Meine Damen und Herren von der Staatskanzlei, glauben Sie mir, hier sitzen Leute, die so gescheit sind, dass sie die Stellungnahmen der Verbände selbst lesen können. Es bedarf nicht des grotesken Vorgangs, der sich hier wieder abgespielt hat, dass sich nämlich jemand in der Staatskanzlei hinsetzen, die Stellungnahmen der Verbände in eigene Worte fassen und uns als Schreiben der Staatskanzlei zur Kenntnis geben muss, wie sich seiner Meinung nach die Verbände gegenüber der Staatsregierung geäußert haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir diesem grotesken Vorgang ein Ende! Die CSU hat es in der Hand. Sagen Sie doch der Staatsregierung, dass wir die kompletten Unterlagen haben wollen und gescheit genug sind, sie zu lesen.
Mit diesen Anmerkungen wird die SPD-Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen. Wie gesagt, er ist kein Riesenwurf, der olympische Medaillen verdient, aber er ist bis auf die Passage zum Ausländerrecht eine durchaus solide Arbeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde bemerkt, es handle sich nicht um einen großen Wurf. Dazu darf ich darauf hinweisen: Verwaltungsvereinfachung, Bürgerfreundlichkeit der Verwaltung, Delegation und Straffung von Verwaltungsabläufen sind Daueraufgaben, die man selbstverständlich nicht mit einem großen Wurf schaffen kann. Hier geht es um einen Teil einer langen Kette, die insgesamt sehr erfolgreich ist.
Aber ein Teil dieser Regelung muss eben auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Darum haben wir das zu einem Omnibusgesetz zusammengefasst. Vieles andere – ich denke an die Zusammenarbeit mit den Landkreisen, an Hunderte von Vorschlägen, die von den Landratsämtern gekommen sind – haben wir vor allem im Dialog mit Regierungen und Landratsämtern schnell erledigen können. Ich möchte mich bei den Mitgliedern dieses Hohen Hauses herzlich bedanken, die diese Arbeit der Staatsregierung unterstützen.
Ich habe mich in erster Linie zu zwei Bemerkungen der Frau Kollegin Stahl gemeldet. Ihre Bemerkungen muss ich zurückweisen. Erstens. Mit dem Wegfall des Widerspruchsverfahrens bei ausländerrechtlichen Verfahren ist keine Kürzung von Bürgerrechten verbunden. Tatsache ist, meine Damen und Herren, dass nahezu alle ausländerrechtlichen Verfahren bei den Verwaltungsgerichten enden, so dass, wie Kollege Güller insgesamt richtig erwähnt hat, mit dem Widerspruchsverfahren keine Befriedungsregelung, sondern lediglich eine Verfahrensverlängerung verbunden ist. Das bedeutet eine Belastung der Verwaltung, sicherlich aber auch der Beteiligten mit Kosten und Zeit. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dieses Verwaltungsverfahren ohne Einschränkung von Bürgerrechten beseitigt werden kann; denn der Rechtsschutz durch die Gerichte wird ja in Anspruch genommen und funktioniert.
Zweitens. Dass hier etwas zynisch sei, kann ich aus alledem nicht herauslesen. Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren. Wenn man nach dem Grundsatz handelt, dass nur schnelles Recht gutes Recht sei, müssten Sie dem eigentlich zustimmen.
Insgesamt möchte ich mich für die zügigen Beratungen bedanken. Ich glaube, wir tun hier einen weiteren wichtigen Teilschritt, mit dem wir den Mitarbeitern in unseren Verwaltungen ein Recht an die Hand geben, durch das sie zügig zu Entscheidungen kommen. Auch das ist Bürgerfreundlichkeit. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung.
Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung zugrunde liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/1369 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen auf Drucksache 14/3099. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parla
mentsfragen empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe verschiedener Änderungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 14/3099.
Wer dem Gesetzentwurf mit den vom federführenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen vorgeschlagenen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CSU und SPD. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordnete Hartenstein. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist es so beschlossen.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht.
Wer dem Gesetzentwurf mit den vom federführenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen vorgeschlagenen Änderungen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich zu erheben. – Das sind die Fraktionen von CSU und SPD. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordnete Hartenstein. Stimmenthaltungen? – Keine. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: „Zweites Gesetz über weitere Maßnahmen zur Verwaltungsreform in Bayern (Zweites Verwaltungsreformgesetz)“.
zur Änderung des Bayerischen Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern (Drucksache 14/1380)
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Jede Fraktion hat 30 Minuten Redezeit. Als erste hat Frau Kollegin Münzel das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Seit 1996 hat nun auch Bayern endlich ein Gleichstellungsgesetz, und zwar als letztes aller Bundesländer.
Anfang 1999 stellte Frau Staatsministerin Stamm mit einem halben Jahr Verspätung ihren Bericht zur Umsetzung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes vor. Dabei zeigte sich sehr schnell, dass unsere damalige Einschätzung – wir hatten das Gesetz als zahnlosen Tiger bezeichnet – richtig war. Die Schwachstellen waren zum Teil so offensichtlich, dass auch Frau Stamm nicht umhin kam, diese zu benennen.
Die Kraft und den Mut aber, gesetzgeberische Konsequenzen daraus zu ziehen, hatte leider weder Frau Stamm noch die CSU-Fraktion. Um überhaupt eine
Erfolgsmeldung aus dem Bericht herauszuziehen, scheute sich Frau Ministerin allerdings auch nicht, Schwachstellen hemmungslos zu verschleiern. So behauptete sie in ihrer Jubelpressemitteilung, dass deutliche Fortschritte bei der Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen erreicht wurden. Man war, nachdem man diese Jubelpressemitteilung gelesen hatte, direkt versucht, zu glauben, die Frauen hätten in Bayern einen großartigen Erfolg erreicht, die Frauen hätten die so genannte gläserne Decke, die das Ende ihrer Karriere markiert, in Bayern durchstoßen. Angeblich tolle Zahlen standen da im Raum.
Im gehobenen Dienst steigerte sich der Anteil der Frauen von 48,9% im Jahr 1996 auf 50,4% im Jahr 1999 und im höheren Dienst von 26,7% im Jahr 1996 auf 31,1% im Jahr 1999. Als wenn z. B. bei einer Studienrätin, die im höheren Dienst tätig ist, gleichzeitig mit ihrer Funktion eine Führungsposition verbunden wäre! Diesen Eindruck versuchte die Frau Staatsministerin aber zu vermitteln. Wir haben das natürlich sehr schnell durchschaut und im Ausschuss diskutiert.
Es war interessant, wie Frau Stamm ihre Ansicht begründete. Sie sagte, die Gleichstellung von Positionen des höheren und des gehobenen Dienstes mit Führungspositionen sei im Bericht aus Vereinfachungsgründen vorgenommen worden. So also begründete sie dieses leicht zu durchschauende Täuschungsmanöver. Frauen machen halt immer alles so kompliziert; da muss man vereinfachen.
Auch die harsche Kritik der Landesgemeinschaft der bayerischen Gleichstellungsstellen prallte an der Staatsregierung ab. Die Landesgemeinschaft schrieb in einer Pressemitteilung, der Bericht enthalte keinerlei stichhaltige Belege für positive Wirkungen des Gesetzes. Vernichtender könnte keine Kritik sein. Nun ist die Landesgemeinschaft der bayerischen Gleichstellungsstellen nicht irgendein x-beliebiger Verein. Wenn jemand etwas von Gleichstellungsarbeit versteht, dann sind es die Gleichstellungsbeauftragten, die Tag für Tag in ganz Bayern mit dem Gesetz arbeiten müssen und direkt erfahren, ob das Gesetz für ihre Arbeit etwas taugt oder nicht.
Das Feilschen um die Besetzung von Lehrstühlen mit Frauen ist nur ein Indiz dafür, wie kräftezehrend der Kampf um Gleichstellung ist, wie schwierig es für Frauen ist, Führungspositionen zu erhalten. Nur wenn Frau oder Mann – wie unser Kollege Dr. Dürr – ein wachsames Auge darauf hat und eventuell mit der Presse eine entsprechende Öffentlichkeit herstellen kann und somit ein Politikum daraus gemacht wird, haben Frauen zumindest eine Chance, wenn auch eine kleine. Und kaum schaut Frau oder Mann weg, schwups sitzt ein Mann auf dem Stuhl, und alles ist beim Alten. Mir kommt der Einsatz für die Gleichstellung von Frauen und Männern manchmal so vor wie die Arbeit von Sisyphus.
Kolleginnen und Kollegen, folgender Analyse von Frau Stamm anlässlich des internationalen Frauentags kann man durchaus Recht geben – ich zitiere aus ihrer Pressemitteilung –:
Frauen müssen im Beruf endlich gleiche Chancen haben. Das ist die Forderung von Frauenministerin Barbara Stamm an die Personalverantwortlichen im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft anlässlich des Weltfrauentags am 8. März. Noch immer gibt es Betriebe, in denen Frauen der Zugang zu den verantwortungsvollen Positionen verweigert wird. Das sind teilweise noch Zustände wie vor 50 Jahren, kritisierte Stamm.
Wenn es aber darum geht, diese Erkenntnis, die ja durchaus richtig ist, umzusetzen, dann bekommt Frau Stamm kalte Füße.
Was fällt ihr als Gegenmaßnahme dazu lediglich ein? Sie stellt fest, dass sie bereits zum vierten Mal einen Frauenförderpreis ausgeschrieben hat. Damit ist die Phantasie der Frauenministerin schon zu Ende. Ein Frauenförderpreis ist in Ordnung, aber das darf nicht alles sein.
Wir GRÜNE haben bereits in der letzten Legislaturperiode ein ganzes Bündel von Maßnahmen vorgestellt, wie man der Wirtschaft den Gleichstellungsgedanken schmackhaft machen kann, zum Beispiel durch die Erweiterung der Richtlinien zur Wirtschaftsförderung um die Zielvorgabe Frauenförderung. Wir haben infolge des Armutsberichts ein Bündel von Anträgen zur Gleichstellung gestellt, das die Schulen, die Verbände, die Organisationen, die Gewerkschaften, die private Wirtschaft und die Universitäten anspricht und ihnen Möglichkeiten zur Gleichstellungspolitik aufzeigt.
Es ist also nicht so, dass wir GRÜNE nur auf gesetzliche Vorgaben und Quoten setzen. Unsere Phantasie reicht viel weiter; dies haben wir mit einer Fülle von Anträgen bewiesen. Leider sprechen aber die CSU und die Staatsregierung nur davon, dass Akzeptanz und Bewusstsein für Gleichstellungsarbeit geschaffen werden müssen; sie lehnen aber alle unsere Vorschläge, die genau in diese Richtung zielen, nämlich Akzeptanz und Bewusstsein zu schaffen, regelmäßig mit fadenscheinigen und sich widersprechenden Argumenten ab.
Wir GRÜNE setzen also nicht nur auf gesetzliche Vorgaben und Quoten, sondern wir setzen auch auf gesetzliche Vorgaben und Quoten. Wenn wir schon ein Gleichstellungsgesetz haben, dann muss es auch eines sein, das die Möglichkeiten ausschöpft, die es bietet; es muss eines sein, das nicht wie eine Verordnung gehandhabt wird; es muss eines sein, das nicht nur ein Alibi darstellt: Seht her, auch wir in Bayern haben ein Gleichstellungsgesetz, wenn auch als letztes aller Bundesländer.
Der Bericht der Staatsregierung zum Gleichstellungsgesetz hat uns ganz deutlich darin bestätigt, dass das geltende Gleichstellungsgesetz, das Gesetz der Staatsregierung, dringend nachgebessert werden muss. Es muss nachgebessert werden, was den Geltungsbereich betrifft. So fanden und finden im staatlichen und kommunalen Bereich eine große Anzahl von Privatisierungsmaßnahmen statt. Sind staatliche und kommunale Betriebe dann privatisiert, so gilt das Gleichstellungsgesetz nicht mehr für die Angestellten der privatisierten Betriebe. Wird zum Beispiel ein Krankenhaus privatisiert, dann fällt mit dieser einzigen Privatisierungsmaßnahme eine große Anzahl von Frauen aus dem Geltungsbereich des Gleichstellungsgesetzes heraus. Wird der Geltungsbereich des Gleichstellungsgesetzes nicht so erweitert, wie wir es in unserem Gesetzentwurf vorgeschlagen haben, dann kommen also immer weniger Frauen statt immer mehr Frauen in den Genuss des Gleichstellungsgesetzes, und das, denke ich, kann auch nicht im Sinne der Staatsregierung sein.
Das Gleichstellungsgesetz verliert nicht nur für immer mehr Frauen seine Geltung; das Gleichstellungsgesetz nutzt auch nicht alle Möglichkeiten der Einflussnahme. Es kann nicht nur Vorbild für die Privatwirtschaft sein, sondern auch direkt Einfluss auf die Gleichstellungspolitik der Privatwirtschaft nehmen, indem die Vergabe von staatlichen Aufträgen und von Subventionen an Privatfirmen davon abhängig gemacht wird, dass sie sich an die Ziele und Grundsätze dieses Gleichstellungsgesetzes halten. Der Staat greift doch immer lenkend in die Wirtschaft ein, zum Beispiel durch Wirtschaftsförderprogramme oder durch die Auftragsvergabe. Daher ist es nicht einsichtig, dass dem Staat verwehrt sein soll, ein Verfassungsziel, die Gleichstellung von Frauen und Männern, durch eine entsprechende Wirtschaftspolitik vorwärts zu bringen.
Dass dies möglich ist, zeigte vor wenigen Jahren der Ministerpräsident selber auf, als er forderte, dass die Auftragsvergabe an die Bereitstellung von Ausbildungsstellen geknüpft werden solle. Was für die Jugendlichen zu Recht gilt, muss auch für die Frauen gelten.
Kolleginnen und Kollegen, mir völlig unverständlich ist die strikte Ablehnung der Quote durch die CSU und die Staatsregierung. Auf der einen Seite bedauert auch Frau Staatsministerin, dass es im Gesetz eine Reihe von Begriffen gibt, die verschiedene Interpretationen erlauben, zum Beispiel der Begriff „erheblich geringere Zahl“. Durch einen solch vagen Begriff wird die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten behindert. Selbst die Staatsregierung sagt, dass vage Begriffe der Klarstellung bedürfen. Auf der anderen Seite aber lehnt sie das effektivste Mittel ab, um das Ziel der Gleichstellungspolitik auf einen einfachen Nenner zu bringen. Wenn der Begriff „erheblich geringere Zahl“ durch „unter 50%“ ersetzt wird, sind alle Unklarheiten beseitigt.
Während bei der Gesetzesberatung vor drei Jahren noch das europäische Recht herhalten musste, um sich gegen die Quote auszusprechen, fehlt dafür mittlerweile jegliche Begründung. Frau Staatsministerin geht hier
nach dem Prinzip Hoffnung vor; sie schreibt in ihrem Bericht: In der Erwartung eines weiteren Anstiegs des Frauenanteils, insbesondere in den höheren Besoldungs- und Vergütungsgruppen, hält die Staatsregierung den mit dem bayerischen Gleichstellungsgesetz eingeschlagenen Weg, vor allem den Verzicht auf die Vorgabe starrer Quoten, weiter für richtig. Es gibt überhaupt keinen Grund mehr, die Quote nicht einzuführen. Sie können nicht begründen, weshalb Sie sich nicht für die 50-%-Quote entscheiden können.
Es ist nur recht und billig, eine 50-%-Quote einzuführen. Da Frauen mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, ist unser Ziel, die Hälfte von allem zu erhalten, doch eigentlich sogar bescheiden. Wir sollten das auch so in ein Gesetz schreiben und uns nicht mit einer Arbeitshilfe zufrieden geben, wie sie die CSU vorgeschlagen hat. Eine Arbeitshilfe ist unverbindlich; sie kann ignoriert werden; ein Gesetz eigentlich nicht. Beim Gleichstellungsgesetz muss man allerdings „eigentlich nicht“ sagen; denn es ist interessant, dass die Gleichstellungsbeauftragten, die es ja wissen müssen, festgestellt haben, dass es kein Gesetz gibt, das so häufig übertreten wird wie das Gleichstellungsgesetz; es wird eher wie eine Verordnung als wie ein Gesetz behandelt.