Herr Kollege Dr. Kaiser, wir haben in diesem Hause schon oft darüber diskutiert, dass bei solch großen Mergers meist Lösungen herauskommen, die nicht unseren Idealvorstellungen entsprechen. Manche unserer Idealvorstellungen werden natürlich sehr stark vom Kartellamt korrigiert. Die EU-Kommission hat hier kartellrechtliche Bedenken in einer Deutlichkeit ohnegleichen erhoben. Wir müssen diese Bedenken akzeptieren. Wir können nicht dagegen vorgehen. Unter den veränderten Bedingungen, für die die EU-Kommission durch ihre Bedenken die Determinanten gesetzt hat, ist dies für uns eine sinnvolle und akzeptable Lösung.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, dass es sich die Staatsregierung mit ihrer Antwort etwas leicht macht? Bereits beim Bieterwettbewerb war in der Presse nachzulesen, dass es im Fall von Thyssen und Krupp keine Überschneidungen in der Produktpalette gibt. Demgegenüber gebe es beim Erwerberkonsortium Siemens-Bosch massive Überschneidungen, sodass die Bedenken der EU-Kommission und des Kartellamtes vorhersehbar gewesen seien. Die Situation wäre also nicht eingetreten, wenn man sich daran orientiert hätte.
Aus den Presseberichten zu diesem Thema habe ich entnommen, dass es zu diesem Thema unterschiedliche Bewertungen und unterschiedliche Ansichten gibt.
Ich habe noch eine Frage, weil es vor allem um die Arbeitsplätze an den bayerischen Standorten geht. Herr Staatssekretär, was werden Sie unternehmen, wenn es bei den Firmen Mannesmann Rexroth in Lohr, Mannesmann Sachs in Schweinfurt und KraussMaffei in München mit insgesamt 25000 Arbeitsplätzen zu Planungen kommen sollte, die zu einem Abbau von Arbeitsplätzen führen würden?
Uns ist dieses Problem sehr wohl bewusst. Wir wissen, dass die Gefahren, die Sie soeben dargestellt haben, nicht im Bereich des Unmöglichen liegen. Ich möchte jetzt keine Einzelheiten auf dem Jahrmarkt der Öffentlichkeit aus
plaudern. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Herr Dr. Wiesheu seit Monaten in sehr engem Kontakt mit der Spitze des Unternehmens steht und genau die Bedenken, die Sie haben, immer und immer wieder vorträgt. Dr. Wiesheu tut alles, aber auch alles, was wir von Seiten des Freistaates Bayern tun können, damit das Schreckensszenario, das Sie soeben dargestellt haben, nicht eintritt. Ich sage nochmals: Wir tun alles, um dies zu verhindern.
Herr Staatssekretär, welche Maßnahmen zur Erhaltung der Fahrleitung auf der Außerfernbahn gedenkt die Bayerische Staatsregierung zu ergreifen, sofern die DB AG nicht bereit wäre, BSCHwAG-Mittel hierfür in Anspruch zu nehmen?
Herr Kollege Sprinkart, die Sanierung der Oberleitung für den bayerischen Abschnitt zwischen Garmisch-Partenkirchen und Griesen ist als Maßnahme nach § 8 Absatz 2 Bundesschienenwegeausbaugesetz zwischen dem Wirtschaftsministerium und der DB Netz AG fest vereinbart. Nachdem die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) einseitig erklärt hat, dass sie ab dem Fahrplanwechsel 2001 die Strecke Griesen – Reutte i. Tirol nicht mehr bedienen werde, hat die DB Netz AG mitgeteilt, dass die Investition in Höhe von 5 Millionen DM angesichts der bevorstehenden Einstellung des Schienenpersonenverkehrs auf der Außerfernbahn wirtschaftlich nicht vertretbar sei.
Staatsminister Dr. Wiesheu hat sich an den Vorstandsvorsitzenden der DB Netz AG und an den Bundesminister für Verkehr mit der Bitte gewandt, auf die ÖBB dahingehend einzuwirken, dass die Absicht, zum 9. Oktober 2000 den Verkehr auf den österreichischen Abschnitt einzustellen, nicht verwirklicht wird. Sollte die Strecke zum Abbau der Oberleitung ab dem 9. Oktober 2000 – wie dies von der DB AG angekündigt ist – technisch gesperrt werden, ist ein Schienenersatzverkehr durch Busse und eine Wiederinbetriebnahme mit Dieselfahrzeugen vorzusehen. Die Staatsregierung verlangt jedoch mit Nachdruck, dass eine neue Oberleitung schnellstmöglich errichtet wird.
Es bleibt zunächst abzuwarten, ob das Land Tirol in seinen Bemühungen um die Einhaltung des bis zum Jahr 2007 befristeten Verkehrsdienstevertrages mit der ÖBB erfolgreich ist. In diesen Tagen laufen hierzu intensive Verhandlungen. Gestern habe ich erfahren, dass die Tiroler Landesregierung für den Fall, dass die ÖBB nicht zur Einhaltung des Verkehrsdienstevertrages gezwungen werden kann, erwägt, die Durchführung des Verkehrs auf der Außerfernbahn im Wege der Ausschreibung an einen Dritten zu vergeben.
Herr Staatssekretär, ist Ihrer Einschätzung nach ein Abbau der Oberleitung durch die DB Netz AG ohne Genehmigung des Eisenbahnbundesamtes zulässig?
Da bin ich, offen gesagt, überfragt. Dies ist eine juristische Frage, die ich Ihnen jetzt nicht beantworten kann. Tatsache ist, dass in den letzten Jahren keine Ertüchtigung, Erneuerung oder Renovierung dieser Strecke vorgenommen worden ist. Dies hat mir ein Vetreter der Bahn erklärt. Die Oberleitung befindet sich inzwischen in einem Zustand, dass sie abgebaut werden muss. Andernfalls würden von dieser Oberleitung Gefahren ausgehen. Das ist Fakt. Wir bestehen aber auf der Installation einer neuen Oberleitung.
Herr Staatssekretär, kann nach Ihrer Einschätzung der Vorsitzende der Bahn AG, Herr Mehdorn, die zum 3. Oktober auslaufende Betriebsbewilligung der Außerfernbahn verlängern?
Auch hier bin ich überfragt. Man sollte nicht Ja oder Nein sagen, wenn man die Antwort nicht weiß. Ich lasse Ihnen die Antwort schnellstmöglich zukommen. Ich weiß nicht, welche gesetzlichen Möglichkeiten Herr Mehdorn hat. Ich könnte mir sehr wohl vorstellen, dass es möglich ist.
Herr Staatssekretär, welche Verbesserungen und welche Verschlechterungen der Verkehrsanbindung Hofs über die Bahn erwartet die Staatsregierung bis zum In-Kraft-Treten des Sommerfahrplans 2001, welche Verschlechterungen sind mit den von der Staatsregierung bei der Bahn bestellten Verkehrsleistungen nicht in Einklang zu bringen und welche Konsequenzen ergeben sich voraussichtlich aus den bestehenden Verträgen und für den Abschluss zukünftiger Verträge?
Herr Kollege König, bis zum Inkrafttreten des Sommerfahrplans am 10. Juni 2001 erwartet die Staatsregierung im Wesentlichen keine fahrplanmäßigen Veränderungen der Schienenanbindung Hofs. Lediglich aufgrund technischer Probleme bei den zwischen Nürnberg – Marktredwitz – Hof im Einsatz befindlichen Pendolino-Fahrzeugen VT 610 ergeben sich derzeit auf dieser Strecke Fahrzeitverlängerungen. Nach dem von der DB Regio ab dem 5. November 2000 geplanten Notfallkonzept, das von der rechtzeitigen Verfügbarkeit neuer Neigetechnik-Triebwagen VT 612 abhängt, wird es zwischen Pegnitz und Hof keine Fahrzeitverlängerungen geben – so die Stellungnahme der Bahn. Allerdings muss von und nach Nürnberg in Pegnitz auf die zwischen Nürnberg und Bayreuth verkehrenden lokbespannten Züge umgestiegen werden, die eine etwas längere Fahrzeit benötigen.
Die Ersatzmaßnahmen weichen von den durch die Bayerische Eisenbahngesellschaft bei der DB AG im Auftrag des Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie bestellten Verkehrsleistungen ab. Der bestehende Verkehrsdurchführungsvertrag sieht Vertragsstrafen für Verspätungen vor, allerdings nur bayernweit auf einer monatlichen bzw. jährlichen Durchschnittsbasis. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine länger andauernde Zwangslage, der die DB Regio mit einem Notfallfahrplan begegnet. Die einzig sinnvolle Handlungsalternative für die Bestellter ist in diesem Fall das Drängen auf eine Optimierung des Notfallkonzepts und eine möglichst zügige Instandsetzung der VT610-Triebwagen.
Allerdings beabsichtigt die DB Reise- & Touristik AG, die den Fernverkehr betreibt, zum Fahrplanwechsel 2001 die Interregio-Linie 25 München-Regensburg-Hof gänzlich einzustellen. Die Staatsregierung wird alle Möglichkeiten ausschöpfen, um hiergegen vorzugehen und den Bestand der Interregio-Linie 25 weiter sicherzustellen.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht angemessen, dass angesichts des zunehmend zum Einsatz kommenden uralten DDR-Wagenmaterials die seinerzeit geltenden DDR-Bahnpreise in Nordbayern zum Einsatz kommen, und würde es die Staatsregierung als sinnvoll ansehen, die anhaltenden Verschlechterungen nördlich von Regensburg, in der nördlichen Oberpfalz und nördlich von Nürnberg zu touristischen Zwecken langsam aber sicher als Abenteuerreisen zu bewerten?
kann ich nichts sagen. Wir wollen auf keinen Fall wieder den Mottenkugelgeruch, den wir früher in den DDR-Zügen genossen haben. Zum zweiten Teil der Frage, betreffend die Abenteuer-Reisen – auf neubayrisch: adventure, das neue Erlebnis –, ist zu sagen: Ich weiß, dass es aus diesem Gebiet viele Klagen gibt. Wir mahnen die Bahn permanent, Verbesserungen vorzunehmen, weil der Fahrzeugkomfort, die Pünktlichkeit, die Umsteigemöglichkeiten, die Vertaktung und die Attraktivität des Wagenmaterials entscheidend sind, damit die Leute die Bahn benutzen. Hier gibt es sicherlich auch Defizite. Wir haben das Problem, dass die Neigetechnikzüge derzeit alle in der Wartung sind. Die Wartung dauert leider viel zu lange und ist sehr kostenintensiv. Wir sind im permanenten Gespräch mit der Bahn. Wir sind der Meinung, dass verbessertes Wagenmaterial in den nächsten Jahren angeboten werden muss, um die Attraktivität der Strecken zu sichern.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie erfreulicherweise erklärt haben, dass Sie alles tun wollten, um die Interregio-Strecke Hof-Regensburg-München auftrechtzuerhalten, frage ich Sie: Ist es richtig, dass Pendolinos im Allgäu eingesetzt werden sollen, obwohl dort zum Teil keine neigetechnikfähigen Strecken vorhanden sind, und wenn ja, wäre es nicht vernünftiger, die Pendolinos dort einzusetzen, wo sie wirklich gefahren werden können?
Herr Müller, ich kenne Sie als einen leidenschaftlichen Kämpfer für die Interessen Oberfrankens. Ich bitte aber um Verständnis, dass wir uns bemühen, alle Teile des Freistaats Bayern möglichst gleich zu behandeln. Wir haben seinerzeit die Pendolinos für das Allgäu und für Oberbayern zugesagt. Die Bahn ist ihrem Versprechen, die Strecken zu ertüchtigen, nicht nachgekommen. Wir müssen aber das Versprechen einlösen. Es gibt kein Entweder/Oder, sondern nur ein Sowohl/Als auch. Wir müssen dafür sorgen, dass die vorhandenen Defizite in den nächsten Jahren behoben werden. Das wird zwangsläufig dazu führen, dass manche Regionen eher und manche später drankommen. Insgesamt gesehen solle es gerecht gemacht werden.
Wir müssen gemeinsam dafür sorgen – und ich fordere auch die Opposition dazu auf, weil das eine politische Entscheidung ist –, dass Herr Mehdorn vom Verkehrsministerium das Geld bekommt, um die Strecken weiterhin befahren zu können. Herr Mehdorn sagt, er bekomme vom Bund das Geld nicht.
Er wird deswegen bei vielen Strecken den Rotstift ansetzen müssen. Ich fordere Sie auf, uns nachhaltig zu
unterstützen, damit der Bund der Bahn die nötigen Mittel zur Verfügung stellt, damit auch die Strecken, die sich nicht rechnen, in der Mischkalkulation befahren und bedient werden können.
Herr Staatssekretär, nachdem in den letzten zwei Jahren auf den angesprochenen Strecken die Interregiozüge ausgedünnt oder eingestellt und die Pendolinos abgezogen wurden – ein Teil ging zur Expo in ein anderes Bundesland, und zusätzlich gingen die neuen S-Bahn-Züge statt nach München nach Hannover –, frage ich Sie, ob es unter den von Ihnen geschilderten Umständen angezeigt gewesen wäre, mit der DB AG und den anderen Bundesländern zu verhandeln, inwieweit diese durch die Zurverfügungstellung von Wagen Bayern aus seiner Notlage hätten helfen können?
Wir führen solche Gespräche. Auch der Referent des Wirtschaftsministeriums führt solche Gespräche mit den Referenten anderer Länder. Wir müssen feststellen, dass wir nicht das schlechteste Wagenmaterial haben und dass die Bereitschaft der anderen Länder nicht sehr groß ist, uns zu helfen. Bayern war großzügig, indem es S-Bahn-Züge für die Expo zur Verfügung stellte. Wir haben der Regierung in Hannover geholfen, als sie ihren Hilferuf an uns richtete. Das ist echte bayerische Solidarität, die wir auch von sozialdemokratisch geführten Ländern erwarten. Ich bitte Sie, in diesem Sinne bei Ihren Kollegen vorstellig zu werden. Wir werden das herzlich danken.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste und letzte Frage, weil wir mit der Beratung der Dringlichkeitsanträge beginnen wollen.