, nicht mehr und nicht weniger. Was ich hier heute in dieser Diskussion erleben muss, das ist für mich als Frau regelrecht schmerzhaft.

(Oh-Rufe)

Danke schön.

(Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Danke, gleichfalls!)

Meine Damen und Her ren, jetzt liegen mir in der Tat keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aussprache beendet.