Protokoll der Sitzung vom 11.07.2018

Vor allem kommt es darauf an, dass dieses Label die gesam te Produktionskette umfasst, auch das Fleisch, das schon ver arbeitet worden ist. Denn wir wissen: 80 % von dem, was über die Theke geht, ist verarbeitetes Material, und nur 20 % ist – ich nenne es jetzt einmal so, obwohl es technisch und fach lich vielleicht nicht der richtige Begriff ist, aber Sie wissen, was ich meine – Rohfleisch. Sie haben es gesagt:

Herr Abg. Gall, beachten Sie bitte Ihre Sprechzeit.

Gerade beim Flüssigei merkt man ja: Wenn eine solche Lücke entsteht, ist Verunsicherung ge geben. Deshalb muss die komplette Kette der Produktion von der Tierhaltung über die Schlachtung und den Transport bis zum Verkauf von diesem Label umfasst sein.

Ergo: Dieses Antrags bedürfte es eigentlich nicht. Denn wir sind uns im Grundsatz einig. Aber offensichtlich haben die Grünen etwas Sorge, dass ihr Koalitionspartner doch nicht so dahintersteht.

(Abg. Dr. Patrick Rapp CDU: Spekulation!)

Diese Sorge haben wir auch, und deshalb unterstützen wir den Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Abg. Klaus Hoher von der FDP/DVP.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Forderung nach ei nem staatlichen Tierwohllabel ist weder neu noch grundsätz lich falsch. Viel hängt von der konkreten Umsetzung ab.

(Zuruf: Genau!)

Der vorliegende Antrag wirft allerdings die Frage auf, wie ernsthaft sich die Landtagsfraktionen der Grünen und der CDU mit den rechtlichen Rahmenbedingungen für ein solches Label auseinandergesetzt haben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Laut Darstellung der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner ist die Variante, die Sie im vor liegenden Antrag fordern, ein verpflichtendes nationales Tier wohllabel nur in Deutschland, europarechtswidrig.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir Freien Demokraten können daher diesem Antrag nicht zustimmen, da er dem Rechtsrahmen des Europäischen Bin nenmarkts widerspricht.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sagt klipp und klar, dass es auf eine freiwillige Kennzeich nung setzt. Ein verpflichtendes Label erfordert eine europäi sche Regelung, was im Übrigen deutlich länger dauern wür de. Wohlgemerkt: Das sagt nicht die FDP/DVP-Landtagsfrak tion, sondern das sagt die Bundeslandwirtschaftsministerin von der CDU, nachzulesen auf der Webseite des Ministeri ums.

Zu Beginn habe ich gesagt, dass bei einem Tierwohllabel viel von der konkreten Ausgestaltung abhängt. Deshalb sollten wir Abgeordneten es uns nicht so einfach machen. Denn an die sen Fragen entscheiden sich Existenzen von ganzen Famili enbetrieben. Lassen Sie mich einmal zwei kurze Beispiele auf zeigen.

Erstens: Wie verhindern wir, dass das staatliche Label kleine re Betriebe aus dem Markt drängt?

(Abg. Martin Hahn GRÜNE: Wie verhindern wir das ohne?)

Nach Äußerungen von Klöckner soll die Eingangsstufe für das Label deutlich über dem gesetzlichen Standard liegen. Werfen wir einmal einen Blick auf 11 800 Betriebe in BadenWürttemberg, die noch mit Anbindehaltung von Rindern ar beiten. Wir können die Investitionsförderungen für Betriebe noch so hoch aufstocken – in die erste Stufe schaffen sie es trotzdem nicht alle. Was passiert aber, wenn der Lebensmit telhandel irgendwann nur noch Erzeugnisse aus der ersten Stu fe mit dem Tierwohllabel akzeptiert? Im Zweifelsfall überle ben die Großbetriebe, und die bäuerlichen Betriebe werden aus dem Markt gedrängt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Zweitens: Wie werden Labelvorgabe und Kontrolle organi siert? Bei dieser Frage geht es um ein Maximum an Glaub würdigkeit und ein Minimum an Bürokratie. Das von der Bun desregierung angedachte Label soll ein staatliches Label sein, sozusagen mit Bundesadler. Gleichzeitig soll die Kontrolle ausschließlich über private Kontrollunternehmen durchgeführt werden. Das hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion noch einmal ausdrücklich bestätigt. Die Veterinärverwaltung soll außen vor bleiben.

Die Freien Demokraten haben grundsätzlich nichts gegen pri vate Kontrolleure. Hier warnen wir aber klar davor, denn wenn es mit staatlichem Tierwohllabel einen Lebensmittelskandal geben sollte, weiß ich nicht, was die Öffentlichkeit dann sagt.

All diese Fragen sollen zunächst einmal beantwortet werden, bevor man ein Tierwohllabel verlangt.

Sie gehen aber mit Ihrem Antrag noch weiter. Sie fordern gleich ein verpflichtendes Tierwohllabel, erst im nationalen Alleingang, später vielleicht mit europäischer Regelung. Selbst das zuständige Bundesministerium hat erkannt, dass das rechtlich nur mühsam umsetzbar ist, und spricht deshalb ausdrücklich von einem freiwilligen Tierwohllabel.

Wir lehnen den grün-schwarzen Antrag daher klar ab. Viel leicht wäre es besser, wenn sich die grün-schwarze Koalition wieder um landespolitische Themen kümmern würde.

(Zuruf von der AfD: Bravo! – Abg. Martin Hahn GRÜNE: Das haben wir im Griff!)

Ich muss natürlich grundsätzlich Martin Hahn recht geben, dass das Label für die Verbraucher in unserem Land sehr wichtig ist, und die Geschichte mit der Kennzeichnung des Eis ist eine tolle Geschichte;...

Herr Kollege, Sie müss ten bitte zum Schluss kommen.

... das kann ich nur unter schreiben. Aber wie weit soll man in der Hierarchie herunter gehen? Bei der Eiergeschichte hat es der Bund gemacht, jetzt soll es das Land machen,

(Abg. Martin Hahn GRÜNE: Nein!)

und dann bringen wir es noch in den Kreistag, oder?

Herr Abg. Hoher, Sie sind jetzt wirklich über der Zeit.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Peter Hauk das Wort. – Bitte.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Der, der das La bel einhält, kriegt die Landesgartenschau! – Verein zelt Heiterkeit)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe, ehrlich gesagt, nicht ganz verstanden, Herr Kollege Hoher, welche Position die FDP/DVP hier jetzt eigentlich vertritt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das macht nichts! Sagen Sie einfach das, was Sie aufgeschrie ben haben!)

Aber es kommt im Land Gott sei Dank auch nicht auf die FDP an. Das muss man auch einmal sagen. Meine sehr verehrten Damen und Herren – –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Lesen Sie einfach vor, was man Ihnen aufgeschrieben hat! – Abg. Rüdiger Klos AfD: Mit welcher Maßgabe sa gen Sie das?)

Bitte?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Einfach vor lesen, was da steht!)

Herr Kollege Rülke, ich würde Ihnen raten, sich einfach ein mal zurückzuhalten.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sagen Sie sonst, ich hätte einen Sparren weg? – Gegenruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Kann passieren!)

Ich sage einmal, Sie haben langsam Anwandlungen der NeoAfD. Die FDP geriert sich immer mehr zu einem Rechtsüber holer der AfD hier im Landtag. Die Mutation bestimmter Fraktionen hier ist schon seltsam. Das muss man schon fest halten.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Kriegen wir dann vielleicht eine Gartenschau? – Abg. Andreas Stoch SPD: Ihr wart doch einmal Kumpels, Leute! Das waren doch einmal die dicksten Kumpels!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Tierwohl steht in der Landwirtschaft und auch in der Ge sellschaft im Fokus der Debatten. Deshalb bin ich auch froh, dass die beiden Regierungsfraktionen diesen Antrag gestellt haben.

Man kann natürlich füglich fragen: Ist das ein Thema, das den Landtag von Baden-Württemberg interessiert? Wir haben es zumindest zu einem Thema von uns gemacht, weil das The ma in der Koalitionsvereinbarung steht

(Abg. Martin Hahn GRÜNE: So ist es!)

und weil wir dem auch Vorschub geben wollten. Denn der Im puls ging ein Stück weit von Baden-Württemberg aus. Der Kollege Gall hat vorhin zu Recht gesagt: Es gab in den letz ten zwölf Jahren auf Bundesebene ausschließlich Landwirt schaftsminister von der Union,