Sie haben behauptet, die Opposition im Bayerischen Landtag könne nur meckern und bringe keine ordentliche Gegenkonzepte zustande. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Erziehungs- und Unterrichtsgesetz verweisen. Wir haben einen astreinen Gegenentwurf zu Ihrem Gesetz eingereicht, das Sie außerdem noch verspätet vorgelegt haben.
Sie wissen als Finanzminister, dass es in der Finanzpolitik zwei Grundsätze gibt. Man kann nur das verteilen, was vorhanden ist. Ich frage mich, wie Sie zu dem Vorschlag einer Entlastung um 52 Milliarden DM kommen, für die Sie keine Gegenfinanzierung haben. Damit machen Sie die Anstrengungen der rot-grünen Koalition in Berlin, die mit der Steuersenkung um 45 Milliarden DM alles tut, was möglich ist, madig.
Sie wissen genau, dass es in der Steuerpolitik nicht auf Symbole wie den Spitzensteuersatz ankommt. Entscheidend ist, was am Ende die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmer und Unternehmerinnen im Geldbeutel haben.
Sie selbst argumentieren damit, dass die Bezieher von unteren und mittleren Einkommen durch diese Steuerreform entlastet werden. Sie nehmen die Steuerreform sogar zum Anlass, die Abschaffung der Ballungsraumzulage zu begründen. Ich habe die Vorlage gesehen, in der Sie ausrechnen ließen, dass ein neunundvierzigjähriger Polizeibeamter in der Besoldungsgruppe A 10, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, durch dieses Steueränderungsgesetz von Rot-Grün 101,30 DM mehr zur Verfügung hat.
So können Sie mit uns nicht umgehen. Das ist in höchstem Maße scheinheilig. Als unverschämt empfinde ich, dass Sie 16 Jahre lang das Land heruntergewirtschaftet haben und jetzt – –
Wer hat denn 16 Jahre regiert? Dass waren doch nicht wir. Sie haben ein Steuerloch nach dem anderen präsentiert, heute aber wollen Sie der Bundesregierung ein Steuersenkungskonzept auf Pump aufzwingen und damit den Konsolidierungskurs unterminieren.
So nicht, meine Damen und Herren. Die Landtagsfraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bringt auf Bundesebene Vorschläge zur Entlastung des Mittelstandes ein. Unsere ehemalige Landtagskollegin Christine Scheel kennt die Situation des Mittelstandes in Bayern sehr gut. Natürlich sind die einzelnen Bundesländer und die Regierungsfraktion in Berlin aufgefordert, Vorschläge einzubringen. Wir tun dies auch. Wir sehen dem Vermittlungsausschuss mit großer Gelassenheit entgegen und sind der festen Überzeugung, dass am Ende ein gutes
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesfinanzminister wird vielfach als schlauer Fuchs angesehen.
Das freut Sie natürlich, aber lassen Sie mich ausreden, bevor Sie mir Recht geben. Die Schlauheit des Fuchses beruht primär auf der Vergesslichkeit der Hühner. Wir haben nicht vergessen, was in der Vergangenheit passiert ist.
Die Steuerreform von Lafontaine belastet die Betriebe mit 8 Milliarden bis 10 Milliarden DM. Davon war heute überhaupt nicht die Rede.
Durch die Öko-Steuer kommt eine weitere Belastung in Höhe von mehr als 30 Milliarden DM auf die Bürger und die Wirtschaft zu. Mit der vorliegenden Reform machen Sie es nicht viel anders. Es kann nicht oft genug betont werden, dass Sie massiv Klein- und Mittelbetriebe gegenüber den großen Kapitalgesellschaften benachteiligen. Die Effekte der Reform werden durch Gegenfinanzierungen wieder ausgeglichen. Eichels Trick besteht darin, dass Entlastungen aus der Reform von 1999 bis 2002 in seinem Konzept berücksichtigt werden, bereits beschlossene Belastungen aber nicht auftauchen.
Herr Kollege Dr. Kaiser, Sie haben erklärt, der Mittelstand sei auf dem besten Wege und erziele gute Ergebnisse. Das ist mit der Situation eines Kranken vergleichbar, der aufgrund seiner persönlichen Widerstandskraft das Fieber von 41 Grad auf 39 Grad gesenkt hat. Er ist immer noch krank, die Medikamente liegen auf dem Nachttisch, sie werden ihm aber nicht gereicht. Das darf nicht sein.
Sie haben uns seinerzeit nicht die Chance gegeben, eine richtige Struktur- und Steuerreform durchzuführen. Wir hingegen geben Ihnen jetzt die Chance. Nutzen Sie sie, und bleiben Sie nicht auf halbem Wege stehen.
Die Absenkung der Körperschaftsteuer ist richtig, aber in der vorgesehenen Form nützt sie in erster Linie nur den großen Kapitalgesellschaften. Wenn der Spitzensteuersatz bei 45% bleibt, kommt es zu einer eklatanten Benachteiligung der von Eigentümern geführten Betriebe und Personengesellschaften. Der Verkauf von
Beteiligungen an Aktiengesellschaften, der steuerfrei sei soll, mag für Umstrukturierungen durchaus richtig sein; aber das Optionsrecht, das Sie Personengesellschaften und kleinen Betrieben anbieten, bringt überhaupt nichts.
Sie müssen sich in die Lage eines Inhabers eines kleinen Betriebes versetzen, der sein Unternehmen vererben will. Steuerfreibeträge fallen weg. Die Veranlagung erfolgt nicht nach dem Buchwert, sondern nach dem Ertragswert. Das Ergebnis ist, dass die Erbschaftssteuer fünfmal höher ist, als das bei Kapitalgesellschaften der Fall wäre. Das muss man sich einmal vor Augen führen. Zusätzlich schwebt das Damoklesschwert der Erbschaftssteuererhöhung über den kleinen und mittleren Betrieben. Man kann sich vorstellen, was das für den Mittelstand bedeutet.
Unsere Forderungen lauten deshalb klar und eindeutig: Am Ende einer Reform muss ein Einkommensteuerspitzensatz von 35% stehen, weil sonst die stimulierende Wirkung ausbleibt. Herr Kollege Dr. Kaiser, Sie dürfen nicht übersehen, dass die Reform auf viele Jahre angelegt ist. Was Sie anbieten, wird im Laufe der Jahre allein schon aufgrund der Tariferhöhungen aufgefangen. Sie bieten überhaupt nichts an. Die 45 Milliarden DM Nettoentlastung, die Sie anbieten, werden durch ein Vielfaches dessen, was an Steuermehreinnahmen auch aufgrund der anspringenden Konjunktur zu erwarten ist, überholt werden.
Zweitens. Die Diskriminierung des Mittelstandes muss beseitigt werden. Auch Kleinbetriebe dürfen bei Tausch, Verkauf, Fusion oder Umstrukturierung nicht benachteiligt werden. Es muss eine echte Entlastung geben und nicht nur ein Hin- und Hergeschiebe.
Meine Damen und Herren von der Opposition, machen Sie endlich Frieden mit dem Mittelstand. Im Herzen stehen dem Bundeskanzler und der SPD die Großbetriebe mit ihren mächtigen Gewerkschaften eben viel näher als die Kleinbetriebe und die Mittelständler. Der Mittelstand aber trägt die höchste Steuerlast, das höchste Risiko und daneben schafft er die meisten Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Das haben wir zu berücksichtigen, und deshalb werden wir den Mittelstand nicht vernachlässigen.
Sie haben jetzt, wie ich schon sagte, eine große Chance, die wir nicht hatten. Wenn Sie diese Chance nicht nutzen, dann können Sie sich nicht darauf berufen, dass Sie immerhin einige richtige Schritte gemacht haben. Sie können dann nur sagen: „Wir sind auf halbem Wege stehen geblieben.“ Sie könnten jetzt wirklich eine Reform durchführen, die diesen Namen auch verdient, und zu dieser Reform gehören die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Klein- und Mittelbetriebe. Diese Klein- und Mittelbetriebe haben Sie aber völlig unberücksichtigt gelassen. Ich hoffe, dass wir im Vermittlungsausschuss noch Mittel und Wege finden werden, um auch hier Verbesserungen herbeizuführen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alle Redner der CSU wie auch der Finanzminister haben die massive Benachteiligung der kleinen und mittleren Betriebe gegenüber den Großunternehmen beklagt. Herr Kollege Kupka hat sich sogar gerade zu der Forderung verstiegen, wir sollten endlich mit dem Mittelstand Frieden schließen. Meine Damen und Herren von der CSU, ich darf Sie um eines bitten: Machen Sie endlich Schluss mit Ihrer unseligen Neidkampagne im Hinblick auf die Steuerreform.
Die Position links von der SPD ist durch die PDS bereits besetzt. Diesen Platz der Opposition müssen doch nicht Sie ausfüllen und diese Neidkampagne durchführen.
Herr Kollege Kupka, nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, dass die erste Stufe der Steuerreform – das war noch unter Finanzminister Lafontaine – die Mittelständler nicht um 8 bis 10 Milliarden DM belastete, sondern um 5,5 Milliarden entlastete. Ich verweise auf eine Meldung der „FAZ“ vom 16.03.1999.
Meine Damen und Herren von der CSU, Sie beklagen ständig die Benachteiligung des Mittelstandes. Kollege Dr. Scholz hat schon darauf hingewiesen, und ich darf Sie noch einmal daran erinnern: Die Handwerksbetriebe und der Mittelstand leiden vor allem darunter, dass die Lohnzusatzkosten ständig angestiegen sind. Von 1982 bis 1998 – während Ihrer Regierungszeit – ist der Gesamtbeitrag zu den sozialen Sicherungssystemen von 34% auf den Rekordstand von 42% angestiegen. Das hat dem Mittelstand wehgetan und nicht die Schimäre „Benachteiligung des Mittelstands durch die jetzige Steuerreform“.
Von 1992 bis 1998 ist allein der Rentenversicherungsbeitrag allein von 17,5% auf 20,3% angestiegen. Erst durch die Ökosteuerreform ist eine Kehrtwende eingetreten. Genauso verhält es sich mit den Steuerbelastungen. Wenn Sie die Benachteiligung des Mittelstandes schon so sehr beklagen, warum greifen Sie dann das Optionsmodell an? Wenn es stimmt, was Sie sagen, dann müsste doch gerade das Optionsmodell für den Mittelstand eine Chance sein. Dann müssten doch die Vorteile der Kapitalgesellschaften in Anspruch genommen werden. Sie dürften das Optionsmodell dann nicht derart angreifen, meine Damen und Herren.
Ich komme nun zu Ihrer Argumentation im Hinblick auf die Großunternehmen, Herr Finanzminister. Wenn ich an die Debatten im Bayerischen Landtag denke, dann wundere ich mich über diese Argumente schon. Ich erinnere an den Verkauf der Dasa-Anteile und den zuvor stattgefundenen Tausch der LWS-Anteile bei der LfA. Ich erinnere an die Zusammenführung von Viag und Bayernwerke und an die Fusion der Hypo- mit der Vereinsbank.
Als wir die bayerische Steuerpolitik und die Steuerfreiheit bei diesen Fusionen kritisiert haben – ich verweise auch auf das Tauschgutachten des Bundesfinanzhofes –, da haben Sie immer gesagt: „Es werden zwar stille Reserven aufgelöst, die bleiben aber im Unternehmen.“ Von diesen Argumenten wollen Sie jetzt offensichtlich nichts mehr wissen.