Protokoll der Sitzung vom 13.10.2016

Im Bereich der Grund-, Werkreal- und Hauptschulen verhält sich der Arbeitsmarkt bezüglich der Einstellungszahlen – Neu bewerber und Altbewerber zusammengerechnet – entspre chend der Zahl der vorhandenen Bewerber. Wir werden uns deshalb für das Schuljahr 2017/2018 – der Ablauf wird mit ei nem größeren Vorlauf verbunden sein – darum bemühen, dass die Instrumente zur frühen Lehrerbindung so wirksam wie möglich genutzt werden können.

Wir haben schon zum Zeitpunkt April/Mai dieses Jahres in den vorgezogenen Ausschreibungen sehr frühzeitig 2 000 Stel len besetzen können. Wir versuchen so gut wie möglich zu prognostizieren, wie viele Stellen, gerade im ländlichen Raum und in den Fächern, für die es an Lehrern mangelt, anfallen, um diese Stellen über die vorgezogenen Ausschreibungen zu besetzen.

Das ist eine der Maßnahmen. Aber natürlich überlegen wir auch, was wir noch weiter machen können, damit wir im Schuljahr 2017/2018 nicht in eine noch schwierigere Situati on kommen, als sie ohnehin schon besteht.

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abg. Hinderer.

Herr Staatssekretär, im Oktober hat der Personalrat der Grund-, Haupt-, Werkreal-, Real-, Ge meinschafts- und Sonderschulen im Staatlichen Schulamt Heilbronn die Ministerin angeschrieben. In diesem Schreiben ist die Rede von einem Abmangel von 639 Lehrerwochenstun den im Direktbereich. Insbesondere die Versorgung der son derpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren sei so schlecht, dass von Inklusion überhaupt nicht mehr die Rede sein könne.

Meine Fragen: Können Sie diese Zahlen bestätigen? Ist der Schulamtsbezirk Heilbronn in einer extremen Sondersituati on? Wir wissen, dass es bei einem sogenannten Durchgangs schulamt – was auch immer das heißt – immer schwierig ist. Oder sind die Situationen in den anderen Schulamtsbezirken ähnlich prekär?

Ich kann Ihnen die Zah len, bezogen auf einen einzelnen Schulamtsbezirk, jetzt nicht bestätigen. Ich habe Ihnen die Zahl der offenen Stellen lan desweit zum Stichtag genannt. Zu diesem Stichtag ist das Ver fahren noch gelaufen. Die Schulverwaltungen haben sich noch darum bemüht, eine möglichst breite Abdeckung zu erreichen.

In der Antwort auf die Frage von Herrn Abg. Kleinböck hat te ich angesprochen, dass wir in dem Bereich der Grundschu len und der sonderpädagogischen Bildungsgänge Schwierig keiten haben, die Lehrerstellen zu besetzen. Das ist einer der Bereiche, in denen uns das besonders schwerfällt.

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abg. Boser.

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin das Problem angesprochen, dass vor allem im ländli chen Raum Lehrerinnen und Lehrer fehlen. Gibt es vonseiten der Landesregierung Überlegungen, wie man den ländlichen Raum für Lehrerinnen und Lehrer attraktiver gestalten kann, beispielsweise über kürzere Vertragslaufzeiten? Momentan müssen die Verträge der Lehrerinnen und Lehrer über fünf Jahre laufen.

Ich habe auf die Frage von Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch angesprochen, dass wir uns weiter verschiedene Instrumente überlegen, um die Situ ation 2017/2018 bei einer absehbar auch angespannten Be werberlage in den Griff zu bekommen. Wir versuchen eine frühzeitige Bindung mit dem vorgezogenen Ausschreibungs verfahren.

Ansonsten ist völlig klar, dass wir bei der Situation „gleiche Bewerberzahl wie Stellen in bestimmten Schularten“ durch aus Schwierigkeiten haben – mit welcher Werbung auch im mer –, für einzelne Stellen, die wir anbieten, Besetzungen zu erreichen, weil Lehrkräfte noch auf ein anderes Angebot war ten und die Arbeitsmarktlage kennen. Deshalb müssen wir mit der Situation umgehen. Aber wir versuchen natürlich, Instru mente aufzugreifen, die uns in dieser Situation helfen, die Stellen tatsächlich zu besetzen.

Es gibt keine weiteren Zusatz fragen. Damit ist die Behandlung der Mündlichen Anfrage ab geschlossen. – Vielen Dank, Herr Staatssekretär Schebesta.

Damit ist auch Tagesordnungspunkt 4 erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/ DVP – Gesetz zur Verankerung der Schuldenbremse des Grundgesetzes in der Landesverfassung (Gesetz zur Än derung der Verfassung des Landes Baden-Württemberg und zur Änderung der Landeshaushaltsordnung) – Druck sache 16/447

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Zur Begründung erteile ich für die Fraktion der FDP/DVP Herrn Abg. Dr. Aden das Wort.

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Viele Claqueure aus Ih ren Reihen haben Sie heute nicht! – Gegenruf des Abg. Dr. Gerhard Aden FDP/DVP: Dann müssen Sie dafür sorgen, Herr Meuthen! – Abg. Winfried Mack CDU: Claqueure hat er gar keine! Die gibt es nur bei der AfD!)

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eines vor weg: Das Leben gewährt auch im höheren Alter noch manche Highlights.

(Abg. Winfried Mack CDU: Hoffentlich!)

Als ich meinen Wahlkampf für die Landtagswahl 2016 u. a. unter dem Motto „Gesunde Finanzen – gesunder Staat“ ge führt habe, habe ich wirklich nicht im Traum daran gedacht, dass ich jetzt als Mitglied der FDP/DVP-Fraktion diesen Ge setzentwurf zu diesem Megathema einbringen darf,

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Wo ist denn die Frak tion? – Weitere Zurufe von den Grünen)

den Gesetzentwurf zur Festschreibung der Schuldenbremse in der Landesverfassung.

Wieder einmal unternehmen die Freien Demokraten den Ver such, die aktuelle Regierungskoalition auf eine Zustimmung für ein dauerhaft festgeschriebenes Regelwerk zur Schulden bremse zu verpflichten.

(Beifall der Abg. Klaus Hoher und Nico Weinmann FDP/DVP)

Wieder einmal sagen wir laut und deutlich, dass dieses Signal an die kommenden Generationen heute wichtiger ist als je zu vor.

(Beifall des Abg. Nico Weinmann FDP/DVP – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wo ist Ihre Fraktion, Herr Kollege?)

Diese Regelung ist das Vorziehen des im Grundgesetz fixier ten Neuverschuldungsverbots ab dem Jahr 2020 auf das Jahr 2017, also auch für den kommenden Haushalt. Wer sich an das Theater in der letzten Legislaturperiode erinnert, als der Finanzminister alles versucht hat, damit sich der Ministerprä sident zur schwarzen Null erklären kann, wird einsehen, dass dieses Gesetzesvorhaben jetzt notwendiger ist als je zuvor.

Die Steuereinnahmen steigen seit Jahren; jede Steuerschät zung überholt die alte. Aber zur Entlastung der Bürger sind Grün, Schwarz und Rot nicht in der Lage. Ich wollte an die ser Stelle an CDU und SPD appellieren, sich bei ihren Bun desparteien für eine echte Entlastung starkzumachen. Aber an gesichts ihres jeweiligen Standings hier im Land scheint uns das kontraproduktiv.

Nun betrachten wir das Hin und Her der Haushaltsaufstellung der Finanzministerin mit den Ministerien und auch den Koa litionsfraktionen. Dabei gewinnt man den Eindruck, dass die Einhaltung der Nullverschuldung dem Sankt-Florians-Prinzip der Minister weichen muss. Überall liest man von Mehrfor derungen, deren Umsetzung meist auch noch strukturell wir ken würde.

Während meiner 16-jährigen kommunalpolitischen Tätigkeit habe ich lernen müssen, dass zwischen Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft tatsächlich ein Unterschied besteht und das zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Wenn man in der Be triebswirtschaft Schulden macht, dann rutscht man in die Plei te. Wenn man in der Volkswirtschaft Schulden macht – das darf man gelegentlich –, dann sieht das etwas anders aus; aber dazu gleich mehr bei den Ausnahmen. Wohin aber – das ist das Entscheidende – auch in der Volkswirtschaft permanen tes Schuldenmachen führen kann, sehen wir – ich brauche nur einen Staat zu nennen – an Griechenland.

Zum konkreten Gesetzentwurf: Die entscheidende Frage ei ner Regelung der Schuldenbremse ist die Ausgestaltung der Ausnahmen. Das heißt: Wann darf das Land nach 2019 trotz dem Schulden machen, obwohl dies eigentlich verboten ist?

Dabei gibt es mehrere Fälle, worunter der klarste die Abwen dung finanzieller Notlagen bei Naturkatastrophen ist. Wenn eine Naturkatastrophe oder ein anderes außergewöhnliches Ereignis so hohe Schäden bei Bürgern, Industrie und auch dem Staat hervorruft, dass nur durch eine hohe finanzielle Hilfe des Landes geholfen werden kann oder gar die Steuerbasis wegbricht, dann ist natürlich eine Schuldenaufnahme mög lich.

Wir haben es bei der Beratung des Nachtragshaushalts kurz vor der Sommerpause gesehen. Da waren Regierung und Par lament schnell einig, dass wir etwas machen müssen. Wir konnten das glücklicherweise ohne neue Schuldenaufnahme machen. Aber auch wenn die Kassen leerer gewesen wären, hätten wir trotzdem dafür gestimmt.

Der zweite Fall ist deutlich diffiziler. Hier geht es um die Be wertung der von der Normallage abweichenden konjunkturel len Entwicklung. Das heißt: Wenn sich die Konjunktur aus der normalen Schwankungsbreite des Wachstums entfernt, können zur Abwehr weiterer Verwerfungen Kredite aufge nommen werden, die aber – wichtig! – mit einem Tilgungs plan zu versehen sind und innerhalb von sieben Jahren zu rückgezahlt werden müssen. Dabei werden bei Betrachtung der Steuereinnahmen Einmaleffekte herausgerechnet, damit man sich nicht künstlich arm oder reich rechnen kann. Ent fernt sich die Entwicklung der Steuereinnahmen vom lang jährigen Niveau, berechnet auf das Jahr 2011, dann dürfen Kredite aufgenommen werden.

Nach Ansicht unserer Fraktion verbleiben dem Haushaltsge setzgeber so genug Möglichkeiten, auf Unvorhergesehenes zu

reagieren. Es ist unsere Pflicht, dem heutigen Steuerzahler und den kommenden Generationen kein Haus zu hinterlassen, das unter der Schuldenlast einzustürzen droht.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Aden, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Meuthen zu?

Ich bitte darum.

Vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. – Herr Dr. Aden, Sie sind sehr detailliert in dem Thema drin. Wir kennen das auch sehr gut. Der Ge setzentwurf an sich ist ausgesprochen klug. Er beinhaltet die Übernahme der bundesgesetzlichen Regelungen. Die Achil lesferse der ganzen Geschichte ist – das ist in dem Gesetzent wurf, den Sie einbringen, auch der Fall –: Die einfache Re gierungsmehrheit reicht aus, um eine Ausnahme zu generie ren.

Meine Frage ist: Könnten Sie sich vorstellen, dass Sie den Ge setzentwurf an dieser Stelle noch nachjustieren im Sinne ei ner Verschärfung, wonach es hier einer qualifizierten Mehr heit bedarf? Denn das wird das Einfallstor sein – übrigens auf allen gebietskörperschaftlichen Ebenen –, mit dem man die Schuldenbremse wieder aushebeln wird. Das heißt, es geht darum, den Gesetzentwurf in Richtung des Erfordernisses ei ner qualifizierten statt einer einfachen Mehrheit nachzujustie ren. Dann wäre diese Schuldenbremse wirklich wirksam.

Herr Professor Meuthen, ich danke Ihnen ausdrücklich für diese Frage. In der Tat sind das Aspekte, die wir in der Fraktion angesprochen haben und die wir auch in den Ausschussberatungen eventuell noch an sprechen werden. Danke schön.

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Sehr gut! Vielen Dank!)

Einen wichtigen Satz möchte ich noch sagen. Ich komme dann auch zum Schluss, Frau Präsidentin.

Sehr gut.

Auf Schuldenbergen können unsere Kinder und Enkel nicht spielen.

Nachdem Grüne und CDU im Koalitionsvertrag ebenfalls die Verankerung der Schuldenbremse vereinbart haben, schlage ich Ihnen vor – das sage ich Ihnen als Augenarzt –: Schauen Sie sich tief in die Augen, sehr geehrte Damen und Herren,

(Heiterkeit)